Orthodoxer Oberrabbiner fordert Rehabilitierung Hohmanns

Aktuelle Themen aus Politik, Gesellschaft, Weltgeschehen.
uli
Beiträge: 299
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2004, 23:23

Beitrag von uli »

Hast ja Recht, Geronimo – aber: darüber bitte WIRKLICH nie vergessen, dass in der Tat unter anderem mit diesen neutestamentlichen Versen gerade auch in christlichen Kreisen immer wieder auf verdrehende, erschreckende und abstoßendste Weise der von dir erwähnte antisemitische Mist getrieben worden ist!
Na klar, natürlich haben immer wieder Christen ihre jüdischen Mitbürger vor Verfolgung geschützt (ich denke da katholischerseits an den Berliner Dompropst Lichtenberg oder aktuell an den verstorbenen Kölner Kardinal Höffner und dessen Schwester, die gerade zu „Gerechten unter den Völkern“ von Seiten des Staates Israel wegen ihres Einsatzes in der Nazizeit ernannt wurden).
Aber, wir wollen doch keine Augenwischerei betreiben – denn für christlichen Antisemitismus gibt es andererseits mehr als genug Beispiele. Und in vielen der (konservativen) Zeitschriften, in denen solche Beiträge wie der von mir ausführlich zitierte stehen, wird nicht nur das Neue Testament „rein gewaschen“ (aus den Gründen, die Thiede nennt, und das ist ja auch ok so), sondern leider besteht hier auch die Tendenz, insgesamt antisemitische Tendenzen (tatsächlichen Antisemitismus, der sich z. B. fälschlicherweise auf solche Bibelstellen beruft) innerhalb der Kirche - also Schlimmes „im eigenen Hause“ - kleinzureden, zu verschweigen, unter den Teppich zu kehren, zu entschuldigen, und dafür die (relativ wenigen) positiven Gegenbeispiele groß rauszukehren und im Endeffekt so zu tun, als habe es innerhalb der Kirche keinen antisemitischen „Mist“ gegeben bzw. gebe es so was nicht mehr. Und wie es den gegeben hat - ja, manche EXTREM konservativ-katholischen Publikationen betreiben sogar selbst und bis heute Antisemitismus - Robert hat ja schon so Leute wie Rothkranz genannt, oder es gibt auch den Kreis um den "Anderl-Kult" in Österreich ...)
Ich zitiere nur 2 Beispiele für Antisemitismus innerhalb der Kirche – und zuvor noch das imposante Zorneswort des von den Nazis hingerichteten evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer an Kirchenleute, die sich damals „raushielten“ und ihre fromme, ergötzliche Ruhe wollten: „Nur wer öffentlich für die Juden betet, darf auch gregorianisch singen!“ So, hier die Beispiele, samt Zwischenkommentar genommen aus www.kanaan.org/Germany/israel1_d.htm :
„Beim Ulmer Einsatzkommandoprozess (1958) wurde ein ehemaliger litauischer Pfarrer gefragt, warum er zu den entsetzlichen Erschießungen, die er miterlebte, geschwiegen habe. Er sagte, er habe gemeint, nun erfülle sich an den Juden das Wort: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder." (Aus: Rudolf Pfisterer, Verantwortung, Informative Texte: Jüdisch-christlicher Dialog, Strafvollzug, Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart, 1985, S. 217)
So erschreckend es ist, dass diese Bibelstelle gebraucht werden konnte, solche Gefühlskälte zu rechtfertigen - ähnliche Gedanken haben auch Christen anderer Nationalität zum Ausdruck gebracht.
Ein päpstlicher Nuntius, der gebeten wurde, gegen die Deportationen aus der Slowakei nach Auschwitz einzuschreiten, weil so viel unschuldiges Blut jüdischer Kinder vergossen werde, antwortete ungerührt: "Es gibt kein unschuldiges Blut jüdischer Kinder in der Welt. Alles jüdische Blut ist schuldbeladen. Ihr müsst sterben. Das ist die Strafe, die ihr durch diese Sünde [die Kreuzigung Jesu] auf euch geladen habt.“ (Pfisterer, S. 217)“

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Mich würde interessieren, wie Rudolf Pfisterer diese Zitate belegt, Uli. Mir sind sie nämlich etwas verdächtig (und nicht ohne Grund, habe mit ähnlichen einige Erfahrung). – Zum Rest später, habe heute keine Zeit mehr. :nein:
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ja, Uli, aber ich habe keine Lust, in Diskussionen stets dieses "ICH denke aber nicht so" herauszustreichen. Ich bin nicht verantwortlich für die abwegigen Gedanken anderer Menschen - und die Tatsache, dass ich Christ bin, heißt nicht, dass ich eine Rechtfertigungsplakette in der Tasche trage, die ich bei bestimmten Anlässen aus der Tasche ziehe. Ich gehöre nicht zu den Menschen, welche die Bibel so abwegig auslegen und wer sich die Mühe macht, mich kennenzulernen, merkt das ganz schnell. Und ich denke, dass man die Menschen nach ihren Taten beurteilen soll und nicht nach ihren gefälligen Worten.Und suspekt ist mir das deutsche Gutmenschentum, was in manchen Bereichen eben auch nur eine Art vorauseilender Gehorsam ist - nur mit einer gefälligeren Färbung.

So gesehen müsste sich ja auch unser Chor jedesmal bevor er die Matthäuspassion von Bach singt, beim Publikum erläuternd vom Text distanzieren. wo doch Bach das hysterische Volksgeschrei "Sein Blut komme über uns und unsre Kinder" so blendend vertont hat. Nun, es gibt Menschenmengen, die so hysterisch reagieren - vor allem, wenn sie den Tod eines Menschen beschlossen haben. Und die ihr eigenen Seelenheil gern dabei aufs Spiel setzen. Und darum gehts es bei dieser Passage. ´

Geronimo
Zuletzt geändert von Geronimo am Dienstag 20. Juli 2004, 09:06, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11362
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Da stellt sich dann doch nur die Frage warum der Vatikan um die 800.000 Juden vor den Nazis gerettet hat, wie es auch heute jüdische Kreise bestätigen.

http://www.die-tagespost.de/Archiv/tite ... sp?ID=1963

beth
Beiträge: 271
Registriert: Sonntag 28. Dezember 2003, 00:33

Beitrag von beth »

Ich habe seit einiger Zeit nicht mehr in diesen Forumsthread geguckt. Nun habe ich heute mal diagonal mir die Beiträge der letzten Tage durchgelesen.

