"Russland ist nicht kriegerisch, aber behauptet fest seine nationalen Interessen
Die westlichen Massenmedien reagierten stürmisch auf das ausführliche Interview, das der Präsident Russlands Wladimir Putin den Journalisten aus Ländern der G 8 vor dem Gipfeltreffen in Heiligendamm gewährte. Den einen schien es viel zu kriegerisch, die anderen meinten, es erinnere sie an die Zeiten des „Kalten Krieges“. Hierzu ein Kommentar von Viktor Jenikejew.
Der Präsident Wladimir Putin sprach ohne überflüssige diplomatische Floskeln und möglicherweise sogar hart über die Meinungsverschiedenheiten mit den USA und manchen Mitgliedsländern der NATO. Sie betreffen die Pläne Washingtons, in Polen und Tschechien Elemente ihres globalen Raketenabwehr-Systems zu stationieren und zudem ihre Militärstützpunkte in Bulgarien und Rumänien einzurichten. Die Meinungsverschiedenheiten betreffen außerdem die Situation um den adaptierten Vertrag über die konventionellen Streitklräfte in Europa. Schon viele Jahre weigert sich die NATO, diesen Vertrag zu ratifizieren. Russland sah sich deshalb gezwungen, ein Moratorium zu dessen Realisierung zu erklären. Präsident Putin gab ein weiteres Mal deutlich zu verstehen, dass Russland kein Diktat seitens anderer Länder und Einmischungen in seine inneren Angelegenheiten unter dem Vorwand, um die Wahrung der Menschenrechte besorgt zu sein, dulden werde.
Sagen Sie mir, was soll daran neu oder gar kriegerisch sein? Oder vermutete mancher vielleicht, Moskau werde seelenruhig und demütig die Aktivitäten der USA und der NATO zur Zerstörung des strategischen Kräftegleichgewichts in der Welt beobachten? Es ist natürlich verständlich, wenn man etwas dagegen hat, dass Russland in dem Fall, sollten die Raketenabwehrpläne des Pentagons in Europa realisiert werden, seine Raketen auf Ziele in jenen Ländern umorientieren würde, die sich an jenen Plänen beteiligen. Wer etwas dagegen hat, der sollte sich eben nicht an dem amerikanischen Abenteuer beteiligen.
Ganz richtigt sagt man, ein jeder höre, was er hören wolle. Aber aus irgendeinem Grunde hören Journalisten und auch so manche Politiker zwar zu, wollen jedoch den Befürchtungen und der in Russland geäußerten Besorgnis keine Aufmerksamkeit schenken. Indessen aber spricht Präsident Wladimir Putin seit der Internationalen Sicherheitskonferenz in München über diese Problematik in ein und demselben Ton. Möglicherweise ist man es nicht mehr gewöhnt, dass Russland so fest und konsequent, aber keinesfalls kriegerisch, auf seinen nationalen Interessen und seinem Standpunkt zu Ereignissen in der Welt beharrt. Dabei – und das sei betont – meint man im Kreml, dass es keine Rückkehr zu den Zeiten des „kalten Krieges“ gebe und gar nicht geben könne. Mehr noch, im selben Interview bezeichnete Präsident Putin den Präsidenten George Bush und auch die USA als Freunde Russlands. Übrigens reagierte daraufhin der Chef des Weißen Hauses mit denselben Worten. Danach erklärte auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber dem Russischen Fernsehen, dass die Zeiten des „kalten Krieges“ für immer der Vergangenheit angehören würden. Aber das schließt keineswegs einen ehrlichen, offenen, aufrichtigen und manchmal vielleicht auch unangenehmen Meinungsaustausch zu den aktuellsten Fragen nicht aus. Im Gegenteil, es setzt einen solchen Meinungsaustausch voraus. Und gerade dieses Ziel verfolgte meines Erachtens der Präsident Russlands Wladimir Putin in seinem Interview, das er Journalisten aus den G 8-Ländern gewährte. Russland möchte gehört und verstanden werden.
Soweit der Kommentar von Viktor Jenikejew."
http://ruvr.ru/main.php?lng=ger&q=562&c ... 05.06.2007