Petra hat geschrieben:Wie könnte die Wiederherstellung und Stabilisierung der Familie praktisch aussehen? Wo müsste man abgesehen vom Finanziellen ansetzen?
Danke für die Nachfrage. Ich schliesse mich dem Beitrag von Robert an, auch in den sehr kritischen Perspektiven. Ich möchte jedoch ergänzen:
Die Sexualethik ist sicherlich ein Schlüsselaspekt. Das betrifft den ganzen Menschen als Mann und Frau - und zwar nicht nur im Hinblick auf die gemeinsamen Kinder, sondern in einem umfassenden anthropologischen Sinne. Ein verfehltes Verständnis der menschlichen Sexualität zerstört den Begriff und die Vorstellung vom Menschsein überhaupt. Deshalb ist das Eintreten für die katholische Sicht des Menschen von grosser Bedeutung (wie zum Beispiel in dem Diskurs über Homosexualität hier geschehen).
Das eigene Leben in der Nachfolge Christi gestalten. Da muss man - abgesehen vom Finanziellen und Politischen - nach meinem Dafürhalten ansetzen.
Sauerteig und Ferment sein. Senfkorn. Weizenkorn. Das kann im Sinne eines Martyriums sein, das kann aber auch die Hingabe sein, die ich an dem Platz und in der Aufgabe lebe, in die ich gestellt bin. Die Hoffnung ist eine Tugend. Deshalb dürfen und sollen wir hoffen, auch wenn die Zeichen der Zeit eher auf "Sturm" stehen. Der Sinn der christlichen Existenz in der Zeit ist immer die Passion zur Vollendung des Erlösungswerkes. Aber das dürfen wir mit Freude und Dankbarkeit tun.
Jeder von uns kann jeden Tag zum Besseren umkehren. Ich darf daran glauben, dass es sinnvoll ist, in der Nachfolge Christi zu stehen, indem ich meine gewöhnliche Arbeit gut tue. Ich werde darin zum Teil scheitern (oder "gescheitert", was schon fast nach "Scheiterhaufen" klingt), aber das ist ein Teil meiner Passion und Auferstehung. Jeder ist wichtig. Mein Leben kann und soll zum Sakrament für mich und andere werden.
Die Jugend darf man m.E. für den weiteren Verlauf der Geschichte nicht unterschätzen. Gott ist der Herr der Geschichte und er ruft immer neu Menschen in seinen Dienst und seine Nachfolge - vielleicht müssen wir Seiner väterlichen Sorge mehr vertrauen. Und wenn es drunter und drüber geht: Immer wird Christus in seiner Kirche in der Geschichte präsent und wirksam sein. Es mag sein, dass es nicht zu einer grossen gesellschaftlichen Neuorientierung kommt. Dann müssen die Christen wieder lernen, in den Katakomben zu leben. Aber auch dazu muss es nicht kommen. Die Geschichte kann durch die göttliche Vorsehung eine ganz andere Wendung nehmen, als wir uns heute vorstellen können.
Im Vertrauen auf Christus in seiner Kirche mutig und furchtlos sein. Die Angst ist ein schlechter Ratgeber. Unsere Ressourcen und unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Aus menschlichem Vermögen ist die Welt nicht zu retten. Der Einzelne kann seinen Beitrag jeweils nur in der Nachfolge Christi leisten. Meistens sind die Dinge, bei denen ich in der Gefahr bin, sie gering zu schätzen, die eigentlich wichtigen. Gott verlangt nie zuviel. Was er uns schickt, das können wir auch tragen. Das Gewöhnliche trägt mehr zu unserer Heiligung bei als das Ungewöhnliche.
Danken. Für mich ist der Dank wie zu einem Schlüssel zum Himmel geworden. Es gibt kein besseres Leben als das, das ich in dieser Stunde, an diesem Ort und in dieser konkreten Lebenssituation leben und bestehen soll. Dafür und für die Fürsorge des Vaters danken, das ist die Haltung, die die Welt verändert. Zu dieser Dankbarkeit gehört für mich auch die Anerkennung der grossen Zeichen, die Gott in unseren Tagen wirkt. Bevor ich mich kritisch mit Mitchristen auseinandersetze, suche ich danach, sie zu würdigen. Damit ist nichts gegen die geistliche Barmherzigkeit der Ermahnung gesagt. Aber es gibt in der Kirche vielfältige Aufbrüche des lebendigen Glaubens, über die wir uns freuen und für die wir danken dürfen und sollen. Das stiftet Gemeinschaft und stärkt uns alle. Ich denke z.B. an die Selig- und Heiligsprechungen des letzten Papstes, die neuen geistlichen Bewegungen, die Kirche in Lateinamerika, die Entwicklungen in Russland, den Weltjugendtag, die Papstwahl von Benedikt XVI. usw.. Das sind für mich konkrete Zeichen des Wirkens Gottes in der Geschichte.
Mir scheint, dass wir die Gemeinschaft und eine passionierte Spiritualität brauchen, um die von Robert skizzierten Zeiten zu bestehen. Ich habe so wenig Zweifel an dieser Herausforderung, wie ich auch die Zuversicht habe, dass wir sie mit Christus bestehen können.
Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner.