Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

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Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Der Bundestag kneift - mal wieder:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 6376.html

Alle scheinen zu wissen, daß es falsch ist - aber die Verantwortung für eine Ablehnung will keiner übernehmen. Und so geht es weiter kräftigen Schrittes auf den Zusammenbruch zu....

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Wahre Worte aus der Schweiz:
Am Ende bluten die Deutschen

(...)
Doch wenn die EZB nur Anleihen der Schuldenstaaten kauft und diese dann in Konkurs gehen, haften am Ende primär die deutschen Steuerzahler sowie jene anderer stabilitätsorientierter Länder durch eine unverschuldet steigende Inflation – so zumindest die Befürchtung. Insofern ist es verständlich, dass sich die soliden Länder dagegen wehren, dass die EZB die volle Feuerkraft einsetzt und hemmungslos Staatsanleihen kauft.
http://www.nzz.ch/magazin/unterhaltung/ ... 3611.html

Wem sollte man mehr glauben: Den interessengeleiteten deutschen Politikern oder der Stimme des neutralen, unbetroffenen Auslands? ;D

Und zum "Kneifen" des Bundestages in der Frage der IWF-Finanzierung durch die Bundesbank hier ein passender Artikel:

http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... ament.html
Die Regierungsfraktionen verweigern einen Beschluss darüber. Begründung: Die Bundesbank handele schließlich unabhängig. Dieses Argument ist perfide, denn den Zuschuss hat schließlich Angela Merkel beschlossen – gemeinsam mit den anderen Staats- und Regierungschefs.
Dies war der Preis für die Einführung neuer Regeln für nachhaltigere Haushaltsführung. Eine erneute Ausweitung des Rettungsschirmes gestand Merkel nicht zu, da sie fürchtet, eine Ausweitung der potenziellen Gesamthaftung auf über 5 Milliarden Euro nicht durch den Bundestag zu bekommen.
Stattdessen wird nun über den Umweg des IWF quasi ein Zusatz-Schirm aufgespannt. Mit Bundesbankgeld, das stimmt schon. Aber doch auf Initiative der Regierung. Und damit ist die Sache ein Fall fürs Parlament. Die Bundesbank sieht das übrigens genauso und hat um ein Votum der Volksvertreter gebeten.
Beschließen, aber anderen die Verantwortung und die Zahlung zuschieben - das kann die Kanzlerin. Vielleicht landet der Fall wieder vor dem BVerfG - es wäre zu wünschen.

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Die Bundesbank scheint hart bleiben zu wollen:
„Wenn die Bedingungen der Bundesbank nicht erfüllt sind, dann können wir dieser Kreditlinie nicht zustimmen“, sagte Weidmann am Dienstagabend vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Das zusätzliche Kreditprogramm über bis zu 2 Milliarden Euro war auf dem jüngsten EU-Gipfel beschlossen worden, allerdings hat der IWF – darauf wies Weidmann hin – noch nicht um mehr Geld gebeten.

Wenn die Aufstockung jedoch vollzogen werden sollte, würden auf die Bundesbank rund 45 Milliarden Euro entfallen. Als Bedingung nannte Weidmann abermals die Beteiligung von nichteuropäischen Ländern. Es müsse eine faire Verteilung der Lasten geben. Außerdem müsse das Geld in den allgemeinen Haushalt des IWF einfließen, so dass es an alle Mitgliedsländer und nicht etwa nur an Euroländer verliehen werden könne. So will Weidmann sicherstellen, dass die Notenbanken nicht über den Umweg des IWF Staatsfinanzierung betreiben.
(...)
Wie aus einer Unterlage des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss hervorgeht, hat die Bundesbank darauf hingewiesen, dass durch die Mittelaufstockung das Risiko für zwischenstaatliche Finanzhilfen und private Kredite an Krisenländer „spürbar“ zunehmen kann, da der IWF einen bevorzugten Gläubigerstatus habe.
(...)
Weidmann besteht auf einem zustimmenden Votum des Bundestags, was die Parlamentarier mit dem Hinweis auf die Unabhängigkeit der Notenbank bislang verweigern.Die IWF-Kredite seien jedoch nicht Teil der Unabhängigkeit der Bundesbank, sagte Weidmann. Im deutschen IWF-Gesetz sei die Zusammenwirkung von Regierung und Bundesbank in diesen Fragen festgelegt. „Die Distanzierung aus der Politik dürfte der Bereitschaft sich zu beteiligen, etwa der Amerikas oder Chinas, nicht förderlich sein“, sagte Weidmann. Zudem müssten die Parlamentarier erfahren, dass mit zusätzlichen IWF-Krediten in Europa die Risiken für den deutschen Steuerzahler wüchsen. Denn die IWF-Kredit seien stets bevorrechtigt. Dadurch wachse das Verlustrisiko für Notkredite, die über den Stabilisierungsfonds EFSF vergeben worden seien.
(Hervorhebung von mir)

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/s ... 62699.html

Es ist unglaublich, mit welchen Taschenspielertricks Merkel & Co versuchen, den "Rettungsschirm" zu erhöhen und den Euro "zu retten". Es wird trotzdem nichts helfen, die Rechnung wird nur höher ausfallen. Wenn schon die Erhöhung der IWF-Mittel zu einem solchen Streit führt und fraglich ist, wie soll dann die "Fiskalunion" mit verbindlichen Schuldengrenzen und automatischen Sanktionen für fast alle EU-Staaten(!) innerhalb von drei Monaten (bis Ende März 212) in trockenen Tüchern sein. :pfeif:

Ich habe nie viel von Bundestagsabgeordneten (Nicknegern) gehalten. Aber das sie so kneifen, wenn sie Verantwortung übernehmen müssen - ist einfach nur widerlich.

Raphael

Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Raphael »

Caviteño hat geschrieben:Es ist unglaublich, mit welchen Taschenspielertricks Merkel & Co versuchen, den "Rettungsschirm" zu erhöhen und den Euro "zu retten".
In der Tat! :auweia:

Wenn ich's richtig verstehe, werden diese Milliardensummen dem IWF nur zur Verfügung gestellt, damit sie als weiterer IWF-Kredit wieder in den Euro-Raum zurückfließen können.
Wie kann man glauben, daß das dem am Markt versammelten Sachverstand verborgen bleibt? :patsch:

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Raphael hat geschrieben::

Wenn ich's richtig verstehe, werden diese Milliardensummen dem IWF nur zur Verfügung gestellt, damit sie als weiterer IWF-Kredit wieder in den Euro-Raum zurückfließen können.
Wie kann man glauben, daß das dem am Markt versammelten Sachverstand verborgen bleibt? :patsch:
So ist es.
Die Kanzerlin (und vermutlich einige andere Regierungschefs der "Nordländer") haben wohl Angst davor, eine erneute Erhöhung des Rettungsschirms den Parlamenten vorzulegen, weil sie u.U. mit einer Ablehnung rechnen müssen. Der Bundestag hat ja beim letzten Hilfspaket den Bürgschaftsrahmen beim EFSF auf 211 Mrden festgelegt; der Gesamtbetrag der Bürgschaften (einschl. Target II-Salden) ist natürlich höher.

Da die Abstimmung über den EFSF erst vor wenigen Wochen war und zugesichert wurde, daß eine Erhöhung des Betrages nicht zur Debatte stehen würde, steckt Frau Merkel in einem Dilemma:
Das Geld vom EFSF reicht hinten und vorne nicht - deswegen auch die Diskussion über eine Hebelung oder eine Banklinzenz - andererseits ist von den Parlamenten im Augenblick(!) nicht mehr Geld zu erhalten.

