Griechenland nach den Wahlen

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Wäre ich reich, dann würde ich sagen: Ich bezahle gerne meinen Rentenbeitrag, weil dieses Geld - anders als Steuern, die an den Staat gehen, der damit irgendwelche Abenteuer finanziert - weil dieses Geld den Menschen im Alter zugute kommt, die während ihres Arbeitslebens zu meinem wachsenden Vermögen und Wohlstand beigetragen haben.

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Preisfrage: Warum wird es nicht so gehandhabt?

Ich kann so viel verraten, dass es keine ökonomischen Gründe hat, und dem auch keine (Leistungs-)Gerechtigkeit zugrunde liegt, bei der die meisten nur nicht in der Lage sind, sie zu erkennen.

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Torsten hat geschrieben:Im Grunde ist es so, dass Griechenlands Wirtschaft über gar keine nennenswerte Industrie verfügt, die sich im internationalen Wettbewerb beweisen muss. Der einzige Wettbewerb, in dem sich Griechenland befindet, ist vielleicht der um Touristen.
Nicht ganz. Warum kaufen die Griechen Tomaten in Holland und vielleicht auch noch andere Lebensmittel? Als ob die die nicht selber anbauen könnten! Sicher, viel Industrie haben die nicht.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben: Kann sich hier irgendeiner irgendeine Reform denken, die bewirkte, dass Griechenland realistisch seine Kreditwürdigkeit zurückgewinnt und Schulden wirklich abbauen kann? Nur mit Korruptionsbekämpfung, der Entlassung von Staatsbediensteten, dem Verscherbeln von Staatseigentum und dem immer weiteren Absenken des Lohnniveaus ist das nicht machbar. Es gibt keine Reform, die das leisten kann.

Das einzige, was das leisten könnte, wäre ein zweistelliges Wirtschaftswachstum über Jahrzehnte. Aber wo soll das herkommen? Von der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit? Über Lohnsenkungen?
Natürlich sind Reformen denkbar, mit denen GR seine Kreditwürdigkeit zurückgewinnt - beim Schuldenabbau mag das vielleicht vermessen sein. Die Frage nach der "Realität" solcher Reformen ist doch, ob die Griechen das überhaupt wollen.

Was Du als "Verscherbeln von Staatseigentum" diffamierst, ist doch auch nicht so einfach.
Staatseigentum ist doch kein Wert an sich - man muß immer auch einen Käufer finden. Wer soll denn ein Eisenbahnunternehmen, Elektrizitätswerke oder Häfen kaufen, deren Beschäftigte überhöhte Löhne erhalten und die diesen Besitzstand mit Zähnen und Klauen in dauernden Streiks verteidigen? :/ Da winkt doch jeder Investor dankend ab - auch andere Mütter (Länder) haben schöne Töchter (Investitionsmöglichkeiten). Ich hatte doch am Beispiel des Hafens von Piräus dargelegt, wie eine erfolgreiche Sanierung aussehen kann. Nur weil die Regierung Lohnkürzungen von über 6% legitimierte, haben die Arbeiter dort überhaupt noch einen Arbeitsplatz.
Eon hat dankend abgewunken, als ihm gr. Elektrizitätswerke angeboten wurden. Dort verdiente eine Arbeiterr soviel wie in D. ein Abteilungsleiter. Die gr. Eisenbahn ist ein reines Verlustunternehmen:
Der Eisenbahnsektor sei typisch für die Exzesse des Landes, sagt Evripidis Stylianidis, der ehemalige griechische Transportminister. „OSE kostet die Griechen täglich zwischen zwei und 2,5 Mio. Euro. Wenn sie ein Taxi nähmen, wohin auch immer, es würde weniger kosten“, beschreibt der ehemalige Minister die prekäre Situation. Unter ihm wurde 29 ein Restrukturierungsplan ausgearbeitet, doch dann erlitt seine Partei bei den Wahlen eine Niederlage.
Nach Angaben von Ex-Entwicklungsminister Kostis Hatzidakis verdienen die Angestellten des Eisenbahnnetzbetreibers OSE das Vierfache der Erlöse aus dem Verkauf von Fahrscheinen. Profitabel ist nach seinen Angaben nur eine einzige Strecke, sie verbindet die drittgrößte Stadt Patras mit Athen und Thessaloniki. Vetternwirtschaft in Form hoher Rabatte auf Frachttarife für bestimmte Kunden habe dazu geführt, dass die Bahn im Frachtgeschäft rote Zahlen schreibt, sagt Hatzidakis.
http://diepresse.com/home/wirtschaft/in ... ldete-Bahn

In all diesen Fällen von "Tafelsilber" zu sprechen, ist doch ein Hohn. Um im Metallbereich zu bleiben: Das wäre als Sondermüll einzustufen, der schwierig zu entsorgen ist.
So ein Unternehmen kauft doch nur jemand, wenn er anschließend auch in ganz erheblichem Umfang die Kosten kürzen (sprich: Personal abbauen und die Gehälter senken) kann. Solange hier die gesetzlichen Grundlagen nicht geschaffen werden und auch bei den Gewerkschaften nicht ein Umdenken einsetzt, sind alle Versuche für einen Verkauf und einer späteren Effizienssteigerung zum Scheitern verurteilt.

Auch die vielen Inseln und Strände, die sich in Staatseigentum befinden, können doch nicht so einfach verscherbelt werden. Hier sind für eine Nutzung die Baubestimmungen zu beachten, die - hoffentlich - keine Hochhausbebauung oder eine Zersiedelung der Landschaft vorsehen. Touristische Nachfrage hängt auch davon ab, ob sich die Gäste dort "wohlfühlen" - maW: Bettenburgen mögen Billigtouristen anziehen, eine Bereicherung sind sie nicht. Auch die Infrastruktur muß "passen". Dazu gehören nicht nur Flugplätze und Straßen, sondern vor allem Wasserleitungen, Abwasser- und Müllentsorgung. All das kostet erst einmal und für derartig langfristige Investitionen wollen die Investoren vor allem eines: Rechtssicherheit.
Dazu schreibt das Auswärtige Amt:
Griechenland ist darüber hinaus in einer Vielzahl von Fällen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der – häufig rechtsschutzvereitelnd wirkenden – überlangen Verfahrensdauer vor griechischen Gerichten, insbesondere in Straf- und Verwaltungsprozessen, verurteilt worden.
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Ausse ... _node.html

Ein mühsam versteckter Hinweis auf die Ineffizienz des gr. Rechtssystems. Würdest Du dort einen Euro investieren? :nein:

Viele Probleme sind doch seit 5 (fünf) Jahren bekannt.
Wurde die Steuerverwaltung modernisiert und schlagkräftig? :nein:
Gibt es inzwischen ein Kataster? :nein:
Wurden Anreize für Investitionen (z.B. Solarenergie) geschaffen? :nein:

Stattdessen denkt man darüber nach, den Mindestlohn zu erhöhen und Beamte wieder einzustellen. Man eröffnet geschlossene Fernsehsender und verspricht der Bevölkerung, den Euro behalten zu können, obwohl man nicht weiß, wo man am nächsten Ersten das Geld für Gehälter und Renten herbekommen soll.
Man will dort doch überhaupt nicht reformieren, man versucht es mit Tricks und freut sich, wenn man die Troika "geleimt" hat und wieder ein paar Millionen oder Mrden erhält. Wenn man kein Geld bekommt, glaubt man, mit Drohungen und Erpressungen weiter zu kommen und fängt an, über eine angebliche "humanitäre Katastrophe" zu klagen, die bei anderen Ländern mit den gleichen Sparprogrammen nicht stattgefunden hat.
Tricksen, Larmoyanz und Drohungen - ein solches "Geschäftsmodell" sollte keine "Partnerland" der EU und schon garnicht der Eurozone haben.