Da im Forum, soweit ersichtlich, sich keine Juden für christliche Diskussionen interessieren und ich denke, dass diese Diskussion sicherlich auch aus der Sicht eines Juden mal interessant wäre, bringe ich auszugsweise Gedanken eines Juden zu christlichen Bekehrungsbemühungen.


Wie denkt ein Jude über christliche Bekehrung?

Rabbiner Stephen Fuchs

Ich bin immer stolz gewesen Jude zu sein. Ich habe immer versucht die Religionen anderer zu respektieren. Diese Grundüberzeugung ist der Antrieb für meine Antwort auf Bemühungen von Christen, Juden zu bekehren.

Entsprechend verletzt war ich, als die Erklärung der "Southern Baptists" (amerikanische Freikirche) im Juni 1999 zu verstärkten Bemühungen aufrief, Juden zum Glauben an Jesus zu bringen. Im Gegensatz dazu war ich sehr stolz, als ich vor einiger Zeit einen Leserbrief an die Hartford Zeitung schrieb, in dem ich meine Unterstützung und meine Wertschätzung für zwei Prediger der Southern Baptists zum Ausdruck bringen konnte, die sich öffentlich von den Bemühungen ihrer Bewegung distanzierten, Juden missionieren zu wollen. Diese Prediger haben tapfer auf die Legitimität religiöser Vielfalt bestanden. Sie erklären die Legitimität von unterschiedlichen Wegen zu dem einen, wahren Gott. Viele christliche Gelehrte haben dazu in ähnlicher Weise Stellung genommen.

Unglücklicherweise - so sehe ich es - sprechen fundamentalistische Christen noch immer, von ihrem unabrückbaren Ziel, den "Missionsauftrag" im 28ten Kapitel des Matthäusevangeliums und anderen Stellen im Neuen Testament zu folgen, und die Worte Jesu allen Völkern zu bringen.

Mein Freund Professor A.J. Levine geht davon aus, daß das griechische Wort, das für den Terminus "Völker" im 28. Kapitel des Matthäusevangeliums steht, die gleiche Bedeutung hat wie das hebräische Wort "Gojim", das alle Völker meint, außer das Volk Israel. Ich empfehle diese Auslegung den Evangelikalen und hoffe, daß sie ihren Weg finden, damit klarzukommen.

Ich bin von verschiedenen Leuten gefragt worden: "Warum nehmen die Kampagnen der Juden für Jesus Sie so mit? Warum fühlen Sie sich veranlaßt, so energisch darauf zu erwidern?"

Lektion aus der Geschichte

Meine Antwort ist: Ich habe die Lektion, die uns die Geschichte erteilt hat, gelernt. Ich glaube, daß die Kampagne Juden zu Jesus zu bringen manchmal von Liebe motiviert ist. Aber ich sage gleichermaßen eindeutig, daß es sich um eine Fehlform der Liebe handelt. Ich sage das, denn man kann sich die Geschichte anschauen und die Resultate sehen - unvermeidliche Resultate dieser Liebe, wie sie sich in der Geschichte niedergeschlagen haben.

In einem Land nach dem anderen haben Christen ihre Besorgnis um unsere Erlösung zum Ausdruck gebracht und uns dazu eingeladen, Jesus anzunehmen. Immer und immer wieder wenn wir diese Einladung zurückgewiesen haben, hat sich diese Liebe in Bosheit und Haß verwandelt. Oft war Vertreibung und Tod die Folge.

Ein außergewöhnlicher zeitgenössischer Philosoph, Emil Fackenheim, hat es folgendermaßen auf den Punkt gebracht:

"Der Holocaust war die Zuspitzung einer 2000jährigen Kampagne der christlichen Welt gegen Juden. Es begann früh damit, daß sie uns erzählten: 'Du kannst nicht hier leben als Jude'. Und in einem Land nach dem anderen zwangen sie uns zur Konversion. Später wurde daraus die Botschaft: ‘Ihr könnt hier nicht leben.’ Und in einem Land nach dem anderen zwangen sie uns wegzugehen. Hitlers Botschaft war: ‘Ihr könnt nicht leben’ - und sie rotteten ein Drittel unseres Volkes aus".

Es ist ein langer, langer Weg von den Bemühungen und der Liebe, die unsere Nachbarn ausdrücken bis zu Hitlers Öfen.
Wenn ein Jude / eine Jüdin Jesus als seinen oder ihren Messias annimmt, dann erfüllt er oder sie keine biblische Prophezeiung. Wenn ein Jude Jesus als Messias akzeptiert, dann wird er (oder sie) Christ und verläßt damit die jüdische - religiöse - Gemeinschaft. Man kann nicht beides gleichzeitig sein: Jude und Christ. Das ist so seit mehr als 1800 Jahren als sich unsere Religionen gespalten haben und ihre getrennten Wege gingen. Dabei bleibt es auch bis heute.

Wenn jemand Christ werden möchte, so wünsche ich ihm oder ihr, daß dieser Weg ihm oder ihr spirituelle Erfüllung bringen möge. Aber er / sie kann nicht gleichzeitig Jude sein.
Wenn also die Kampagne Juden zu Jesus zu bringen ihr erklärtes Ziel erreichen würde und jeder Jude Christ werden würde, dann wäre das Endergebnis als hätte Hitler den Krieg gewonnen. Es gäbe keine Juden mehr. Das ist - kurz gesagt - der Grund, warum diese Bekehrungsfeldzüge mir solche Sorge bereiten.

Vor viertausend Jahren verließ Abram die heidnische Welt mit seiner Frau Sarai um von einem einzigen fürsorglichen Gott zu lehren, der möchte, daß wir Menschen unsere Begabungen dazu verwenden, eine gerechte, fürsorgliche und mitfühlende Gesellschaft zu schaffen. Christen (Katholiken) nennen das "Rechtfertigung durch Werke", und sie haben damit 100% recht. Genau das ist es, und das ist einer der grundlegenden Unterschiede zwischen Judentum und Christentum.
Wir rechtfertigen uns nicht durch das, was wir glauben, sondern durch das, was wir tun. Ich verstehe und respektiere völlig, daß Christen das anders sehen, aber ich weiß, wieviel Gutes in die Welt gekommen ist, weil wir Juden darauf bestanden haben unserem einmaligen und besonderen Weg mit Gott zu folgen.

Meine Hoffnung ist die, daß wir in gegenseitigem Respekt und Frieden leben können.
Gegenseitiger Respekt schließt es aus, die Integrität unserer Religion wie sie ist, herabzusetzen. Wenn Jesus Erfüllung, Befriedigung und Bedeutung in das Leben von Christen bringt - ich sage es nochmals - dann bin ich froh für sie. Aber Jesus spielt keine Rolle - wie auch immer diese geartet sein mag - im religiösen Denken von Juden.

Das Judentum und der Messias

Es gibt drei Hauptforderungen im Hinblick auf Jesus, die Christen erheben und die Juden kategorisch zurückweisen:

• 1. Der Märtyrertod, den Jesus erlitten hat, führt Sühne für kollektive Sünden der Menschheit oder Sünden des Individuums herbei.

• 2. Wir weisen die Idee zurück, daß Gott sich in irgendeiner menschlichen Form inkarniert hat, daß irgendein menschliches Wesen ein Objekt der Anbetung sein könnte.

• 3. Wir weisen zurück, was Paulus in seinen Briefen behauptet - nämlich daß das Leben und der Tod von Jesus das jüdische Religionsgesetz und seine Einhaltung nutzlos machen.

Wer mit e i n e r dieser Forderungen übereinstimmt, mag Christ sein - Jude ist er jedenfalls nicht.

Zu der Zeit als Jesus lebte, waren die Erwartungen von Juden an den Messias sehr klar. Der Messias, den unser Volk erwartete, würde vier Dinge tun bzw. herbeiführen:

• 1. Das Ende der Unterdrückung der Juden durch die Römer
• 2. Einen Nachkommen König Davids über ein vereinigtes Israel einsetzen

• 3. Die wunderbare Rückkehr der ins Exil Zerstreuten in das Land Israel

• 4. Eine unendliche Zeit des Friedens und der Harmonie in der Welt.

Ganz einfach gesagt: Jesus hat nichts davon getan. Deshalb kann er aus jüdischer Sicht nicht der Messias sein.

Bibeltreue Christen zitieren mir - wie wahrscheinlich auch vielen von Ihnen - immer wieder Passagen aus den hebräischen Schriften, die - wie sie sagen - punktgenau und unverkennbar auf Umstände im Leben Jesu hinweisen, wie sie im Neuen Testament erzählt werden. "Wie ist das möglich" fragen sie "wenn Jesus nicht der Messias ist, von dem die Propheten gesprochen haben?".

"Wie kann das sein?" Meine Antwort: "Es ist ganz einfach. Im 18 Jahrhundert gab es in Polen einen hochgeschätzten Prediger - den Maggid von Dubnow. Er erzählte eine Geschichte, die diese Frage beantwortet:

"Einst fuhr ein Mann in seinem Wagen über das Land. Er kam an einer Scheune vorbei. Und auf der einen Seite der Scheune waren einige Zielscheiben. Genau im Zentrum steckte in jeder ein Pfeil.

Der Mann hielt seinen Wagen an und sagte: "Ich muß unbedingt die Person treffen, die jedesmal so perfekt geschossen hat". Er fand den Besitzer der Scheune und fragte ihn: "Wie ist es möglich daß du niemals den Mittelpunkt der Zielscheibe verpaßt hast - und das bei jedem Pfeilschuß?"

"Ganz einfach" antwortete der Mann. "Zuerst habe ich den Pfeil in die Scheunenwand geschossen und dann habe ich die Zielscheibe darum herum gemalt".

Wie zeigen die Schriften des Neuen Testaments, daß das Leben von Jesus und seine Taten sich in das einfügen, was in den hebräischen Schriften vorhergesagt wird? Ganz einfach: Die Schreiber des Neuen Testaments haben ihre Erzählungen so verfaßt, daß ihre Darlegungen vom Leben Jesu mit den prophetischen Passagen, die sie so gut aus den hebräischen Schriften kannten, übereinstimmten.

Judentum - eine Krankheit?

Eine Frau antwortete auf einige meiner in Zeitungen veröffentlichten Artikel mit einem Brief: "Rabbi, warum sollten wir Jesus Ihnen gegenüber nicht proklamieren? Wenn Sie Krebs hätten, und ich hätte das Heilmittel für Krebs, wäre es dann nicht ein Akt der Freundschaft und Liebe von mir, dieses Heilmittel mit Ihnen zu teilen?"

Mit allem aufrichtigem Respekt: Ich habe - Gott sei Dank - nicht Krebs. Ich habe einen Glauben, der mich nährt. Ich habe einen Glauben, den ich schätze. Ich habe einen Glauben, der mich zu einem besseren Menschen macht als ich sonst wäre. Ich habe einen Glauben der vollständig und nicht ergänzungsbedürftig ist - und ich habe keinen Bedarf an einem Heilmittel oder einem Erlöser von außen.

In biblischer Terminologie würde ich es folgendermaßen ausdrücken: Schloß Gott einen Bund mit Abraham? Natürlich! Gott versprach dem jüdischen Volk Schutz, Nachkommenschaft und Dauerhaftigkeit als Volk, und Besitz - das Land Israel. Im Gegenzug bestimmte Gott, daß wir - die Kinder Israels - ein Segen sein sollen (1.Mose 12,2). Wir sollen in G'ttes Wegen wandeln und untadelig sein (1.Mose 17,1). Wir sollen Lehrer sein und Beispiele für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit (1.Mose 18,19). Das sind die Worte des Bundes im Buch Genesis (1.Mose), den Gott mit Abraham und uns, den Nachkommen Abrahams, gemacht hat. Ist dieser Bund unwiderruflich? Natürlich! Christliche Schriften behaupten es immer wieder. Ist Gott ein Lügner? Natürlich nicht.

Ich sage zu jedem Christen, der mein Freund sein möchte: Wir haben unseren Bund mit Gott. Er ist vollständig. Er ist unwiderruflich. Gott ist kein Lügner. Wir haben keinen Bedarf an Jesus. Wenn Du unseren Glauben nicht respektieren kannst, dann lass uns wenigstens in Ruhe.

Die jüdische Tradition und Menschenopfer

Wenn wir wirklich die Bedeutung von Abrahams Bund verstehen, dann verstehen wir auch, daß die ganze christliche Ausdrucksweise von Gott, der seinen Sohn am Kreuz opfert, im Widerspruch steht zu jüdischen Lehren. Jedes Jahr an Rosch haSchanah (jüdisches Neujahrsfest) lesen wir, wie Gott Abraham aufforderte ihm Isaak auf dem Berg Moriah zu opfern. Im entscheidenden Moment rief Gott Abraham zu: "Stop! Lege Deine Hand nicht auf den Jungen und tu ihm nichts zuleide". Was wir daraus lernen ist, daß keine wahre Religion ein Menschenopfer erfordert in SEINEM - G'ttes - Namen. Wir lernen daraus auch, daß ein Menschenopfer dem Gott, den wir anbeten, verhaßt ist.

Die Torah lehrt uns, dass jeder, der die Abscheulichkeit eines Menschenopfers begeht, sich unwiderruflich vom jüdischen Volk abschneidet (3 Mose 20,2). Es ist eine abscheuliche und unverzeihliche Tat gegen Gott. Das Konzept in den Evangelien, daß Gott seinen Sohn opfern würde, widerspricht jüdischer Lehre von damals bis heute. Deshalb sollte es niemanden überraschen, daß Juden Jesus nicht als Messias akzeptieren wie Christen das tun.

Und schließlich lehrt uns die Torah auch die alten Rituale für den Versöhnungstag (3 Mose 16). Die Torah stellt fest, bevor die Priester das Sühneritual für das Volk durchführen konnten, mußten sie erst Sühne erwirken, für sich und ihr Haus.

Allen, die Juden zu Jesus bekehren wollen, empfehle ich deshalb: Bringt die christliche Botschaft all den Christen, bei denen sie zu kurz kommt. Leistet also Sühne für euch und eure Haushalte. Und überlaßt es uns, daß wir uns Sorgen um die unsrigen machen!

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Beitrag von Nietenolaf »

Juden die Worte Jesu zu bringen, ist eine "Fehlform der Liebe"? Wahrscheinlich... :kratz:

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11362
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Immerhin haben aber doch manche Juden diese "Fehlform der Liebe" schätzen gelernt, muss man dem Rabbi sagen.
Dass die meisten Juden aus Unkenntnis und Tradition Jesus ablehnen, ist nun allzu gut bekannt. Gründe finden sich immer dafür. Damals hat man den Messias schon als irdischen Befreier erwartet, obwohl es im AT anders steht, heute ist es nicht anders.
Die Ausführungen dieses Rabbi sind ja vom Wortlaut her noch ordentlich, unter www.juden.de findet man aber anderes Wort in den Foren, auch hier: http://www.jewish-forum.de/board.php?boardid=8

Allerdings treten da auch Provokateure aus christlichen Kreisen auf, nicht nur aus jüdischen.
Zuletzt geändert von Edi am Dienstag 20. Juli 2004, 16:50, insgesamt 1-mal geändert.

uli
Beiträge: 299
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2004, 23:23

Beitrag von uli »

Geronimo, bei dem Begriff „Gutmenschen“ lieber etwas vorsichtig sein ...

Auch mir sind „Gutmenschen“ etwas suspekt, FALLS darunter verstanden wird: hypersensibe, ziemlich weltfremde Menschen voll Betroffenheitsduselei und Gesinnungskitsch, die persönlich stets das Gute wollen, aber ohne richtigen Durchblick und Kenntnis der Zusammenhänge, verbunden oft mit ins Leere laufendem Aktionismus (auch wenn mir das alles immer noch unendlich viel lieber ist als Bosheit und Gewalt!). In diesem Sinne, davon gehe ich aus, verstehst du es ja auch – und mir ist das genau so suspekt wie dir: In dem Sinne möchte ich kein Gutmensch sein und bin ich auch keiner.

Aber: NICHT suspekt sind mir die Gutmenschen (und ein solcher möchte ich gerade als Christ durchaus gerne sein!) in DEM Sinne, wie Rechtsextreme diesen Begriff „Gutmenschen“ abfällig und neuerdings immer öfter benutzen: nämlich als „chices“ Schimpfwort auch für die, die sich „mit beiden Beinen auf dem Boden“ für Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und gegen Rassismus, Nationalismus, Hass und Gewalt einsetzen. Und sich selbst bezeichnen diese Rechtsextremen dann ganz gezielt und zynisch als „Bösmenschen“/“Schlechtmenschen“. Wobei aus ihrer Sicht sie selbst, die Bösmenschen, mit ihrem Hass und Rassismus und Antisemitismus etc. logo sehr viel besser sind als die von ihnen so genannten Gutmenschen. Da bin ich doch gerne ein Gut-Mensch = Christus-Mensch!

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Peter
Beiträge: 1249
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

Deinen «Gutmenschen» fand ich interessant genug, daraus einen eigenen Thread zu eröffnen. Mit Verlaub …

beth
Beiträge: 271
Registriert: Sonntag 28. Dezember 2003, 00:33

Beitrag von beth »

Juden die Worte Jesu zu bringen, ist eine "Fehlform der Liebe"?
Darüber steht nichts im Artikel, sondern er schreibt, über die „Fehlform der Liebe“ wie sie sich in der verwirklichten Ausübung in der Geschichte niedergeschlagen hat.

uli
Beiträge: 299
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2004, 23:23

Beitrag von uli »

Zu Beth: Diesen und ähnliche Beiträge kenne ich – es gibt auch noch weitere orthodoxe Rabbiner, die sagen: „Wir als Juden brauchen die Kirche, das Christentum nicht – wir haben die Tora und den Bund mit Gott, und das ist völlig ausreichend!“ Für diese Rabbiner haben Juden, die Jesus als Messias anerkennen, den Boden des Judentums verlassen und sind (vom Glauben her) keine Juden mehr – das beträfe Paulus oder auch Edith Stein. Ich habe übrigens bewusst keine Links zu diesen Rabbiner-Artikeln gelegt - weil ich befürchtete, dass viele dies in den falschen Hals kriegen und sagen würden: "Na siehste, hab ich doch immer schon gesagt und gewusst! Die wollen ja mit uns Christen gar nichts zu tun haben!" "Die" sind aber "nur" bestimmte orthodoxe Rabbiner, es gibt genug und leuchtende Gegenbeispiele für ein Miteinander, vgl. unten letzter Abschnitt.