Die Lösung sollte eine Erhöhung der Kredite durch den IWF sein.
Hier schießt nun die Bundesbank quer und will nur dann einer Aufstockung zustimmen, wenn diese Gelder - salopp gesagt - in den "allgemeinen Topf" und nicht in den "Sondertopf Europa" fließen und sich auch andere Länder daran beteiligen. Außerdem verlangt Weidmann, daß der Bundestag seine Zustimmung gibt.
Alles in allem ein ganz raffinierter Schachzug von Weidmann, der nicht bereit ist, die "Euro-Rettung" über die Notenpresse und/oder den Ankauf von Staatsanleihen durch die Notenbank zu finanzieren:
Der Bundestag muß Farbe bekennen und andere (Nicht-EU) Länder müssen sich beteiligen. Befaßt sich der Bundestag nicht mit dem Thema und verweist auf die "Verantwortung der Bundesbank" (die ja in Brüssel überhaupt nicht am Tisch saß), wird das der Bereitwilligkeit anderer Länder dem IWF zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, nicht förderlich sein. ;D
Außerdem besteht in den USA und in anderen Ländern wenig Neigung, den reichen Europäern mit zusätzlichem Geld zu helfen.

http://www.handelsblatt.com/politik/int ... 61292.html

Es ist daher mehr als fraglich, ob es zu dieser Erhöhung der IWF-Fazilitäten kommen wird. Ich gehe einmal davon aus, daß wir spätestens in zwei Monaten wieder eine Diskussion über "mehr Geld" für die "Rettung unserer Währung" (O-Ton Merkel) haben werden.

Die ganze Aktion wird auch nicht heimlich durchgeführt - das ginge ja überhaupt nicht. Entsprechende Vermögensübertragungen (z.B. von der Bundesbank zum IWF oder vom IWF auf die Schuldnerstaaten) werden in den Berichten veröffentlicht und sind für jedermann einsehbar.
Die Bundesregierung bemüht sich zwar, soweit wie möglich den tatsächlichen Haftungsumfang zu verschleiern. Zu diesem Zweck soll demnächst in Fällen "besonderer Eilbedürftigkeit" (das wird dann immer der Fall sein) nicht der Bundestag in öffentlicher Debatte, auch nicht der 41köpfiger Haushaltsausschuß in öffentlicher Sitzung sondern nur noch ein handverlesenes Neuner-Gremium in einer nicht-öffentlichen Sitzung (also geheim) über die Milliarden entscheiden, mit denen gebürgt wird. Die Sache ist z. Zt. beim BVerfG anhängig.

http://www.faz.net/aktuell/politik/staa ... 45753.html

Es wird immer enger für die "Euro-Retter" - das nächste Jahr wird spannend. :ja:

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cantus planus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Ab jetzt noch ein halbes Jahr. Den Frühling übersteht der Euro noch. Im Sommer kommt der Crash.
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Linus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Linus »

cantus planus hat geschrieben:Ab jetzt noch ein halbes Jahr. Den Frühling übersteht der Euro noch. Im Sommer kommt der Crash.
Scheiße, du hast ja schon einmal richtig orakelt.

:nein:
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Clementine
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Clementine »

:vogel:

Wir leben wirklich in Absurdistan...

:vogel:

Weiter möchte ich das jetzt an dieser Stelle nicht ausführen.
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Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

cantus planus hat geschrieben:Ab jetzt noch ein halbes Jahr. Den Frühling übersteht der Euro noch. Im Sommer kommt der Crash.
Dazu heute:
Das kommende Jahr dürfte für die Notenbanken heikel werden. Die großen Schuldenstaaten wie Spanien und Italien müssen mehr als viermal so viel Geld beschaffen wie in diesem Jahr.
(Hervorhebung von mir)

http://www.handelsblatt.com/finanzen/bo ... p5958772=2

Wo soll das Geld denn herkommen? :achselzuck:
Ob die bisherigen Gläubiger, die die entsprechenden Staatsanleihen bis zur Endfälligkeit 212 halten, den Rückzahlungsbetrag wieder in ital. oder span. Staatsanleihen investieren ist fraglich. Und wenn, dann vermutlich nur zu deutlich höheren Zinssätzen, um das Risiko eines Zahlungsausfalls oder einer "Währungsumstellung" abzusichern. Die Banken (und evtl. die Versicherungen) werden aufgrund der neuen Eigenkapitalregeln u.U. überhaupt nicht in der Lage sein, Staatsanleihen zu kaufen.
Dazu eine sich abzeichnende Rezession, die mit sinkenden Steuereinnahmen einhergeht, Neuwahlen in Griechenland und Präsidentschaftswahlen in Frankreich - keine guten Aussichten.

