EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

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Libertas Ecclesiae
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

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Yeti
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Yeti »

Als Quelle werden da fast lauter britische Zeitungen genannt und zwar nicht die "Times" oder der "Guardian"...ach ja, ein polnischer Sender ist auch dabei... :hmm: Selbst die wirklich sehr konservative "Junge Freiheit" würde sowas nicht bringen. Und für mich ist "konservativ" kein Schimpfwort, im Gegenteil. Da braucht wohl jemand Geld im Kopp-Verlag.
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Libertas Ecclesiae
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Yeti hat geschrieben:
Als Quelle werden da fast lauter britische Zeitungen genannt und zwar nicht die "Times" oder der "Guardian"...ach ja, ein polnischer Sender ist auch dabei... :hmm: Selbst die wirklich sehr konservative "Junge Freiheit" würde sowas nicht bringen. Und für mich ist "konservativ" kein Schimpfwort, im Gegenteil. Da braucht wohl jemand Geld im Kopp-Verlag.
Mir ist schon klar, dass man beim Kopp-Verlag nicht alles für bare Münze nehmen kann, ich wollte den Artikel von Wisnewski auch nur mal als Anregung zur Meinungsbildung verstanden wissen. Wer den Autor kennt, weiß, wie man ihn und seinen bisweilen reißerischen Tonfall zu nehmen hat.
Die grundsätzliche Kritik am politischen Konstrukt der EU-Technokraten ist allerdings nicht ganz aus der Luft gegriffen. Da lohnt es sich schon, wenn man sich ein paar Gedanken dazu macht ...
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Hubertus
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Hubertus »

Yeti hat geschrieben:
Als Quelle werden da fast lauter britische Zeitungen genannt und zwar nicht die "Times" oder der "Guardian"...ach ja, ein polnischer Sender ist auch dabei... :hmm: Selbst die wirklich sehr konservative "Junge Freiheit" würde sowas nicht bringen. Und für mich ist "konservativ" kein Schimpfwort, im Gegenteil. Da braucht wohl jemand Geld im Kopp-Verlag.
Das allgemeine Streben der Politik kann wohl kaum anders gedeutet werden, als daß genau der angezielt ist. Geheimpapier hin oder her.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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umusungu
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von umusungu »

Hubertus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:
Als Quelle werden da fast lauter britische Zeitungen genannt und zwar nicht die "Times" oder der "Guardian"...ach ja, ein polnischer Sender ist auch dabei... :hmm: Selbst die wirklich sehr konservative "Junge Freiheit" würde sowas nicht bringen. Und für mich ist "konservativ" kein Schimpfwort, im Gegenteil. Da braucht wohl jemand Geld im Kopp-Verlag.
Das allgemeine Streben der Politik kann wohl kaum anders gedeutet werden, als daß genau der angezielt ist. Geheimpapier hin oder her.
eine neue [Punkt]

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Hubertus
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Hubertus »

umusungu hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:
Als Quelle werden da fast lauter britische Zeitungen genannt und zwar nicht die "Times" oder der "Guardian"...ach ja, ein polnischer Sender ist auch dabei... :hmm: Selbst die wirklich sehr konservative "Junge Freiheit" würde sowas nicht bringen. Und für mich ist "konservativ" kein Schimpfwort, im Gegenteil. Da braucht wohl jemand Geld im Kopp-Verlag.
Das allgemeine Streben der Politik kann wohl kaum anders gedeutet werden, als daß genau der angezielt ist. Geheimpapier hin oder her.
eine neue [Punkt]
Keineswegs. Weder neu noch Verschwörungstheorie. Es ist doch bekannt, daß in immer stärkerem Maße darauf hingearbeitet wird, Souveränitätsrechte von der staatlichen auf die suprastaatliche Ebene zu verlegen. Beispiel Fiskalpakt:
Ab 1. Januar 214 müssen all jene EU-Staaten, die am Fiskalpakt (Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion) teilnehmen und die Kriterien bis dahin nicht erreicht haben, ihre Haushaltsbudgets von EU-Kommission und EU-Rat genehmigen lassen. Die Europäische Kommission gibt hinsichtlich ihres Endziels der Fiskal- und Wirtschaftsunion wie folgt an: „Die Schaffung einer politischen Union mit einer geeigneten Bündelung der Hoheitsrechte, die über eine eigene Fiskalkapazität in Form eines zentralen Budgets und über eigene Mechanismen verfügt, die es ihr unter bestimmten genau definierten Voraussetzungen erlauben, haushalts- und wirtschaftspolitische Entscheidungen bei ihren Mitgliedern durchzusetzen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Fiskaluni ... .A4higkeit

