Nietenolaf hat geschrieben:Wie wäre es mit einer sachlichen Auseinandersetzung damit, was dieser Mann im oben verlinkten Interview gesagt hat?
Aber nur weil Weihnachten ist und ich es nicht mitansehen kann wie Brüder irren. Freiwillig würde ich von Bülow nicht lesen. Ich beziehe mich auf das von Robert angeführte Interview
(hier).
Vorweg: Ich habe von Bülows Buch nicht gelesen und beabsichtigte dies – mein mentales Wohlergehen vorausgesetzt – auch nicht. Wie von Bülow kann ich nur aus allgemein zugänglichen Quellen schöpfen.
Das Interview mit von Bülow ist ein Sammelsurium von Verdächtigungen, Eitelkeiten, Antiamerikanismus und Behauptungen,
für die er nicht einen einzigen Beweis anführt. So geriert er sich als von Däniken der Verschwörungstheoretiker des Elften September: Immer fröhlich drauflosbehaupten. Wenn ich bedenke, dass dieser Mann einmal Bundesminister war, wird mir heute noch schlecht.
Aus den Behauptungen und Schlussfolgerungen, die von Däniken, hier in der Rolle von Bülows, anführt, greife ich wahllos drei Punkte heraus. Weitere Argumente finden sich in den unten angegebenen Links. Notabene: auch für Euch hätte es nur einiger Klicks bedurft, um der Wahrheit näher zu kommen.
1. Die CIA wurde von anderen Geheimdiensten gewarnt und wusste Bescheid.
Die Amerikaner sollen bis zur Tat völlig ahnungslos gewesen sein und brauchten hinterher keine 48 Stunden um der Welt die Täter zu präsentieren? Das ist unglaubwürdig!
Gegenargumente:
Ich frage mich, weshalb dies ein Argument für die Täterschaft der USA sein soll. Sei's drum.
Es ist wahr, dass die verschiedenen amerikanischen Dienste Informationen über die Attentäter hatten. Es ist wahrscheinlich (es gibt keine Beweise, weshalb Bülow sie auch nicht vorlegt!), dass Mossad und BND die USA bereits über möglicherweise bevorstehende Flugzeugentführungen (sic!) informiert haben. Richard Clarke, der Terrorexperte der US-Regierung erhielt laufend Warnungen, weshalb sich die US-Regierung zwar am 4. September damit beschäftigt hat, jedoch keine Entscheidung traf.
Das Problem ist, dass diese Einzelteile des Puzzles vor dem Anschlag nicht zusammengesetzt wurden, was bei der Größe der Dienste und ihrem Konkurrenzverhalten untereinander kein Wunder ist. Dies bestätigt von Bülow in dem Interview selbst:
Das Grauen des 11. September ist ein GAU der amerikanischen Dienste. Insgesamt gibt es 26 an der Zahl, und sie stehen in Konkurrenz zueinander. Man kann sich schon vorstellen, daß Nicht-Zyniker an diesem Wirrwarr und Chaos verzweifeln. Wer seinem Staat Terroranschläge vermeiden helfen will, findet sich in einem Sumpf sondersgleichen wieder.
Im Nachhinein lassen sich die verschiedenen Informationen in Relation zur Tat setzen und das Puzzle ist zusammengefügt. Um diese Schwäche zu beheben und für die Zukunft solche Fehler zu vermeiden wurde das
Department of Homeland Security geschaffen. Geheimdienste schwimmen in Informationen, die Trägheit der Bürokratie verhindert meist eine schnelle Reaktion.
Da die Täter, den sicheren Tod vor Augen, sich nicht mühten, ihre Spuren vorsorglich zu verwischen war die anschließende Rekonstruktion und Identifikation kein allzugroßes Problem. Es ist geradezu ein Typikum für Selbstmordattentäter, die Nachwelt auf sich aufmerksam zu machen. Diesen Ruhm möchte man noch mitnehmen!
Hinzu kommt, dass die amerikanischen Dienste in den Tagen nach 9/11 fast ausschließlich mit dem Fall befasst waren.
Das Konzept der Terroristen war neu, weshalb die verschiedenen Informationen vorher einem bestimmten „Masterplan“ nicht zugeordnet werden konnten.
2. Die Terroristen hatten nicht die nötigen Flugkenntnisse um derart schwierige Manöver durchführen zu können.
Auch dies ist nur eine Behauptung. Von Bülow legt keine Beweise vor.
Gegenargumente:
Tatsache ist, dass Technik-Studenten erfolgreich eine Flugausbildung bis zum Berufspiloten einer Boing (757/767) durchliefen.Sie konnten an professionellen Simulatoren üben.