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holzi
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von holzi »

Caviteño hat geschrieben:Wo soll das Geld denn herkommen? :achselzuck:
Ob die bisherigen Gläubiger, die die entsprechenden Staatsanleihen bis zur Endfälligkeit 2012 halten, den Rückzahlungsbetrag wieder in ital. oder span. Staatsanleihen investieren ist fraglich. Und wenn, dann vermutlich nur zu deutlich höheren Zinssätzen, um das Risiko eines Zahlungsausfalls oder einer "Währungsumstellung" abzusichern. Die Banken (und evtl. die Versicherungen) werden aufgrund der neuen Eigenkapitalregeln u.U. überhaupt nicht in der Lage sein, Staatsanleihen zu kaufen.
Dazu eine sich abzeichnende Rezession, die mit sinkenden Steuereinnahmen einhergeht, Neuwahlen in Griechenland und Präsidentschaftswahlen in Frankreich - keine guten Aussichten.
Kommt dir das als langjährigem Kenner der Zustände auf den Philippinen nicht irgendwie bekannt vor? Auch meine Bekannten aus Brasilien meinten, das wäre für sie in den letzten zwanzig Jahren ganz normal gewesen (auch wenn sich in den letzten fünf Jahren die Lage erheblich gebessert hätte).

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Niels
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Niels »

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Clementine
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Clementine »

Zu den ganzen Taschenspielertricks und ständigen Erhöhungen der Staatsverschuldungen muß ich mittlerweile sagen: So what?

Das ganze hat ein Niveau erreicht, wo es wirklich völlig egal ist, um wieviele Billionen es sich insgesamt handelt. Es ist sowieso nicht mehr bezahlbar.

Dazu fällt mir ein Spruch ein, den ich bei einem Vortrag mal gehört habe: Mehr als pleite kann man nicht sein.

O.k., unsere Politiker haben dafür gesorgt, dass wir vermutlich am meisten pleite sein werden. Solange wir nicht alleine pleite sind, weil wir vorher für alle gebürgt haben...

Über den Umfang rege ich mich schon nicht mehr auf - nur noch über die Methoden.
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ziphen
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von ziphen »

Clementine hat geschrieben:Das ganze hat ein Niveau erreicht, wo es wirklich völlig egal ist, um wieviele Billionen es sich insgesamt handelt. Es ist sowieso nicht mehr bezahlbar.
:daumen-rauf:
Wenn böse Zungen stechen, / mir Glimpf und Namen brechen, / so will ich zähmen mich; /
das Unrecht will ich dulden, / dem Nächsten seine Schulden / verzeihen gern und williglich.

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Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Clementine hat geschrieben:Zu den ganzen Taschenspielertricks und ständigen Erhöhungen der Staatsverschuldungen muß ich mittlerweile sagen: So what?

Das ganze hat ein Niveau erreicht, wo es wirklich völlig egal ist, um wieviele Billionen es sich insgesamt handelt. Es ist sowieso nicht mehr bezahlbar.

Dazu fällt mir ein Spruch ein, den ich bei einem Vortrag mal gehört habe: Mehr als pleite kann man nicht sein.

O.k., unsere Politiker haben dafür gesorgt, dass wir vermutlich am meisten pleite sein werden. Solange wir nicht alleine pleite sind, weil wir vorher für alle gebürgt haben...

Über den Umfang rege ich mich schon nicht mehr auf - nur noch über die Methoden.
Vielleicht sollte man darüber nachdenken, den stolzen Bundesadler durch ein neues Wappentier zu ersetzen: den Bundeskuckuck... :)

Aber Spaß beiseite:
Eine Verminderung der Schulden ist nicht unmöglich, andere Länder in Europa haben es in den letzten zehn Jahren vorgemacht. Während in D. die Schuldenquote (gemessen am BIP) von 59% (2) auf knapp 8% (21) stieg, sank sie in den Sozialstaaten(!) Schweden bzw. Dänemark im gleichen Zeitraum von 53% bzw. 6% auf 39% bzw. 44%. Die Schweiz baute ihre Schulden von 61% auf knapp 55% ab und in anderen Ländern (A, E) blieb die Quote fast gleich.