Es ist auch völlig klar, daß die Europäische Union in ihren Strukturen reformiert werden muß angesichts des geplanten immer weiteren Zuwachses an Mitgliedsstaaten. Das Chaos, das bereits jetzt herrscht, noch einmal potenziert - die EU wäre komplett gelähmt, zerstritten, blockiert.
Oder noch einfacher gesagt: der einzige Ausweg für die Zukunft ist entweder weniger - oder mehr "Europa". An weniger "Europa" sind die Politiker der meisten Parteien aber kaum interessiert.
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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Der Plumps am Dax vom Freitag dürfte auch Gewinne und Verluste durch Spekulation auf das Referendum ausdrücken, nicht nur Unsicherheit. Inzwischen hat sich die Börse um die 9.500 Punkte stabilisiert, ist im Tagesverlauf sogar um 1 Prozent gestiegen. Damit reagierte sie positiv auf die Nachricht, dass Großbritannien die Form wahren möchte.

Gemeinsam mit alten und neuen europäischen Partnern hat die Kanzlerin den Schock aufgefangen, den Schaum aus Brüssel gebremst, die Partner in der EU auf Vertragstreue eingeschworen. Die Debatte um eine wirkungsvollere EU solle bis ins nächste Jahr fortgesetzt werden. Auch mit Großbritannien - drinnen oder draußen - soll es geordnet weitergehen. Cameron sprach von einem konstruktiven Verfahren.

Merkel wird als Frau ohne Visionen und Illusionen dargestellt, als Krisenmanagerin lediglich dem Gründungsauftrag der EU als Friedensordnung verpflichtet. Inzwischen hat sie sogar die CSU hinter sich aufgebracht und auf Harmonie eingeschworen. Das Kalkül dürfte aufgehen. Schon die nächsten Umfragen könnten die Union wieder bei 35 Prozent zeigen.

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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

EU-Ratspräsident Tusk, der nach seiner überstandenen Vertrauensfrage in Polen vor zwei Jahren nach Europa wechselte, möchte heute die schottische Ministerpräsidentin Sturgeon noch nicht empfangen. Zwar ist Schottland eine Region in der EU, aber kein eigener Staat. Deshalb spricht sie zunächst mit dem EU-Parlamentspräsidenten Schulz. Vorsichtig bereitet die Ministerpräsidentin ein Referendum zur Unabhängigkeit Schottlands vor. Vorrangiges Ziel sei der Erhalt der Beziehungen zur EU, nicht die Unabhängigkeit. Der britische Premier vermochte durch seine Zielstrebigkeit die Einschätzung der Kanzlerin gestern abend jedenfalls nicht zu verändern. Es könnte alles auf die Unabhängigkeit hinauslaufen. Sturgeon möchte verhindern, dass Schottland am Ende arm und allein da steht, sondern möchte mit oder ohne Großbritannien in der EU eine Zukunft sehen.

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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Der EU-Rat geht heute ohne den britischen Premier weiter. Formal bleibt Großbritannien für die nächsten zwei Jahre erst einmal in der EU, doch formal ist der Premier nach Hause gefahren.

Die Kanzlerin sieht Großbritannien weiterhin als Mitglied der EU, doch praktisch stellt sich die Frage, wie es in den nächsten Jahren mit den Zahlungen von Großbritannien, der Freizügigkeit der EU-Arbeitnehmer nach Großbritannien und Neuregelungen aussieht, an deren Entscheidungsfindung sich Großbritannien nicht beteiligt.

Sind Vertragsverstöße absehbar?

Nach Art. 48 EU-Vertrag könnten nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch das EU-Parlament Änderungen am Vertrag beantragen. Insbesondere könnte das Suspendieren der Mitgliedsschaft und der Ausschluss von der Mitgliedsschaft geregelt werden. Im ordentlichen Verfahren müsste derzeit auch Großbritannien zustimmen; im vereinfachten Verfahren ebenfalls.

Dennoch sind bereits Vertragsstrafen vorgesehen und im Art. 7 EU-Vertrag geregelt. In dem Artikel geht es um die weit interpretierbaren Werte nach Art. 2 EU-Vertrag und er eröffnet damit einer Maßregelung eines EU-Mitglieds Tür und Tor. Dabei muss noch nicht einmal eine Verletzung der Werte vorliegen. Es reicht bereits die Gefahr. Über die eindeutige Gefahr befinden 80 Prozent der Mitglieder des EU-Rates, also derzeit 23 von 28 Staats- und Regierungschefs sowie eine nicht näher bestimmte Mehrheit des EU-Parlaments. ( Um die erforderliche Mehrheit im Parlament kann es rechtlichen Streit vor dem EuGH geben. Einerseits wird vom EU-Rat eine Mehrheit von vier Fünftel der Mitglieder verlangt, andererseits vom EU-Parlament nicht ausdrücklich, weshalb dies auch als Hinweis auf eine einfache Mehrheit verstanden werden könnte. ) Mit qualifizierter Mehrheit kann der EU-Rat Rechte eines Mitglieds einschränken, einschließlich der Stimmrechte des Vertreters des umstrittenen Mitgliedstaats. Im Extremfall könnte also eine qualifizierte Mehrheit einem Mitglied auch alle Rechte versagen, ein Mitglied formal ausschließen.

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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Der US-Außenminister sieht Möglichkeiten für den Rücktritt vom Rücktritt. Die Börse startet gut gelaunt in den Tag.

Die EU rechnet vor dem Rücktritt Camerons erst mal nicht mit seiner Teilnahme am informellen Gipfel im September und auch nicht mit seiner Ratspräsidentschaft.

Caviteño
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Caviteño »

Der Erste spricht deutlich aus, was alle wissen:
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz hat angesichts der Flüchtlingskrise vor einem Auseinanderbrechen Europas gewarnt. Kurz bezeichnete die Flüchtlingspolitik als "dramatischsten Fehler" der EU. Das Thema habe die Menschen emotionalisiert und sei am Ende entscheidend für den Ausgang des Brexit-Referendums gewesen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Am Tag des britischen Referendums hatte Kurz bereits in der österreichischen Zeitung "Krone" vor einer Erschütterung der Stabilität Europas gewarnt. Die Einwanderungsfrage sei nicht nur Schlüsselthema des Referendums, sondern auch die Kernfrage der Stabilität in der Europäischen Union.
"Die unbeschränkte Aufnahme und die Handlungsunfähigkeit der EU erschüttern mittlerweile das Grundgefüge der Europäischen Union." Die EU müsse in Zukunft mehr als nur eine EU wie heute minus einem Mitglied darstellen, erklärte Kurz. Einen Dominoeffekt mit weiteren EU-Aussteigern schloss der 29-jährige ÖVP-Politiker nicht aus.
(Hervorhebung von mir)

http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... rexit.html

Ob Frau Merkel, die die Probleme "immer vom Ende her denkt", auch an das britische Referendum gedacht hat, als sie ihre Adventpolitik begann? Sie kann ja nicht ernsthaft geglaubt haben, daß die Briten etwas anderes als Unverständnis für die von ihr verordnete und von den Medien praktizierte "Willkommenskultur" haben würden.

