Verlust der Mitte?

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lifestylekatholik
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von lifestylekatholik »

lutherbeck hat geschrieben:Mehr Geld für Bildung und Gesundheit, weniger Geld für Militär, Atomlobby und Banken.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, arbeitest du in der Gesundheitsbranche. Wieso meinst du eigentlich, genau deine Interessen müssten durch die Allgemeinheit/den Staat bedient werden, während du andere Gruppen pauschal abqualifizierst? Das halte ich für reichlich arrogant und egoistisch.

Im Übrigen hast du meine durchaus ernst gemeinte Frage noch nicht beantwortet, ob du dich tatsächlich schon einmal mit den Haushaltsplänen des Bundes, deines Landes und deiner Kommune auseinandergesetzt hast oder ob du nur kenntnislos schwafelst.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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overkott
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von overkott »

civilisation hat geschrieben:In der CDU gärt es - melden die Medien.

Bei der Gärung entsteht CO2. Und das ist flüchtig. Hoffentlich das Merkel auch bald. Das wäre kein Verlust. Aber ob die CDU sich erholen wird?
Schaut man in die etwas jüngere Vergangeneheit, stellt man fest, dass die Erholung einer Partei maßgeblich eine Frage ihrer Koalitionsfähigkeit ist.

Nehmen wird den Regierungswechsel 1982. Trotz eines enormen Wählerpotentials war es der CDU bis dahin nicht gelungen, den Regierungswechsel herbeizuführen. Erst die Neuorientierung der FDP machte die Koaltion möglich. Nehmen wir den Regierungswechsel 2009. Trotz geschrumpfter Stimmenzahl bei der Wahl gelang der CDU der Regierungswechsel durch Koalition.

Vor diesem Hintergrund scheint der Weg der Erholung der CDU in Nordrhein-Westfalen ebenfalls über die Koalitionsfähigkeit zu laufen. Die Koalitionsfähigkeit wird auch einen maßgeblichen Einfluss auf die Zustimmung bei der Wählerschaft haben. Schulpolitik etwa scheint dabei landespolitisch von großer Bedeutung. Vermutlich wird sich der Streit in der Debatte um das Abitur um die Frage drehen: Nachsitzen für alle oder freiwilliges Bildungsjahr?

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cantus planus
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von cantus planus »

lifestylekatholik hat geschrieben:
lutherbeck hat geschrieben:Mehr Geld für Bildung und Gesundheit, weniger Geld für Militär, Atomlobby und Banken.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, arbeitest du in der Gesundheitsbranche.
Eben. Gerade die Gesundheitsbranche hat viel zu viel Geld zum Verpulvern. Da gehört endlich lobbyfreie Politik gemacht, wo Entscheidungen nicht mehr von Pharma- und Krankenhauskonzernen, sowie den Krankenkassen durchgedrückt werden.

cantus planus,
entschieden für einen staatlichen Gesundheitsdienst eintretend
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overkott
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von overkott »

cantus planus hat geschrieben:entschieden für einen staatlichen Gesundheitsdienst eintretend
Geh doch rüber nach England.

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Edi
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von Edi »

cantus planus hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
lutherbeck hat geschrieben:Mehr Geld für Bildung und Gesundheit, weniger Geld für Militär, Atomlobby und Banken.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, arbeitest du in der Gesundheitsbranche.
Eben. Gerade die Gesundheitsbranche hat viel zu viel Geld zum Verpulvern. Da gehört endlich lobbyfreie Politik gemacht, wo Entscheidungen nicht mehr von Pharma- und Krankenhauskonzernen, sowie den Krankenkassen durchgedrückt werden.
Vor allem fehlt eine Kosten- und Diagnosekontrolle, sonst wird oft zu viel zu viel herumgedoktert, was dem Arzt Geld einbringt, aber lange nicht immer hilft, oft sogar werden unnötige Medikamente verordnet und man könnte daher meinen der Arzt habe Aktien bei bei Firma Bayer oder andern, je nach Verordnung. Kausale Behandlung sind oftmals nicht gefragt, man hat doch nichts davon, wenn jemand gesund wird.

Auch wollen viele Leute ihre Krankheit - beispielsweise eine Infektion - nicht richtig auskurieren und verlangen vom Arzt eine möglichst schnelle Heilung, der gibt entsprechende Medikamente, die schnell die Symptome beseitigen und nach einigen Wochen kommt diesselbe Infektion wieder.

Um zu sparen, da müsste sich sehr vieles ändern, aber das will keiner.


Es gibt so schöne Sprüche von Eugen Roth über Ärzte, aber auch Patienten.

Gleichgewicht
Was bringt den Doktor um sein Brot?
a) die Gesundheit, b) der Tod.
Drum hält der Arzt, auf daß er lebe,
Uns zwischen beiden in der Schwebe.

Einsicht
Der Kranke traut nur widerwillig
Dem Arzt, der's schmerzlos macht und billig.
Laßt nie den alten Grundsatz rosten:
Es muß a) wehtun, b) was kosten.

Undank
Ein guter Arzt weiß gleich oft, wo.
Statt daß man dankbar wär und froh,
Ist man so ungerecht und sagt:
"Der hat sich auch nicht arg geplagt!"
Ein andrer tappt ein Jahr daneben -
Mild heißt's: "Müh hat er sich gegeben!"

Ausweg
Wer krank ist, wird zur Not sich fassen.
Gilt's, dies und das zu unterlassen.
Doch meistens zeigt er sich immun,
Heißt es, dagegen was zu tun.
Er wählt den Weg meist, den bequemen,
Was ein- statt was zu unternehmen!

P.S.: http://www.spiegel.de/spiegel/,1518,71866,.html
Zuletzt geändert von Edi am Dienstag 21. September 2010, 18:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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cantus planus
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von cantus planus »

Um die Ärzte etwas in Schutz zu nehmen: auch ihnen muss geholfen werden. So ist es z. B. für die meisten Medikamente kaum möglich, objektive Informationen und Studien zu bekommen, die nicht vom Hersteller des Präparats finanziert worden sind. Auch das ist skandalös, und viel zu wenig bekannt.
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overkott
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von overkott »

Bitte beim Thema des Eingangsbeitrags bleiben.

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overkott
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von overkott »

Ich denke, es geht um dreierlei:

1. um eine Besinnung auf die Grundwerte der Parteien
2. um pragmatische Konzepte zur Lösung der Zukunftsfragen
3. um die Koalitionsfähigkeit

Stilus
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von Stilus »

cantus planus hat geschrieben:Um die Ärzte etwas in Schutz zu nehmen: auch ihnen muss geholfen werden. So ist es z. B. für die meisten Medikamente kaum möglich, objektive Informationen und Studien zu bekommen, die nicht vom Hersteller des Präparats finanziert worden sind. Auch das ist skandalös, und viel zu wenig bekannt.
Sorry, aber ich weiß von wieder und wieder umgebauten Praxernrechnern und kenne Auswertungen, die zeigen, daß manch ein niedergelassener Arzt mit prallen 800,- Euro im Monat nach Hause kommt!
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Stilus
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von Stilus »

overkott hat geschrieben:Ich denke, es geht um dreierlei:

1. um eine Besinnung auf die Grundwerte der Parteien
2. um pragmatische Konzepte zur Lösung der Zukunftsfragen
3. um die Koalitionsfähigkeit
ad1.)
:motz: Welche Grundwerte haben die Grünen denn noch nicht verraten ??? :motz:

ad 2.)
siehe oben

ad 3.)
warten wir ab, bis wir emhr Parteien im Bundestag zu sitzen haben, dann wird es spannend - bislang legen sich ganz sodomistisch alle mit allen ins Koalitionsbett...
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overkott
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von overkott »

Stilus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Ich denke, es geht um dreierlei:

1. um eine Besinnung auf die Grundwerte der Parteien
2. um pragmatische Konzepte zur Lösung der Zukunftsfragen
3. um die Koalitionsfähigkeit
ad1.)
:motz: Welche Grundwerte haben die Grünen denn noch nicht verraten ??? :motz:

ad 2.)
siehe oben

ad 3.)
warten wir ab, bis wir emhr Parteien im Bundestag zu sitzen haben, dann wird es spannend - bislang legen sich ganz sodomistisch alle mit allen ins Koalitionsbett...
Da wäre ich vorsichtig. Ich könnte mir Jamaika in Nordrhein-Westfalen vorstellen. Röttgen könnte eine personelle Alternative zu Rüttgers sein, der einer Koalition im Weg stand.

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lutherbeck
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von lutherbeck »

Lifestylekatholik schreibt:
"Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, arbeitest du in der Gesundheitsbranche."
Eben!

Und ich habe die Gängelei einfach satt; daher denke ich immer öfters darüber nach meine Praxis vor der Zeit zu verkaufen!

Denn ich kann meistens gar nicht mehr nach dem wirklichen Wohl des Kranken handeln, sondern muß mich nach den Vorgaben der ReGIERung richten - das ist pure Planwirtschaft!

Und: es läuft alles auf eine Zweiklassenmedizin hinaus - habt ihr denn alle soviel Geld, daß ihr künftig den größten Teil eurer Kosten selbst tragen könnt? Wenn nicht - Pech gehabt...

Die neue Gesundheitsreform ist diesbezüglich ein Brandbeschleuniger erster Güte!

Deshalb: wehrt euch endlich - geht auf die Straße!

Lutherbeck :ikb_boxing:
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

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Edi
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von Edi »

lutherbeck hat geschrieben:
Lifestylekatholik schreibt:
"Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, arbeitest du in der Gesundheitsbranche."
Eben!

Und ich habe die Gängelei einfach satt; daher denke ich immer öfters darüber nach meine Praxis vor der Zeit zu verkaufen!

Denn ich kann meistens gar nicht mehr nach dem wirklichen Wohl des Kranken handeln, sondern muß mich nach den Vorgaben der ReGIERung richten - das ist pure Planwirtschaft!
Die Ärzte mögen sich teilweise zurecht über die vielen Vorschriften beklagen, aber man sollte auch die Frage stellen, ob sie nicht selber einen Teil zu diesen Vorschriften durch ihr eigenes Verhalten beigetragen haben.
Fachleute sagen, man könnte gut und gerne mindestens 30 % der Medikamente einsparen, aber es geschieht eher das Gegenteil.
Offensichtlich hat man auch die Patienten über Jahrzehnte hier falsch erzogen, dass sie erwarten, sie müssten in jedem Falle beim Arzt ein Rezept bekommen. Früher hat man bei Kindern das Fieber mit kalten Wickeln bekämpft, heute mit Medikamenten, die gewiss auch Nebenwirkungen haben.
Das ganze Krankeitssystem ist verdorben und müsste von Kopf bis Fuß reformiert werden, aber nicht mit solchen Reformen, die wir seit vielen Jahren kennen, wo nur Geld hin- und hergeschoben wird.
Zuletzt geändert von Edi am Mittwoch 22. September 2010, 20:14, insgesamt 2-mal geändert.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
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cantus planus
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von cantus planus »

Stilus hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:Um die Ärzte etwas in Schutz zu nehmen: auch ihnen muss geholfen werden. So ist es z. B. für die meisten Medikamente kaum möglich, objektive Informationen und Studien zu bekommen, die nicht vom Hersteller des Präparats finanziert worden sind. Auch das ist skandalös, und viel zu wenig bekannt.
Sorry, aber ich weiß von wieder und wieder umgebauten Praxernrechnern und kenne Auswertungen, die zeigen, daß manch ein niedergelassener Arzt mit prallen 800,- Euro im Monat nach Hause kommt!
Was hat das mit meiner Aussage zu tun? :achselzuck:
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Heinrich
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von Heinrich »

overkott hat geschrieben:Die Parteien der Mitte zeigen Verschleißerscheinungen. Seit 30 Jahren erodiert ihre Basis. Noch reicht es aus für Große Koalitionen und Minderheitsregierungen. Doch der Verlust der Mitte erwies sich schon in der Weimarer Zeit als fatal. Noch waren Monarchismus und Militarismus nicht überwunden. Die junge Demokratie zerbrach. Eine deutsche Diktatur terrorisierte die Welt. Krieg war das Ziel der konservativsten Kräfte. Deutschland hinterließen sie 1945 moralisch und materiell zerstört. Das sollte nie wieder geschehen. Christen sagten sich los von Gottesgnadentum und Heilspropagandisten. Gemeinsam bauen sie mit sozialen und freien Demokraten an einem neuen Europa. Politische Profilneurotiker im Pensionsalter wollen dies vergessen machen. Die Parteien der Mitte sollten sich um ihr christliches, soziales und demokratisches Profil sorgen.
Meine Einschätzung der Dinge sieht etwas anders aus. Ein Schlüsselereignis ist ist das Erstarken des Faschismus in ganz Europa. Aber anders als unsere politisch korrekte Geschichtsbetrachtung sehe ich die wahren Drahtzieher noch immer am Werk, nämlich die Konzerne und Banken mit ihren reinen Profitinteressen. Kann man noch übersehen, dass der gesamte Werteverfall ein Resultat der ausschließlichen Orientierung an Gewinnmaximierung ist? Der Faschismus ist ein System, das noch viel kompatibler mit unser technikgläubigen Zeit ist als der Parlamentarismus. In Zeiten der Gefährdung des Kapitalismus droht immer das Abgleiten in Faschismus. Ein Beispiel: Als Eisenhower 1953 mit der Tatsache konfrontiert war, dass die Russen bald Atomwaffen besitzen würden, wurde ihm vom Generalstab empfohlen, das System Hitlers einzuführen. Erst seit wenigen Jahren bekannt.

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overkott
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Re: Verlust der Mitte?

Beitrag von overkott »

Gerade wer sich mit der Zeit der Ideologien beschäftigt und ihrem Auf und Ab in der jüngeren Geschichte, der erkennt, dass das alte Rechts-Links-Schema - selbst eine Art von Ideologie - zur Beschreibung der Wirklichkeit nicht mehr greift.

Auch Faschismus und Nationalsozialismus sind bei mancher Ähnlichkeit zu differenzieren. Faschismus war in der Vergangenheit nicht selten der bevorzugte Begriff von Sozialisten, um den eigenen Begriff nicht in den Schatten des Dritten Reiches zu stellen. Aber die Totalitarismustheorien als Zusammenschau moderner Ideologien der Unfreiheit legen nahe, dass Faschismus und Sozialismus bei allen Unterschieden doch auch signifikante Gemeinsamkeiten haben. Selbst Demokratie kann totalitär werden, wenn sie nicht durch den sozialen Rechtsstaat und damit die staatliche Selbstbeschränkung sowie die entsprechende Achtung der angeborenen Grundrechte gemäßigt wird.

In einem modernen Mischsystem wie der Bundesrepublik Deutschland sorgt zudem das förderative Element der Bundesstaatlichkeit für die subsidiare Differenzierung, die gegenüber dem Einheitsstaat mehr Bürgernähe gewährleistet. Die Staatszielbestimmung des Umweltstaates, die kein Strukturprinzip, sondern ein Wertebekenntnis darstellt, fällt etwas aus dem Kanon der Staatsfundamentalnormen heraus. Der Kanon selbst soll Mitte garantieren gegenüber einem Rückfall in alte oder neue dichotome Ideologien.

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overkott
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Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

Wo stehen christliche Demokraten heute? Gibt es noch ein christlich-bürgerliches Profil? Was sind die zentralen Themen der Mitte heute?

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Niels
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Niels »

overkott hat geschrieben:Wo stehen christliche Demokraten heute? Gibt es noch ein christlich-bürgerliches Profil? Was sind die zentralen Themen der Mitte heute?
Drei Fragen auf einmal?

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taddeo
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von taddeo »

overkott hat geschrieben:Was sind die zentralen Themen der Mitte heute?
Bild

:pfeil: Phil 3, 19

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overkott
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

Was du meinst, ist abseits der Mitte.

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Quasinix
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Quasinix »

Als erstes muß sich die eigentliche Mitte aus dem gesellschaftlichen Ghetto befreien, gelten ihre Positionen und die von ihr vertretenen Werte doch mittlerweile als "rechts" bis rechtsextrem". Die Themen an sich sind keine anderen als früher: Familie, Heimat, Vaterland, Orientierung am christlichen Menschenbild in allen politischen Fragen wie Abtreibung, PID usw., wirtschaftliche Prosperität (nicht als Selbstzweck, sondern um als Einzelner und als Familie ein Leben frei von finanziellen Sorgen führen zu können)...
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overkott
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

Tatsächlich steht beim christlichen Menschenbild die Verantwortung vor Gott an erster Stelle. Selbstverständlich sollte jeder christliche Demokrat wissen, dass es dabei immer um die Verantwortung für das Gute geht. Dabei geht es um Frieden durch Freiheit.

Das ist zunächst ein klares Bekenntnis zur Religionsfreiheit nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für den Glauben religiöser Minderheiten in unserer Gesellschaft. Gleichzeitig ist es eine Absage an Fundamentalismus und Extremismus.

Das christliche Menschenbild entspricht dem Menschenbild des Grundgesetzes. Es bringt das Bekenntnis zur Gott gegebenen und angeborenen Würde des Menschen zum Ausdruck. Der Mensch ist als Person Individuum und Sozialwesen. Daher treten christliche Demokraten ein für die Persönlichkeitsrechte und den Schutz von Ehe und Familie.

Zu den Persönlichkeitsrechten gehört zunächst das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Diese sind die natürliche Grundlage für die Freiheitsrechte. Gleichzeitig findet die Freiheit darin ihre natürliche Grenze. Das Recht auf Leben umfasst den Schutz des menschlichen Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod.

Zum Schutz von Ehe und Familie gehört nicht nur eine Bestandsgarantie der Ehe. Eltern haben darüber hinaus ein natürliches Recht auf die Erziehung ihrer Kinder. Staatliche Hilfen müssen darauf Zielen, die Eltern in ihrer Erziehungsarbeit zu unterstützen. Dabei können Erziehungseinrichtungen in kirchlicher, privater und öffentlicher Trägerschaft helfen.

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overkott
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

Ein wichtiges Thema christlicher Demokraten ist die Schöpfungsverantwortung. Dieses Thema hat in den vorigen Jahren erhöhte Aufmerksamkeit gewonnen. Die Schöpfungsverantwortung bringt nicht nur die prinzipiell positive Einstellung der Christen zur Natur als Einsicht in die natürlichen Lebensgrundlagen zum Ausdruck, sondern auch die ethische Konsequenz, die Lebensgrundlagen zu erhalten. Saubere Luft, sauberes Wasser, saubere Erde und saubere Energie gehören zu einem gesunden Wachstum. Wachstum aber ist die Voraussetzung für das Wohl von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat. Grenzüberschreitende Auswirkungen von Produktion und immer stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit erfordern ein Zusammenwachsen der Staaten in Europa zur europäischen Union und in internationalen Institutionen. Gerade Bundesländer mit Häfen wissen um die Bedeutung globalen Handelns aus der Geschichte.

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Torsten
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Torsten »

overkott hat geschrieben:Die Schöpfungsverantwortung bringt nicht nur die prinzipiell positive Einstellung der Christen zur Natur als Einsicht in die natürlichen Lebensgrundlagen zum Ausdruck, sondern auch die ethische Konsequenz, die Lebensgrundlagen zu erhalten. Saubere Luft, sauberes Wasser, saubere Erde und saubere Energie gehören zu einem gesunden Wachstum. Wachstum aber ist die Voraussetzung für das Wohl von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat.
Arbeitsplätze sind wichtiger als ein "gesundes Wachstum". Die Menschen brauchen keine schönen Worte ökologisch und sonstwie korrekter Sonntagsredner Die Menschen brauchen Lohn und Brot. Und um das zu erreichen, müssen wir dafür sorgen, dass sich Arbeit endlich wieder lohnt. Für das Kapital. Für den, der in Arbeit investiert. Zwei Haupthindernisse gibt es auf diesem Weg. Einerseits zu geringe Bildung, andererseits zu hohe Löhne. Letztere vor allem durch zu hohe Lohnnebenkosten, um einen ausufernden Sozialstaat zu finanzieren, den wir uns so nicht mehr leisten können. Wir sehen die Arbeitslosen, und wir sehen die Arbeit, die unerledigt bleibt, sehen vielerorten Personalmangel. Aber, Freunde, das ist alles Arbeit, die kein Geld abwirft, die kostet nur welches. Für die Arbeitslosen muss eine andere Lösung gefunden werden.

Bildung. Für Arbeitsplätze, auf denen sich eine Menge Kapital konzentrieren lässt. Und die eine Menge Gewinn abwerfen. Die Stellen im oberen Management beispielsweise des Unternehmens Deutsche Bank haben hier absoluten Vorbildcharakter für die (kapitalistische) Gesellschaft. Und erzähle keiner, dass das keine Realwirtschaft wäre, ja gar im Gegensatz zu dieser stände. An Chinas Küsten werden heute, da wo damals nur ein paar Fischerdörfer standen, in Fabriken inmitten von Millionenstädten, die sich gebildet haben, Dinge produziert, die den Menschen noch vor zwei, drei oder vier Jahrzehnten absolut irreal vorgekommen wären. Und ermöglicht wurde das durch die Arbeit der Banken, die dort im Fernen Osten eine lohnenswerte Investiton sahen und gefunden haben. Lohnenswerte Investition in Arbeit. Aber all das wäre unmöglich ohne die Menschen. Fleißig, genügsam und bildungshungrig sind sie bereit, sich dem Wettbewerb mit der Welt zu stellen.

Wie können wir hier in Europa, wir hier in Deutschland wieder attraktiver werden für das Kapital? Wie wird ein Arbeitsloser wieder attraktiv, wie findet er zurück in die Verwertungskette? Wie bleibt der, der Arbeit hat, in der Verwertungskette? Das erste ist das Überprüfen der eigenen Ansprüche. Sowohl hinsichtlich dessen, was ich bereit bin zu leisten, als auch, worauf ich bereit bin, zu verzichten. Niemand kann mich zwingen, mir Gedanken darüber zu machen, ob Urlaubsgeld und bezahlte Krankheitstage wirklich notwendig sind. Aber irgendwann kommt der Tag, da das Kapital sein Angesicht von mir abwendet. Und dann kräht kein Hahn nach mir, und statt nach Mallorca gehts auf die örtliche Müllhalde. Auf der Suche nach ein bisschen Altmetall.

Um wieder zurückzufinden: Wir dürfen beim Thema Wachstum nicht in Kategorien von "gesund" oder "ungesund" denken. Hauptsache Arbeit. Schon heute vegetiert der Großteil des Kapitals in den Casinos dahin, weil sich die menschliche Arbeit nicht rentiert. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass unsere Arbeit, unser Leben, jemals wieder den Rentabilitätsansprüchen des Kapitals genügen wird. Aber wir können ein klein wenig Wiedergutmachung leisten, und damit auch ein Stück weit unsere eigene Zukunft sichern, wenn wir dem Kapital entgegenkommen. Und da dürfen wir nicht kleinlich sein, wenn es um Verzicht z.B auf Zeit geht. Zeit mit der Familie. Zeit die ich damit verbringe, zur Arbeit und wieder zurückzufahren. Zeit, die ich auf der Arbeit verbringe. Und wir dürfen nicht kleinlich sein, wenn sich irgendwo im Boden oder in den Meeren noch Schätze finden und heben lassen, die dem Kapital einen Sinn geben. Und wir dürfen nicht kleinlich sein, wenn es darum geht, das alles ausreichend mit Energie zu versorgen.

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Quasinix
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Quasinix »

Die Beule muß ja gigantisch sein!
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Torsten
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Torsten »

overkott hat geschrieben:Was sind die zentralen Themen der Mitte heute?
Der Kampf ums Geld - Die Angst der Mitte

Der Staat muss seine Einnahmen umdirigieren, er muss gezielt in die Stärkung der Mittelschicht investieren als jener Gruppe der Gesellschaft, aus der heraus neues Wachstum entstehen kann.
Die Mitte ist das Kapital. Alleinerziehende Mütter, selbst wenn sie - im Sinne des Kapitals - gut ausgebildet sind, haben das größte Risiko, von dieser Mitte am weitesten entfernt zu sein. Das überrascht nicht.
Daran sehen wir nur, wie wichtig die christlichen Werte von Ehe und Familie sind, die der ursprünglichen Liebe zwischen Mann und Frau einen geordneten Rahmen geben? Ich glaube, wir leben in einer besonderen Zeit. Einer Zeit, in der Sakramente, die sichtbaren Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit, von eben dieser Wirklichkeit mit immer mehr Licht erfüllt werden, die den Menschen in einem anderen erscheinen lassen. Hinsichtlich seiner Stellung als Individuum und seiner gesellschaftlichen Vermittlung. Die nicht zuletzt auch an seiner Geschlechtlichkeit festmacht. Was diese Welt überwinden will. Auch das überrascht nicht. Ich bin mir sicher, die unsichtbare Wirklichkeit, die hält Überraschungen parat. Zum äußersten gedrängt, worum die Welt kreist, schwappt sie über den Rand. Und wer eben noch die Mitte war, muss sich entscheiden.

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overkott
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

Die Mitte ist das Wohl der Wähler. Das Allgemeinwohl als wichtigstes Ziel aller Politik gilt als höchstes Gut seit dem Mittelalter. Dafür gibt es einen grundgesetzlichen Rahmen. Aber der muss eben aktuell immer wieder mit Leben erfüllt werden. Das bedeutet: Wir brauchen Wachstum. Denn ohne Wachstum kein Einkommen, ohne Einkommen keine Steuern, ohne Steuern keinen Familienlastenausgleich, keine Kindergärten, keine Schulen, keine Universitäten, kein Parlament, keinen öffentlichen Dienst, keine Justiz, keine Polizei, keine Landesverteidigung, keine Arbeitsplätze.

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Niels
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Niels »

http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... legen.html
Die CDU legt das dreigliedrige Schulsystem zu den Akten. Im November wollen die Christdemokraten auf einem Bildungsparteitag beschließen, dass es neben dem Gymnasium künftig nur noch eine zweite Schulform geben soll, in der Haupt- und Realschule zusammengefasst werden. „Wir werden dem Parteivorstand vorschlagen, dieser Schule den Namen Oberschule zu geben“, sagte Sachsens Kultusminister Roland Wöller "Welt Online“.

Innerhalb dieses Schultyps solle es zwei Bildungsgänge geben, die auf einen Haupt- und Realschulabschluss hinführen. Ob es auch eine gymnasiale Oberstufe geben soll, ist offen. (...)
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overkott
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

CDU ohne Identität? Bestimmen SPD und Grüne das CDU-Programm von morgen?

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Niels
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von Niels »

Die CDU schafft sich ab...
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von civilisation »

Niels hat geschrieben:Die CDU schafft sich ab...
Ich würde es so sagen: Die DU liegt in den letzten Zügen. Da helfen auch Mama Merkel und ihre Hanseln nicht mehr. Die Bilderbergerin beschleunigt höchstens noch den Exitus.

Auch den der Bundesrepublik.

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overkott
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Re: Die Mitte stärken

Beitrag von overkott »

Bisher gab es Verlustsiege: Trotz Abschmelzen des Profils und der Zustimmung seit 1980 und trotz eines Verlustes gegenüber der vorigen Wahl hat es die Kanzlerin noch einmal zur Regierung geschafft. Würde das bei einem weiteren Abschmelzen auch noch gelingen? Rechnerisch käme immer noch die Rolle des Juniorpartners in einer großen Koalition in Frage. Aber eine große Koalition ist strukturell ungünstig selbst für den stärkeren Partner, sogar für das Parteiensystem insgesamt. Daher bedeutet das Folgen eines ungünstigen Trends Oppositon. Damit aber würde die Ära Merkel enden.

Gibt es einen Ausweg? Wie haben es die Grünen geschafft zu wachsen? Im Kern sind sie immer noch monothematisch. In den Köpfen der Wähler hat sich festgesetzt: Grün = Atomkraft, nein danke. Deshalb haben sie von einer Katastrophe profitiert, ohne irgend etwas ungewöhnliches geleistet zu haben und ohne echte energiepolitische Alternative. Für die CDU bedeutet das also: Schwarz = ?. Das ist die Frage der christdemokratischen Identität. Sollte sie sich als Großstadtpartei profilieren wollen, schmilzt sie in der Fläche weiter ab. Deshalb muss sie als Bundespartei eine programmatische Antwort finden, dass die Wähler in der Fläche mit den Wählern in den großen Städten verbindet. In der Vergangenheit brachte die CDU Wohlstand für alle. Das nehmen ihr zur Zeit nicht mehr alle ab.

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