Nicht nur aus dem Grunde sollte GR so schnell wie möglich zur Drachme zurückkehren. Die Kredite, die die Euro-Länder in ihrem Rausch gegeben haben, sind sowieso wertlos. Mit der Drachme kann GR dann selbst entscheiden, wie es seine Lohn- und Sozialpolitik ausgestalten will. Die Anpassung an die außenwirtschaftlichen Erfordernisse erfolgt dann über den Wechselkurs.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Sehr gute Darstellung der NZZ zur wirtschaftlichen Situation in GR und den möglichen politischen Entwicklungen:
Die Ursachen für die strukturellen Schwächen des Landes sind in der Politik der letzten 35 Jahre zu suchen. Diese hat verhindert, dass das Land trotz 1 Milliarden an EU-Transferzahlungen zu einer modernen Ökonomie geworden ist, in der sich Leistung lohnt. Stattdessen haben gierige Interessenvertreter Macht über korrupte Politiker. Eine deformierte, «linksgerichtete», rückständige Mentalität durchzieht die griechischen politischen und ökonomischen Sichtweisen.
Mächtige Gewerkschaften des öffentlichen Sektors haben ihren Mitgliedern Löhne gesichert, die deren Produktivität bei weitem übertrafen. Die Einstellungspolitik basiert auf Nepotismus und hat die Staatsunternehmen mit unqualifiziertem Personal gefüllt. Zudem haben die Gewerkschaften produktivitätssteigernde Innovationen behindert, um den hohen Beschäftigungsgrad in diesem Sektor zu sichern. Der öffentliche Sektor ist kafkaesk und langsam – und schafft so Möglichkeiten der Korruption.
Berufsverbände wie Anwälte, Apotheker und Journalisten haben Wettbewerb in ihren Branchen verhindert. Grosse Firmen operieren in kartellisierten Märkten. Ein grosser Teil ihrer Einkünfte stammt aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen an den Staat. Lieber teilt man Profite mit Behörden und Politikern, als Geschäftserfolge durch bessere Produkte und effizientere Produktion zu erzielen. Kleine Firmen und Selbständige verzichten lieber auf Wachstum und Effizienz, um so leichter Steuern hinterziehen zu können.
(...)
So gesehen wird die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, wenngleich wünschenswert, wenig an Griechenlands Lage ändern. Die Erfahrung lehrt, dass alle zusätzlichen Einnahmen ausnahmslos dazu genutzt werden, den Staatssektor aufzublähen und die Vetternwirtschaft auszuweiten.
Das Rezept der Troika: eine milde Entschuldung im Gegenzug für durchgreifende Reformen. Dies ist im Sinn von Athens offiziellen Gläubigern, weil es Griechenlands Fähigkeit zur Schuldentilgung vergrössert. Doch noch mehr liegt es in Athens eigenem Interesse, da es helfen kann, das unterdrückte Wachstumspotenzial freizulegen, und Möglichkeiten öffnet für weniger Privilegierte, die unter dem Status quo leiden.
(...)
Wie stehen die Chancen, dass die neue Regierung, die aus dem Bündnis der radikalen Linken, Syriza, und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen besteht, den Reformvorschlägen folgt?
Das hängt davon ab, wer innerhalb von Syriza dominiert. Eine einflussreiche Gruppe hat eine sowjetisch geprägte, rückständige Mentalität. Ihre Anführer sind Kommunisten mit wenig Ahnung, wie Marktwirtschaft funktioniert. Ihre Lobeshymnen auf die Kommunistische Partei und ihre öffentliche Bewunderung für Putin und Chávez sind Indizien für ihre Philosophie. Eine beängstigende Möglichkeit ist, dass sie tatsächlich auf einen Austritt des Landes aus der EU und der Euro-Zone hinarbeitet, um so Griechenland in ein Venezuela oder Russland am Mittelmeer zu verwandeln. Andererseits existiert auch eine andere, pragmatischere Gruppe – nennen wir sie «Philhellenen» –, die die Interessen des Landes über die der antireformistischen Interessengruppen stellt, die Syriza an die Macht gebracht haben.
Angesichts der Ungewissheit über die Machtverhältnisse innerhalb von Syriza, stellt sich die Frage, ob nun eine harte oder eine weiche europäische Strategie besser für Griechenland und Europa wäre. Falls die Chavista-Fraktion dominiert, würde eine nachgiebigere Haltung, die nicht auf Reformen beharrt, dazu führen, dass Deutschland zu Griechenlands Erdölfeld wird. Dies könnte andre Bewegungen wie Podemos in Spanien nähren und am Ende die Euro-Zone sprengen, weil Deutschland so eine Euro-Zone nicht länger finanzieren würde. Eine harte Strategie würde dagegen die antieuropäische Stimmungslage in Griechenland anheizen. Die Chavista-Fraktion wäre dann in der Lage, den Europäern für das Nichtzustandekommen eines Übereinkommens die Schuld zu geben und so den inländischen Widerstand gegen einen «Grexit» zu schmälern.
Sollten jedoch die «Philhellenen» dominieren, gäbe ihnen eine harte Strategie Rückendeckung für schwierige Reformen, die sie dann auf die Euro-Gruppe schieben könnten. Folglich scheint es für die Europäer ratsam, auf Reformen als Bedingung für eine weitere Finanzierung zu bestehen. Entweder wird man so ein unreformierbares Land los, oder man erhält ein reformiertes. Zugleich gibt es Griechenland die Möglichkeit, sich dafür zu entscheiden, eine moderne Wirtschaft zu werden.
(Hervorhebung von mir)

http://www.nzz.ch/meinung/debatte/woran ... 1.18499347

Fazit:
Egal welche Gruppe Syriza dominiert, "Europa" sollte auf eine harte Strategie setzen und nachdrücklich Reformen verlangen.

PS:
Schön, daß der Autor darauf hinweist, daß die gr. Erdölreserven wohl nicht in der Ägäis sondern in Nordeuropa liegen... :breitgrins:

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Heute hat mir ein Banker gesagt, die Schweiz habe GR angeboten, von den griechischen Geldern, die in der Schweiz deponiert sind, Steuern abzuführen. Das Angebot sei bereits der vorigen gr. Regierung gemacht worden, aber sie habe sich nicht dafür interessiert. Mir war das alles neu und ich nehme nicht an, daß der Banker sich das aus den Fingern gesogen hat.
Wenn das also stimmen sollte, wieso hat die gr. Regierung, damit meine ich die vorige die Sache nicht aufgegriffen, wenn doch GR Milliarden an Schulden hat.

Hier habe ich etwas dazu gefunden: http://www.zeit.de/wirtschaft/215-3/g ... iz-steuern
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
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Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Edi hat geschrieben:Heute hat mir ein Banker gesagt, die Schweiz habe GR angeboten, von den griechischen Geldern, die in der Schweiz deponiert sind, Steuern abzuführen. Das Angebot sei bereits der vorigen gr. Regierung gemacht worden, aber sie habe sich nicht dafür interessiert. Mir war das alles neu und ich nehme nicht an, daß der Banker sich das aus den Fingern gesogen hat.
Wenn das also stimmen sollte, wieso hat die gr. Regierung, damit meine ich die vorige die Sache nicht aufgegriffen, wenn doch GR Milliarden an Schulden hat.

Hier habe ich etwas dazu gefunden: http://www.zeit.de/wirtschaft/215-3/g ... iz-steuern
Die Nachricht hat aber schon Kyffhäuser-Charakter. In der Schweiz wurde dies bereits vor einem Monat, am 25. 2. 215 vom SRF gemeldet:

http://m.preview.rtr.ch/news/schweiz/sc ... t-gemeldet

Ich meine, ich hätte das auch gepostet - aber bei den ganzen Nachrichten kann man schnell den Überblick verlieren. Im übrigen erinnere ich nur an die "Lagarde-Liste", wenn es um Steuererhebung in GR geht. Zustände wie in einem Land der Dritten Welt - und das will zur Eurogruppe gehören.

Edi - hast Du es noch immer nicht verstanden: Warum sollte die gr. Regierung ihrer Bevölkerung übermäßige Härten zumuten, wenn es genügend andere Länder gibt, die zahlen - weil es alternativlos ist und der Euro den Frieden garantiert. Das wird in ganz schamloser Weise ausgenutzt. Man verspricht und hält nichts. Denk doch nur an den Artikel, in dem die Troika beschrieben hat, wie sie fortlaufend von den Griechen geleimt wird. Darüber sollte es mal einen "Brennpunkt" geben. :ja:

Dieter
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Dieter »

"Man verspricht und hält nichts."


So ist es! GR wird wieder mal alles versprechen, was aber von der Bevölkerung mentalitätsmäßig nicht umgesetzt werden kann. Es herrscht eine mediterrane Arbeitsmoral und eben keine calvinistisch-protestantische wie in Nordeuropa.

Die entlassenen Beamter werden zum größten Teil wieder eingestellt und man sitzt nur bis zum frühen Nachmittag im Büro. Danach trinkt man Kaffee im Straßencafe und döst in den Tag hinein.

In Deutschland wird die Bevölkerung bei Laune gehalten, indem GR verbal gedroht wird, aber es ist schon jetzt völlig klar, dass Merkel und Schäubele weiter zahlen werden.

Die bisher gezahlten Milliarden an GR können wir uns in den Wind schreiben.

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Caviteño hat geschrieben: Edi - hast Du es noch immer nicht verstanden: Warum sollte die gr. Regierung ihrer Bevölkerung übermäßige Härten zumuten, wenn es genügend andere Länder gibt, die zahlen - weil es alternativlos ist und der Euro den Frieden garantiert. Das wird in ganz schamloser Weise ausgenutzt. Man verspricht und hält nichts. Denk doch nur an den Artikel, in dem die Troika beschrieben hat, wie sie fortlaufend von den Griechen geleimt wird. Darüber sollte es mal einen "Brennpunkt" geben. :ja:

Ich habe ja nicht alles gelesen, was du verlinkt hast. Man muss ja auch noch arbeiten und sich ab und an mit den deutschen Behörden auseinandersetzen, die schärfer sein können, als unsere europäischen Regierungen samt EU usw. in Sachen GR. Wenn es nach mir ginge, würde GR keinen Cent mehr bekommen, weil ich der Meinung bin, das Geld ist ohnehin verloren und weil GR im Euro nicht mehr auf die Beine kommen kann, es sei denn wir zahlen laufend weiter und es kommt doch noch ein Schuldenschnitt und die Inflation tilgt einen deutlichen Teil der Schulden, aber selbst daran kann man zweifeln, solange GR im Euro bleibt.
Wie würde privat ein verantwortungbewusster Mensch handeln? Der zahlt doch auch nichts mehr, wenn er merkt, daß er beschissen wird von anderen. Offenbar sind die Griechen bzw. die gr. Regierungen das gewöhnt und die Zahlmeister reden das meist noch schön.
Die EU ist auf Lug und Trug aufgebaut und das wird goutiert von den EU-Ideologen aller Art. Schon vor Jahren hat Italien die EU beschissen, weil man mehr Tomatenketchup oder ähnliches produziert hat, als der eigene Tomatenanbau hergab. Der allein sollte bezuschußt werden und Italien musste wahrscheinlich etwas nachzahlen. Genau weiß ich nicht mehr wie der Fall ausging. Eine Gemeinschaft die nicht ehrlich zueinander ist und wo viele nur ihre Vorteile suchen, kann wohl auf Dauer nicht bestehen bzw. muss sich auf die Länder konzentrieren, die zu Anständigkeit bereit und fähig sind.
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Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Dieter hat geschrieben: GR wird wieder mal alles versprechen, was aber von der Bevölkerung mentalitätsmäßig nicht umgesetzt werden kann.
Das gilt auch für den Euro insgesamt. Man kann unterschiedliche Währungsmentalitäten wie sie in IT bzw. Spanien und D bzw. den Nordeuropa herrschen, nicht in einer Währung vereinen. Die Deutschen sind Sparer und lieben eine harte Währung, die Südeuropäer machen auch privat mehr Schulden und sind Abwertungen gewohnt.

