Ich glaube das ist der gewaltige Unterschied zwischen dir und mir, zwischen "euch in Europa" und "uns in Lateinamerika", zwischen meiner und deiner grundsaetzlichen Betrachtungsweise.Palmesel hat geschrieben:Um jedes verzweifelte Leid, auf das meine Aufmerksamkeit gelenkt wird - wobei massenhaftes Leid eher abstumpfend wirkt, als zu verfangen. Wenn die Massenvernichtung Teil des Alltags ist, ist niemand mehr von ihr berührt.guatuso hat geschrieben:Wann faengst du denn zu flennen an mit deinem aufgehendem Herzen?
Mein Vater geriet gerne über Irrelevanz der "Auschwitzlüge" ins Wettern, weil die Anzahl der unschuldig Ermordeten letzthin bedeutungslos sei für das Unrecht, das hinter der Tat steht, weil schon ein einziger unschuldig Ermordeter Unrecht war. M.E. hatte er recht dahingehend, dass eine konkrete Zahl nicht wichtig ist, aber auch nicht recht, weil Größenordnungen das Maß der Systematik ausweisen können. Deswegen ist es imo auch ein Unterschied, ob Küken versehentlich nicht vergast werden, und dann verrecken, oder ob sie aus Prinzip einfach verrecken gelassen werden. Für das Küken läuft es natürlich auf dasselbe hinaus...
So halte ich es auch.guatuso hat geschrieben:...muesstest du absolut konsequent sein, und alles meiden, was auch nur im Ansatz mit Huhn zu tun hat.
Die Welt ist voller Schattierungen, es gibt also kein "alle". Wichtig ist, ob der Anteil, der die Normen hervorbringt, sich verantwortungslos verhält - und das ist, folgend meinem Anspruch an die notwenige Achtung vor der Kreatur, der Fall. Dein Anspruch ist ein anderer, und damit bist Du konform mit der Rechtsprechung in Deutschland, für die Profit ein vernünftiger Grund ist, Tieren Leid und Tod zuzufügen.guatuso hat geschrieben:Sind alle Tierhalter so?
Bleib mal sachlich und verallgemeinere nicht was eventuell einer tat.
Das Leben ist weder ein Ponyhof, noch ein Wunschkonzert, also spielt es keine Rolle, was ich möchte. Nein, ich weine nicht, wenn meine Frau und meine Töchter Eier essen - 3 Eier stehen gerade in unserer Küche für die Ostertage bereit. Ich weine nicht, weil meine Frau von mir verlangte, meine Kinder nicht unter meine Überzeugungen zu zwingen. Alles, was ich tue, ist, den Kauf auf BID-Eier zu beschränken (http://www.bruderhahn.de). Ich bin ein Mann und alt genug, nicht zu flennen, aber es schnürt sich schon in mir zusammen, wenn ich meine Töchter beim Essen von Eiern sehe. Wir schärfen die Sinne, die wir viel benutzen, und bei mir gehört die Empathie dazu.guatuso hat geschrieben:Du moechtest doch sicher, dass auch ich so ein guetiges Herz voller Empathie mit dem Kuecken habe, klaere mich auf. Weintest du auch beim Essen deines gekochten Huehnereies?
Das ist wahr. Und es gibt hier kaum Verständnis dafür, Zoo und Zirkus abzulehnen - andere Eltern und Erzieherinnen in den Kindergärter meiner Kinder hatten es auch nicht. Wenn Dr. Beneckes optimistische Sicht aber berechtigt ist, dann stirbt das auch irgendwann aus.guatuso hat geschrieben:Was mir, so nebenbei erwaehnt, auffaellt, ist der voellig andere Umgang mit Tieren, den wir in Lateinamerika haben, im Gegensatz zu Deutschland. Hier ist ein Tier noch ein Tier. In Deutschland wird es bereits vermenschlicht. Hier fliegen die Lapas (Papageien) noch frei herum, in Deutschland kauern sie in Kaefigen. Hier laufen die Jaguare frei im Dschungel. In Deutschland verkuemmern sie in engen Maschenkaefigen und sind innerlich bereits tot.
Diese Bilder zu erleben, von den Lapas und den Jaguaren und den Tapiren, die auf weichem Dschungelboden und im Wasser laufen, dann auf Metalboeden im Zoo zu sehen...
Ich sehe hier (buchstaeblich) wie Kinder Hungern, als sechsjaehrige bereits arbeiten, Schuhe putzen etwa oder Kartons stapeln, Kinder, die in tiefster Armut leben, oder,wie gestern, ganze Stadtteil niederbrennen und die Armsten den letzten Rest ihres Eigentums verlieren und fassungslos und weinend vor den qualmenden Aschehaufen stehen, ich erlebe wie Kinder an Durst oder kontaminiertem Wasser verrecken (Nicaragua,Panama), ich sehe hier wie sich Menschen im Urwald aus Aesten und Zweigen Huetten bauen (Nicaragua,Panama), in denen sie mit ihren Kindern hausen,ohne Licht und fliessendem Wasser.
Da verschwindet plotzlich die Anteilnahme um das gelegte Ei und das geschredderte Huhn, das ist fuer mich so was von Nebensaechlich, derart Banal, so was von Zivilisationsgeformte Kunstproblematik. Und keine Sau kuemmert sich um das Elend, der Staat hilft den Menschen nicht, die Leute hausen irgendwo dann weiter und sie sind froh, froh, froh, wenn sie sich ein ganzes Huhn auf dem Tisch leisten koennen! Die fragen nicht, was ist mit dem maennlichen Kuecken, die fragen sich, warum wurde das Huhn wieder teurer.
Da relativiert sich ploetzlich all das Gedoense um Menschenrechte fuer neu geschluepfte Kuecken.
Von daher, weil die Welt nun mal nicht nur aus Deutschland besteht, sondern die groessten Teile der Welt (die man so schoen abwertend als "3.Welt" bezeichnet) der Muellhaufen der reichen Industrienationen ist, wo jeder Dreck abgeladen wird (angefangen vom Computermuell, aufgehoert bei Klamotten die weiter zu tragen der Deutsche sich zu gut ist, bis hin zu Maedchen, die (auch von deutschen Touristen) als Prostituierte missbraucht und weggeworfen werden, weil diese Maedchen keine finanzielle Perspektive haben).
Und daher ist es mir ganz zweit- oder drittrangig was mit einem Kuecken passiert. Der Mensch hat ein Recht auf Essen, auch wenn es so manchen Veganern nicht in den dummdreisten Kram passt was diese Leute essen.
Nein,ich habe keine Empathie fuer das geschredderte Kuecken, das, so oder so, abgemurkst wird, zum Hundefutter oder als Suppenhuhn aus dem "bluehendem" Leben gerissen, gerupft und gekocht wird.
Meine ganze Empathie gehoert den Kindern, die ganz unschuldig am Leid sind, und da moechte ich weinen, wenn ich so manche abgerissene Kinderschar aus Fluechtlingsbebieten wie Nicaragua oder der DomRep erlebe, die sich nicht mal eine kleine Rippe Schokolade als Genuss und Freude leisten koennen (und welche Kinder lieben nicht Schokolade?), geschweige denn einen Huehnerschenkel zu Mittag.
Siehst du, das sind unsere gewaltigen Unterschiede in der Betrachtung ueber das Huehnerschreddern, deshalb kann ich diese Problematik nicht wirklich ernst nehmen, das ist fuer mich eine kuenstlich herbeigefuehrte Wohlstandsproblematik und darum schiebst du mich in das Regal der Kaltschneuzigen..
Und diese Hinweise sollen kein Totschlagsargumente sein, sondern das ganze doch mal relativieren und sich fragen lassen, wo man beginnt seine Empathie zu entdecken. Das geschredderte oder vergaste Huhn, ja und, die hungernden Kinder, wer weint da?
Ja ich weiss, wir reden von Deutschland. Wir koennen nicht die ganze Welt retten. Verlange ich auch nicht. Aber wir koennen die deutschen Huehner-Probleme als das erkennen, was sie sind: harmlose Probleme, die keinerlei Leid ueber die Menschheit bringt.
Und nebenbei, auch gestandene Maenner koennen weinen. Ich habe zuletzt geheult bei meinem letzten Herzinfarkt. Vor Schmerz. Und ich habe geweint vor Angst, als eine meiner Toechter ploetzlich spurlos verschwunden war. Und ich habe geweint als vier Dreckskerle versucht haben eine meiner Toechter gemeinsam zu vergewaltigen und ich sie in der Notaufname besuchte und noch nie im Leben ein Menschenkind derart vor Verzweiflung hatte schreien gehoert.
Das, mein lieber Palmesel, ist mir naeher als das elende kleine verreckerte Kuecken, das eh kein Bewustsein hat (auch wenn man Tiere nicht quaelen soll, weil auch sie Empfinden).
Und nochmal: Nein, mir geht das Herz nicht ueber bei geschredderten Kuecken, das halte ich fuer Kitsch, Kitsch und nochmals Kitsch.
Das Leben ist kein Ponnyhof schreibst du. Ach,und ich dachte immer, alles ist witzig und nett,wie bei Dick und Doof.
Schoen dass ich nun belehrt wurde wie das Leben wirklich ist. Das haette ich vor fast 7 Jahren wissen muessen, als ich aus dem einen Kellerzimmer herausging wo wir,8 Menschen,hausten, um dann buchstaeblich zwischen den Truemmerbergen Deutschlands zu stehen und meine Mutter (6 Kinder) Milchsuppe kochte, damit wir nicht verhungern.
Ponnyhof.
Lassen wir es gut sein,wir haben andere Werte. Meine gelten den Kindern. Ich habe nicht umsonst eine Frau geheiratet die 6 Kinder mit in die Ehe brachte. (Nach Overkotts menschenfreundlicher interpretation verstecke ich mich ja in Lateinamerika nur hinter den Kindern, bah da kanns mir uebel werder ueber soviel Schmutz, der in manchen Menschen und deren Denkformen ist).
Du wirst deine Werte haben, man moege sie respektieren.
Saludos