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_ ... uldenquote

Es geht also, wenn man will und man kann sich ausrechnen, wann diese Länder schuldenfrei sein würden, wenn das gegenwärtige Tempo durchgehalten würde. Aber für Politiker ist natürlich leichter, kreditfinanzierte Wohltaten zu verteilen - die Rechnung kommt dann später.

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Edi
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Edi »

Wenn man an die Subventionen mal deutlich heranginge, könnten Milliardenbeträge gespart werden. Da bekommen z.B. grosse Konzerne für Neuentwicklungen Subventionen, die sie problemlos selber finanzieren könnten und die sie auch wie einige eingeräumt haben, ohne die Subventionen vorantreiben würden.
Ich vermute diesselben Konzerne haben in entsprechende Parteikassen gespendet. Meistens sind das doch Spenden, die sie aus der Portokasse bezahlen können und die in keinem Verhältnis zu den Beträgen der Subventionen stehen.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Clementine
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Clementine »

Es würde Deutschland nichts bringen, die Schuldenquote zu senken. Denn über die ganzen Garantien, die wir für die Schulden anderer Länder übernehmen, damit diese weiter machen können wie bisher bzw früher in Rente gehen können als in Deutschland etc., und die wir daher - entgegen den Aussagen unserer Politiker irgendwann (und ich erwarte das nicht in ganz langer Zukunft) zahlen müssen, wird Deutschland pleite sein.

Schuldenquote senken bringt nur was, wenn nicht auf der anderen Seite munter und in unsäglichem Maße jenseits der Belastungsgrenze Drittverbindlichkeiten eingegangen werden.
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Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Clementine hat geschrieben:Es würde Deutschland nichts bringen, die Schuldenquote zu senken. Denn über die ganzen Garantien, die wir für die Schulden anderer Länder übernehmen, damit diese weiter machen können wie bisher bzw früher in Rente gehen können als in Deutschland etc., und die wir daher - entgegen den Aussagen unserer Politiker irgendwann (und ich erwarte das nicht in ganz langer Zukunft) zahlen müssen, wird Deutschland pleite sein.

Schuldenquote senken bringt nur was, wenn nicht auf der anderen Seite munter und in unsäglichem Maße jenseits der Belastungsgrenze Drittverbindlichkeiten eingegangen werden.
Da hast Du natürlich Recht.

Allerdings unterstelle ich einmal, daß bei einem Politiker, der den "Mut" hatte, die Schuldenquote des Landes zu senken (das geht nur durch Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen) die Bereitschaft weniger ausgeprägt ist, Bürgschaften für andere Länder einzugehen bzw. deren Party zu finanzieren. Er will sich seine Sparanstrengungen durch leichtfertige Versprechungen nicht kaputt machen lassen. Wenn man aber nie gelernt hat, "NEIN" zu sagen (Ausnahme: Forderung nach Steuersenkungen), klappt es weder mit dem Schuldenabbau noch mit der Sicherung des (Volks-)Vermögens.

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

cantus planus hat geschrieben:Ab jetzt noch ein halbes Jahr. Den Frühling übersteht der Euro noch. Im Sommer kommt der Crash.
Richtig, im Frühjahr ist wahlbedingt Ruhe:

22. 01. 2012 - Präsidentschaftswahl in Finnland, einem Vertreter der "Wahren Finnen" werden gute Chancen für die Stichwahl eingeräumt
19. 02. 2012 - Parlamentswahl in Griechenland
10. 03. 2012 - Parlamentswahl in der Slowakei - starke eurokritische Stimmung im Lande
22. 04. 2012 - Präsidentschaftswahl in Frankreich, Stichwahl ggfs. Anfang Mai
10. 06. 2012 - Parlamentswahlen in Frankreich, Stichwahl eine Woche später

Die EU wird alles tun, um den Deckel auf dem Topf zu halten, bis die oa Wahlen vorbei sind.

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cantus planus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Eben. Und danach ist der Plebs entweder in Urlaub oder im Freibad. Da lassen sich Hiobsbotschaften besser verkaufen.
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Marcus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Marcus »

Und dann wären da noch die Fußball-EM sowie die Olympischen Sommerspiele. Während der letzten inländischen WM wurde einfach mal so die MwSt. von 16 % auf 19 % erhöht. [Punkt] Bei 20% hätte man sie besser im Kopf berechnen können. :D
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Marcus hat geschrieben: Bei 20% hätte man sie besser im Kopf berechnen können. :D
Na ja, wenn Du das glaubst, die (man) könnten das im Kopf rechnen - auf die Masse der Bevölkerung bezogen.... :doktor:

Aber:
Als die MwSt zum 01. 01. 1968 eingeführt wurde betrug der Steuersatz 10% - eine Erhöhung des Steuersatzes von fast 100% in knapp 40 Jahren - dazu kommt natürlich die Verbreiterung der Steuerbasis aufgrund der Preiserhöhungen (Inflation) und der Bemessungsgrundlage (weil sog. "Steuerschlupflöcher geschlossen wurden). Man stelle sich einmal eine entsprechende Erhöhung des Steuersatzes bei der Einkommensteuer vor ........

Und trotzdem fehlt angeblich Geld......

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Niels hat geschrieben:Schlechte Nachrichten für Cantus: http://www.welt.de/finanzen/article1376 ... efahr.html
Bei der deutschen Presse hätte man noch vermuten können, daß sie der Flucht aus dem Euro in den als sicher geltenden Schweizer Franken entgegenwirken will. Aber auch die Schweizer berichten entsprechend:

http://www.handelszeitung.ch/konjunktur ... -zeitbombe
Im günstigsten Fall passiert in den kommenden Jahren gar nichts. Die Geldmenge nimmt nach und nach wieder ab, während gleichzeitig die Inflation leicht ansteigt. Im schlimmsten Fall könnte die Schweizerischen Nationalbank jedoch vor einem Bankrott stehen.
:(

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Linus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Linus »

Hab gestern eine "Weltuntergangs-hype 212" Sendung gesehen (3 sat oder atv) unter allerlei "back to steinzeit" und esoquatsch (ein einziger mit einer "danach wird es besser stimmung) war auch Franz Hörmann Professor an der Wirtschaftsuni Wien dabei: http://www.wu.ac.at/taxmanagement/Insti ... index.html

Er hat dann auch noch ein bisserl herumgeesoterikt, aber der wirtschaftsteil war nicht uninteressant.
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cantus planus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Caviteño hat geschrieben:
Niels hat geschrieben:Schlechte Nachrichten für Cantus: http://www.welt.de/finanzen/article1376 ... efahr.html
Bei der deutschen Presse hätte man noch vermuten können, daß sie der Flucht aus dem Euro in den als sicher geltenden Schweizer Franken entgegenwirken will. Aber auch die Schweizer berichten entsprechend:

http://www.handelszeitung.ch/konjunktur ... -zeitbombe
Im günstigsten Fall passiert in den kommenden Jahren gar nichts. Die Geldmenge nimmt nach und nach wieder ab, während gleichzeitig die Inflation leicht ansteigt. Im schlimmsten Fall könnte die Schweizerischen Nationalbank jedoch vor einem Bankrott stehen.
:(
Das ist ein Gesetz der Logik. Ich wies bereits ziemlich genau vor einem Jahr auf diese Gefahr hin: http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=466437#p466437

Die Schweiz ist als Insel mitten im Euro-Raum in zweierlei Hinsicht gefährdet: es können die Exporte wegbrechen, wenn der Euro zusammenbricht. Und wenn der Euro scheitert und man nichts gegen die Flucht in den Franken unternimmt, wird dieser überbläht und bricht schlußendlich auch zusammen.

Erste Maßnahmen dagegen sind bereits erlassen worden, u.a. die künstliche Deckelung des Wechselkurses. Andere Szenarien werden längst durchgespielt. Immerhin muss ich aber nach wie vor sagen, daß´die Schweiz auf die Krise wesentlich besser eingestellt ist.

Innerhalb der Euro-Zone mag man solche Planspiele überhaupt nicht, weil bekanntlich nicht sein kann, was nicht sein darf. Im Gegensatz zur deutschen Politik sehe ich in diesem Punkt derzeit keinen Grund, der eidgenössischen Regierung und der Schweizerischen Nationalbank zu mißtrauen.
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von civilisation »

Zentralbank mit billigen Krediten gegen Krise
Banken holen sich 489.2.. Euro von EZB
http://www.sueddeutsche.de/geld/zentral ... -1.12449
Am Mittwoch riefen 523 Banken insgesamt bereits etwa 489 Milliarden Euro aus der erstmals aufgelegten Kreditlinie ab. Im Vorfeld hatten Experten im Schnitt nur mit einer Nachfrage in Höhe von 31 Milliarden Euro gerechnet. Die Banken bereiten sich auf eine gigantische Refinanzierungswelle im kommenden Jahr vor, da 725 Milliarden Euro ihrer Schulden auslaufen und zurückgezahlt oder verlängert werden müssen.

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cantus planus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Hatten wir diesen Artikel schon? Lesenswert!
http://ef-magazin.de/211/12/2/3321-gr ... nde-der-eu
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Clementine hat geschrieben:Zu den ganzen Taschenspielertricks und ständigen Erhöhungen der Staatsverschuldungen muß ich mittlerweile sagen: So what?

Das ganze hat ein Niveau erreicht, wo es wirklich völlig egal ist, um wieviele Billionen es sich insgesamt handelt. Es ist sowieso nicht mehr bezahlbar.
Das ist die ganz simple Wahrheit. Und wer begreift, was das bedeutet, vor allem für uns in den kommenden Jahrzehnten und die Generationen nach uns, kann eigentlich nicht mehr ruhig schlafen. Ich wundere mich, dass so viele Leute in Deutschland noch nicht begriffen haben, was Sache ist (übrigens im Gegensatz zu den viel gescholtenen Griechen).

Wäre das Volk nicht vollkommen narkotisiert, hätte es längst Reichstag und Kanzleramt gestürmt...
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Torsten
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Torsten »

cantus planus hat geschrieben:Wäre das Volk nicht vollkommen narkotisiert, hätte es längst Reichstag und Kanzleramt gestürmt...
Um damit genau was zu erreichen?

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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Torsten hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Wäre das Volk nicht vollkommen narkotisiert, hätte es längst Reichstag und Kanzleramt gestürmt...
Um damit genau was zu erreichen?
Frische Luft. ;D
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lifestylekatholik
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:
Torsten hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Wäre das Volk nicht vollkommen narkotisiert, hätte es längst Reichstag und Kanzleramt gestürmt...
Um damit genau was zu erreichen?
Frische Luft. ;D
:achselzuck:
Das verstehe ich nicht. Wie soll von einem Sturm auf Reichstag und Kanzleramt »frische Luft« kommen? Haben Reichstag und Kanzleramt das Volk »narkotisiert«?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

civilisation hat geschrieben:Zentralbank mit billigen Krediten gegen Krise
Banken holen sich 489.2.. Euro von EZB
http://www.sueddeutsche.de/geld/zentral ... -1.12449
Am Mittwoch riefen 523 Banken insgesamt bereits etwa 489 Milliarden Euro aus der erstmals aufgelegten Kreditlinie ab. Im Vorfeld hatten Experten im Schnitt nur mit einer Nachfrage in Höhe von 31 Milliarden Euro gerechnet. Die Banken bereiten sich auf eine gigantische Refinanzierungswelle im kommenden Jahr vor, da 725 Milliarden Euro ihrer Schulden auslaufen und zurückgezahlt oder verlängert werden müssen.
(Hervorhebung von mir)

Daran sind wohl erhebliche Zweifel angebracht.
Es geht nicht um die Schulden der Banken, es geht um die Staatsschulden, die insbesondere zu Beginn des nächsten Jahres zurückgezahlt werden müssen. Italien, Spanien und Frankreich müssen in 212 knapp 7 Mrden € an Staatskrediten refinanzieren. Die Banken leihen sich billiges Geld bei der EZB und hinterlegen dafür die Staatspapiere als Sicherheit. Auf die "Güte" (neudeutsch: "Rating") kommt es inzwischen nicht mehr an, seitdem die EZB auch griechische Anleihen noch als "Sicherheit" akzeptier(en)t (muß). Die Banken erhalten die Differenz zwischen den Zinsen für die Staatsanleihen und den EZB-Krediten als Risikoentgelt (= Gewinn).
Mit dem sogenannten Dreijahrestender legt die EZB nun ein weiteres gigantisches Stützungsprogramm auf. Es zielt nur vordergründig auf den Bankensektor. Denn in Wahrheit ist die beispiellose geldpolitische Aktion ein Rettungspaket für die Schuldenstaaten. Die EZB macht mit ihrer Geldschwemme über die Hintertür genau das, wogegen sie sich bislang öffentlich sträubt: Sie wirft die Notenpresse an, um indirekt Schulden der wackelnden Euro-Staaten zu finanzieren.
(...)
Dabei verfolgt die EZB jedoch offenbar eine weitere Absicht: Sie hofft, dass sich so ein neuer Geldkanal zu den Schuldenstaaten öffnet: ein Katarakt, in dem das extrem billige Notenbankgeld aus den Tresoren der Zentralbank in Frankfurt über die Banken in die Staatssäckel in Rom, Madrid und Paris fließt, weil die Institute deren Staatsanleihen kaufen, um Rendite zu machen. Statt die Staatsanleihen selbst zu kaufen, gibt die EZB den Banken Unmengen Billiggeld, damit sie sie kaufen - so das Kalkül.

So würde das Notenbankgeld am Ende doch der Staatsfinanzierung durch die Hintertür dienen. Schon bevor die dreijährige Sonderaktion überhaupt angelaufen ist, hat sie geholfen, die Märkte zu beruhigen: Laut Teilnehmern der Auktion spanischer Geldmarktpapiere konnte sich das Königreich am Dienstag zu deutlich geringeren Zinsen kurzfristig Geld leihen als in den vergangenen Monaten. Obwohl die Banken in der Vergangenheit treue Käufer von Staatsschulden waren, bezweifeln viele Banker dennoch, ob die klammen Euro-Länder im nächsten Jahr noch auf die Banken bauen können, um ihre immensen Schuldenberge zu refinanzieren.
(...)
Die Staatsanleihen von Schuldenstaaten, die die EZB bislang nicht in großem Stil kaufen will, könnten so doch bei der Zentralbank landen - allerdings ohne dass es die EZB in der Öffentlichkeit zugeben muss.
http://www.handelsblatt.com/politik/kon ... 83214.html

Tricksen, täuschen, tarnen - mit einem EZB-Präsidenten aus Italien und einer Mehrheit aus früheren Weichwährungsländern im EZB-Rat ist es schon verständlich, daß man sich mehr damit beschäftigt, wie man die gesetzlichen Bestimmungen umgehen kann als sie zu befolgen.
Als die Zeitungen in den letzten Tagen berichteten, daß die EZB ihre Anleihekäufe auf dem Sekundärmarkt herunterfährt, glaubte ich schon, daß Draghi auf den Kurs von Jens Weidmann eingeschwenkt sei und die Regierungen nun gezwungen wären, mit der Schuldenreduzierung Ernst zu machen. Aber es wird so weitergehen wie bisher - immer schneller zum Abgrund.

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cantus planus
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von cantus planus »

Jetzt geht alles rasend schnell. Nur noch wenige Wochen, dann kommt der ganz große Crash. Ich halte Juni für äußerst realistisch.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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