Die Alternativen wären entweder, dass CIA-Agenten für einen abstrusen konspirativen Plan der US-Regierung die Flugzeuge geflogen und ihr Leben geopfert hätten (was absurd ist!), oder dass die Flugzeuge ferngesteuert wurden. Eine Fernsteuerung ist bei derartig großen Flugzeugen über längere Zeit (leider!) noch nicht möglich, ebensowenig übrigens wie die letzte Korrektur der zweiten Maschine kurz vor dem Aufprall (auf Videoaufnahmen deutlich zu sehen). Zudem: Wäre ahnungslosen Piloten die manuelle Steuerung durch Fernsteuerung entzogen worden, hätten sie diesen Defekt den zivilen Flugüberwachungsstellen gemeldet.
3. Durch Insidergeschäfte machten Aktienspekulanten horrende Gewinne.
Vor 9/11 wurden Aktien teuer verkauft, das Geschäft und damit die Bezahlung wurde aber erst nach dem Anschlag wirksam. Die Spekulanten konnten sich nun die Aktien zum Crash-Kurs wieder kaufen und strichen die Differenz als Gewinn ein. Von Bülow nennt z.B. die Aktien der beiden betroffenen Fluggesellschaften. Dies lässt darauf schließen, dass es Menschen gab, die vorher Kenntnis von den Attentaten hatten.
Gegenargumente:
Es ist zu fragen, ob ein absolut geheimer Plan bis zu Aktienspekulanten Kreise ziehen kann, die darüberhinaus auch noch die Chuzpe besitzen, daraus Kapital zu schlagen, und dieser Geheimplan trotzdem nicht der Öffentlichkeit bekannt wird.
Von Bülow nennt hier wieder einmal keinerlei Beweise. Er kann nicht angeben, wer die Aktienspekulanten sind.
Die Kursverläufe der beiden Fluggesellschaften „United Airlines“ und „American Airlines“ verliefen unauffällig.
Von Bülow ruft nach den amerikanischen Finanzfahndern, die „routinemäßig Spekulationen auf künftige Terrorereignisse zur Gewinnung von Hinweisen auf Attentate“ erfassen. Der Abschlussbericht der US Securities and Exchange Commission liegt hier
http://www.sec.gov/news/press/24-98.htm vor.
Sie schreibt u.a.:
On Sept. 12, 21, the Securities and Exchange Commission began an investigation to determine whether there was evidence that anyone who had advance knowledge of the terrorist attacks on September 11 sought to profit from that knowledge by trading in United States securities markets. In the course of that review, we did not develop any evidence suggesting that anyone who had advance knowledge of the September 11 attacks traded on the basis of that information. In the course of our investigation, we examined more than 9.5 million securities transactions that took place during the weeks preceding September 11.
Täglich finden weltweit unendlich viele Aktientransaktionen statt. Aktienkurse steigen, Aktienkurse fallen. Die Verschwörungtheoretiker picken sich nur diejenigen Transaktionen heraus, die sich in ihr Weltbild fügen. Gegenbeispiele (wie z.B. die Münchner Rück) werden ausgeklammert.
Es reicht. Von Bülow führt nicht einen Beweis an. Die angegebenen „Argumente“ sind keine, sondern schlichte Behauptungen. Das Argumentationssystem ist nicht konsistent.
Grundsätzlich gefragt: Wäre es von Seiten der CIA möglich gewesen, einen Anschlag von der historischen Dimension des 9/11 zu inszenieren, anschließend die Öffentlichkeit und die Untersuchungskommissionen zu täuschen ...? Vertuschung und Irreführung wurden schon einmal versucht: Bei den Anschlägen in Madrid durch die Regierung Aznar. Aznar scheiterte kläglich.
Offenkundiges Versagen der Sicherheitsbehörden an verschiedenen Punkten wird im Nachhinein gedeutet als aktives Unterlassen und als Trick der Dienste. Diese Argumentation ist ein nicht zulässiger Zirkel, der Verschwörungstheoretiker geht sich selbst auf den Leim.
Cui bono? Weshalb sollte eine solche Aktion durchgeführt worden sein? Um das Feindbild Islamismus aufzubauen? Das bestand bereits vorher. Um Argumente für ein Vorgehen gegen Afghanistan in Händen zu halten? Das hätte man billiger haben können. Die Herrschaft der Taliban war bereits Argument genug. Niemand in der CIA würde sich deshalb in die Gefahr eines derartigen Anschlags begeben.
Quellen
Eine Zusammenstellung von Informationen, Links, Argumenten ... findet sich im Internet:
Das Biologie Wiki
Wikipedia
Ralf Kellerbauer
The 9/11 Commission Report des US-Senates
Ich habe mich bei diesen Adressen schamlos bedient ohne im Einzelnen die Bezüge zu kennzeichnen. Ein Besuch lohnt sich allemal, wobei Biologie Wiki und Wikipedia inhaltlich starke Kongruenzen aufweisen.
Ich weiß, Ideologen und Süchtigen ist mit Vernunft nicht beizukommen. Die Weihnachtstage, amici veritatis, wären aber eine gute Zeit, Vernunft anzunehmen.
Und nun lasst mich mit Eurem Polit-Kindergarten bitte in Frieden!