Die 68er

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jakob
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Die 68er

Beitrag von jakob »

Heute fand ich folgendes Interview in der Welt, in dem die Abscheulichkeit des Denkens jener Zeit gut zum Ausdruck gebracht wird:

"Sie hat im Haushalt keinen Finger gerührt"

Bild

Die Zeit muss grauenvoll gewesen sein, und zum Teil ist sie es wohl auch heute noch. Aber wie das im Gruselkabinett so ist: Ich finde es auch faszinierend; eben weil ich mir kaum vorstellen kann, dass Menschen wirklich so bekloppt sind.
Kennt jemand noch weitere Zeitzeugnisse jener verlorenen Jahre?

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Pit
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Re: Die 68er

Beitrag von Pit »

Zeitzeugnisse nicht ,aber Menschen.
Und nebenbei:
Nicht jeder, der vom Alter her zur "68-er-Generation" (ein blödes Wort) gehört, war damals so.
Anders gesagt:
Die "Kommune 1" sollte nicht als "die" Lebensform der damaligen Zeit angesehen werden.

Gruß, Pit
jakob hat geschrieben:Kennt jemand noch weitere Zeitzeugnisse jener verlorenen Jahre?
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jakob
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Beitrag von jakob »

Naja, wenn man die Verbrechen der Nazis aufarbeitet, dann meint man ja auch die richtigen Nazis, und nicht die, die eigentlich nicht so richtige Nazis waren.
So meine ich mit den 68ern eben die richtigen 68er.

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Pit
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Beitrag von Pit »

Nun, dann könnte man - gewissermaßen im Vorfeld - die Fragestellung konkretisieren.
War nur der rebellierende Student ein "richtiger" "68-er" oder auch der kaufmännische Angestellte der Generation?
War nur derjenige ein "richtiger" Nazi, der als SS-Sturmbannführer Befehle erteilte, oder auch der kleine Beamte auf seiner Stube, der den einen oder anderen Befehl "dienstbeflissen" unterschrieb oder an höhere Stellen weiterleitete ("Ich habe damals doch nur meine Pflicht getan")?

Gruß, Pit
jakob hat geschrieben:Naja, wenn man die Verbrechen der Nazis aufarbeitet, dann meint man ja auch die richtigen Nazis, und nicht die, die eigentlich nicht so richtige Nazis waren.
So meine ich mit den 68ern eben die richtigen 68er.
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jakob
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Beitrag von jakob »

(Vorweg: Das halte ich übrigens für ein Kennzeichen der 68er-Bewegung: Der absolut gesetzte Relativierungswahn, eigentlich klare Begriffe aufzuweichen und so zu Umdefinitionen zu gelangen. Die modernen Erfindungen der IT haben das konsequent weitergeführt und Diskussionsforen entwickelt).

Eine genaue Definition der 68er Bewegung ist natürlich nicht möglich, da ihr eigentliches Kennzeichen war, dass sie selber nicht so genau wussten, was sie eigentlich wollten. Schon eher, was sie nicht wollten, und das haben sie zum Teil mit Gewalt versucht durchzusetzen (z.B. Spontiszene).
Ein anderer Strang war eigentlich die ganze Zeit über bekifft und hat sich Blümchen ins Haar gesteckt. Einige haben den Satz "Selig sind die Friedfertigen" auswendig gelernt und ihn - um dem Militärdienst zu entgehen - in ihren Verweigerungsbegründungen als obersten Leitsatz reingeschrieben.

Natürlich treffen auf die 68er alle möglichen gruppentheoretischen Merkmale zu: Die Wortführer, die Unterstützer, die Mitläufer und die Opponenten, die selber zum Wortführer werden wollten. Das ist aber nicht so sehr der Punkt. Tatsache ist, dass manches Gedankengut jener Zeit eine Generation geprägt hat, die heute "Mitten im Leben steht". Durchaus so, wie es den Mitläufern der Nazizeit geschah, die von einer Schar von Verbrechern verführt wurden:
Langhans hat geschrieben: Tendenziell leben wir heute alle in Kommunen. Egal, ob das Lebensabschnittsgemeinschaft oder Patchwork-Familie heißt.

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

'68 verbinde ich mit schrankenlosem Individualismus, Lebensgenuss, einer ausgeprägten Weltlichkeit und auch Technologiefeindlichkeit. Sie haben uns nicht nur das moralische Rückgrat gebrochen, sondern auch die materiellen Grundlagen zum Überleben genommen. Aber gut, dass sie gegen Axel Springer waren!

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Die 68-er waren und sind das gemeinsame Produkt von Aufklärung und alliierter Umerziehung.

Mit ihrem Erscheinen & Wirken beginnt der leider unumkehrbare Niedergang Deutschlands und Europas.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Man darf die 68er nicht nur negativ beurteilen, solch ein Umbruch war schon lange von nöten und wie bei allen Umbrüchen kommts zu Exzessen, Grenzen einreißen etc. Es obliegt eigentlich den "Nachfolgern" zu "prüfen und das gute behalten". Einer dieser postiven Impulse und Aussagen war sicher "Ich bin auch ein Individuum und habe auch Rechte nicht nur Pflichten", leider führt das auch viele in den Egoismus und aus den Rechten und Pflichten wird "Alle Rechte, keine Pflichten". Man will zwar alles dürfen, Verantwortung schiebt man aber auf die allgemeinheit. Genauso war es wichtig der Allgemeinheit im Bezug auf das Individuum Grenzen zu setzen, was aber wiederum nicht heißt das der Einzelne überhaupte keine Grenzen mehr beachten muß - so wie es leider teilweise gelebt wird.

Es gibt also meines erachtens viele positive und notwendige Impulse, aber man muß eine Revolution auch als solche betrachten und diese mal von den "Umkehrungen" dieser Ideen reinigen.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo jakob,

kurzgefasst:
Wer zur "68-er-Generation gehörte - also im Normalfall Ende des Krieges oder in der direkten Nachkriegszeit geboren wurde, war spätestens mit Anfang/Mitte 20 entweder ein mehr oder weniger gewalttätiger Student oder (ebenfalls mehr oder weniger) regelmäßig bekifft.

Sorry, aber ich kenne auch "68-er", die während der Jahre z.B. BWL oder Jura studierten, Mitglieder des CV oder KV waren, und schlicht und ergreifend absolut unauffällig.

Das die damalige Generation der Schüler und Studenten Wissen wollten, wie es im Nationalsozialismus war, und Klarheit haben wollten, ob und inwieweit die Generation ihrer Eltern in die Verbrechen des NS-Regimes verwickelt war, ist nur verständlich.

Und die gewalttätigen Studenten während der - teils berechtigten - Studentenproteste waren damals die Ausnahme.

Gruß, Pit

jakob hat geschrieben:(Vorweg: Das halte ich übrigens für ein Kennzeichen der 68er-Bewegung: Der absolut gesetzte Relativierungswahn, eigentlich klare Begriffe aufzuweichen und so zu Umdefinitionen zu gelangen.
Eine genaue Definition der 68er Bewegung ist natürlich nicht möglich, da ihr eigentliches Kennzeichen war, dass sie selber nicht so genau wussten, was sie eigentlich wollten. Schon eher, was sie nicht wollten, und das haben sie zum Teil mit Gewalt versucht durchzusetzen (z.B. Spontiszene).
Ein anderer Strang war eigentlich die ganze Zeit über bekifft und hat sich Blümchen ins Haar gesteckt.
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jakob
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Beitrag von jakob »

@Pit: Der Begriff "68er" hat eine bestimmte inhaltliche Ausprägung und meint nicht alle, "die 1968 jung waren". Eigentlich trivial, aber es scheint ja nicht überall klar zu sein.

@Fioregraz
Etwas Positives kann ich bei den 68ern nicht ausmachen.
solch ein Umbruch war schon lange von nöten
Ich verstehe nicht warum. Klar, die 68er meinten das, und der Kult des Umbruchs wurde von ihnen a priori betrieben.
Einer dieser postiven Impulse und Aussagen war sicher "Ich bin auch ein Individuum und habe auch Rechte nicht nur Pflichten", leider führt das auch viele in den Egoismus und aus den Rechten und Pflichten wird "Alle Rechte, keine Pflichten".
Als ob das eine Erkenntnis der 68er gewesen sei. Klar, sie haben es immer wieder behauptet und es wurde uns so eingetrichtert. Aber das rechtsstaatliche Bewußtsein, welches eben Rechte und Pflichten umfasst, hat eine weitaus längere Tradition.
Man will zwar alles dürfen, Verantwortung schiebt man aber auf die allgemeinheit.
Das kann man durchaus als 68er-Leitkultur bezeichnen. Im wesentlichen bestand ihre "Kritik" darin, einen Schuldigen zu suchen (Das "System", die alten "Nazis", die "Reichen", die "Klugen", naja, eben die anderen) nur nicht bei sich selbst.
Genauso war es wichtig der Allgemeinheit im Bezug auf das Individuum Grenzen zu setzen, was aber wiederum nicht heißt das der Einzelne überhaupte keine Grenzen mehr beachten muß - so wie es leider teilweise gelebt wird.
Auch das ist ja eben keine Errungenschaft der 68er. Es ist ihr Kennzeichen, daß sie selber keine Grenzen akzeptieren, aber dem berüchtigten Feind Rechte absprechen (z.B. Hausbesetzer) und Grenzen vorsetzen, die sie in dieser Form selber nie gesetzt bekommen haben.
Es gibt also meines erachtens viele positive und notwendige Impulse
Ich sehe nichts Positives und nichts Notwendiges in der 68er Kultur. Das Positive, das sie sich auf die Fahne geschrieben haben, stammt aus anderen Quellen und war entweder schon längst Wirklichkeit, oder konnte eben ohne sie ganz normal verwirklicht werden. Ich spüre immer wieder, wie tief die 68er Ideologie in den Köpfen der jetzigen Generation verwurzelt ist. Dagegen war die Indoktrination der Nazigeneration geradezu harmlos. Die übelste Eigenschaft jener Zeit aber war die eigene völlige Kritikunfähigkeit - das Fehlen jener Eigenschaft, die zu doch eigentlich zu ihrem edelsten Werkzeug gehören sollte.
Wird es nicht endlich Zeit für eine Entachtundsechzigerfizierung?

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Die Antwort von Ewald Mrnka hat das Phänomen der 68er gar nicht schlecht beschrieben:
Die 68-er waren und sind das gemeinsame Produkt von Aufklärung und alliierter Umerziehung.
Mit ihrem Erscheinen & Wirken beginnt der leider unumkehrbare Niedergang Deutschlands und Europas.
Es war letztendlich die Auswirkung der sogenannten Frankfurter Schule, die nicht mehr daon überzeugt war, daß die Arbeiter eine Systemveränderung herbeiführen wollten. Stattdessen wandten sich die Vertreter der Frankfurter Schule, besonders die Herren Adorno, Marcus und Horkheimer, an die Studenten, die je nach Aufnahme und Verständnisfähigkeit deren Vorstellungen realisierten, und zwar mit dem Ergebnis, das heute zutage tritt.

Insofern gibt es keine positiven und notwendigen Impulse seitens der 68er.

ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Die Frankfurter Schule war sicher nicht die Ursache für die Dekadenz und den unaufhalsamen Niedergang. Sicher hat ihre Argumentation & Agitation den Zersetzungsprozeß begünstigt & beschleunigt - vielleicht könnte man ergänzen auf den Begriff gebracht.

Europa, der Westen, war bereits vor Adorno, Horkheimer & Konsorten angekränkelt und geschwächt.

Um 68 gab es in China die Kulturrevolution und das II. Vatikanum; man darf innere Zusammenhänge vermuten.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
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ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Die Frankfurter Schule war sicher nicht die Ursache für die Dekadenz und den unaufhalsamen Niedergang.
Nicht die Ursache, aber der letzte Anstoß zur endgültigen Zielrichtung.

ad_hoc
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Kurt
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Beitrag von Kurt »

Hat jemand gestern abend Bettina Röhl, Tochter von Ulrike Meinhoff, auf N-TV gesehen (oder schaut ihr sowas nicht?)?
Die Dame regt sich ja - was soll sie auch anderes tun - furchtbar über den Medienrummel um die Freilassungsdiskussionen von Mohnhaupt und Klar auf. Sie sprach das Thema "Sympathie" an, welche von einer gewissen Zahl Deutscher für die Terroristen der 68er Bewegung empfunden wurde und wird.
Aber kann das wirklich verwundern? Aus den 68er Aktivisten sind Terroristen einerseits, Bundestags- und Europaabgeordnete andererseits geworden. Ein gerüttelt Maß an Ideologie ist heute Recht und Gesetz.

Auch wenn die einen die Methoden der anderen ablehnen: Hat man nicht für gemeinsame Ziele gekämpft, und steht man sich dann nicht geistig näher als dem gemeinsamen Feindbild?

Wie seht ihr das?

Hypatia
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Die 68er

Beitrag von Hypatia »

"auch wenn die einen die Methoden der anderen ablehnen: Hat man nicht für gemeinsame Ziele gekämpft, und steht man sich dann nicht geistig näher als dem gemeinsamen Feindbild?"
Zweifelsohne, nur kämpft jeder mit denen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, leider.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Biggi raus, Danni rein in’n Bau.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Pit
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Beitrag von Pit »

Ist das nicht etwas zu klischeehaft?
War jeder, der sich als Student in den 60-er Jahren für bessere Studiensituationen eingesetzt hat, ein potentieller Terrorist?
Ich kenne einige Menschen, die damals Schüler oder Studenten waren, und die RAF abgelehnt haben.
Mit der selben Argumentation könnte man sagen, daß jeder Corpsstudent, jeder Verbindungsstudent rechtsradikal oder zumindest "deutschnational" denkt, nur weil viele - nicht alle - Burschenschaftler so denken.

Gruß, Pit
Kurt hat geschrieben:
Auch wenn die einen die Methoden der anderen ablehnen: Hat man nicht für gemeinsame Ziele gekämpft, und steht man sich dann nicht geistig näher als dem gemeinsamen Feindbild?

Wie seht ihr das?
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Kurt
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Beitrag von Kurt »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Biggi raus,
;D
Danni rein in’n Bau.
:roll:

Wenn's danach ginge, wäre die Liste lang, und die Bauten voll.
Pit hat geschrieben: War jeder, der sich als Student in den 60-er Jahren für bessere Studiensituationen eingesetzt hat, ein potentieller Terrorist?
Hat doch keiner gesagt. Aber die Ideologie ist die gleiche!

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Pit
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Beitrag von Pit »

Also vertaten damals Studenten, die mit friedlichen Mitteln (Flyern, friedlichen ! Demos, Aktionen an der Uni etc.) auf schlechte Studienbedingungen aufmerksam machten, die selbe Ideologie (wenn es denn eine war), wie die RAF-Terroristen, die Bomben legten und "das System" - gemeint war die Demokratie der Bundesrepublik - abschaffen wollten?

Da habe ich meine Zweifel.

Gruß, Pit
Kurt hat geschrieben:
Hat doch keiner gesagt. Aber die Ideologie ist die gleiche!
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ar26
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Re: Die 68er

Beitrag von ar26 »

jakob hat geschrieben: Die Zeit muss grauenvoll gewesen sein, und zum Teil ist sie es wohl auch heute noch. Aber wie das im Gruselkabinett so ist: Ich finde es auch faszinierend; eben weil ich mir kaum vorstellen kann, dass Menschen wirklich so bekloppt sind.
Kennt jemand noch weitere Zeitzeugnisse jener verlorenen Jahre?
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Linus
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Beitrag von Linus »

Pit
1.) Heißt das Burschenschafter ohne "l" -so wie es auch Kreuzgänger oder besser Kreuzgangster heißt
2.) Es ging nicht zuvorderst um die Studienbedingungen, sondern um die gesellschaftliche Umwälzung (ja den Abgrund runter) wo am damals noch nicht sichtbaren Horizont die Leute von Kirche von unten lauerten
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pierre10
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Die 68er

Beitrag von pierre10 »

Viel wird zur Zeit geschrieben über die 68er. Ich war damals Mitte 30, also zu alt um dazuzugehören, aber aufmerksam genug, um mir meine Gedanken zu machen. Viele unter Euch können sich nicht vorstellen, warum es zu dieser Bewegung kam. Nach dem Krieg hat die Väter und Müttergeneration erst mal wieder alles aufbauen müssen, Es ging um Essen, nach den Hungerzeiten, um Dach überm Kopf, um Beruf und Berufung, da war leine Zeit für Revolution. Die Kinder dieser Generation waren vielleicht nicht vernachlässigt, aber die Eltern hatten meist nur wenig Zeit, sich um die Kinder, und es gab viele Kinder, zu kümmern.

Diese 68er Bewegung hat die Eltern völlig überrascht, denn wie sie immer sagten: Das haben wir ja alles auch für Euch gemacht. Wobei niemand die Kinder fragte, ob sie das auch wollen (heute auch nicht)

Es ist sinnlos, heute über den Nutzen oder den Schaden dieser Zeit zu lamentieren, es gehört einfach zu unserer Geschichte, und damit müssen wir leben.

Wie immer können wir die Geschichte loben oder verteufeln, ändern können wir sie zum Glück nicht.

Pierre
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Raphael

Re: Die 68er

Beitrag von Raphael »

Pierre hat geschrieben:........., ändern können wir sie [die Geschichte] zum Glück nicht.
Und das ist auch gut so! :P
Denn sonst hätten die 68-er auch noch die leibliche Auferstehung Christi abgeändert ..................

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Im NDR kam am Dienstag abend ein interessanter norwegischer Film mit dem Titel "Gymnasiallehrer Pedersen", der etwas überspitzt herausgearbeitet hat, worum es jungen Leuten damals ging: Im wesentlichen "Dazugehören". Dafür wurde absurdes gut gefunden, und um sexuellen Trieben nachgeben zu dürfen, wurden skurrile Begründungen gesucht. Ein einziger Selbstbetrug. Ich empfehle den Film, denn er bringt einiges auf den Punkt, und ist kreativ gemacht.

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pierre10
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Re: Die 68er

Beitrag von pierre10 »

Raphael hat geschrieben:
Pierre hat geschrieben:........., ändern können wir sie [die Geschichte] zum Glück nicht.
Und das ist auch gut so! :P
Denn sonst hätten die 68-er auch noch die leibliche Auferstehung Christi abgeändert ..................
Haben sie, in ihren Herzen.....

Pierre
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Linus
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Beitrag von Linus »

GASTKOMMENTAR VON DETLEF KLEINERT hat geschrieben:Der verlogene Anspruch der 68er (Die Presse)

„Die 68er“, das steht heute für jene Funktionärskaste, die Sozialismus meinte, wenn sie von Liberalität sprach, die (kommunistische) Diktatur meinte, wenn sie von Freiheit sprach, die Terror meinte, wenn sie von Humanität sprach.

Über die 68er zu schreiben, das bedarf für mich einiger Vorbemerkungen. Zunächst waren sie mir suspekt einer Äußerlichkeit wegen: ihre schmuddelige Kleidung, ihre ungepflegte Erscheinung und das Gebrüll ihrer Demonstrationen fand ich von vornherein ziemlich widerwärtig.

Auch die Tatsache, dass keine Generation vorher so verbiestert, so muffelig, so humorlos war, hat mich abgestoßen. Dazu kamen dann auch noch Palästinensertücher als Ausdruck von Gesinnung – Antisemitismus habe ich damals schon für eine Form politischer Perversion gehalten. Und schließlich ihr politisches Weltbild, das sie – wortwörtlich – vor sich hertrugen, mit Plakaten der Mordgesellen Lenin, Stalin, Mao, Ho Chi Minh, Pol Pot. Und natürlich von Marx, dem Begründer des staatlichen Totalitarismus.Weiter
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Beitrag von Kurt »


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overkott
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Beitrag von overkott »

Ich habe am Sonntag dazu ausschnittsweise eine interessante Talkrunde gesehen. Die 68-er sind heute ein Rentner- und Rententhema. Die Ewig-Gestrigen rechter und linker Provenienz lassen Selbstkritik am ideologisch bemäntelten Egoismus der 68-er vermissen. Es ist richtig, dass Wirtschaftswunderkinder damals den Kopf voller verrückter Ideen und Träume hatten. Mit Pillen und Ideologien vernebelten sich viele die Köpfe. Der ideologisch kaschierte Egotrip bereitet heute besondere Kopfschmerzen. Konservative sind ganz pragmatisch im Kielwasser der 68-er mitgeschwommen.

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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Zu den 68.

Vielleicht war ich damals schon zu alt, Familienvater und Unternehmer und konnte mich mit den Thema nicht identifizieren. Aber mir scheint, dass jede "Revolution", und sei sie noch so klein, immer irgend etwas verändert. Und diese Änderungen bringen uns (meistens) vorwärts.

Pierre
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Pierre hat geschrieben:Zu den 68.

Vielleicht war ich damals schon zu alt, Familienvater und Unternehmer und konnte mich mit den Thema nicht identifizieren. Aber mir scheint, dass jede "Revolution", und sei sie noch so klein, immer irgend etwas verändert.
Darf ich Dir zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis gratulieren? Wieso sollte man etwas Revolution nennen, wo sich nichts verändert?
Und diese Änderungen bringen uns (meistens) vorwärts.
Ja, zweifellos haben auch Hitler, Lenin, Mao und Pol Pot etwas vorwärts gebracht. Ich assoziiere vorwärts jedoch nicht automatisch mit gut.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Ist Stagnation denn automatisch gut?
Ich habe auf jeden Fall bizarre Erfahrungen mit Ex-68ern gemacht. Häufig verbohrter als Spießer und sehr streng.
Aber gibt überall solche und solche.

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pierre10
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Beitrag von pierre10 »

Sicher gab es Revolutionen, die misslangen und sich anschließend nicht veränderte.

Und ich finde es nicht korrekt, nur die negativen Revolutionen aufzuführen. Die französischen Revolution hat ganz Europa einen riesigen Sprung nach vorne machen lassen.

Und solch eine Revolution hat Deutschland immer gefehlt, 1848 war nicht ausreichend.

Pierre
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