Wie sollen die Völker in einer gemeinsamen Währung glücklich werden? :/ Einem ital. EZB-Präsident wird von den Deutschen vorgeworfen, Politik für sein Heimatland und Südeuropa zu machen. Wäre Axel Weber der Nachfolger von Trichet geworden, liefen die Südeuropäer Sturm gegen die zu harte (deutsche) Notenbankpolitik.

Man kann es drehen wie man will: Es gibt kein europäisches Staatsvolk - die historisch gewachsenen Mentalitäten sind zu unterschiedlich. Der Fehler der Politik ist es, dies nicht zur Kenntnis zu nehmen. Nur weil sich Schäuble gut mit dem port. oder spanischen Finanzminister versteht, bedeutet das nicht, daß die deutsche und ital. Familie die gleiche Mentalität bei Konsum, Vermögensanlage oder Zukunftssicherung hat.

Die dauernden "Währungsrettungen" verbrauchen viel Kraft und Energie, die für den Wettbewerb mit anderen aufstrebenden Weltregionen besser angelegt wäre. Man kann einen Euro nur einmal ausgeben. Was vom produktiven Norden in den Süden fließt und dort versickert, fehlt hier beim Ausbau der Infrastruktur, bei der Forschung oder auch bei den Sozialsystemen, um sie auf die demographische Entwicklung vorzubereiten. Der Bau einer nicht stark befahrenen Autobahn im Süden ist eben nicht so produktiv, wie die Beseitigung von Langsamfahrstellen im Norden und das gut erschlossene Gewerbeparks noch keine Garantie für Industrieansiedlungen sind, sollte man eigentlich seit den "blühenden Landschaften im Osten" wissen.

Der Euro wird langfristig zur Verarmung der Länder führen, die ihn als Währung haben. Die einen verkaufen aufgrund des niedrigen Wechselkurses ihre Waren auf dem Weltmarkt zu preiswert, die Bevölkerung erleidet aufgrund der Negativzinsen Vermögensverluste und die anderen können nicht wachsen, weil sie die Möglichkeit, ihre Währung den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten, nicht mehr haben. Ein hoher Preis, den wir zahlen müssen, nur weil Kohl meinte, sich ein Denkmal setzen zu müssen.
Dieter hat geschrieben: In Deutschland wird die Bevölkerung bei Laune gehalten, indem GR verbal gedroht wird, aber es ist schon jetzt völlig klar, dass Merkel und Schäubele weiter zahlen werden.
Natürlich wird Merkel zahlen. Falls der Widerstand in der CDU-Fraktion zu groß wird, wird sie die Abstimmung über ein drittes Hilfspaket mit der Vertrauensfrage verbinden und - voilá, die Mehrheit steht.
Solange die CDU weiter stark im Bundestag vertreten ist, sollte man nicht damit rechnen, daß der Finanzstrom Richtung Süden versiegt oder gar umgelenkt wird. Erst wenn die CDU wie die Democrazia Christiana von der Bildfläche verschwindet oder die Gefahr einer Marginalisierung real droht, besteht die Hoffnung auf eine Änderung. Nur dann könnte es zu spät sein, weil die Kosten dann unübersehbar hoch sein könnten. Nicht nur die dauernden "Rettungsgelder", die über ESM und Target II bereitgestellt werden, sondern auch die Bankenunion mit dann gemeinsamer - und vermutlich vom Süden bereits in Anspruch genommener - Einlagensicherung, könnten die Kosten so hoch treiben, daß eine Daueralimentierung des Südens (wie in IT) preiswerter ist als die Staatspleite D.
Dieter hat geschrieben: Die bisher gezahlten Milliarden an GR können wir uns in den Wind schreiben.
So blauäugig ist doch wohl niemand, daß er da noch mit einer Rückzahlung rechnet.... :D :kugel: :freude:

Welche Zustände in dem Land dort herrschen, wird heute wieder deutlich. Weil die Regierung kein Geld mehr hat, bedient sie sich schamlos bei der Krankenversicherung und der U-Bahn Gesellschaft in Athen. Insgesamt mußten staatliche Unternehmen in den letzten Tagen schon 6 Mil. € überweisen.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 51.html

Es ist klar, daß solche Regierungen - und damit schließe ich alle Vorgängerregierungen ein - überhaupt kein Interesse an Privatisierungen usw. haben. Staatliche und halbstaatliche Unternehmen, die nicht nur mit gutbezahlten Posten für verdiente Funktionäre dienen können, sondern auf deren Barreserven man ohne große Schwierigkeiten zugreifen kann, sind doch weitaus attraktiver als Privatunternehmen, die nach Leistung einstellen und die man, um Geld zu erhalten, über Steuern belangen oder teilenteignen müßte.
Man kann es im kommunalen Bereich auch in D. beobachten: Versorgungsunternehmen "müssen" in kommunaler Trägerschaft sein - meint die Politik. Das dient nicht nur dem Postenklüngel, man kann auch durch Quersubventionierung dem Bürger Sand in die Augen streuen. Da wird dann eben das Schwimmbad und das Theater oder der Zoo mit den überhöhten Strompreisen bezahlt.

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Caviteño hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: Die bisher gezahlten Milliarden an GR können wir uns in den Wind schreiben.

So blauäugig ist doch wohl niemand, daß er da noch mit einer Rückzahlung rechnet.... :D :kugel: :freude:
Doch der Herr Kauder von der CDU. Der meinte vor kurzem das müsste gehen, zumal GR etliche Jahre auch keine Zinsen zahlen müsste und die auch niedrig seien.
Ob das seine wahre Überzeugung ist oder er das nur öffentlich sagte, wissen wir ja bei vielen Politikern nicht. Die sprechen im kleinen Kreis oft genug anders als öffentlich.
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Edi hat geschrieben: Doch der Herr Kauder von der CDU. Der meinte vor kurzem das müsste gehen, zumal GR etliche Jahre auch keine Zinsen zahlen müsste und die auch niedrig seien.
Ob das seine wahre Überzeugung ist oder er das nur öffentlich sagte, wissen wir ja bei vielen Politikern nicht. Die sprechen im kleinen Kreis oft genug anders als öffentlich.
Griechenland weiß schon, bei welchem Kreditgeber es seine Kredite zurückzahlen muß und wem es auf der Nase herumtanzen kann. Mit den US-Hedgefonds legt man sich lieber nicht an und verschweigt sogar die Höhe der noch bestehenden Verbindlichkeiten:
Die Regierung von Alexis Tsipras gibt sich zwar knallhart, wenn es darum geht, die Schuldenlast mit öffentlichen Geldgebern neu zu verhandeln. Konflikte mit aggressiven Investoren scheint sie aber bislang zu scheuen.
(...)
Danach wurde es rasch ruhig um die Anleihen, deren Wert sich damals auf etwa 6,5 Milliarden Euro belief. Wie viele der Schulden heute noch bestehen, beantwortet die griechische Finanzagentur ebensowenig, wie die Frage, wann diese Titel fällig werden. Auch in einer Auflistung griechischer Zahlungsverpflichten der Brüsseler Denkfabrik Bruegel tauchen die Papiere nicht auf.
Das «Wall Street Journal» hat alle Auszahlungstermine Griechenlands bis ins Jahr 254 in einer Übersicht veröffentlicht. Die Schulden bei den «Holdouts», wie die Hedgefonds und sonstigen Verweigerer des Schuldenschnitts im Finanzjargon heissen, seien jedoch nicht erfasst, heisst es in einer Fussnote. In Luft aufgelöst haben sich die Anleihen aber keineswegs.
«Bislang werden die Holdouts in Griechenland ausgezahlt», sagte Experte Robert Tancsa von der Investmentbank Morgan Stanley. Das ausstehende Volumen der Anleihen belaufe sich auf 3,4 Milliarden Euro.
Das würde bedeuten, dass Athen seit 212 schon mehr als 3 Milliarden Euro an die widerspenstigen Investoren überwiesen hätte. Ein Zahlungsboykott wäre auch riskant: Sollte sich Griechenland weigern, ist Rechtsstreit programmiert, vor internationalen Gerichten und mit Profis, die sich auf eben diese Fälle spezialisiert haben.
Die nächsten Anleihen der Holdouts werden im Juni und im Oktober fällig. Zwar müssen in diesem Jahr laut Morgan Stanley «nur» 282 Millionen Euro bedient werden. Angesichts einer Schuldenlast von insgesamt rund 32 Milliarden Euro mag die Summe gering erscheinen. Andererseits ist die Finanzlage so prekär, dass Athen jeden Euro brauchen kann.
http://www.derbund.ch/ausland/europa/Gr ... y/31999631

Schon verständlich, daß man lieber Geld von den europ. "Partnern" erhalten möchte, anstatt es sich auf dem intern. Kapitalmarkt zu leihen. Die dortigen Kreditgeber sind nicht so verständnisvoll wie Herr Schäuble und Frau Merkel. Sie würden GR nachdrücklich an seine Verpflichtungen erinnern und Geld nur gegen Sicherheiten geben.