Ich habe beim Lesen dieser Artikel über Folgendes nachgedacht: Stimmt es tatsächlich, dass ein gläubiger Jude, der in Jesus den verheißenen Messias sieht, kein Jude mehr ist, sondern einzig und allein Christ? Wenn ich eine Verheißung in meiner eigenen jüdischen Religion als erfüllt ansehe – gehöre ich dann auch weiterhin noch dieser Religion an oder nur noch einer anderen (dem Christentum), die auf meiner Religion aufbaut? So, als wenn ich vom Atheismus zu einer Religion wechsle und kein Atheist mehr bin? Oder bleibe ich als gläubiger Christ gleichzeitig gläubiger Jude?

Für die erwähnten Rabbiner sind die Jesus-Anhänger a) einem falschen Messias nachgelaufen und damit b) aus dem Bund mit Gott herausgefallen – und deshalb keine Juden mehr. Das Christentum ist eine Art vertrockneter und abgefallener Ast vom jüdischen Baum. Und irgendwie verstehe ich auch, dass sie aus Angst um die eigene jüdische Gemeinschaft sich gegen christliche Missionierungsversuche wehren und dies – was ich allerdings für maßlos übertrieben und für „daneben“ halte – sogar mit den Nazis in Zusammenhang bringen: damals Vernichtung jüdischen Lebens, heute Vernichtung jüdischen Glaubens und damit des „geistlichen“ Judentums. Wobei ich mich eben auch frage, ob es tatsächlich ein Rausfallen aus dem jüdischen Glauben ist, wenn ein Jude in Jesus den Messias sieht.

Christen wiederum fühlen sich nicht als abgefallener Ast, sondern als lebendige „Teilhaber“ am Judentum (sie sollten sich jedenfalls so empfinden): Sie fühlen sich von ihrer jüdischen Wurzel, ihrem jüdischen Stamm getragen – durch Jesus, durch das Christentum ist jüdisches Erbe überall in die Welt gekommen. Das jüdische Glaubenserbe im Christentum: Der Glaube an EINEN Gott, der Schöpfungsglaube, der Mensch als Abbild Gottes, der Bundesgedanke, die Heiligkeit Gottes, die Liebe zu Gott, sein Lob, die Bitte (also das Gebet), Sünde und Sühne, Gerechtigkeit, die Zehn Gebote (ja, das ganze „Alte Testament“), der Messias, die Visionen vom Ende und vom Frieden auf Erden. Dies alles und noch mehr ist – so das 2. Vatikanische Konzil – durch Jesus zum gemeinsamen Gut von Juden und Christen geworden. Die Kirche hat durch Gottes Güte teil am Edelölbaum Israel, wird von dessen „Wurzeln“ getragen.

Übrigens: Es gibt auch sehr, sehr viele Rabbiner und jüdische Gelehrte, die in Bezug auf Judesein/Christsein bzw. das Christentum ganz anders denken als die oben erwähnten orthodoxen Rabbiner und voll zum christlich-jüdischen Dialog stehen bzw. die Verwandtschaft von Judentum und Christentum sehr schön darstellen, etwa Martin Buber, Pinchas und Ruth Lapide, David Flusser, Schalom ben-Chorin oder Leo Baeck.

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm
Zuletzt geändert von uli am Dienstag 20. Juli 2004, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Beitrag von Nietenolaf »

beth hat geschrieben:Darüber steht nichts im Artikel, sondern er schreibt, über die „Fehlform der Liebe“ wie sie sich in der verwirklichten Ausübung in der Geschichte niedergeschlagen hat.
Rabbiner Stephen Fuchs hat geschrieben: Ich glaube, daß die Kampagne Juden zu Jesus zu bringen manchmal von Liebe motiviert ist. Aber ich sage gleichermaßen eindeutig, daß es sich um eine Fehlform der Liebe handelt.
So so.

uli
Beiträge: 299
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2004, 23:23

Beitrag von uli »

hey, Peter ist wieder da - prima, dass du dich aus dem Schmollwinkel zurückmeldest :mrgreen: Ich bin noch neugierig auf das, was du von Kardinal Lustiger zum Thema zitieren wolltest ...

Lieben Gruß

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

@ Uli - ach, mir sind Gutmenschen generell suspekt. Der Grund ist, dass ich schon in Uni-Zeiten jede Menge davon traf, die sich irgendeiner Gruppe verschrieben hatte, deren Wohlbefinden sie über alles in den Himmel hob und die sie als die unterdrückeste von allen pries - was ja nicht schlecht ist. Bloß habe ich diesselben Leute, die eben noch mit hochrotem Kopf gegen Antisemitismus und Faschismus wetterten, über die übelsten sexistischen Witze sich halb scheckig lachen hören, mitgekriegt, wie sie Pädophile in Schutz nahmen und andere, die mit dem Kinderschutz argumentierten, als schwulenfeindlich abstempelten, sich die miesesten Pornos reinzogen. Ihre Liebe galt (und das ist auch heute bei den meisten so) gerade mal der Gruppe, deren Fähnlein sie hochhalten. Darüberhinaus sind sie genauso wie alle anderen - voller Vorurteile, menschenverachtend wie die, die sie immer anprangern.

Und dieses typisch deutsche Gutmenschentum geht mir einfach völlig auf die Nerven. Ich halte es für verlogen, weil von oben herab verordnete political correctness. Dieser verquasten Mentalität traue ich hierzulande nicht über den Weg.

Mir genügt es ganz einfach, Christ zu sein. Ich brauche mich nicht Antifaschist oder gegen Antisemitismus zu nennen oder Lichterketten mit meiner Anwesenheit zu beglücken. Wer das Christsein ernst nimmt und nach den Zehn Geboten lebt, braucht kein anderes (politisches oder moralisches) Programm.

Noch was anderes: es gab von jüdischen Mitbürgern sehr ernsthafte Verstöße, den Zentralrat abzuschaffen mit dem Argument, sie seien schließlich Deutsche und man sollte das umbenennen in so was wie Interessengemeinschaft deutscher Staatsbürgerschaft jüdischen Glaubens (oder irgendwas in dieser Richtung) und die Bezeichnung Zentralrat der Juden in Deutschland impliziere irgendwie, dass sie keine richtigen Deutschen seien.
Dies ist (vorhersehbarerweise) wütend torpediert worden, weil der Zentralrat natürlich eine politische Stimme darstellt und nicht im Traum daran denkt, diese Machtposition zu opfern.
Es gibt so viele junge Juden hier in Frankfurt, die möchten nichts weiter, als einfach ganz normal behandelt werden. Mir sagte mal einer: "Ich komme mir manchmal vor, als hätte ich immer noch so eine Art Judenstern an, bloß andersrum - als wäre ich eine Art Alien für euch, mit der ihr nicht wißt, wie ihr umgehen sollt."

Geronimo

uli
Beiträge: 299
Registriert: Mittwoch 19. Mai 2004, 23:23

Beitrag von uli »

Bingo, Geronimo (ey, da hab ich ja ´nen Minireim produziert ... ;D) - denn wenn du schreibst:

"Es gibt so viele junge Juden hier in Frankfurt, die möchten nichts weiter, als einfach ganz normal behandelt werden. Mir sagte mal einer: "Ich komme mir manchmal vor, als hätte ich immer noch so eine Art Judenstern an, bloß andersrum - als wäre ich eine Art Alien für euch, mit der ihr nicht wißt, wie ihr umgehen sollt!"

- - dann kann ich dem nur voll beipflichten und nochmals das zitieren, was ich im Thread schon ganz vorne schrieb und was mit dem von dir Formulierten übereinstimmt - dass es nämlich auch eine "gut gemeinte" Ausgrenzung gibt, eine gutgemeine Un-Normalität statt normal-zwischenmenschlichem Umgang (wobei meine Stoßrichtung eher in Richtung Ausgrenzung durch Entrücken unter eine Glasglocke fern aller Kritik ging, während es bei dem von dir Zitierten darum geht, jemanden zum bestaunenswert-liebenswerten exotischen Sonderling zu machen - beide Male aber geht´s, auch wenn´s gut gemeint ist, um unnormale Ausgrenzung). Hier nochmals das, was ich schon schrieb:

"Genauso wenig, wie ich ein Antisemit bin, bin ich ein Philosemit - also einer, der alles "Jüdische" sozusagen unter einer Glasglocke auf einem Podest vor aller Kritik schützen will. Sondern: Jüdinnen und Juden sind 1.) für mich auf ganz normale Betrachtungsweise zunächst einmal schlicht und einfach Menschen wie andere Menschen auch, je nach Person mit unterschiedlich ausgeprägten (lobenswerten) Stärken und (kritisierenswerten) Schwächen, und als Mit-Menschen sind sie für mich als Christen allesamt meine zu liebenden Nächsten, und für mich als Christen sind sie außerdem 2.) (mit dem jetzigen Papst gesprochen) meine älteren Schwestern und Brüder im Glauben, und als solchen begegne ich ihnen mit Respekt und Ehrfurcht."

(Übrigens haben mir junge jüdische Leute in Köln, als ich mal mit ihnen eine Sendung machte, genau das gesagt, was du in Frankfurt gehört hast.)

Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

Benutzeravatar
lancelot
Beiträge: 359
Registriert: Montag 19. Januar 2004, 12:56
Wohnort: Bayern-Untermain
Kontaktdaten:

Beitrag von lancelot »

Geronimo hat geschrieben: ... die Bezeichnung Zentralrat der Juden in Deutschland impliziere irgendwie, dass sie keine richtigen Deutschen seien.
Ziemlich off topic:

Da sehe ich eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem eigenen Zentralkomitee, das ja über seine Herkunft aus dem Verbandskatholizismus und den Katholikentagen ebenfalls aus dem Widerstand gegen den Verdacht der Undeutschheit, des Ultramontanismus und der Papsthörigkeit stammt... Vielleicht erklärt das so manches an der Nachkriegsmentalität des deutschen Katholizismus, der jetzt endlich beweisen konnte, wie staatstragend und gesellschaftsförderlich er in Wirklichkeit sein kann - und nun nicht recht weiß, wie er sich in einer säkularen Gesellschaft positionieren soll...

beth
Beiträge: 271
Registriert: Sonntag 28. Dezember 2003, 00:33

Beitrag von beth »

Zu uli:
Ich sehe das Problem so. Jesus und seine ganze Familie waren Juden und keine Christen. Ebenso die Apostel wie auch Paulus. Jesus hat nie etwas anderes gelebt und gelehrt als das Judentum. Für ihn gab es nur die Tradition und die Praxis wie sie im Tenach (hebräische Bibel) ohne Hinzufügung und Wegnahme eines Jota vorliegt. Er wollte keine und hat keine neue Religion gestiftet, er hat die ganze Tradition der Propheten Israels in seiner Zeit gelebt und versucht, sein Volk zu sammeln für das Reich Gottes hier und heute in seiner Zeit, (nicht als Gottesstaat im heutigen Sinn, sondern als Volk, das in Freiheit als Spiegelbild Gottes Zuwendung, erfahren in seiner Geschichte als Geführte lebt). Sein Leben war eine rein innerjüdische Herausforderung. Er ging am Shabbat in die Synagoge, zu den Hochfesten (Yom Kipur) wallfahrtete er nach Jerusalem in den Tempel. Für ihn war das Judentum praktische Realität und Inbegriff seiner Jüdischkeit. Es gab natürlich im damaligen Judentum auch viele Strömungen und Richtungen. Er lebte wie man an hand des NT ersehen kann in der pharisäischen Tradition, diese jedoch in der Praxis überbietend. Er missionierte keine Heiden. Ihm ging es um Israel, um ganz Israel, dass es den Willen Gottes, gemäß den Schriften lebe. Nichts gibt es, was im NT steht, was nicht schon im AT seinen Ursprung hat, von dem her er handelte.