Aber keine Bange: Man wird weiter- und das nächste Faß aufmachen.
Juncker versucht jetzt schon das CETA-Abkommen mit Kanada ohne Beteiligung der nationalen Parlamente durchzudrücken.

http://www.t-online.de/wirtschaft/id_78 ... eiden.html

Das lernt man "lernfähig".... :breitgrins:

Im übrigen wird an dem Beispiel wieder einmal deutlich, daß die Briten es als Nicht-EU-Mitglied leichter haben werden. Sie müssen dann auf niemanden mehr Rücksicht nehmen:
Die EU-Staaten könnten nun einstimmig festlegen, dass sie der Meinung der Kommission nicht folgen wollen. Es ist denkbar, dass die Verabschiedung des Abkommens auf unbestimmte Zeit blockiert wird. Eines der vier belgischen Regionalparlamente, die ebenfalls zustimmen müssten, hat sich bereits auf eine Ablehnung festgelegt. Bulgarien und Rumänien wiederum wollen eine Zustimmung mit Visa-Erleichterungen durch Kanada für ihre Bürger verbinden.
In Brüssel besteht hingegen seit längerem die Sorge, dass Parlamente einzelner Staaten die Weiterentwicklung der europäischen Handelspolitik blockieren könnten.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/ceta-eu-13.html

Dann kann man auch ein Handelsabkommen abschließen und muß nicht auf die Visa-Befindlichkeiten anderer Staaten Rücksicht nehmen.
Zuletzt geändert von Caviteño am Mittwoch 29. Juni 2016, 12:31, insgesamt 1-mal geändert.

Lilaimmerdieselbe
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Das US-Außenministerium kann sich auch mal raushalten. Einen Teil der Schwierigkeiten der EU erklärt sich auch aus dem Druck der USA, dem die Regierungschefs nachgegeben haben, Länder aufzunehmen, die zum Teil EU-Kriterien bis heute nicht erfüllen.

Die Überfremdung, gegen die die Briten gestimmt haben, war aber die durch Polen und Osteuropäer.

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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Merkel: Mehr Demokratie wagen!
Kanzlerin will Freihandelabkommen CETA mit Bundestag abstimmen

Die Bundeskanzlerin will das europäisch-kanadische Abkommen CETA im Bundestag debattieren und damit mögliche Konflikte zwischen Mitgliedsstaaten und Kommission abbauen. Behördenchef Juncker wollte nur das EU-Parlament zu Rate ziehen, räumte aber die Erwägung ein, die Parlamente der Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Das Einbeziehen dieser Parlamente könnte die Vorbereitung der Abkommen CETA und TTIP bremsen. Die Zukunft des innereuropäischen Handels wirft derzeit viele Fragen auf. In vielen Mitgliedsstaaten besteht der Wunsch nach mehr Subsidiarität. Auch in der Bundesrepublik Deutschland holt der Bundesrat die Meinung seiner Parlamente ein.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Caviteño »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Das US-Außenministerium kann sich auch mal raushalten. Einen Teil der Schwierigkeiten der EU erklärt sich auch aus dem Druck der USA, dem die Regierungschefs nachgegeben haben, Länder aufzunehmen, die zum Teil EU-Kriterien bis heute nicht erfüllen.

Die Überfremdung, gegen die die Briten gestimmt haben, war aber die durch Polen und Osteuropäer.
Eigentlich ist es - wenn man den Lobgesängen der "Europäer" lauscht - unverständlich:
Man spielt doch endlich - dank Binnenmarkt und einheitlicher Außenpolitik - in einer Liga mit den USA und beugt sich dann dem Druck? Was stimmt denn hier nicht? Die Erzählungen der "Europäer" von der Augenhöhe mit den USA oder der "Druck" durch diese? Vielleicht hat es letzteren nicht gegeben bzw. die USA rannten "offene Türen" ein, denn die "Europäer" wollen wachsen, wachsen, wachsen und da war die Aufnahme zusätzlicher Staaten in das "gemeinsame Haus" ein schöner Wachstumsimpuls.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Caviteño »

overkott hat geschrieben:Merkel: Mehr Demokratie wagen!
Kanzlerin will Freihandelabkommen CETA mit Bundestag abstimmen

Die Bundeskanzlerin will das europäisch-kanadische Abkommen CETA im Bundestag debattieren und damit mögliche Konflikte zwischen Mitgliedsstaaten und Kommission abbauen. Behördenchef Juncker wollte nur das EU-Parlament zu Rate ziehen, räumte aber die Erwägung ein, die Parlamente der Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen.
Was denn nun - wird im Bundestag darüber abgestimmt oder nur debattiert?

Wobei - im Endeffekt ist das auch egal, oder erwartet jemand, daß die dort versammelten Nickneger sich der Regierungsmeinung widersetzen würden? :D

Egal was - der Vorteil einer Nicht-Mitgliedschaft in der EU wird wieder einmal klar. Man kann das Abkommen selbst aushandeln und muß auf die Zeit- und Änderungwünsche der Partner keine Rücksicht nehmen. In der Regel dürften Abkommen, die zwischen zwei Staaten geschlossen werden, auch "paßgenauer" sein, als wenn ein Vertragspartner die Stimmen von 28 Beteiligten bündeln muß.

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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Nach oben gestolpert an die Spitze der EU ist nicht nur Ratspräsident Tusk in Folge einer peinlichen Abhöraffäre, auch Kommissionspräsident Juncker blieb nach einer Abhöraffäre nicht länger luxemburgischer Regierungschef. Die politische Verantwortung für dubiose Deals im Steuerparadies Luxemburg übernahm er nicht. Dabei war in großem Stil Europarecht gebrochen worden. Doch während Juncker Kommissionschef wurde, soll jetzt ein Kleiner gehangen werden, der ins Wespennest stach. 18 Monate Haft und eine Geldstrafe bis zu einer Million Euro drohen dem privaten Ermittler. Da hat der Mann mit Gewissen wenig von seinem Bürgerpreis des Europäischen Parlaments. Im Kampf Deltour gegen Goliath könnten die Werte des Rechtsstaats seiner Form zum Opfer fallen.

Raphael

Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Raphael »

Ein kleiner Hinweis auf die "Lernfähigkeit" der EU-Bürokraten: :pfeif:
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will das Handelsabkommen Ceta an den nationalen Parlamenten vorbei beschließen lassen.
(Quelle)

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overkott
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Die Privatermittler in Sachen Steuerparadies Luxemburg sind mit Bewährungsstrafen davon gekommen. Sie wollen in Revision gehen, heißt es.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Die Bitte der Kanzlerin an den Bundestag, sich zu CETA zu äußern, hat mit der politischen Meinung Seehofers zu tun. Da kann sich der Kommissionspräsident auf Justitias Altar legen, aber einen Maulkorb kann er dem Bundestag nicht verpassen. Natürlich kann es sein, dass die linke Opposition sich an der Gesetzgebung beteiligen und im Bundestag kein Plauderstündchen abhalten möchte. Aber wie sie opponieren möchte, muss sie sich schon selbst einfallen lassen.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Caviteño »

Raphael hat geschrieben:Ein kleiner Hinweis auf die "Lernfähigkeit" der EU-Bürokraten: :pfeif:
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will das Handelsabkommen Ceta an den nationalen Parlamenten vorbei beschließen lassen.
(Quelle)
Man kann ja zu CETA oder TIPP stehen, wie man will - aber eins ist und bleibt unbestreitbar:

Wenn ein Land nicht selbst verhandelt, sondern eine andere Organisation, die 28 Länder vertreten soll, verhandeln läßt, ist es von den "Partnern" abhängig. Wenn dann Länder wie Bulgarien oder Rumänien bei CETA auch noch die Visa-Frage für ihre Staatsangehörigen draufsatteln, dauert das erstens länger und zweitens sind weitere Kompromisse notwendig. Ingesamt kann das dazu führen, daß das Ergebnis für ein Land dann "schlechter" ist.
Im Fall von Kanada greift auch nicht das Argument der sog. "Augenhöhe" - Kanada hat 36 Mil. Einwohner. Ich halte das Argument außerdem nur für vorgeschoben - auch die Schweiz hat ein Freihandelsabkommen mit China geschlossen und wurde dabei nicht über den Tisch gezogen.
Wärend Großbritanniens Premier David Cameron vergeblich bei der EU für eine rasche Aufnahme von Verhandlungen mit Peking über ein Freihandelsabkommen plädierte, hat die Schweiz Nägel mit Köpfen gemacht. Das Kalkül: „Wenn sich Schweizer Firmen vor ihren Konkurrenten aus der EU in China positionieren können, haben sie einen klaren Wettbewerbsvorteil“, sagte Daniel Küng, Chef der Außenwirtschaftsorganisation Switzerland Global Enterprise (SGE), der „NZZ am Sonntag“.
Eine SGE-Studie geht davon aus, dass Schweizer Exporte nach China nun jährlich um 5 Prozent wachsen. Die Zolleinsparungen würden sich bis 228 auf etwa 5,8 Milliarden Franken belaufen (4,8 Mrd Euro). Insgesamt könnten Schweizer Exporteure bereits 215 mehr als 1 Millionen Franken einsparen - bei Uhren, Medikamenten, Chemieprodukten, Präzisionsinstrumenten oder Schokolade. „Diesen Vorteil haben ihre deutschen Konkurrenten nicht“, sagte Küng.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 2733.html

Die ganze Geschichte mit den besseren Verhandlungsmöglichkeiten durch die EU gehört zu den vielen Brüsseler Märchen.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Wahrscheinlich kann man TTIP nach den amerikanischen Wahlen sowieso knicken, egal wer gewinnt. Im Verlauf ihres Wahlkampfs ist auch Clinton davon abgerückt und Trump wollte es von Anfang an nicht.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Mit Clinton wird es vor November jedenfalls kein TTIP geben und wegen seiner noch strengeren Abschottungspolitik vor Januar mit Trump auch nicht. Dabei kann die EU den USA bei Ausfuhrzöllen entgegenkommen, auf Anhebungen verzichten und dürfte gerade in diesem Bereich an Freihandel sehr interessiert sein. Sollte man TTIP etappenweise verhandeln, also in einzelnen Verträgen zu einzelnen Themen, könnte man sich bei den Ausfuhrzöllen wahrscheinlich am schnellsten einigen. Der Bundeswirtschaftsminister sollte das nicht verschlafen.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Caviteño »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Wahrscheinlich kann man TTIP nach den amerikanischen Wahlen sowieso knicken, egal wer gewinnt. Im Verlauf ihres Wahlkampfs ist auch Clinton davon abgerückt und Trump wollte es von Anfang an nicht.
Ob es kommt oder nicht, ist eine Frage.
Eine weitere Frage wäre, ob GB nach einem EU-Austritt nicht eben selbst ein Abkommen mit den USA abschließen kann. Die USA haben schließlich mit zwanzig Staaten Freihandelsabkommen geschlossen. Wenn die Briten (und die USA) wollen, können sie dann ohne Rücksicht auf "europäische" Bedenken (Chlorhühner, Genmais, Schiedsgerichte) handeln.

Für Handelsnationen kann es durchaus vorteilhaft sein, nicht auf zögernde Partner, die sich vor der ausl. Konkurrenz fürchten, angewiesen zu sein. Natürlich hat F. z.B. bei einem Freihandelsabkommen mit den USA andere Befürchtungen als D.. Während für F. die Landwirtschaft eine große Rolle spielt, ist das in D. weniger der Fall.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Der Börsentrend hat heute abermals mit einem optimistischen Prozent nach oben angehalten. Die Vorgaben aus Brüssel waren nicht verkehrt, die Kanzlerin kann nach Hause gehen und hat sich mit ihrer Linie "erst Reiseziel, dann Ticket" durchgesetzt. Das Einhalten der Fahrpläne stieß ebenfalls auf Gegenliebe. Seehofer kann sich an Juncker abreagieren: unverschämt.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

Londons Finanzmacht und der "Brexit": Inszenierte Täuschung vor dem Crash?

Daraus:
Der Brexit ist ein idealer Sündenbock für die Wirtschafts- und Finanzeliten. Egal ob in naher Zukunft schlechte Bilanzen, Pleiten, Massenentlassungen oder Crashs kommen, den „dummen Briten“ kann man jetzt bequem die Schuld geben.
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Wir haben vielleicht tatsächlich Godot mal gelesen oder nur die Überschrift mit dem Warten im Kopf und denken deshalb beim Thema Warten immer wieder an Godot, erklären dann umständlich, worum es eigentlich geht, reden dann auch noch über den EU-Vertrag, den wir offenbar nicht gelesen haben, stellen aber einen Trend fest, wenn auch ohne zu sagen, warum der eigentlich ganz vernünftig und gar nicht so verkehrt ist.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Dieses Werk ist etwas umfangreicher als Godot. Hat nicht mal jemand für den Kollegen Singhammer eine kanadische Übersetzung?

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Libertas Ecclesiae »

„Die letzte Messe ist noch nicht gelesen.“
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Caviteño »

Nach dem Brexit - Mehr Demokratie, jetzt!
Die Methode Juncker, das war gelenkte Demokratie durch die Hintertüre. Und dies alles im Namen höherer Einsicht. Nun werden die Briten durch die Vordertüre der Urnenlokale wieder austreten, und seither beben das Königreich und ein Teil des Kontinents.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die gelenkte Demokratie ausgerechnet mit einem freiwillig angesetzten Referendum ausser Kontrolle geriet. Mit einem Referendum, das seinen Initianten David Cameron unter sich begrub, ihn, der sich todsicher wähnte, die Mehrheit des Volkes werde ihm ebenso folgen wie die Mehrheit im Parlament. Der erste Frust der Verlierer richtete sich gegen Cameron, der zweite gegen die direkte Demokratie. Es verging kein Tag, bis auf dem Kontinent erste Stimmen zu vernehmen waren wie diese: «Bin ich froh, dass es in Deutschland keine Volksabstimmungen gibt.» Der Chefredaktor des Magazins «Focus» qualifizierte das Votum der gut 33 Millionen Briten als «undemokratisch» ab, während eine Kolumnistin der «Zeit» mahnte: «Grosse Politik kann und darf nicht am Stammtisch entschieden werden.»
(...)
Jede Abstimmung zeigt zudem aufs Neue, dass es «das Volk» nicht gibt (oder höchstens während der Fussball-EM), wie gerne populistisch verkürzt wird. An der Urne gibt es nur Volksteile und immer häufiger zwei Volkshälften, die sich gegenüberstehen. Nicht dass mehr Referenden diese Gräben rasch wieder zuschütten könnten. Ebenso wenig lässt sich direkte Demokratie flächendeckend über Nacht einführen. Aber das soll kein Vorwand sein, nie damit zu beginnen. Denn auf Dauer schafft die direkte Demokratie sehr viel besser als die Methode Juncker einen verbindlichen und verlässlichen Rahmen. Und ein Gefühl der Zugehörigkeit. Das ist schon einmal nicht wenig in diesen chaotischen Zeiten.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Diese Empfehlungen über den Gartenzaun sind geschichtsvergessen. Die EU ist kein Alpendorf. Repräsentative Demokratie hat etwas mit Arbeitsteilung zu tun und ist eine Frage politischer Ökonomie. Würde man Handelsverträge per Referendum abstimmen wollen, käme man in 100 Jahren zu keinem vernünftigen Ergebnis. Die britische Regierung verhält sich derzeit, wie die großen Seefahrer in den Asterix-Heften mit der schwarzen Flagge.

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Siard
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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von Siard »

overkott hat geschrieben:Die EU ist kein Alpendorf.
Nein, sie ist anscheinend ein Privatunternehmen von Juncker.

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Re: EU am Scheideweg - wie geht es weiter?

Beitrag von overkott »

Siard hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Die EU ist kein Alpendorf.
Nein, sie ist anscheinend ein Privatunternehmen von Juncker.
Merkel braucht den ausgebufften Profi noch.

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