Yeti hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob es richtig ist, das alles auf die rein finanzielle Ebene zu ziehen.
Da weder der Strom aus der Steckdose noch das Geld aus dem Geldautomaten kommt, haben finanzielle Aspekte immer einen hohen Rang, denn schließlich kann man jeden Euro nur einmal ausgeben.
Ob er sinnvoll in der unkontrollierten Zuwanderung von Menschenmassen investiert wird, die auch langfristig in den meisten Fällen keine Chance haben, sich in die hier vorherrschende, hoch spezialisierte Arbeitswelt zu integrieren, müßte diskutiert werden.
Yeti hat geschrieben:
Ich sehe eigentlich vor allem kulturgeschichtlich in den Flüchtlingen eine ganz großartige Chance für unsere Gesellschaft: Sie werden uns dabei helfen, wieder etwas mehr "Erdung" im Leben zu erreichen, bei den Gläubigen unter ihnen bestimmt auch in religiösen Belangen. In den Kulturen, aus denen diese Menschen meist stammen, würde beispielsweise eine alleinlebende Karrierefrau, ein kinderloser Single, oder in Sex- und Konsumsucht sich ergebende Individuen überhaupt keine Bedeutung haben, ja noch mehr, man würde sie nicht tolerieren.
Mit der Aussage wäre ich vorsichtig.
Auch in den "Entwicklungsländern" breitet sich die westliche Lebensform immer weiter aus. Schau nur nach Asien. Auch dort gibt es Karrierefrauen, die allein leben, weil sie keinen "passenden" Partner gefunden haben. Kinder werden zwar von "singles" gezeugt, dann aber in der Obhut der Mutter gelassen, weil man selbst sein Leben genießen will. Zusammenleben ohne Trauschein ist nicht nur gesellschaftlich akzeptiert, sondern bei den jungen Menschen die Normalität.
Das ist natürlich in den großen Städten weitaus häufiger als auf dem Lande, aber dann kommt man wieder zu der Frage: Welche Migranten brauchen wir?
Ob dort alleinstehende "Karrierefrauen" oder "kinderlose single" nicht akzeptiert werden, ist auch nicht so eindeutig. Es kommt darauf an, was sie tun. Entsprechen sie den dortigen Wertvorstellungen über dem engen (Groß-)Familien oder Stammeszusammenhalt, dürfte ihre Wertschätzung sogar besonders hoch sein, denn sie müssen keinen zweiten Familienclan (des Partners) unterstützen. Dieser - hier immer wieder - hochgelobte enge Familiensinn hat jedoch auch seine Nachteile.
Es hört sich schön an, wenn die (Groß-)Familie zusammenhält, allerdings unterstellen "wir" dann, das alle an einem Strang ziehen. Häufig ist es jedoch so, daß derjenige, der es geschafft hat im Ausland oder beim Staat einen (gut)bezahlten Job zu bekommen, derjenige ist, der alleine arbeitet. Aufgrund der - hier immer wieder gelobten - "hohen Wertvorstellungen" ist er verpflichtet, der Großfamilie/dem Clan zu "helfen" - bis zur Grenze der Selbstaufgabe. Die Sanktion, andernfalls von der Familie verstoßen zu werden, können leider nur wenige ertragen und so schuften sie, ohne irgendwann die Früchte ihrer Arbeit genießen zu können. In vielen Länderblogs kannst Du lesen, daß dieses Thema ein Hauptproblem binationaler Ehen ist.
In der FAZ gab es mal eine Abhandlung, daß gerade diese familiäre Unterstützungsverpflichtung, die sich dort bis zum Stamm erstrecken soll, der Grund ist, das es in Afrika keinen wachsenden Mittelstand gibt. Ist jemand zu Geld gekommen, wird es gnadenlos von der Sippe bzw. dem Stamm eingefordert.
Es besteht verständlicherweise die Tendenz, die "guten" Aspekte der anderen Kultur als Beispiel über die verfallene Kultur hier zu sehen, jedoch übersieht man die Schattenseite. Wo viel Sonne ist, ist auch viel Schatten und in den Ländern, aus denen diese Menschen kommen, scheint die Sonne besonders stark.
Ich will es an einem Beispiel klarmachen: Wie würdest Du Dich verhalten, wenn eine Nichte/ein Neffe zweiten Grades zu Dir kommt und Dich bittet, ihm sein Studium zu finanzieren. Die Kosten belaufen sich auf 15% - 20% Deines monatlichen Salärs.
Würdest Du in einem solchen Fall nicht das deutsche Modell eines aus Steuermitteln finanzierten Studiums viel besser (und auch gerechter) finden? Dort bezahlt nämlich auch die alleinstehende Karrierefrau oder der kinderlose single die Studienkosten Deines Verwandten.
Yeti hat geschrieben:
Insofern glaube ich auch, dass viele Politiker, die Phrasen wie "Deutschland wird bunter" im Mund führen, gar nicht wirklich begreifen, was das wirklich bedeuten kann. "Bunter" heißt nicht "gleichgültiger", "Meinung" trifft nicht auf "Gegenmeinung", sondern Kultur trifft auf verfallende Kultur. Insofern würde ich auch nicht von Bedrohungsszenarien ausgehen, sondern von einer Möglichkeit, Verlorengegangenes wieder zu entdecken.
Glaubst Du wirklich, daß die Mehrheit der Bevölkerung hier "Verlorengegangenes wiederentdecken" möchte? Das halte ich doch für sehr unwahrscheinlich und auch nicht unbedingt für wünschenswert.