"Selbstverständlich" ist bei einem Versicherungsvertrag, daß die Versicherungsprämie für das versicherte Risiko gezahlt wird. Letzteres ist nun einmal unterschiedlich, ob eine oder mehrere Person(en) versichert sind.ar26 hat geschrieben:@ Caviteno
Dieser "Solidarbeitrag" ist auch selbstverständlich, weil Kinderlose ansonsten zur reproduktiven Wertschöpfung einer Volkswirtschaft nicht viel beitragen und (sofern sie gesetzlich rentenversichert sind) ihre Altersvorsorge auf dem Rücken der Kinder habenden aufbauen. Um konkreter zu werden, die Erziehung und Ausbildung eines Kindes bis zum 25. Lebensjahr kosten im Schnitt und bereinigt um Kindergeld rund T€ 15. Genau diese Kosten erspart sich der Kinderlose (nicht immer freiwillig weiß ich auch). Zum Ausgleich zahlt er eben ins Solidarsystem ein.
Auch der Ausdruck "Solidarbeitrag" ist in diesem Zusammenhang irreführend. Den attraktiven Zahlern (hohe Beiträge, geringes Gesundheits-(Versicherungs)risiko) wird es ermöglicht, sich diesem "Solidarbeitrag" zu entziehen. Für Alleinstehende und dinkis, jung, ohne Vorerkrankungen und/oder mit hohem Einkommen, ist die PKV die attraktivere Alternative.
Man kann ja durchaus auf politischer Ebene der Meinung sein, daß eine kostenlose Mitversicherung der übrigen Familienmitglieder ein wünschenswertes Anliegen ist (gilt auch für die Hinterbliebenenrente des überlebenden Ehepartners in der RV). Nur sollte dies auch ordnungspolitisch sauber abgewickelt werden. Es ist schlichtweg unfair, einen großen Teil der Normalverdiener über einen - für sie - überdimensionierten Versicherungsschutz dafür zahlen zu lassen. Die Besserverdienenden haben die Möglichkeit, sich aus dem System zu verabschieden (PKV) oder werden durch die Beitragsbemessungsgrenze nicht entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit (starke Schultern!!) herangezogen. Richtig wäre es doch, daß dem Einzelnen sein(!) KV-Beitrag abgezogen und der - politisch gewollte - kostenlose Familienschutz über die Steuern abgewickelt wird, denn dort gehören die Aufwendungen hin.
Natürlich ist ein solches Verfahren (wie eine Abschaffung aller Querfinanzierungen) bei der Politik nicht beliebt. Es ist viel einfacher, überhöhte Beiträge zu kassieren und das Geld innerhalb des Systems zu verteilen. Am Ende blickt niemand mehr richtig durch und der einfache Hinweis, daß Kinderlose mit ihren Beiträgen auch die Krankenversicherung für Familien finanzieren, führt zu erstaunlichen Reaktionen hier im Strang.
Die kostenlose Familienmitversicherung ist im übrigen auch in anderen Ländern mit ähnlichen demographischen Problemen nicht "selbstverständlich". In der Schweiz wird eine Pauschale pro Kopf (mit Kinderermäßigung) erhoben. Andere - vor allem skandinavische - Länder haben eine weitaus höhere oder ausschließliche steuerliche Finanzierung des öffentlichen Gesundheitssektors.
http://www.ess-europe.de/karte.htm
Das KV-System innerhalb Europas ist ein Flickenteppich mit unterschiedlichen Finanzierungssystemen. Das deutsche Verfahren ist weder "selbstverständlich" noch "alternativlos". Bevor über eine zusätzliche Belastung Kinderloser diskutiert wird, sollte man zumindest die bereits im Solidarsystem erbrachten Leistungen dieser Gruppe kennen.