Leiden an der Geschichte des Christentums:
Das gesamte Problem liegt in der Aufspaltung, bzw. Abspaltung vom Judentum. Ich bin davon überzeugt, dass, würde Jesus von Nazareth sehen können, was aus dem wurde, was er in seiner Zeit vorlebte und lehrte, sich darin als Jude, der er war, nicht wieder erkennen würde.
Die Version vom „Israel im Fleische“ und „Israel im Geiste“ und das „Neue-Verus Israel, die Kirche“ im Sinne des Gegensatzes zum Judentum von alt, überholt, nicht mehr gültig, sind Ursache und Folge dieser Spaltungsgeschichte, die nicht zielführend sein kann und ist. Darin sehe ich den Geburtsfehler des Christentums. Solange die Juden sich in ihrer über viertausendjährigen Geschichte des Volkes Gottes (und es gibt Es immer noch, trotz annähernd zweitausendjähriger Zerstreuung und Verfolgung bis hin zum Ausrottungsversuch in unserer jüngsten Vergangenheit), in dieser Tradition als Juden nicht identifizieren können, kann ich von einem „Neuen Israel“ der Kirche nicht reden. Und da bin ich überzeugt, das könnte auch ein Jesus von Nazareth nicht. Von da her sehe ich noch einen Weg, der zu einem gemeinsamen werden muss, der noch nicht am Ziel ist.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Die Christen haben sich nicht einfach so von den Juden abgespalten. Die ersten Gemeinden bestanden aus Judenchristen. Ich sagte schon mal in diesem Thread, dass es eine freie Entscheidung vieler Juden war, der Lehre des Jesus von Nazareth nicht nachzuhängen. Es gab vielmehr eine Strömung, die dahin argumentierte, dass diese Lehre einzig Juden vorbehalten sein sollte und es gab Auseinandersetzung über die Frage, ob man überhaupt Heidenchristen zulassen sollte.
Für jeden gab es die Chance, Jesus Christus zu glauben. Die Apostel waren keine Christen, sondern Juden; und die Erkenntnis, dass das auserwählte Volk in seiner Massse Jesus ablehnte, war für sie bitter. Es ist ihnen und uns sicher kein Vorwurf daraus zu machen, dass sich die Heiden, vor allem die römischen Sklaven, so gierig auf diese Lehre stürzten, und die Juden in ihrer Mehrzahl sie ablehnten. Jesus hätte dieses sein Volk bestimmt gern in die Neue Zeit mitgenommen und er hat die richtigen Weichen dafür gestellt - aber es wollte eben nicht.

Aus deinem Beitrag spricht - sorry - eine immense Unkenntnis der damaligen Zeit.

Geronimo

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11362
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

@beth

Dein Beitrag strotzt ja nur so von Unkenntnis:
Jesus kam zwar zu den Juden, seine Mission galt aber nicht nur ihnen. Wer das NT aufmerksam liest, wird schnell sehen, dass Jesus auch Heiden angesprochen und z.B. geheilt hat. Sein Missionsauftrag war nicht nur innerjüdisch. Markus 16,15 ff.: "Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden." Jesus sprach davon, dass man Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten solle und dass der Leib der Tempel des heiligen Geistes sein solle.
Auch Apostel Paulus, den du auch erwähnst, ging über die jüdische Religion weit hinaus und missionierte die Heiden. Der neue Bund ist keine Gesetzes- und Vorschriftenreligion mehr, sondern hält aus Liebe zu Gott die Gebote ein und weiß zu unterscheiden, was selbstgemachte Gebote und Vorschriften sind und welche von Gott kommen. In der Liebe ist des Gesetzes Erfüllung und nicht im akribischen Einhalten von Vorschriften, die den Menschen innerlich doch nicht ändern können.

Gruss Edi

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Und dieses ist ganz einfach nachzulesen in der Apostelgeschichte .. ;)

Geronimo

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Rabbiner Stephen Fuchs (zitiert von Beth) hat geschrieben:»Wie denkt ein Jude über christliche Bekehrung?

Ich bin immer stolz gewesen Jude zu sein. Ich habe immer versucht die Religionen anderer zu respektieren. Diese Grundüberzeugung ist der Antrieb für meine Antwort auf Bemühungen von Christen, Juden zu bekehren.

…«
Ein erfrischender Beitrag, endlich mal ehrlich – von einigen Verleumdungen mal abgesehen – und frei von jenem elenden Gesülze jener Logenbrüder, die bei uns im „interreligiösen Dialog“ in schöner Ausschließlichkeit aufzukreuzen pflegen.
»Lasset uns auch beten für die treulosen Juden, daß unser Gott und Herr hinwegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf daß auch sie Jesus Christus erkennen, unsern Herrn.«
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beth hat geschrieben:»Jesus und seine ganze Familie waren Juden und keine Christen.«
Ein sinnloser Satz. Sinnvoll könntest du sagen: »Jesus und seine ganze Familie waren Juden und keine Griechen.«
Beth hat geschrieben:»Jesus hat nie etwas anderes gelebt und gelehrt als das Judentum.«
Als einziger. Er hat es erfüllt.
Beth hat geschrieben:»Er wollte keine und hat keine neue Religion gestiftet …«
… sondern den Neuen Bund eingesetzt. In Seinem Blut.
Beth hat geschrieben:»… er hat die ganze Tradition der Propheten Israels in seiner Zeit gelebt und …«
… erfüllt.
Beth hat geschrieben:»… und versucht, sein Volk zu sammeln für das Reich Gottes hier und heute in seiner Zeit …«
… und jetzt und allezeit und von Ewikeit zu Ewigkeit. Er hat es gesammelt, aus Juden und Heiden. Die Kirche.
Beth hat geschrieben:»Das gesamte Problem liegt in der Aufspaltung, bzw. Abspaltung vom Judentum.«
Vielmehr in der Abspaltung eines Teils des Judentums, auf dessen Herz der Schleier liegt.
Beth hat geschrieben:»… sehe ich den Geburtsfehler des Christentums.«
Du siehst leider nicht. Quia caecitas ex parte contigit in Israel.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Beth, ich geb es auf. Ich konstatiere einfach, dass du die Wahrheit nicht verstehen willst und dich vor allem nicht über die Aussagen der Bibel über Jesus, die Apostel und die Entstehung des Christentum informieren möchtest. Nun denn...es ist zwecklos, das alles noch mal und noch mal zu erklären.
Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass du das Neue Testament und die Apostelgeschichte weder kennst noch kennenlernen willst. Der Satz "Jesus und seine Familie waren Juden und keine Christen" ist - nach all dem davor hier schon gesagten, einfach hanebüchen ... :sleep: :sleep:

Du möchtest auch nicht akzeptieren, dass das jüdische Volk seine Chance vertan hat (aus freiem Willen) und somit erst der Begriff Christen entstand.

Sei's drum .... irgendwie müssig das Ganze. Ich frag bloß, wozu es die Bibel überhaupt gibt, wenn man sich über Gottes Wort nicht informieren möchte.

Geronimo

Benutzeravatar
Nietenolaf
Beiträge: 3053
Registriert: Donnerstag 23. Oktober 2003, 14:26
Wohnort: Blasegast

Beitrag von Nietenolaf »

Geronimo hat geschrieben:...das jüdische Volk seine Chance vertan...
Näh. Sag nicht sowas. Es liegt im Interesse mancher Kreise, den Unterschied zwische der Ethnie und der Religion zu vernebeln, aber mach das lieber nicht. Kein Volk hat seine Chance vertan, dahingegen jene, die vor geraumer Zeit ernsthaft ein Projekt zum Thema "dritter Tempel" anleierten, schon deutlich.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ja, klar, Nietenolaf - das war jetzt von mir arg verkürzt. Ich bezog es allein auf die damalige Situation direkt nach Jesu Tod und der Aussendung der Apostel.
Dass die Chance, sich zu Jesus zu bekennen, niemals vertan sein kann, solange ein Mensch lebt, das ist zum Glück für uns alle so. Womit ich wieder zu meinen Gebet für die jüdische Welt komme ... dass es ihnen wie Schuppen von den Augen fallen möge!


Geronimo

Benutzeravatar
Clown
Beiträge: 184
Registriert: Samstag 21. Februar 2004, 15:22

Beitrag von Clown »

Ich halte es für unhöflich einem Juden vorzuwerfen, dass er die "Wahrheit" nicht verstehen will und das Christentum nicht annehmen will. Das ist genauso als ob Juden Christen vorwerfen sie seien einem Scharlatan aufgesessen.
Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht.

Peter
Beiträge: 1249
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

Hm. Das müssen wir aber auch aushalten. — Und wir halten das gut aus.

Kommen wir nicht erst dann aus unseren Vorurteilen heraus, wenn wir aufhören, anderen Leuten (Hier stand ein Wort, für das Clown gebeten wurde, ein Synonym zu finden.) zuteil werden zu lassent?

Ich finde, diese Argumentation steht auf schwachen Füßen. Und, um mit Martin Buber zu fragen: Wie, wenn es aber wahr wäre?
Zuletzt geändert von Peter am Donnerstag 22. Juli 2004, 20:16, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11362
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Clown hat geschrieben:Ich halte es für unhöflich einem Juden vorzuwerfen, dass er die "Wahrheit" nicht verstehen will und das Christentum nicht annehmen will. Das ist genauso als ob Juden Christen vorwerfen sie seien einem Scharlatan aufgesessen.
Es gibt doch genug Juden, die letzteres tun.

Aber wenn beth über Jesus sprechen will, muss sie schon die neutestamentlichen Fakten zur Kenntnis nehmen.

Benutzeravatar
Clown
Beiträge: 184
Registriert: Samstag 21. Februar 2004, 15:22

Beitrag von Clown »

Kommen wir nicht erst dann aus unseren Vorurteilen heraus, wenn wir aufhören, anderen Leuten Sonderbehandlungen zuteil werden zu lassen, wenn ihr mir dieses Unwort an dieser Stelle nachseht?

Nun, ich habe schon sehr viele Katholiken in div. Foren getroffen, die sich sehr getroffen gefühlt haben, wenn ihr Glauben mit denselben harten Bandagen angepackt wird wie von ihnen das Judentum. Das wiederum find ich dann ziemlich scheinheilig.
P. S.: (Ich finde das Wort "Sonderbehandlung" in diesem Zusammenhang ziemlich widerlich)
Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ich werfe es niemanden vor, ich stelle es als Tatsache fest.



Geronimo

Und mach dir nichts draus - ich bete auch für dich ... Bild

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Peter hat geschrieben:Hm. Das müssen wir aber auch aushalten. — Und wir halten das gut aus.

Kommen wir nicht erst dann aus unseren Vorurteilen heraus, wenn wir aufhören, anderen Leuten Sonderbehandlungen zuteil werden zu lassen, wenn ihr mir dieses Unwort an dieser Stelle nachseht?

Ich finde, diese Argumentation steht auf schwachen Füßen. Und, um mit Martin Buber zu fragen: Wie, wenn es aber wahr wäre?

Übrigens eine schöne Geschichte .... Ratzinger hat sie in seinem Buch "Einführung ins Christentum" auch gebracht ... "Wie, wenn es wahr wäre?" Bei ihm war es im Eingangskapitel über den Zweifel.

Geronimo

Peter
Beiträge: 1249
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

@ Geronimo,

— was meinst du, woher ich es habe …?

@ Clown,

wie wäre es, wenn du mir ein schönes Synonym nenntest?

Ich weiß nun wirklich nicht, was du willst. Du und andere, ihr erzählt mir den lieben langen Tag, das es Gott nicht gibt, eurer Ansicht nach … und im Gegenzug erfahrt ihr, dass er trotzdem auferstanden ist. Keiner beschwert sich. Oder regt sich da doch der heimliche Zweifel? (Vernünftig wär’ dieser ja schon …)

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema