Mich verunsichert das ganze Thema; allerdings ist es den meisten, mit denen ich bisher darüber sprach ziemlich wurscht...
Aber: siehe auch Spiegel online, Mittwoch 23. Dezember, Beitrag "Der Islam ist in Europa wichtiger als das Christentum":
SPIEGEL ONLINE: Dennoch gewinnt man beim Lesen Ihres Buches den Eindruck, dass Sie es für schwierig halten, dass Europa seine muslimischen Zuwanderer jemals ganz wird integrieren können.
Caldwell: In der Tat glaube ich, dass sich mit dem Islam Schwierigkeiten ergeben, die andere Gruppen von Einwanderern nicht haben. Zum einen ist da die wachsende Bedeutung des politischen Islam in den letzten 50 Jahren. Eine bedeutende Minderheit der europäischen Muslime fühlt sich mit der muslimischen Welt solidarisch, und sie hat das Gefühl, dass der Westen mit dieser Welt im Krieg ist. Das macht es schwieriger für sie, die europäische Identität vollständig anzunehmen. Aber wichtiger scheinen mir die kulturellen Schwierigkeiten.
SPIEGEL ONLINE: Nämlich?
Caldwell: Viele Menschen sind zu optimistisch, wenn sie glauben, dass die Muslime in Europa ihre Religion mit der Zeit gewissermaßen aufgeben werden. Ihre Religion wird vielleicht milder werden, sie wird sich verändern, aber wir wissen nicht genau wie. Mit Religion gehen gewisse Haltungen einher, und genau damit gibt es die meisten Probleme - mit der Einstellung von Muslimen zu Frauen, zu familiären Beziehungen, zu Sex oder zu Rechten von Schwulen.
SPIEGEL ONLINE: Der Anteil der Muslime an der europäischen Bevölkerung ist sehr gering. Er beträgt ungefähr fünf Prozent.
Caldwell: Das akzeptiere ich durchaus. In meinem Buch schätze ich die Gesamtbevölkerung Westeuropas auf 400 Millionen und die Zahl der Muslime auf etwa 20 Millionen, sie wächst allerdings weiterhin.
SPIEGEL ONLINE: Wie sehr wächst sie denn wirklich? Sie argumentieren mit der höheren Geburtenrate, aber die nähert sich laut vielen Studien in der zweiten und dritten Generation der Einwanderer dem Landesdurchschnitt an.
Caldwell: Das ist richtig. Die Zahl nimmt dennoch zu, weil erstens weiterhin Einwanderer kommen, und weil zweitens ihre Geburtenrate trotzdem immer noch leicht höher liegt. Viel entscheidender ist aber, dass die Muslime mit ihrer Kultur in einer Weise beherbergt werden müssen, die Europa nötigt, seine Strukturen zu verändern. Die Mehrheitsgesellschaft ist den Einwanderern in den letzten 20 Jahren in vielen Fragen entgegenkommen. Manchmal geht es um kleine Dinge wie Gebetsräume am Arbeitsplatz. Es geht aber auch um große Fragen, das zeigt das Urteil eines französischen Gerichts, das eine gerade geschlossene Ehe annullierte, weil die Frau nicht mehr Jungfrau war.
SPIEGEL ONLINE: Und dadurch verändert sich der Charakter Europas?
Caldwell: Wenn eine unsichere Mehrheitskultur, die alles relativiert, auf eine Kultur trifft, die zwar in der Minderheit ist, aber ein großes Selbstvertrauen und Dynamik hat, dann ist es normalerweise die Mehrheitskultur, die sich der Minderheitskultur anpasst.
SPIEGEL ONLINE: Halten Sie die europäische Mehrheitskultur für so schwach, weil sie säkular ist?
Caldwell: Der Islam ist in Europa die zweitgrößte Religion. Aber das ist nur statistisch richtig. Wenn man die Lebendigkeit seiner Ideen betrachtet, ist der Islam in Europa die viel wichtigere Religion als das Christentum. Es gibt so viele Artikel in Zeitungen, so viele Debatten zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, die sich mit der Frage beschäftigen, was der Koran zu Ehrenmorden oder zum Kopftuch sagt. Was das Christentum dazu sagt, scheint für niemanden von großer Wichtigkeit zu sein.
SPIEGEL ONLINE: Da höre ich ein gewisses Bedauern.
Caldwell: Ich will Europa keine Ratschläge erteilen. Mir fällt nur auf, dass viele Europäer sich selbst für aufgeklärt halten und den Islam für barbarisch. Es ist ein Fehler, die Religiosität der Muslime zu verachten. Mein Eindruck ist, dass sie ihnen etwas gibt, das den Europäern fehlt. Das ist auch einer der Gründe, weshalb die Präsenz so weniger Muslime viele Europäer so nervös macht.