Vor wenigen Tagen hatte die EZB sich noch geweigert, den gr. Banken den Aufkauf weiterer Staatstitel zu verbieten. Auf diesen Konflikt zwischen der EZB als Zentralbank, die den Euro (er)halten soll und der EZB als Bankenaufsichtsbehörde, die die Banken stabil hält, hatte ich hier hingewiesen.
Jetzt hat die EZB den Banken endgültig verboten, weiter gr. T-Bonds zu erwerben und damit den Staat zu finanzieren. Ob das dem drohenden Imageschaden als Bankaufsichtsbehörde geschuldet war, wissen wir nicht. Damit die gr. Banken aber weiter keine Schwierigkeiten haben, wurden die ELA-Kredite um 1 Mrde aufgestockt.
Nun hat die EZB den griechischen Banken auf Betreiben der Bankenaufsicht verboten, weitere Staatspapiere zu kaufen. Schon im Februar hatte sie die vier großen Banken des Landes per Brief zu einem solchen Verzicht aufgefordert. Die Bankenaufsicht wollte das Verbot in der vergangenen Woche bindend machen, war mit diesem Vorstoß im EZB-Rat aber vorerst gescheitert. Das hatte der Zentralbank die Kritik von Ökonomen einbrachte, welche die Trennung von Aufsicht und den anderen Kompetenzbereichen der Zentralbank verletzt sahen. Nun stimmte der EZB-Rat nach Informationen aus Zentralbankkreisen aber zu.
Zugleich stockte der Zentralbankrat die Notfallkredite (Ela) für griechische Banken am Mittwoch aber um etwa 1 Milliarde Euro auf über 71 Milliarden Euro auf, wie in Kreisen der Notenbank bestätigt wurde. In den beiden Vorwochen war das Limit um geringere Beträge aufgestockt worden. In Summe erhöht sich durch die Maßnahmen der Zentralbank der Druck auf die Staatskasse, während die Banken etwas mehr Luft bekommen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 5984.html

Auch die EZB trickst herum; dabei sollte sie eine Nachfolgerin der Bundesbank sein. So wurde es den Deutschen jedenfalls versprochen.

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Maurus
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Maurus »

Caviteño hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: GR wird wieder mal alles versprechen, was aber von der Bevölkerung mentalitätsmäßig nicht umgesetzt werden kann.
Das gilt auch für den Euro insgesamt. Man kann unterschiedliche Währungsmentalitäten wie sie in IT bzw. Spanien und D bzw. den Nordeuropa herrschen, nicht in einer Währung vereinen. Die Deutschen sind Sparer und lieben eine harte Währung, die Südeuropäer machen auch privat mehr Schulden und sind Abwertungen gewohnt.
Das gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab. Und die Rede vom deutschen Topsparer ist auch eher relativ:
Demnach liegt das mediale Nettovermögen in der Euro-Zone insgesamt bei 19.2 Euro. Deutschlands Haushalte liegen weit abgeschlagen auf dem letzten Platz, nur die Bevölkerung der Slowakei verfügt mit 61.2 Euro über ein ähnlich niedriges Nettovermögen.
http://www.wiwo.de/politik/europa/ezb-v ... 413.html
Caviteño hat geschrieben:Man kann es drehen wie man will: Es gibt kein europäisches Staatsvolk - die historisch gewachsenen Mentalitäten sind zu unterschiedlich.
Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: GR wird wieder mal alles versprechen, was aber von der Bevölkerung mentalitätsmäßig nicht umgesetzt werden kann.
Das gilt auch für den Euro insgesamt. Man kann unterschiedliche Währungsmentalitäten wie sie in IT bzw. Spanien und D bzw. den Nordeuropa herrschen, nicht in einer Währung vereinen. Die Deutschen sind Sparer und lieben eine harte Währung, die Südeuropäer machen auch privat mehr Schulden und sind Abwertungen gewohnt.
Das gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab. Und die Rede vom deutschen Topsparer ist auch eher relativ:
Demnach liegt das mediale Nettovermögen in der Euro-Zone insgesamt bei 19.2 Euro. Deutschlands Haushalte liegen weit abgeschlagen auf dem letzten Platz, nur die Bevölkerung der Slowakei verfügt mit 61.2 Euro über ein ähnlich niedriges Nettovermögen.
http://www.wiwo.de/politik/europa/ezb-v ... 413.html
Was gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab? Doch wohl kaum das Sparen.
Das Sparverhalten wird nicht am Nettovermögen gemessen, das kann allenfalls dessen Ergebnis sein, zumal die Höhe des Nettovermögens verschiedene Ursachen haben kann. Will man das Sparverhalten vergleichen, muß man die Sparquote als Maßstab nehmen, also den Teil des verfügbaren Einkommens, der nicht für Konsum ausgegeben wird. Dieser Teil wird gespart und nicht das Nettovermögen. Und da liegt D. innerhalb der EU mit einer Sparquote von 16,44% auf Platz zwei - nach Luxemburg (19,44%). Dabei muß man berücksichtigen, daß in Luxemburg das höchste Pro-Kopf-Einkommen in der EU erzielt wird.

Zahlen von Eurostat

Im übrigen habe ich schon öfter hier im Forum die Frage gestellt, warum D. mit einem niedrigeren Pro-Kopf-Vermögen GR alimentieren sollte.... Soll der griechische Staat sich doch zuerst bei seinen Bürgern bedienen, bevor in die Steuertöpfe der "Partner" greift.
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Man kann es drehen wie man will: Es gibt kein europäisches Staatsvolk - die historisch gewachsenen Mentalitäten sind zu unterschiedlich.
Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Schon klar, man kann sich die Welt auch schön reden.
Mal ganz abgesehen von der Frage, wie das gehen soll: Warum sollten die Mentalitätsunterschiede denn überwunden werden? Nur damit der Euro weiterbestehen kann?

In welche Richtung soll denn die Anpassung gehen: Die Italiener/Griechen werden "deutscher" und die Deutschen "mediterran"? :hmm:
Das mag vielleicht im kulinarischen Bereich gelingen, aber denkst Du wirklich, daß die Nordeuropäer ihre Staatsauffassung zugunsten des größeren laissez-faire des Südens ändern sollten? Ich halte das weder für wünschenswert noch für machbar.
Du stellst hier mit einer ziemlichen Nonchalance die wirtschaftlichen Vorteile des Landes zur Disposition, nur um eine kaputte Währung zu retten oder zu rechtfertigen.

Raphael

Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Raphael »

Caviteño hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben: GR wird wieder mal alles versprechen, was aber von der Bevölkerung mentalitätsmäßig nicht umgesetzt werden kann.
Das gilt auch für den Euro insgesamt. Man kann unterschiedliche Währungsmentalitäten wie sie in IT bzw. Spanien und D bzw. den Nordeuropa herrschen, nicht in einer Währung vereinen. Die Deutschen sind Sparer und lieben eine harte Währung, die Südeuropäer machen auch privat mehr Schulden und sind Abwertungen gewohnt.
Das gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab. Und die Rede vom deutschen Topsparer ist auch eher relativ:
Demnach liegt das mediale Nettovermögen in der Euro-Zone insgesamt bei 19.2 Euro. Deutschlands Haushalte liegen weit abgeschlagen auf dem letzten Platz, nur die Bevölkerung der Slowakei verfügt mit 61.2 Euro über ein ähnlich niedriges Nettovermögen.
http://www.wiwo.de/politik/europa/ezb-v ... 413.html
Was gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab? Doch wohl kaum das Sparen.
Das Sparverhalten wird nicht am Nettovermögen gemessen, das kann allenfalls dessen Ergebnis sein, zumal die Höhe des Nettovermögens verschiedene Ursachen haben kann. Will man das Sparverhalten vergleichen, muß man die Sparquote als Maßstab nehmen, also den Teil des verfügbaren Einkommens, der nicht für Konsum ausgegeben wird. Dieser Teil wird gespart und nicht das Nettovermögen. Und da liegt D. innerhalb der EU mit einer Sparquote von 16,44% auf Platz zwei - nach Luxemburg (19,44%). Dabei muß man berücksichtigen, daß in Luxemburg das höchste Pro-Kopf-Einkommen in der EU erzielt wird.

Zahlen von Eurostat

Im übrigen habe ich schon öfter hier im Forum die Frage gestellt, warum D. mit einem niedrigeren Pro-Kopf-Vermögen GR alimentieren sollte.... Soll der griechische Staat sich doch zuerst bei seinen Bürgern bedienen, bevor in die Steuertöpfe der "Partner" greift.
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Man kann es drehen wie man will: Es gibt kein europäisches Staatsvolk - die historisch gewachsenen Mentalitäten sind zu unterschiedlich.
Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Schon klar, man kann sich die Welt auch schön reden.
Mal ganz abgesehen von der Frage, wie das gehen soll: Warum sollten die Mentalitätsunterschiede denn überwunden werden? Nur damit der Euro weiterbestehen kann?

In welche Richtung soll denn die Anpassung gehen: Die Italiener/Griechen werden "deutscher" und die Deutschen "mediterran"? :hmm:
Das mag vielleicht im kulinarischen Bereich gelingen, aber denkst Du wirklich, daß die Nordeuropäer ihre Staatsauffassung zugunsten des größeren laissez-faire des Südens ändern sollten? Ich halte das weder für wünschenswert noch für machbar.
Du stellst hier mit einer ziemlichen Nonchalance die wirtschaftlichen Vorteile des Landes zur Disposition, nur um eine kaputte Währung zu retten oder zu rechtfertigen.
Das ist doch 'nem Maurus völlig egal: Hauptsache ist, daß die Gesetze gelten! :ikb_bash:

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Maurus hat geschrieben: Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Deine Meinung zeugt von Unkenntnis der Menschen. Wahrscheinlich hast du auch keine Erfahrung in dieser Hinsicht. Selbst schon in Südfrankreich sind die Mentalitätsunterschiede zu spüren. Eine französische Firma aus dem Elsaß sagt immer sie kaufe möglichst nichts mehr in Südfrankreich, weil da die abgesprochenen Lieferzeiten nie eingehalten würden.
In einem Falle, wo unsere Firma mal etwas in Südfrankreich bestellen wollte, bekamen wir nach Wochen und nach mehrmaliger Rückfrage nicht einmal ein Angebot, obwohl die Ware von dieser Firma im Internet angeboten wird. Ebenso ging es der o.g. Firma aus dem Elsaß.
Je südlicher man kommt auch in anderen Ländern, desto eher ist das Laisser-faire zu spüren. Man kann die Leute eben nicht umerziehen.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Maurus
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Maurus »

Caviteño hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Das gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab. Und die Rede vom deutschen Topsparer ist auch eher relativ:
Demnach liegt das mediale Nettovermögen in der Euro-Zone insgesamt bei 19.2 Euro. Deutschlands Haushalte liegen weit abgeschlagen auf dem letzten Platz, nur die Bevölkerung der Slowakei verfügt mit 61.2 Euro über ein ähnlich niedriges Nettovermögen.
http://www.wiwo.de/politik/europa/ezb-v ... 413.html
Was gewöhnt sich der Deutsche ja gerade ab? Doch wohl kaum das Sparen.
Naja, was bleibt ihm bei Negativzinsen anderes übrig? Die Steuereinnahmen sprudeln ja gerade wegen der hohen Inlandsnachfrage.

Caviteño hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Man kann es drehen wie man will: Es gibt kein europäisches Staatsvolk - die historisch gewachsenen Mentalitäten sind zu unterschiedlich.
Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Schon klar, man kann sich die Welt auch schön reden.
Mal ganz abgesehen von der Frage, wie das gehen soll: Warum sollten die Mentalitätsunterschiede denn überwunden werden? Nur damit der Euro weiterbestehen kann?
Mentalitätsunterschiede sind doch nichts ungewöhnliches. Sie sind auch zwischen Norddeutschen und Bayern festzustellen, oder zwischen Rheinländern und Preußen. Mit der Zeit wurden diese Unterschiede in deutschen Landen aber weniger bedeutend. Und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass solche Änderungen gerade durch die Krise auch nun wieder auftreten. Die Spanier haben die Siesta abgeschafft, wer hätte das von 5 Jahren vermuten können? Mentalitäten sind doch nichts statisches. Sie passen sich den Gegebenheiten an.
Caviteño hat geschrieben:In welche Richtung soll denn die Anpassung gehen: Die Italiener/Griechen werden "deutscher" und die Deutschen "mediterran"? :hmm:
Das mag vielleicht im kulinarischen Bereich gelingen, aber denkst Du wirklich, daß die Nordeuropäer ihre Staatsauffassung zugunsten des größeren laissez-faire des Südens ändern sollten? Ich halte das weder für wünschenswert noch für machbar.
Du stellst hier mit einer ziemlichen Nonchalance die wirtschaftlichen Vorteile des Landes zur Disposition, nur um eine kaputte Währung zu retten oder zu rechtfertigen.
Ich muss den Euro glücklicherweise nicht retten, das Problem überlasse ich den Fachleuten. Ich maße mir auch nicht an, das Ganze vollständig zu überblicken, sondern bringe bloß einen weiteren Aspekt in die Debatte ein. Ich glaube auch nicht, dass das Resultat eines Mentalitätswechsels eine Änderung der nordeuropäischen Staatsauffassungen wäre. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Länder, die gut durch die Krise manövriert sind, unter solchen Änderungsdruck geraten. Es ist vielmehr umgekehrt. Aus der Krise wird man sicher auch lernen, so kann man dem ganzen noch einen positiven Sinn verleihen. Immer gleich die Flinte ins Korn zu werfen, halte ich dagegen für eine zu simple Lösung. Vieles wäe nicht erreichbar gewesen, wenn man immer so vorgegangen wäre.

Ach und sieh es auch mal so:
Raphael hat geschrieben:Das ist doch 'nem Maurus völlig egal: Hauptsache ist, daß die Gesetze gelten!
Der Raphael hat eher eine griechische Mentalität, wenn's ums Recht geht. Dabei ist er ja vermutlich auch Nordeuropäer. Die Mentalitäten heben sich offenbar schon auf :D
Zuletzt geändert von Maurus am Donnerstag 26. März 2015, 08:52, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Maurus »

Edi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Deine Meinung zeugt von Unkenntnis der Menschen. Wahrscheinlich hast du auch keine Erfahrung in dieser Hinsicht. Selbst schon in Südfrankreich sind die Mentalitätsunterschiede zu spüren. Eine französische Firma aus dem Elsaß sagt immer sie kaufe möglichst nichts mehr in Südfrankreich, weil da die abgesprochenen Lieferzeiten nie eingehalten würden.
In einem Falle, wo unsere Firma mal etwas in Südfrankreich bestellen wollte, bekamen wir nach Wochen und nach mehrmaliger Rückfrage nicht einmal ein Angebot, obwohl die Ware von dieser Firma im Internet angeboten wird. Ebenso ging es der o.g. Firma aus dem Elsaß.
Je südlicher man kommt auch in anderen Ländern, desto eher ist das Laisser-faire zu spüren. Man kann die Leute eben nicht umerziehen.
Ich verstehe nicht, was dieser Beitrag mit meiner Aussage zu tun hat. Ich habe keine Mentalitätsunterschiede geleugnet.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Maurus hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Deine Meinung zeugt von Unkenntnis der Menschen. Wahrscheinlich hast du auch keine Erfahrung in dieser Hinsicht. Selbst schon in Südfrankreich sind die Mentalitätsunterschiede zu spüren. Eine französische Firma aus dem Elsaß sagt immer sie kaufe möglichst nichts mehr in Südfrankreich, weil da die abgesprochenen Lieferzeiten nie eingehalten würden.
In einem Falle, wo unsere Firma mal etwas in Südfrankreich bestellen wollte, bekamen wir nach Wochen und nach mehrmaliger Rückfrage nicht einmal ein Angebot, obwohl die Ware von dieser Firma im Internet angeboten wird. Ebenso ging es der o.g. Firma aus dem Elsaß.
Je südlicher man kommt auch in anderen Ländern, desto eher ist das Laisser-faire zu spüren. Man kann die Leute eben nicht umerziehen.
Ich verstehe nicht, was dieser Beitrag mit meiner Aussage zu tun hat. Ich habe keine Mentalitätsunterschiede geleugnet.
Dann lies mal meinen letzten Satz. In dem von mir genannten Falle hätte der Lieferant möglichweise sogar ein Geschäft machen können, aber nicht einmal das ändert die Mentalität.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Maurus hat geschrieben:
Mentalitätsunterschiede sind doch nichts ungewöhnliches. Sie sind auch zwischen Norddeutschen und Bayern festzustellen, oder zwischen Rheinländern und Preußen. Mit der Zeit wurden diese Unterschiede in deutschen Landen aber weniger bedeutend. Und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass solche Änderungen gerade durch die Krise auch nun wieder auftreten. Die Spanier haben die Siesta abgeschafft, wer hätte das von 50 Jahren vermuten können? Mentalitäten sind doch nichts statisches. Sie passen sich den Gegebenheiten an.
Natürlich unterliegt die Mentalität einem Wandel - nur in welchen Zeiträumen... :breitgrins:
Schau einfach nach Italien - der Staat besteht seit 100 Jahren und die Mentalität von Nord- und Süditalienern hat sich noch immer nicht angepaßt - trotz gemeinsamer Währung.
Maurus hat geschrieben: Ich muss den Euro glücklicherweise nicht retten, das Problem überlasse ich den Fachleuten. Ich maße mir auch nicht an, das Ganze vollständig zu überblicken, sondern bringe bloß einen weiteren Aspekt in die Debatte ein. Ich glaube auch nicht, dass das Resultat eines Mentalitätswechsels eine Änderung der nordeuropäischen Staatsauffassungen wäre. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Länder, die gut durch die Krise manövriert sind, unter solchen Änderungsdruck geraten. Es ist vielmehr umgekehrt. Aus der Krise wird man sicher auch lernen, so kann man dem ganzen noch einen positiven Sinn verleihen. Immer gleich die Flinte ins Korn zu werfen, halte ich dagegen für eine zu simple Lösung. Vieles wäe nicht erreichbar gewesen, wenn man immer so vorgegangen wäre.
Was die "Fachleute" betrifft - die haben die gegenwärtigen Schwierigkeiten doch verursacht, obwohl es genügend Mahnungen vor einer gemeinsamen Währung von anderen "Fachleuten" gegeben hat. Sich auf die zu verlassen, die die Karre in den Dreck gefahren haben, ist schon mutig. Diese "Fachleute" müßten einen Fehler zugeben - ein solches Verhalten wäre für sie untypisch.

Was die "Änderung der nordeuropäischen Staatsauffassung" im Zuge der Krise betrifft: Wir haben auch alle geglaubt, daß der Euro so hart wie die DM werden würde, daß eine Staatsfinanzierung durch die Notenbank undenkbar wäre oder das D. niemals für die Schulden anderer Länder haften würde. Tempi passati.
Du vergißt bei Deinen Überlegungen die Alternative: Eine Weichwährung, wie damals Lira und Peseta - mit hohen Lohnsteigerungen, hoher Inflationsrate und dauernden Abwertungen. Kurs: das Wirtschaftsmodell Südeuropas bis zur Währungsunion. Dieses Modell ist doch durchaus attraktiv, nicht nur für den Süden, sondern z.B. auch für die SPD.

Angesichts dieser Möglichkeit kann ich Deinen Optimismus, das alles gut wird, nicht teilen.
Ich halte es für weitaus wahrscheinlicher, daß der Euro - so er uns denn erhalten bleiben sollte - nur mit einem südeuropäischen Wirtschaftsmodell überleben kann. Italien und Frankreich haben sich nie mit einer unabhängigen Notenbank anfreunden können - die EZB befindet sich ja auf dem besten Weg, Teil der Politik zu sein. Italien, Frankreich, Spanien und Portugal (von GR ganz zu schweigen) fordern "Investitionsprogramme", die natürlich schuldenfinanziert sind. Der Fiskalpakt - also die Begrenzung des Schuldenwachstums - steht nur auf dem Papier, daran hält sich nur D..

"Lernen aus der Krise" - sicherlich, aber nicht so wie Du es in deutscher Art annimmst. Es wird doch von den Euroskeptikern in den Südländern die Forderung erhoben, daß die Sparprogramme falsch seien und die Krise verschärft hätten. Dem können die Regierungen in Spanien und Portugal z. Zt. noch nicht zustimmen, weil sie vor Wahlen stehen. Aber wirf einen Blick auf Renzi in IT, der lieber heute als morgen kreditfinanzierte Konjunkturprogramme auflegen würde.
Glaubst Du wirklich, daß sich in wenigen Jahren die Mentalität im 180-Grad drehen kann? :nein:

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Maurus »

Edi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Deine Meinung zeugt von Unkenntnis der Menschen. Wahrscheinlich hast du auch keine Erfahrung in dieser Hinsicht. Selbst schon in Südfrankreich sind die Mentalitätsunterschiede zu spüren. Eine französische Firma aus dem Elsaß sagt immer sie kaufe möglichst nichts mehr in Südfrankreich, weil da die abgesprochenen Lieferzeiten nie eingehalten würden.
In einem Falle, wo unsere Firma mal etwas in Südfrankreich bestellen wollte, bekamen wir nach Wochen und nach mehrmaliger Rückfrage nicht einmal ein Angebot, obwohl die Ware von dieser Firma im Internet angeboten wird. Ebenso ging es der o.g. Firma aus dem Elsaß.
Je südlicher man kommt auch in anderen Ländern, desto eher ist das Laisser-faire zu spüren. Man kann die Leute eben nicht umerziehen.
Ich verstehe nicht, was dieser Beitrag mit meiner Aussage zu tun hat. Ich habe keine Mentalitätsunterschiede geleugnet.
Dann lies mal meinen letzten Satz. In dem von mir genannten Falle hätte der Lieferant möglichweise sogar ein Geschäft machen können, aber nicht einmal das ändert die Mentalität.
Nimm's mir nicht übel, aber wenn man nach einem Mentalitätswechsel in einer Staatsbevölkerung fragt, dann geht es doch um etwas größere Zusammenhänge als die Praxis eines einzelnen Unternehmers.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Maurus »

Caviteño hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Mentalitätsunterschiede sind doch nichts ungewöhnliches. Sie sind auch zwischen Norddeutschen und Bayern festzustellen, oder zwischen Rheinländern und Preußen. Mit der Zeit wurden diese Unterschiede in deutschen Landen aber weniger bedeutend. Und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass solche Änderungen gerade durch die Krise auch nun wieder auftreten. Die Spanier haben die Siesta abgeschafft, wer hätte das von 50 Jahren vermuten können? Mentalitäten sind doch nichts statisches. Sie passen sich den Gegebenheiten an.
Natürlich unterliegt die Mentalität einem Wandel - nur in welchen Zeiträumen... :breitgrins:
Schau einfach nach Italien - der Staat besteht seit 100 Jahren und die Mentalität von Nord- und Süditalienern hat sich noch immer nicht angepaßt - trotz gemeinsamer Währung.
Von heute auf morgen ist das sicher nicht zu erwarten.
Caviteño hat geschrieben:Was die "Fachleute" betrifft - die haben die gegenwärtigen Schwierigkeiten doch verursacht, obwohl es genügend Mahnungen vor einer gemeinsamen Währung von anderen "Fachleuten" gegeben hat. Sich auf die zu verlassen, die die Karre in den Dreck gefahren haben, ist schon mutig. Diese "Fachleute" müßten einen Fehler zugeben - ein solches Verhalten wäre für sie untypisch.
Nach 15 Jahren dürfte es schon den ein oder anderen Neuling geben.
Caviteño hat geschrieben:Was die "Änderung der nordeuropäischen Staatsauffassung" im Zuge der Krise betrifft: Wir haben auch alle geglaubt, daß der Euro so hart wie die DM werden würde, daß eine Staatsfinanzierung durch die Notenbank undenkbar wäre oder das D. niemals für die Schulden anderer Länder haften würde. Tempi passati.
Auch die DM hat im Vergleich zum Euro mal auf- und mal abgewertet. Letztendlich ist das eine Frage der Zinspolitik. Und damit steuerbar.
Caviteño hat geschrieben:Du vergißt bei Deinen Überlegungen die Alternative: Eine Weichwährung, wie damals Lira und Peseta - mit hohen Lohnsteigerungen, hoher Inflationsrate und dauernden Abwertungen. Kurs: das Wirtschaftsmodell Südeuropas bis zur Währungsunion. Dieses Modell ist doch durchaus attraktiv, nicht nur für den Süden, sondern z.B. auch für die SPD.
Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, zum jetzigen Zeitpunkt so zu tun, als bewege sich der Euro Richtung Lira.
Caviteño hat geschrieben:"Lernen aus der Krise" - sicherlich, aber nicht so wie Du es in deutscher Art annimmst. Es wird doch von den Euroskeptikern in den Südländern die Forderung erhoben, daß die Sparprogramme falsch seien und die Krise verschärft hätten. Dem können die Regierungen in Spanien und Portugal z. Zt. noch nicht zustimmen, weil sie vor Wahlen stehen. Aber wirf einen Blick auf Renzi in IT, der lieber heute als morgen kreditfinanzierte Konjunkturprogramme auflegen würde.
Glaubst Du wirklich, daß sich in wenigen Jahren die Mentalität im 180-Grad drehen kann? :nein:
Nein, glaube ich nicht. Aber ich sehe auch, dass Tsipras von diesen Staaten nicht viel zu erwarten hatte. Eigentlich müssten die sich ja zusammentun um die Nordländer hinsichtlich ihrer vermeintlichen Schuldenagenda zu erpressen. Tun sie aber nicht.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Maurus hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Derartige Mentalitätsunterschiede sind zwar beachtlich, aber nicht unüberwindlich.
Deine Meinung zeugt von Unkenntnis der Menschen. Wahrscheinlich hast du auch keine Erfahrung in dieser Hinsicht. Selbst schon in Südfrankreich sind die Mentalitätsunterschiede zu spüren. Eine französische Firma aus dem Elsaß sagt immer sie kaufe möglichst nichts mehr in Südfrankreich, weil da die abgesprochenen Lieferzeiten nie eingehalten würden.
In einem Falle, wo unsere Firma mal etwas in Südfrankreich bestellen wollte, bekamen wir nach Wochen und nach mehrmaliger Rückfrage nicht einmal ein Angebot, obwohl die Ware von dieser Firma im Internet angeboten wird. Ebenso ging es der o.g. Firma aus dem Elsaß.
Je südlicher man kommt auch in anderen Ländern, desto eher ist das Laisser-faire zu spüren. Man kann die Leute eben nicht umerziehen.
Ich verstehe nicht, was dieser Beitrag mit meiner Aussage zu tun hat. Ich habe keine Mentalitätsunterschiede geleugnet.
Dann lies mal meinen letzten Satz. In dem von mir genannten Falle hätte der Lieferant möglichweise sogar ein Geschäft machen können, aber nicht einmal das ändert die Mentalität.
Nimm's mir nicht übel, aber wenn man nach einem Mentalitätswechsel in einer Staatsbevölkerung fragt, dann geht es doch um etwas größere Zusammenhänge als die Praxis eines einzelnen Unternehmers.
Du willst wohl nicht verstehen: Das Ganze war ja nur ein Beispiel von vielen anderen, die es noch gibt, für die hier diskutierte Mentalität des Laisser-faire.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Was die "Fachleute" betrifft - die haben die gegenwärtigen Schwierigkeiten doch verursacht, obwohl es genügend Mahnungen vor einer gemeinsamen Währung von anderen "Fachleuten" gegeben hat. Sich auf die zu verlassen, die die Karre in den Dreck gefahren haben, ist schon mutig. Diese "Fachleute" müßten einen Fehler zugeben - ein solches Verhalten wäre für sie untypisch.
Nach 15 Jahren dürfte es schon den ein oder anderen Neuling geben.
Viele der wichtigen Figuren sitzen immer noch im Bundestag (z.B. Schäuble). Im übrigen ist es nicht der Einzelne, der hier entscheiden kann, sondern die Ideologie der Partei - und die sind alle "europafreundlich".
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Was die "Änderung der nordeuropäischen Staatsauffassung" im Zuge der Krise betrifft: Wir haben auch alle geglaubt, daß der Euro so hart wie die DM werden würde, daß eine Staatsfinanzierung durch die Notenbank undenkbar wäre oder das D. niemals für die Schulden anderer Länder haften würde. Tempi passati.
Auch die DM hat im Vergleich zum Euro mal auf- und mal abgewertet. Letztendlich ist das eine Frage der Zinspolitik. Und damit steuerbar.
Die Zinspolitik spielt nur eine untergeordnete Rolle; die Währungsentwicklung kann nur kurzfristig gegen die Marktkräfte beeinflußt werden. Das konnte man im Januar d.J. sehen, als die SNB ihren Mindestkurs aufhob.
Langfristig hat die DM zu fast allen Währungen aufgewertet. Die einzige Ausnahme war der CHF; ihm gegenüber hat die DM kontinuierlich an Wert verloren, seit Helmut Schmidt das EWS vorantrieb.
Maurus hat geschrieben: Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, zum jetzigen Zeitpunkt so zu tun, als bewege sich der Euro Richtung Lira.
Ob es "sinnvoll" ist oder nicht, ist doch nicht entscheidend. Abwertung, Staatsfinanzierung und Ausweitung der Geldmenge sind doch eindeutige Zeichen, daß die Zeiten der DM vorbei sind und die Lira (sorry: Liro] kommt.
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:"Lernen aus der Krise" - sicherlich, aber nicht so wie Du es in deutscher Art annimmst. Es wird doch von den Euroskeptikern in den Südländern die Forderung erhoben, daß die Sparprogramme falsch seien und die Krise verschärft hätten. Dem können die Regierungen in Spanien und Portugal z. Zt. noch nicht zustimmen, weil sie vor Wahlen stehen. Aber wirf einen Blick auf Renzi in IT, der lieber heute als morgen kreditfinanzierte Konjunkturprogramme auflegen würde.
Glaubst Du wirklich, daß sich in wenigen Jahren die Mentalität im 180-Grad drehen kann? :nein:
Nein, glaube ich nicht. Aber ich sehe auch, dass Tsipras von diesen Staaten nicht viel zu erwarten hatte. Eigentlich müssten die sich ja zusammentun um die Nordländer hinsichtlich ihrer vermeintlichen Schuldenagenda zu erpressen. Tun sie aber nicht.
Warten wir mal den Herbst mit den Wahlen in Spanien ab und lassen wir mal eine Konjunkturabschwächung kommen, dann sehen wir weiter.... :breitgrins:

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Maurus »

Caviteño hat geschrieben: Die Zinspolitik spielt nur eine untergeordnete Rolle; die Währungsentwicklung kann nur kurzfristig gegen die Marktkräfte beeinflußt werden. Das konnte man im Januar d.J. sehen, als die SNB ihren Mindestkurs aufhob.
Langfristig hat die DM zu fast allen Währungen aufgewertet. Die einzige Ausnahme war der CHF; ihm gegenüber hat die DM kontinuierlich an Wert verloren, seit Helmut Schmidt das EWS vorantrieb.
Ist das für einen Exporteur nicht auf Dauer anstrengend?

Caviteño hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:"Lernen aus der Krise" - sicherlich, aber nicht so wie Du es in deutscher Art annimmst. Es wird doch von den Euroskeptikern in den Südländern die Forderung erhoben, daß die Sparprogramme falsch seien und die Krise verschärft hätten. Dem können die Regierungen in Spanien und Portugal z. Zt. noch nicht zustimmen, weil sie vor Wahlen stehen. Aber wirf einen Blick auf Renzi in IT, der lieber heute als morgen kreditfinanzierte Konjunkturprogramme auflegen würde.
Glaubst Du wirklich, daß sich in wenigen Jahren die Mentalität im 180-Grad drehen kann? :nein:
Nein, glaube ich nicht. Aber ich sehe auch, dass Tsipras von diesen Staaten nicht viel zu erwarten hatte. Eigentlich müssten die sich ja zusammentun um die Nordländer hinsichtlich ihrer vermeintlichen Schuldenagenda zu erpressen. Tun sie aber nicht.
Warten wir mal den Herbst mit den Wahlen in Spanien ab und lassen wir mal eine Konjunkturabschwächung kommen, dann sehen wir weiter.... :breitgrins:
Bleibt uns ja eh nix anderes übrig :D

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von lutherbeck »

GR sagt erstmalig, wie es sein Geldproblem "auf Null" fahren will und weiß auch schon,
wer das bezahlt: Schland natürlich...

http://news.google.de/news/url?sr=1&ct2 ... d=h&at=dt
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben: Die Zinspolitik spielt nur eine untergeordnete Rolle; die Währungsentwicklung kann nur kurzfristig gegen die Marktkräfte beeinflußt werden. Das konnte man im Januar d.J. sehen, als die SNB ihren Mindestkurs aufhob.
Langfristig hat die DM zu fast allen Währungen aufgewertet. Die einzige Ausnahme war der CHF; ihm gegenüber hat die DM kontinuierlich an Wert verloren, seit Helmut Schmidt das EWS vorantrieb.
Ist das für einen Exporteur nicht auf Dauer anstrengend?
Irgendjemand schrieb einmal von der "Innovationspeitsche" dauernder Aufwertungen. Man ist immer gezwungen, neue, bessere Produkte zu entwickeln, um am Markt zu bestehen. Der Vorteil ist, daß bessere Produkte auch höhere Erträge bringen.
Natürlich ist es leichter, die alten Produkte immer weiter anzubieten und durch eine Abwertung der Währung Preisanpassungen vorzunehmen. Die Gefahr ist jedoch, daß die einfachen Produkte heute in vielen Ländern hergestellt werden können - und die haben tlw. konkurrenzlos niedrige (Lohn-)Kosten.
lutherbeck hat geschrieben: GR sagt erstmalig, wie es sein Geldproblem "auf Null" fahren will und weiß auch schon,
wer das bezahlt: Schland natürlich...
Dazu bemerkt Roland Tichy:
In dieser Woche hat der stellvertretende griechische Finanzminister wieder eine Rechnung präsentiert, nach der Deutschland zu Wiedergutmachungszahlungen verpflichtet sei – praktischerweise etwa in der Höhe, die derzeit Griechenlands Schulden ausmachen. Es fällt schon auf, dass Italien und Bulgarien nicht genannt werden, obwohl es Italien war, das zunächst Griechenland überfallen hat und dann in einem Dreierbund mit Deutschland und Bulgarien mit besetzt hielt.
Tichy wird natürlich auch nicht müde, die Ursache für das gespannte Verhältnis zwischen Deutschland und Südeuropa im allgemeinen bzw. GR im besonderen zu benennen: Den EURO.
Und im Konflikt um den Euro bricht dieser Hass europaweit hervor. Auch in Portugal und Spanien, Länder, die nun gewiß nicht von der Wehrmacht besetzt waren, wird eine aggressive Germanophobie zur Schau getragen, wird Angela Merkel wie selbstverständlich mit den Nazis gleichgesetzt. Ähnlich in Italien und Frankreich, wo immer wieder Parallelen zwischen dem braunen Massenmord und der schlichten und berechtigten Frage gezogene werden: Wer soll wessen Schulden bezahlen? Eines ist gewiss: Ein Friedensprojekt ist der Euro nicht, ganz gewiss nicht. Er ist eher eine Quelle des Hasses und der Spaltung Europas.
(...)
Und das ist der eigentlich Preis für die Rettung Griechenlands – das sollten sich alle jene naseweisen Politiker hinter die Ohren schreiben, die wie die Grünen-Chefin Kathrin Göring-Eckart einen Grexit für “unverantwortlich” hält und sagt, man könne Griechenland nicht “rausschneiden wie einen Blinddarm”. Man muß es. Denn es hat Europa vergiftet und Europa von der Wertegemeinschaft zur Zahlergemeinschaft verzwergt.
http://www.rolandtichy.de/tichys-einbli ... schneller/

Der wirkliche Schaden ist lt. Tichy die Gefahr, daß durch die dauernde "Griechen-Retterei" die Europagegner in GB Auftrieb erhalten könnten und sich dann die Insel von der EU lossagt. Griechenland ist innerhalb der EU zu verschmerzen, mit GB sähe das schon erheblich anders aus.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Ich hatte schon darauf hingewiesen, daß die wirklichen Fußangeln häufig nicht in den Vorgaben der Troika oder der EU stecken, sondern durch einfache Gesetze erfolgen. Ein Beispiel ist ein neues Gesetz in Griechenland, das die Schuldner von der Räumung ihrer Wohnung schützen soll.
Das von der linken Regierung geplante Gesetz sieht vor, dass Erstwohnsitze mit einem Wert von bis zu 3. Euro bei einem Zahlungsverzug des Besitzers nicht zwangsweise geräumt werden dürfen. Dieser Schutz soll aber nur greifen, wenn die Schuldner ein maximales Jahreseinkommen von 5. Euro haben. Ihr Gesamtvermögen darf 5. Euro, ihr liquides Vermögen 5. Euro nicht überschreiten.
Die EZB kritisierte, dass diese Grenzen mit dem neuen Gesetz deutlich angehoben würden. Ein früheres Gesetz zum Schutz vor Zwangsräumungen in Griechenland sah einen maximalen Immobilienwert von 2. Euro und ein Einkommenslimit von 35. Euro im Jahr vor.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 32869.html

Abgesehen von den Vermögens- und Einkommensgrenzen kann man natürlich argumentieren, daß es sozial ungerechtfertigt sei, die Leute aus ihrer Wohnung zu vertreiben und auf die Straße zu setzen. Nur sollte man dann auch fairerweise sagen, daß die Kredite der Banken dadurch notleidend werden, weil der Kreditgeber seine Sicherheit nicht mehr verwerten kann. Besonders unredlich wäre es dann auch, die "Bankenrettung" laut zu beklagen und zu behaupten, beim "einfachen Griechen" (oder Spanier, dort gelten ähnliche Gesetze.) sei kein Geld angekommen. Natürlich hat er auch von der Bankenrettung profitiert und zwar dadurch, daß er noch immer in seiner Wohnung bleiben kann, die eigentlich der Bank gehört.

Im übrigen hat eine ähnliche Regelung in den US-Gesetzen zur Subprime-Krise geführt:
"Zahlt der Schuldner nicht mehr, darf der Gläubiger einzig auf das Haus zugreifen", erläutert Martin Feldstein, Professor für Volkswirtschaftslehre in Harvard.
(...)
Das hat dazu geführt, dass immer mehr hoch verschuldete Eigenheimbesitzer in den USA einfach aus ihrer Immobilie ausziehen und den Haustürschlüssel der Bank in den Briefkasten werfen. Für Deutsche ist dies unvorstellbar, für Amerikaner aber eine logische Konsequenz aus dem dortigen Schuldenrecht. Sobald die Kreditlast den Wert des Eigenheims übersteigt, fahren sie besser, wenn sie auf die Immobilie verzichten, um später - wenn die Preise noch weiter gefallen sind - wieder zum Kauf zu schreiten.
http://www.handelsblatt.com/finanzen/im ... 368.html

Wer nur beschränkt haftet oder weiß, das ihm immer geholfen wird, wird sich bei Investitionen "risikofreundlicher" verhalten, als jemand, der evtl. viele Jahre seine Schulden zurückzahlen muß. Besonders perfide ist es dann, wenn der Gesetzgeber nachträglich in die Vertragsgestaltung eingreift und die Verwertung der Sicherheiten aus "sozialen" Gründen verbietet.

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Daraus:
Das einzige, was das Land samt seiner irrlichternden Regierung derzeit noch im Euro hält, ist wohl der Umstand, dass sich niemand traut, dieses Spiel zu beenden. Kanzlerin Merkel, EZB-Präsident Draghi, EU-Kommissionschef Juncker - keiner will es hinterher gewesen sein. Keiner will sich hinterher öffentlich vorwerfen lassen, sein letztes Votum hätte ein ganzes Land aus dem Euro katapultiert.
Genauso ist es. Bei einer der letzten Eurogruppen-Tagung berichtete die Presse, daß der Finanzminister von Portugal Schäuble gedrängt habe, hart zu bleiben. Es wurde vertagt.
Als GR kein Geld mehr hatte, um den IWF-Kredit zu bezahlen, erhöhte Draghi die ELA-Kredite für den Bankensektor.

Wir können sicher sein, daß es am 24. 04. (nächste deadline) wieder zu einer Verschiebung kommt und GR von "irgendwoher" (Frankfurt? Sozialkassen?) Geld bekommt, um seine Verbindlichkeiten zu begleichen und Renten und Gehälter auszuzahlen. Derweil steigen nicht nur die Target-II-Salden, sondern auch der CHF und der USD zum Euro.
Flucht aus dem Euro - die ausl. Notenbanken verkaufen ihre Euro-Anleihen an die EZB und schichten in andere Währungen um. Wer will es ihnen verdenken?

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Caviteño hat geschrieben:
Daraus:
Das einzige, was das Land samt seiner irrlichternden Regierung derzeit noch im Euro hält, ist wohl der Umstand, dass sich niemand traut, dieses Spiel zu beenden. Kanzlerin Merkel, EZB-Präsident Draghi, EU-Kommissionschef Juncker - keiner will es hinterher gewesen sein. Keiner will sich hinterher öffentlich vorwerfen lassen, sein letztes Votum hätte ein ganzes Land aus dem Euro katapultiert.
Genauso ist es. Bei einer der letzten Eurogruppen-Tagung berichtete die Presse, daß der Finanzminister von Portugal Schäuble gedrängt habe, hart zu bleiben. Es wurde vertagt.
Als GR kein Geld mehr hatte, um den IWF-Kredit zu bezahlen, erhöhte Draghi die ELA-Kredite für den Bankensektor.

Wir können sicher sein, daß es am 24. 04. (nächste deadline) wieder zu einer Verschiebung kommt und GR von "irgendwoher" (Frankfurt? Sozialkassen?) Geld bekommt, um seine Verbindlichkeiten zu begleichen und Renten und Gehälter auszuzahlen. Derweil steigen nicht nur die Target-II-Salden, sondern auch der CHF und der USD zum Euro.
Flucht aus dem Euro - die ausl. Notenbanken verkaufen ihre Euro-Anleihen an die EZB und schichten in andere Währungen um. Wer will es ihnen verdenken?
Die Politiker halten bis zum letzten an ihren selbsterzeugten Illusionen fest, koste es was es wolle, sie bezahlen es ja nicht aus der eigenen Tasche, sondern sind bestens abgesichert. Der Wähler sollte diese ganze Bande abwählen, nur leider geschieht das nicht. Die einigermassen aufrichtigen Politiker wie Bosbach und Gauweiler gehen von selber, weil sie dieses lumpige Spiel, nicht mehr mitmachen wollen.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
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Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Edi hat geschrieben:Die Politiker halten bis zum letzten an ihren selbsterzeugten Illusionen fest, koste es was es wolle,
Genau das konnte man in den letzten Tagen/Wochen immer wieder lesen. Es ist nicht mehr wie 212 die "Angst" vor einem Bankenzusammenbruch im Falle eines Grexits, es geht der Politik nur um den Ansehensverlust, den der Euro bzw. die EU erleiden würde, falls man nicht in der Lage ist, ein Land "bei der Stange" zu halten.

Wirtschaftlich ist GR für die EU unbedeutend und auch die in den letzten Wochen immer wieder erwähnte "Russland-Karte" der Griechen zieht nicht.

Im übrigen scheint man die Folgen eines Grexits nicht zur bei der EZB, sondern auch in Berlin und Brüssel durchzuspielen.
„Nachdem er schon in der Vergangenheit so hart für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone gearbeitet hat, bleibt ein Grexit für Jean-Claude Juncker ein Tabuthema“, heißt es in der EU-Kommission, „an einem solchen Szenario zu arbeiten, würde bedeuten, sich einzugestehen, dass alles umsonst war.
“ Dementsprechend wurde Ende März im Europaparlament auch ein Antrag der Alternative für Deutschland, über mögliche Vorkehrungen zu debattieren, niedergestimmt.
(...)
Gearbeitet wird an solchen Notfallszenarien aber sehr wohl – und das nicht nur in Großbritannien und Zypern, wo die Regierungen dies bereits bestätigt haben. „Jeder beschäftigt sich damit, aber keiner darf darüber reden“, heißt es zum Beispiel im Umfeld der Europäischen Zentralbank. Auch die Bundesbank und das Bundesfinanzministerium arbeiteten an Krisenplänen, wie es in Notenbankkreisen heißt: „Das Szenario eines Grexit wurde 212 ja schon einmal ausführlich durchgespielt, jetzt werden die alten Dokumente noch einmal durchgeschaut und überarbeitet.“
In Brüssel wird jedoch klargestellt, dass es „keinen koordinierten Plan B der Euro-Gruppe gibt“, wie ein hochrangiger Diplomat sagt: „Mit solchen Eventualitäten befasst sich jede Regierung für sich. Sonst könnten die Griechen nämlich mit dem Finger auf die Geldgeber zeigen und behaupten, dass sie aus dem Euro herausgedrängt werden sollen.“ Das sei nicht der Fall, doch steige die Wahrscheinlichkeit eines Grexit angesichts der mangelnden Athener Kooperationsbereitschaft von Tag zu Tag. „Es sieht nicht danach aus, dass unser Wunschszenario eintritt“, ist etwa aus der Bundesbank zu hören, die offenbar nicht mehr auf große Reformanstrengungen in Athen hofft. „Es wird enden mit dem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone“, prophezeit inzwischen gar ein hoher Brüsseler Beamter, „die Frage ist nur, wann.“
http://www.tagesspiegel.de/politik/grie ... 3647.html

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