Kurzmeldungen/Nachrichten IV

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Edi
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Edi »

Caviteño hat geschrieben: Egal ob Glühbirne, Duschkopf, Rauchmelder, Energieausweis, Wertstofftonne - es wird reglementiert, das sich die Balken biegen. Dahinter stehen nur die Interessen der Industrie, wie der Artikel klarlegt, denn finanziell rechnet sich die Dämmwut (meist) nicht und ökologisch ist sie ebenfalls bedenklich.
Ob das Dämmen sich rechnet, vor allem, wenn man es nachträglich macht, kann ich nicht beurteilen. Ökologisch muss das nicht bedenklich sein, man muss ja nicht unbedingt Styropor nehmen, das auch noch brennbar ist.
Eines rechnet sich aber oft, z.B. eine neue moderne Heizung, das habe ich selber erlebt. Ich habe auch nach ca. 30 Jahren einige Fenstergläser erneuern lassen, weil die besser isolieren. Wenn das sich rechnen sollte, dann aber nur über Jahre. Bei Neubauten nimmt man ja und das ist auch vorgeschrieben ohnehin das Isolierglas mit Edelgas.

Das eine oder andere an Vorschriften mag sinvoll sein, aber sicher ist auch manches überzogen.
Die Rauchmeldergeschichte kenne ich, das ist ein gutes Geschäft für die Hersteller und die, die sie einbauen und warten. Ob das unbedingt nötig ist, ist umstritten.

Was das Thema Italien und Schummelien angeht, das war schon vor Jahren so. Ich erinnere mich da an die Zuschüsse der EU für den Tomatenanbau und die Verarbeitung der Tomaten in Italien. Die Italiener hatten damals mehr Ketchup oder Tomatenmus hergestellt als es der eigene Ertrag erlaubte und dafür gab es Zuschüsse abhängig von der Menge der eigenen Ernte. Das ist dann irgendwann nachgerechnet worden und später konnte man in der Presse lesen, daß sie einen Teil der Zuschüsse wieder zurückzahlen mussten.

Ich glaube nicht, dass die EU allen diesen Betrügereien, seien sie von Italien oder von anderen Ländern bzw. Firmen auf die Schliche kommt.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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holzi
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von holzi »

Edi hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die EU allen diesen Betrügereien, seien sie von Italien oder von anderen Ländern bzw. Firmen auf die Schliche kommt.
Dann bescheißen die Deutschen, Österreicher und Schweden eben professioneller? ;D

Tritonus
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Tritonus »

holzi hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die EU allen diesen Betrügereien, seien sie von Italien oder von anderen Ländern bzw. Firmen auf die Schliche kommt.
Dann bescheißen die Deutschen, Österreicher und Schweden eben professioneller? ;D
Uebung macht den Meister. :pfeif:

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Linus
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Linus »

holzi hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die EU allen diesen Betrügereien, seien sie von Italien oder von anderen Ländern bzw. Firmen auf die Schliche kommt.
Dann bescheißen die Deutschen, Österreicher und Schweden eben professioneller? ;D
Kaum. Wir mussten erst die Almzuschusse refundieren, teilweise weil man einzeln herumstehende Büsche von der Fläche nicht abgezogen hatte.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Hubertus
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Hubertus »

Caviteño hat geschrieben:Egal ob Glühbirne, Duschkopf, Rauchmelder, Energieausweis, Wertstofftonne - es wird reglementiert, das sich die Balken biegen. Dahinter stehen nur die Interessen der Industrie, wie der Artikel klarlegt, denn finanziell rechnet sich die Dämmwut (meist) nicht und ökologisch ist sie ebenfalls bedenklich:
:daumen-rauf: Schon vor über einem Jahr in der Welt: http://www.welt.de/finanzen/immobilien/ ... mmung.html
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

telepolis hat geschrieben:CIA-Gefängnis: Polen will Straßburger Urteil nicht akzeptieren.
Jens Mattern 26.07.2014
Polen ist vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu einer Entschädigungszahlung an zwei mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder verurteilt worden.
[...]
Allgemein herrscht in Polen die Meinung, dass das Land vielleicht nicht streng rechtlich korrekt, doch moralisch richtig gehandelt habe.
Dass nun allein Polen zur Verantwortung gezogen wird und die USA nicht belangt werden, stößt vielen wie Janinan Paradowski vom linksliberalen Nachrichtenmagazin "Polityka" auf. Die Journalistin fürchtet, dass mit der Verurteilung Polen der Täterstatus zugeteilt werde, dass man von "polnischer Folter" spricht, obwohl die amerikanischen Geheimdienstler das Verhör mit Folter verantworteten und umsetzten.
Das CIA-Gefängnis in Polen war 2005 durch die Washington Post aufgedeckt, worden, polnische Regierungsmitglieder leugneten seine Existenz bis 2012.
Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, dass der polnische Inlandsdienst AW Kartons15 Millionen US-Dollar aus der amerikanischen Botschaft als Entgelt für die Erlaubnis erhalten hat, Al-Qaida-Mitglieder auf polnischem Boden zu verhören.
"Allgemein herrscht in Polen die Meinung, dass das Land vielleicht nicht streng rechtlich korrekt, doch moralisch richtig gehandelt habe."
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt - zu Zahlungen.

Die allgemeine Meinung in Polen, moralisch richtig gehandelt zu haben, wäre wohl richtig, wäre es nicht aufgrund einer Zahlung erfolgt. Es ist eine verkaufte Moral. Was wäre moralisch richtig? Islamistische Gewalttäter, die in Vorbereitung eines oder erfolgten Anschlags auf polnischem Boden festgesetzt werden, die werden vor Gericht gestellt und hingerichtet. Kurz und schmerzlos.

Liebe Polen,

nur weil die Deutschen von den VSvA unter der Knute gehalten werden, und Front machen gegen Russland, werdet ihr an ihrer Seite nicht zu einem freien Volk. Was ihr erhaltet ist ein Sack voll wertlosem Geldes, und ein moralisch bitterer Nachgeschmack.

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, dass der polnische Inlandsdienst AW Kartons 15 Millionen US-Dollar aus der amerikanischen Botschaft als Entgelt für die Erlaubnis erhalten hat, Al-Qaida-Mitglieder auf polnischem Boden zu verhören.
15 Millionen Dollar. Wenn von deutschem Boden aus US-Amerikanische Drohnenangriffe geduldet werden, dann geschieht das wenigstens aus Schuldbewusstsein. Und der deutsche Steuerzahler legt sogar noch was drauf.

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Ewald Mrnka
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Ewald Mrnka »

Torsten hat geschrieben:
Anfang dieses Jahres war bekannt geworden, dass der polnische Inlandsdienst AW Kartons 15 Millionen US-Dollar aus der amerikanischen Botschaft als Entgelt für die Erlaubnis erhalten hat, Al-Qaida-Mitglieder auf polnischem Boden zu verhören.
15 Millionen Dollar. Wenn von deutschem Boden aus US-Amerikanische Drohnenangriffe geduldet werden, dann geschieht das wenigstens aus Schuldbewusstsein. Und der deutsche Steuerzahler legt sogar noch was drauf.
Mit "Gewissen" & "Schuldbewußtsein" ließen sich schon immer Politik und lukrativer Gschäfte machen; derlei Machinationen haben Tradition.

»So ist man recht gesinnt!
Wer überwindet, der gewinnt.
Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze Länder aufgefressen
Und doch noch nie sich übergessen;
Die Kirch allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen.«

Die Säkulisation hat sich auch in moralischer Hinsicht ausgeweitet :breitgrins: .
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Lilaimmerdieselbe
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Aber, wenn man dem Autor trauen kann, wohl schon seit mehreren Jahrhunderten, wenn es überhaupt je anders war.

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JosefBordat
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von JosefBordat »

Es ist normal, anders zu sein: http://jobo72.wordpress.com/214/7/27/ ... er-gleich/

JoBo
Jobo72's Weblog - Christliche Existenzphilosophie. Gott, die Welt und alle Dinge überhaupt

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Gamaliel
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Gamaliel »

Dackel zu Tode gequält - Haftstrafen für Jugendliche

Daraus:
Der 18-Jährige wurde zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt, der 16-Jährige zu zwei Monaten bedingt; dazu müssen sich die beiden einer Psychotherapie unterziehen, auch ein Bewährungshelfer wird ihnen zur Seite gestellt.
:vogel:

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Apollonia
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Apollonia »

Gamaliel hat geschrieben:Dackel zu Tode gequält - Haftstrafen für Jugendliche

Daraus:
Der 18-Jährige wurde zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt, der 16-Jährige zu zwei Monaten bedingt; dazu müssen sich die beiden einer Psychotherapie unterziehen, auch ein Bewährungshelfer wird ihnen zur Seite gestellt.
:vogel:
Was hättest du für angemessen gehalten?

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Argentinien ist zum achten Mal pleite. Der Auslöser ist die Klage eines Hedgefonds vor einem New Yorker Gericht, die dieser gewann. Argentinien wurde verpflichtet, die Forderungen des Hedgefonds zu begleichen. Eine Zahlung hätte jedoch alte Ansprüche der früheren Gläubiger aufleben lassen, auf die diese - unter Vorbehalt - verzichtet hatten.

Wahrscheinlich werden jetzt wieder in der Presse Anschuldigungen gegen den - bösen us-amerikanischen - Hedgefond erhoben werden, der ein Land in die Pleite treibt und seine Bevölkerung verarmen läßt.... Die FAZ sieht das allerdings ein wenig differenzierter:
Ein breite Koalition aus Internationalem Währungsfonds, dem Internationalen Bankenverband IIF und eher politisch links einzuordnenden Menschenrechtsgruppen warnen nun davor, dass mit dem Urteil und dem Fall Argentinien die Rechte von Gläubigern gegenüber souveränen Staaten gestärkt werden.
Die Sorge geht um, dass Gläubiger sich künftig häufiger Umschuldungen widersetzen und überschuldete Volkswirtschaften in den Abgrund stürzen könnten. Weniger dramatisch, aber bedeutungsschwer drückt es der IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard aus: Es gebe „Kosten für die Welt“, warnt er. Regierungen und Banken arbeiten schon an Mustervertragsklauseln, um die Folgen des Urteils einzufangen und die einzelnen Gläubiger noch mehr dem Mehrheitskollektiv aller Gläubiger eines Staates zu unterwerfen.

Das ist nun eine bemerkenswerte Argumentation. Was soll schlimm daran sein, wenn einzelne Gläubiger - und seien es ungeliebte Hedgefonds - Regierungen auch vor Gericht daran erinnern dürfen, dass Verträge einzuhalten und geliehenes Geld zurückzuzahlen ist.
Solcher Druck kann nur im Interesse der Argentinier sein, weil so der Regierung die Grenzen unsolider Haushaltsführung aufgezeigt werden. Niemand wird bestreiten wollen, dass eine solche Anpassung an die Realität für Argentinien schmerzhaft ist. Aber wer die Rechte der Gläubiger schwächt, ruft nur noch mehr staatliche Misswirtschaft und Defaults hervor.
(Hervorhebung von mir)

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/f ... 73723.html

Zum Vergleich die Situation in GR: Hier sind fast ausschließlich staatsnahe Institutionen (EZB, ESM) Gläubiger des Landes und sie werden GR wohl kaum an die Rückzahlungspflicht der Schulden erinnern. Die Folge: Es kostet nur noch mehr Geld.
Außerdem führt eine Schwächung der Gläubigerrechte naturgemäß zu höheren Zinsen, denn die Gläubiger werden sich diesen Verzicht bezahlen lassen. Die höheren Zinsen müssen aber von der Bevölkerung aufgebracht werden.

Benedikt

Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Benedikt »

Das ist nun eine bemerkenswerte Argumentation. Was soll schlimm daran sein, wenn einzelne Gläubiger - und seien es ungeliebte Hedgefonds - Regierungen auch vor Gericht daran erinnern dürfen, dass Verträge einzuhalten und geliehenes Geld zurückzuzahlen ist.
Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Ein Staat ist kein profitorientiertes Unternehmen, sondern ein Gemeinwesen. Wenn die Rechte von privaten Gläubigern gegenüber dem Gemeinwesen gestärkt werden, bedeutet das, dass Geld vom Gemeinwesen an einzelne umverteilt wird. Das Gemeinwesen kann sich aber - anders als eine Kapitalgesellschaft - nicht einfach auflösen, was bedeutet, dass im schlimmsten Fall die Bürger immer weiter zahlen müssen.

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Benedikt hat geschrieben:
Das ist nun eine bemerkenswerte Argumentation. Was soll schlimm daran sein, wenn einzelne Gläubiger - und seien es ungeliebte Hedgefonds - Regierungen auch vor Gericht daran erinnern dürfen, dass Verträge einzuhalten und geliehenes Geld zurückzuzahlen ist.
Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Ein Staat ist kein profitorientiertes Unternehmen, sondern ein Gemeinwesen. Wenn die Rechte von privaten Gläubigern gegenüber dem Gemeinwesen gestärkt werden, bedeutet das, dass Geld vom Gemeinwesen an einzelne umverteilt wird. Das Gemeinwesen kann sich aber - anders als eine Kapitalgesellschaft - nicht einfach auflösen, was bedeutet, dass im schlimmsten Fall die Bürger immer weiter zahlen müssen.
Welche Rechte der privaten Gläubiger sollen denn gestärkt werden? :achselzuck: :hae?:
Der Staat nimmt einen Kredit auf und verpflichtet sich, diesen mit Zinsen nach einer gewissen Laufzeit zurückzahlen. Wenn er ihn nicht zurückzahlen kann und der Gläubiger auf Rückzahlung besteht und diese mit rechtstaatlichen Mitteln durchsetzen will - handelt er dann nicht im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen? Ist man rechtlos, wenn man einem Staat Geld leiht? Soll die Rückzahlung in die Beliebigkeit der jeweiligen Regierung gestellt sein?

Der Gläubiger Argentiniens war/ist nach den Vertragsbedingungen nicht verpflichtet gewesen, einem Vergleichsangebot zuzustimmen, die Anleihebedingungen enthielten keine CAC = Collective Action Clauses (wie die alten Anleihen von GR).
Hat er dem Vergleichsangebot nicht zugestimmt, bestand/besteht für ihn die Gefahr, keine Rückzahlung zu erhalten. Andererseits kann er natürlich auch alle rechtlich zulässigen Schritte ergreifen, um seine Ansprüche durchzusetzen. Die Minimalrechte eines Kreditgebers, der Anspruch auf Rückzahlung und Zinsen, erlöschen nicht, nur weil ein Staat sich für zahlungsunfähig erklärt.

Zum Hinweis auf die Bürger:
Haben die Bürger nicht durch die Kreditaufnahme, den damit verbundenen zusätzlichen Geldzufluß profitiert? Das Geld ist doch nicht verbrannt worden, sondern für Investitionen, Soziales oder sonstwie vom Staat ausgegeben worden.
Die Staatsschulden sind nicht grundlos entstanden, ihnen liegt eine Kreditgewährung zugrunde. Mir wird dieser Aspekt des vorgezogenen Konsums bzw. der Investitionen viel zu wenig in den Diskussionen beachtet. Erst nimmt man Kredite auf, um sich etwas leisten zu können (ohne die Steuern zu erhöhen) und wenn die Rückzahlung ansteht, ist es plötzlich "unsozial" das Geld zu fordern.
Dann sollte man keine Kredite aufnehmen, sondern Geschenke einfordern - das wäre zumindest ehrlich.

Benedikt

Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Benedikt »

diese mit rechtstaatlichen Mitteln durchsetzen will
Rechtsstaatlich ist die Entscheidung eines New Yorker Bezirksgerichts über argentinische Staatsanleihen wohl kaum zu nennen. Das ganze hätte vor argentinischen Gerichten ausgehandelt werden müssen.

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Benedikt hat geschrieben:
diese mit rechtstaatlichen Mitteln durchsetzen will
Rechtsstaatlich ist die Entscheidung eines New Yorker Bezirksgerichts über argentinische Staatsanleihen wohl kaum zu nennen. Das ganze hätte vor argentinischen Gerichten ausgehandelt werden müssen.
Die Anleihebedingungen waren nach amerikanischen Recht begeben worden; die Anleihewährung war der USD. Argentinien hat sich also freiwillig - denn es hätte ja auch Anleihen nach arg. Recht ausgeben können, wenn es dafür Käufer gefunden hätte - dem amerikanischen Rechtssystem unterworfen und sich außerdem verpflichtet, Rückzahlung nicht in Peso sondern in USD zu leisten.

Somit ergab sich eine Zuständigkeit des New Yorker Gerichtes. Ähnliches konnte man auch im Fall GR sehen. Die Mehrzahl der gr. Anleihen unterlagen gr. Recht - das gr. Parlament hat dann nachträglich eine sog. CAC-Klausel eingefügt - ob eine nachträgliche Änderung der Vertragsgrundlagen rechtlich zulässig war, kann jeder selbst entscheiden. Diese Anleihen wurden dann im Frühjahr 212 einem Schuldenschnitt unterzogen (nachdem man die Bestände, die die EZB hielt, durch eine neue Wertpapierkennnummer ausgesondert hatte)

Nicht betroffen vom Schuldenschnitt waren aber auch Anleihen, die z.B. nach Schweizer oder englischem Recht begeben worden waren. Hier zahlte GR bei Fälligkeit, denn eine Nichtzahlung hätte einen default bedeutet und alle anderen Anleihen wären sofort fällig geworden. Hier ein Artikel aus der damaligen Zeit:
Beim griechischen Schuldenschnitt - der größten und kompliziertesten Staats-Umschuldung aller Zeiten - ist die Frage für Investoren von großer Bedeutung: Welchem nationalen Recht unterliegen meine Anleihen?

Ob Griechenland seine Gläubiger zum Forderungsverzicht zwingen kann, hängt maßgeblich davon ab, unter welchen juristischen Bedingungen die Papiere ausgegeben wurden. Gilt, was für den Großteil der Bonds zutrifft, griechisches Recht, haben Anleger schlechte Chancen, sich schadlos zu halten. Wer die vor allem bei Hedge-Fonds begehrten Titel unter internationalem Recht hält, hat nach Einschätzung von Experten deutlich bessere Karten. Warum?

GERICHTSSTANDORT: Kommt es zum Äußersten und ein Staat erklärt sich zahlungsunfähig, sind juristische Scharmützel programmiert. Vor Gerichten des Landes zu verhandeln, das die Auszahlung verweigert, ist für Investoren fast aussichtslos. Bei einigen Krisenstaaten der Eurozone ließ sich deshalb zuletzt bereits das Phänomen beobachten, dass Anleihen, die nicht nach inländischem Recht begeben sind, höher gehandelt werden. Das Beispiel Griechenland führt deutlich vor Augen, wie willkürlich ein staatlicher Schuldner mit den Forderungen seiner Gläubiger verfahren kann, sofern diese nationalem Recht unterliegen.
http://www.zeit.de/news/212-3/9/eu-s ... t-96586

Ein Sahnehäubchen zum Schluß:
Die USA dürfen nach ihrer Gesetzeslage nur Anleihen aufnehmen, die auf USD lauten. Sie können also praktisch nicht pleite gehen, denn die USD können jederzeit in praktisch unbeschränkter Menge - digital - gedruckt werden. :breitgrins:

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

dlf hat geschrieben:Indien lässt Welthandelspakt scheitern

Das Bali-Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO), im vergangenen Jahr noch als Durchbruch gefeiert, wird vorerst nicht in Kraft treten. Die indische Regierung ließ die Frist für die Unterzeichnung verstreichen. Die EU, die USA und Wirtschaftsverbände sind enttäuscht.
[...]
Indien macht eine dauerhafte Ausnahmeregelung zur Bedingung für seine Unterschrift, um Grundnahrungsmittel für Millionen arme Menschen subventionieren zu können.
[...]
Australiens Handelsminister Andrew Robb erklärte, "dieser Misserfolg ist ein schwerer Schlag für die in Bali wieder hergestellte Zuversicht, dass die WTO ausgehandelte Ergebnisse liefern kann". Indiens Wirtschaft zeigte allerdings Verständnis für ihre Regierung: "Wir befürworten Handelserleichterungen, aber hier geht es um die Sorgen und Nöte von 700 Millionen Menschen", sagte ein Sprecher des Industrieverband CII.
Die indische Regierung kauft jedes Jahr große Mengen Reis von einheimischen Kleinbauern auf, und bringt diesen, der Kaufkraft der Mehrheit der Bevölkerung entsprechend, verbilligt auf den einheimischen Markt. Das wäre mit diesem Abkommen eine nicht mehr zulässige Nahrungsmittelsubvention gewesen. Drastisch ausgedrückt könnte man sagen: Die indische Regierung u.a. haben sich hier einem wirtschaftsideologischen Verbrechen von stalinistischem Ausmaß entgegengestellt. Wahrscheinlich größtenteils aber auch nur aus Sorge und Angst vor diesen 700 Millionen Menschen.

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben: Die indische Regierung kauft jedes Jahr große Mengen Reis von einheimischen Kleinbauern auf, und bringt diesen, der Kaufkraft der Mehrheit der Bevölkerung entsprechend, verbilligt auf den einheimischen Markt. Das wäre mit diesem Abkommen eine nicht mehr zulässige Nahrungsmittelsubvention gewesen.
Der Grund liegt nicht darin, daß die Subventionierung von Nahrungsmitteln und deren Abgabe als unzulässige Subvention angesehen wird, sondern darin, daß Indien Weizen und Reis zu Preisen über den Weltmarktpreisen von seinen Bauern aufkauft (und diese dann auf den Abgabepreis für arme Bevölkerungsschichten subventioniert). Dadurch haben einheimische Bauern einen Vorteil, denn nur sie profitieren von den hohen Preisen, die die indische Regierung zahlt:
To maintain government reserves and provide subsidized food to needy households, India buys rice and wheat from farmers in enormous quantities at above-market prices. That has put it at risk of violating WTO rules capping subsidies that influence agricultural prices and production. For developing countries, the yearly ceiling for "trade-distorting" subsidies is 1% of the value of agricultural production.
Economists have estimated that India has exceeded its cap in the last few years as the size of its grain stockpiles—and hence the prices it must pay to growers—has grown rapidly.
http://online.wsj.com/articles/u-s-pres ... =asia_home
Trotz eines starken Wirtschaftswachstums hat kein anderes Land so viele unterernährte Kinder wie Indien. Den Hunger versucht die Regierung in den Griff zu bekommen, indem sie Getreide bei Farmern zu Preisen über dem Marktniveaus kauft und billig abgibt oder verteilt: So bekommen Schulkinder kostenlose Mittagessen. Bald sollen 8 Millionen Menschen Getreide zu Cent-Preisen kaufen können.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 76439.html

Natürlich kann Indien die Nahrungsmittel für die Bedürftigen subventionieren - wenn es allerdings Nahrungsmittel über dem Weltmarktpreis kauft und seinen Bauern damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft (ausl. Importeure werden entweder entsprechend besteuert oder erhalten diese Preise nicht), dann verstößt das gegen die WTO-Regeln.
Durch das Agrarabkommen sollen „marktverzerrende“ Formen der internen Stützung reduziert werden. Das betrifft vor allem staatlich garantierte interne Preise, die über den Weltmarktpreisen (bzw. einem in den Verhandlungen festgelegten Referenzpreis) liegen, und von der Produktionsmenge abhängige direkte Zahlungen an die Landwirte.
http://germanwatch.org/tw/euwto5.pdf

Auch die EU-Landwirtschaftspolitik ist ein ständiger Streitpunkt mit der WTO (und den USA). Die EU versuchte sogar, die durch die zu hohen - internen - z.B. Fleischpreise ermöglichte Überproduktion z.B. durch die Herodes-Prämie zu senken.

Landwirtschaft ist ein sehr schwieriges Thema in den intern. Handelsvereinbarungen. Einerseits können bestimmte Warengruppen überall auf der Welt in klimatisch gleichen Regionen hergestellt werden, andererseits spielt die Landwirtschaft in vielen Volkswirtschaften eine große Rolle und die "Eigenversorgung" ist mental für einen großen Bevölkerungsteil wichtig. Hinzu kommen inzwischen auch Aspekte der "Landschaftspflege" - z.B. in den Bergbauernprogrammen der Alpenländer.

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Natürlich kann Indien die Nahrungsmittel für die Bedürftigen subventionieren - wenn es allerdings Nahrungsmittel über dem Weltmarktpreis kauft und seinen Bauern damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft (ausl. Importeure werden entweder entsprechend besteuert oder erhalten diese Preise nicht), dann verstößt das gegen die WTO-Regeln.
Caviteño,

es ist doch nur die andere Seite derselben Medaille. Es sind Kleinbauern, die ohne diese Preise, die ihnen die Regierung bezahlt, wirtschaftlich nicht überleben würden. Der "Wettbewerbsvorteil" ist eine Überlebensnotwendigkeit. Aus "Spaß" oder Gönnerhaftigkeit gibt die indische Regierung bestimmt kein Geld dafür aus. Die wollen vermeiden, dass noch mehr Millionen in die Slums strömen.

Benedikt

Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Benedikt »

Natürlich kann Indien die Nahrungsmittel für die Bedürftigen subventionieren - wenn es allerdings Nahrungsmittel über dem Weltmarktpreis kauft und seinen Bauern damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft (ausl. Importeure werden entweder entsprechend besteuert oder erhalten diese Preise nicht), dann verstößt das gegen die WTO-Regeln.
Ein Land muss immer dafür sorgen, dass es selber genug Lebensmittel produziert. Andernfalls ist es leicht erpressbar, in Krisenzeiten drohen Hungersnöte, in Kriegszeiten ist keine Autarkie gegeben. Eine WTO-Regelung, die die Autarkie effektiv verhindert, ist idiotisch. Ob das böser Wille ist, lasse ich mal dahingestellt.

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Natürlich kann Indien die Nahrungsmittel für die Bedürftigen subventionieren - wenn es allerdings Nahrungsmittel über dem Weltmarktpreis kauft und seinen Bauern damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft (ausl. Importeure werden entweder entsprechend besteuert oder erhalten diese Preise nicht), dann verstößt das gegen die WTO-Regeln.
Caviteño,

es ist doch nur die andere Seite derselben Medaille. Es sind Kleinbauern, die ohne diese Preise, die ihnen die Regierung bezahlt, wirtschaftlich nicht überleben würden. Der "Wettbewerbsvorteil" ist eine Überlebensnotwendigkeit. Aus "Spaß" oder Gönnerhaftigkeit gibt die indische Regierung bestimmt kein Geld dafür aus. Die wollen vermeiden, dass noch mehr Millionen in die Slums strömen.
Na ja - Dein Betrag erweckte den Eindruck als sei es die - böse - WTO, die Indien die Nahrungsmittelsubvention für die Ärmsten der Armen verbieten würde. Das ist nicht der Fall.

Natürlich mag es sein, daß die Regierung das Ziel hat, eine Landflucht zu vermeiden. Andererseits stellt sich aber auch die Frage, ob es sich nicht ganz profan um Wählerwerbung handelt. ;D

Ich habe doch überhaupt nicht bestritten, daß Agrarsubventionen ein heißes Eisen sind - nicht nur für Indien, sondern praktisch in allen Ländern, einschl. der EU. Das sollte man doch auch klar sagen und nicht mit der Keule "WTO verbietet Subventionierung der Ärmsten" einen falschen Eindruck erwecken.
Benedikt hat geschrieben: Ein Land muss immer dafür sorgen, dass es selber genug Lebensmittel produziert. Andernfalls ist es leicht erpressbar, in Krisenzeiten drohen Hungersnöte, in Kriegszeiten ist keine Autarkie gegeben. Eine WTO-Regelung, die die Autarkie effektiv verhindert, ist idiotisch.
Wie sollen den Länder, wie z.B. die Schweiz, genügend Lebensmittel für die eigene Bevölkerung produzieren? :hmm: Das dürfte schon allein aufgrund der landwirtschaftlichen Fläche nicht möglich sein.
Wie sieht es aus in Ländern, die über keine eigenen Energiequellen verfügen? Die sind heute genauso wichtig wie Lebensmittel, denn ohne Energie kann man sich auch kein Essen zubereiten.
Selbst wenn man genügend Lebensmittel (welcher Art und Qualität sei mal dahingestellt) erzeugen könnte - wie soll in der arbeitsteiligen Wirtschaft heute der Import dringend benötigter Güter (z.B. Erze, Ersatzteile für Landmaschinen) funktionieren? Sollen Lager angelegt werden, um "autark" zu sein? :D

Warum soll ein Land leicht erpressbar sein, wenn es nicht genügend Lebensmittel produziert? Dann müßte die gesamte Weltgemeinschaft den Handel untersagen, denn wenn z.B. Argentinien keinen Weizen liefert, kann man ihn in Kanada, den USA oder Australien einkaufen. Im übrigen bestehen heute hohe politische Bedenken, den Export von Lebensmitteln zu untersagen. Selbst bei Paria-Staaten, wie z.B. Nord-Korea, sind Lebensmittellieferungen immer von Sanktionen ausgenommen.

Sollte das Ziel nicht vielmehr sein, daß die Länder untereinander durch Handel so voneinander "abhängig" sind, daß Alleingänge und vor allem Kriege unmöglich werden, weil der Schaden sonst zu groß ist? :ja:

Im übrigen muß man auch berücksichtigen, was Autarkie für die Bevölkerung bedeuten würde. Der frühere Wirtschaftsminister Schiller drückte es im vergangenen Jahrhundert treffend aus, als einige von einem autarken Deutschland träumten:

"Autarkie bedeutet Muckefuck statt Bohnenkaffee" - wer will das denn heute?

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Na ja - Dein Betrag erweckte den Eindruck als sei es die - böse - WTO, die Indien die Nahrungsmittelsubvention für die Ärmsten der Armen verbieten würde. Das ist nicht der Fall.
Und weshalb nicht?
"Autarkie bedeutet Muckefuck statt Bohnenkaffee" - wer will das denn heute?
Es kann auch den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Na ja - Dein Betrag erweckte den Eindruck als sei es die - böse - WTO, die Indien die Nahrungsmittelsubvention für die Ärmsten der Armen verbieten würde. Das ist nicht der Fall.
Und weshalb nicht?
Weil die WTO den internationalen Handel regelt und für einen fairen Handel gleiche Wettbewerbsbedingungen notwendig sind. Staatliche Subventionen, z. B. der Ankauf über einen festgelegten (Weltmarkt-)Preis, verschaffen den eigenen Erzeugern einen Vorteil gegenüber ihren ausländischen Mitbewerbern.
Die Preisgestaltung auf den lokalen Märkten ist nicht Gegenstand der WTO-Vereinbarung.

Im konkreten Fall scheiterte das Abkommen nicht daran, daß die WTO Indien verbieten wollte, Nahrungsmittel unter dem Weltmarktpreis an die armen Bevölkerungsschichten abzugeben. Vielmehr konnte die WTO nicht zustimmen, daß Indien über höhere Preise für Reis und Weizen seinen Bauern einen dauerhaften Vorteil verschafft. Entsprechende Subventionen sind nach den WTO-Vereinbarungen möglich, müssen aber langfristig abgebaut worden. Damit wollte sich Indien nicht abfinden, vielmehr sollte der gegenwärtige Zustand der Dauersubvention festgeschrieben werden.
Torsten hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben: "Autarkie bedeutet Muckefuck statt Bohnenkaffee" - wer will das denn heute?
Es kann auch den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
Wohl kaum - denn im Vergleich zu früheren Krisen sind heute weltweite Unterstützungslieferungen im Falle einer Katastrophe möglich und - Gott sei Dank - auch üblich.
Oder an welches Szenario hast Du bei Deiner Aussage gedacht? :achselzuck:

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Weil die WTO den internationalen Handel regelt und für einen fairen Handel gleiche Wettbewerbsbedingungen notwendig sind. Staatliche Subventionen, z. B. der Ankauf über einen festgelegten (Weltmarkt-)Preis, verschaffen den eigenen Erzeugern einen Vorteil gegenüber ihren ausländischen Mitbewerbern.
Wenn die indischen Kleinbauern nun aber gegenüber ausländischen Mitbewerbern nicht wettbewerbsfähig sind, was dann? Lass mich raten:
Dann muss alles getan werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Oder an welches Szenario hast Du bei Deiner Aussage gedacht?
An den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ..
jungewelt hat geschrieben:Indien rettet die Welt
Von Klaus Fischer

[...]
Ja, es ist ein trauriger Tag – für die Hauptprofiteure der Globalisierung, diesem Megaprojekt der »vereinigten Weltkonzerne«, das zunehmend nationale Souveränität zugunsten des globalen Kapitalverkehrs einschränkt oder gar aufhebt. Marktmechanismen nutzen der Spekulation mit Nahrungsmitteln. Zur Sicherung einer Grundversorgung taugen sie nicht. Und »freie Märkte« sind bei der Dominanz der Multis ohnehin eine Schimäre.

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Torsten
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Torsten »

spon hat geschrieben:Australien: Ehepaar lässt Leihmutter mit behindertem Baby im Stich
Eine thailändische Leihmutter trägt Zwillinge für ein australisches Paar aus. Dieses nimmt jedoch nur das gesunde Kind, das andere mit Down-Syndrom will es nicht. Die Empörung über diesen Fall ist groß - die Hilfsbereitschaft auch.
[...]
Die 21-jährige Thailänderin wurde mit Zwillingen schwanger. Die Australier hätten eine Abtreibung verlangt, als sich während der Schwangerschaft zeigte, dass eines der Kinder das Down-Syndrom hat. Sie habe sich jedoch geweigert. Die Zwillinge wurden im Dezember geboren.
Gottes Wege ..

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Wenn die indischen Kleinbauern nun aber gegenüber ausländischen Mitbewerbern nicht wettbewerbsfähig sind, was dann? Lass mich raten:
Dann muss alles getan werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
:klatsch: :daumen-rauf:

Klasse - auch bei Dir ist offensichtlich der Erkenntnis gereift, daß man überholte Strukturen auf lange Sicht nicht beibehalten kann.
Natürlich bedeutet das nicht, daß die Bauern in die Slums abwandern (müssen). Massennahrungsmittel wie Reis oder Weizen können in anderen Gebieten preiswerter erzeugt werden, hier sind wahrscheinlich die indischen Bauern nicht konkurrenzfähig. Die dortigen Bauern haben aber die Möglichkeit, mit anderen Produkten ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das kannst Du in der Obst- und Gemüseabteilung des örtlichen Supermarktes sehen. Spargel aus Peru, Frühkartoffeln aus Ägypten, Erbsen und Bohnen aus Kenia bzw. Sambia oder Mangos aus Südamerika haben in den letzten Jahren dort ihren Platz gefunden - Weintrauben und Erdbeeren aus Chile oder Südafrika gibt es schon länger.
Noch umfangreicher ist die Auswahl der Supermärkte in den USA, wo Du jederzeit frische exotische Früchte und Gemüse (Rambutan, Lychees usw.) oder frischen Fisch aus Vietnam kaufen kannst.
Der Export lokaler Premium-Nahrungsmittel in andere Länder ist finanziell sehr lukrativ und sichert den Landwirten ihr Auskommen. Kirschen, Kastanien oder europ. Käse und Schinken werden auf den PH zu "Mondpreisen" verkauft und finden trotzdem in der wachsenden Mittelschicht ihre Abnehmer, ebenso wie phil. Mangos oder Durian hier ebenfalls eine - noch kleine - Fangemeinde haben.

Aber hier geht es ja nicht um die Vorteile des internationalen Handels, die wohl unstrittig sind. Die Folgen der Ablehnung des WTO-Vertrages werden zweiseitige Abkommen sein, von denen immer nur die beiden jeweiligen Länder profitieren werden.
Indien kann weiter - mit steigenden Kosten - seine lokalen Bauern unterstützen. Ob das zukunftsfähig ist, kann man bezweifeln.
Torsten hat geschrieben:
Oder an welches Szenario hast Du bei Deiner Aussage gedacht?
An den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ..
Da brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Auch bei einem nicht wettbewerbsfähigen Land wie Nordkorea ist die intern. Staatengemeinschaft bereit mit Lebensmittellieferungen zu helfen - wenn die Regierung es denn will... - und Ratschläge des IWF sind auch kostenlos. ;D

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Die Rechtsposition von Staaten, die Schuldverschreibungen ausgeben und anschließend ihre Schulden nicht bezahlen wollen, hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert - dank der Tätigkeit der Hedgefonds. Ein Darstellung der Entwicklung:
Der wahre große Erfolg der Hedgefonds aber liegt darin, mit Hilfe ihre Anwälte die mächtige Rechtsposition der Staaten aufgebohrt zu haben. Lange war Staatsvermögen komplett immun: Niemand konnte es pfänden. Härter noch, eine Regierung konnte nicht vor ein ausländisches Gericht gebracht werden. Das änderte sich, wie Trebesch und Co. beschreiben, in den 7er Jahren. Danach wurde es möglich, andere Länder vor Gericht zur Verantwortung zu ziehen, wenn diese kommerziell unterwegs waren. In den frühen 8er Jahren bekam die Allied Bank, die eine Schuldenrestukturierung Costa Ricas nicht akzeptierte, zum ersten Mal Recht vor einem amerikanischen Gericht. Sie zeigte damit den Hedgefonds, wie es gehen könnte. 1992 kam es zu einem bahnbrechenden Urteil in Amerika, dem zufolge Staatsanleihen, die nach amerikanischem Recht ausgegeben wurden, auch von amerikanischen Gerichten beurteilt werden können.
Von da an traten die Vulture-Fonds vermehrt auf und feierten erste Erfolge. So wurde Brasilien in die Knie gezwungen. Erleichtert wurde die Strategie dadurch, dass ein besonderes Spekulationsverbot seine Rechtskraft in Amerika verlor: Danach durfte niemand faule Staatsanleihen allein mit dem Ziel kaufen, die Staaten zu verklagen.
Der letzte Erfolg schließlich gebührt abermals dem Hedgefonds Elliot: Er setzte seine Interpretation der uralten in den meisten Anleihe-Verträgen niedergelegten „pari passu-Klausel“ durch. Danach darf ein Schuldner bei der Liquidation von Anleihen keinen Gläubiger schlechter oder besser stellen als den anderen.
Der Fall traf zunächst Peru. Das Land hatte im Rahmen einer Umschuldung alte Bonds in weniger wertvolle neue getauscht und wollte nun den Anlegern Zinsen überweisen. Doch Elliot, der sich der Umschuldung verweigert hatte, stoppte die Zahlung durch Gerichtsentscheid. Peru sah seine Kreditwürdigkeit in Gefahr und verglich sich mit Elliot. Das Erfolgsmodell Peru testete Elliot nun auch für Argentinien vor Gericht mit Erfolg und der bekannten Folge: Staatsbankrott.
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/anl ... ageIndex_2

Natürlich ist diese neue Macht der Anleihegläubiger den Regierungen ein Dorn im Auge. Es ist ja auch viel angenehmer, sich Geld zu borgen und dann nicht oder nur teilweise zurückzahlen. Deswegen versucht man, eine Konkursordnung für Staaten zu entwickeln. Ob die Eurozone GR allerdings in Konkurs schicken - daran sind wohl erhebliche Zweifel angebracht.

Caviteño
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Caviteño »

Das kann man nur noch frech und dreist nennen: Argentinien verklagt die USA in Den Haag, weil es glaubt, daß seine Souveränität verletzt ist:
Argentinien hat beim Internationalen Gerichtshof Klage gegen die Vereinigten Staaten wegen des Streits mit amerikanischen Hedgefonds eingereicht. Die Vereinigten Staaten hätten das souveräne Recht Argentiniens verletzt, die Umstrukturierung der Auslandsschulden umzusetzen, hieß es in der am Donnerstag in Buenos Aires bekanntgegebenen Klage der argentinischen Regierung.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bestätigte in einer Mitteilung die Einreichung des argentinischen Verfahrensantrags. Bevor das Gericht den Fall bearbeiten könne, müssten die Vereinigten Staaten jedoch zunächst dessen Zuständigkeit anerkennen, hieß es.
(...)
Buenos Aires wirft den Vereinigten Staaten unter anderem vor, die argentinische Souveränität und Immunität verletzt zu haben.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/s ... 875.html

Ganz langsam:
Argentinien nimmt Kredite in USD auf. Es erhält USD und verpflichtet sich, die Rückzahlung ebenfalls in USD zu leisten. Es unterwirft sich - freiwillig - in den Anleihebedingungen dem Recht des US-Bundesstaates New York. Wenn die Anleihegläubiger von ihrem Recht Gebrauch machen und auf Rückzahlung der geliehenen Beträge bestehen, wird die Souveränität verletzt. :hae?:

Hätte Argentinien nicht Anleihen in arg. Peso (war damals 1:1 zum USD) auflegen und einen Gerichtsstand in Buenos Aires oder von mir aus in der Heimatprovinz von Cristina in Santa Cruz vereinbaren können? :ja: Die Frage wäre natürlich, welcher institutioneller Anleger so etwas gezeichnet hätte und ob die Anleihen überhaupt in dem Umfang hätten plaziert werden können. Aber das ist jetzt nicht wichtig - Hauptsache, man hat das Geld erhalten, verjuxt und muß es nicht zurückzahlen. :kotz:

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Maurus
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Maurus »

Caviteño hat geschrieben:Das kann man nur noch frech und dreist nennen: Argentinien verklagt die USA in Den Haag, weil es glaubt, daß seine Souveränität verletzt ist:
Argentinien hat beim Internationalen Gerichtshof Klage gegen die Vereinigten Staaten wegen des Streits mit amerikanischen Hedgefonds eingereicht. Die Vereinigten Staaten hätten das souveräne Recht Argentiniens verletzt, die Umstrukturierung der Auslandsschulden umzusetzen, hieß es in der am Donnerstag in Buenos Aires bekanntgegebenen Klage der argentinischen Regierung.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bestätigte in einer Mitteilung die Einreichung des argentinischen Verfahrensantrags. Bevor das Gericht den Fall bearbeiten könne, müssten die Vereinigten Staaten jedoch zunächst dessen Zuständigkeit anerkennen, hieß es.
(...)
Buenos Aires wirft den Vereinigten Staaten unter anderem vor, die argentinische Souveränität und Immunität verletzt zu haben.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/s ... 875.html

Ganz langsam:
Argentinien nimmt Kredite in USD auf. Es erhält USD und verpflichtet sich, die Rückzahlung ebenfalls in USD zu leisten. Es unterwirft sich - freiwillig - in den Anleihebedingungen dem Recht des US-Bundesstaates New York. Wenn die Anleihegläubiger von ihrem Recht Gebrauch machen und auf Rückzahlung der geliehenen Beträge bestehen, wird die Souveränität verletzt. :hae?:

Hätte Argentinien nicht Anleihen in arg. Peso (war damals 1:1 zum USD) auflegen und einen Gerichtsstand in Buenos Aires oder von mir aus in der Heimatprovinz von Cristina in Santa Cruz vereinbaren können? :ja: Die Frage wäre natürlich, welcher institutioneller Anleger so etwas gezeichnet hätte und ob die Anleihen überhaupt in dem Umfang hätten plaziert werden können. Aber das ist jetzt nicht wichtig - Hauptsache, man hat das Geld erhalten, verjuxt und muß es nicht zurückzahlen. :kotz:
Argentinien erreicht damit immerhin, als Opfer böser Finanzmachenschaften dazustehen. Das ist ja auch etwas wert, heutzutage.

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Ewald Mrnka
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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von Ewald Mrnka »

Maurus hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Das kann man nur noch frech und dreist nennen: Argentinien verklagt die USA in Den Haag, weil es glaubt, daß seine Souveränität verletzt ist:
Argentinien hat beim Internationalen Gerichtshof Klage gegen die Vereinigten Staaten wegen des Streits mit amerikanischen Hedgefonds eingereicht. Die Vereinigten Staaten hätten das souveräne Recht Argentiniens verletzt, die Umstrukturierung der Auslandsschulden umzusetzen, hieß es in der am Donnerstag in Buenos Aires bekanntgegebenen Klage der argentinischen Regierung.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bestätigte in einer Mitteilung die Einreichung des argentinischen Verfahrensantrags. Bevor das Gericht den Fall bearbeiten könne, müssten die Vereinigten Staaten jedoch zunächst dessen Zuständigkeit anerkennen, hieß es.
(...)
Buenos Aires wirft den Vereinigten Staaten unter anderem vor, die argentinische Souveränität und Immunität verletzt zu haben.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/s ... 875.html

Ganz langsam:
Argentinien nimmt Kredite in USD auf. Es erhält USD und verpflichtet sich, die Rückzahlung ebenfalls in USD zu leisten. Es unterwirft sich - freiwillig - in den Anleihebedingungen dem Recht des US-Bundesstaates New York. Wenn die Anleihegläubiger von ihrem Recht Gebrauch machen und auf Rückzahlung der geliehenen Beträge bestehen, wird die Souveränität verletzt. :hae?:

Hätte Argentinien nicht Anleihen in arg. Peso (war damals 1:1 zum USD) auflegen und einen Gerichtsstand in Buenos Aires oder von mir aus in der Heimatprovinz von Cristina in Santa Cruz vereinbaren können? :ja: Die Frage wäre natürlich, welcher institutioneller Anleger so etwas gezeichnet hätte und ob die Anleihen überhaupt in dem Umfang hätten plaziert werden können. Aber das ist jetzt nicht wichtig - Hauptsache, man hat das Geld erhalten, verjuxt und muß es nicht zurückzahlen. :kotz:
Argentinien erreicht damit immerhin, als Opfer böser Finanzmachenschaften dazustehen. Das ist ja auch etwas wert, heutzutage.
Opfer sind inmmer gut dran, vor allem die Opfer Erster Klasse.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Re: Kurzmeldungen/Nachrichten IV

Beitrag von HeGe »

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