Der Stern von Bethlehem und die Magoi

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Clemens
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Der Stern von Bethlehem und die Magoi

Beitrag von Clemens »

Guten Abend!

Was haltet Ihr eigentlich vom Stern von Bethlehem?
Welcher Deutungstheorie hängt Ihr an (Begründung?)?

Kepler?
Ferrari d'Ochieppo?
....?

ieromonach
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Die Kanzel

Beitrag von ieromonach »

Lieber Clemens,
der "Stern von Bethlehem" hat mit Astronomie usw. nichts zu tun. Er erschien nur den Magiern als Zeichen, dehalb sind alle wissenschaftliche Deutungen sinnlos. Niemand sonst als die "Magier" (hier in Deutschland redet man von "den Weisen" bzw. den "hl. drei Königen) hatten das Gnadengeschenk den Stern als Wegweiser sehen zu dürfen.


+P. Theodoros

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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Du glaubst, dass nur die Magier den Stern sahen?

Diese Auffassung finde ich sehr problematisch.

Ich finde die astronomische Deutung von Konradin Ferrari d'Ochieppo recht beeindruckend, allerdings verstehe ich nicht, wie man nach 2000 Jahren Zodiakallicht rückwirkend errechnen kann.

Aber vielleicht weiß das jemand von euch?


Die Keplersche Interpretation kommt mir dagegen reichlich konstruiert vor, oder weiß von euch jemand, wieso Saturn der Planet der Juden und auch die Fische das Sternbild der Juden sein sollen?
(Jupiter als Königsstern kann ich noch einsehen.)

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Edi
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Beitrag von Edi »

Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Clemens hat geschrieben:Die Keplersche Interpretation kommt mir dagegen reichlich
konstruiert vor, oder weiß von euch jemand, wieso Saturn
der Planet der Juden und auch die Fische das Sternbild der
Juden sein sollen?


Das behauptet so doch gerade Ferrari d'Ochieppo. (Was ich
gleichfalls nicht nachvollziehen kann.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Ralf

Beitrag von Ralf »


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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich fang’ mal anders an. – Als relativ gesichert kann wohl der 7. April 30
als Todestag Jesu angenommen werden. Wenn ich weiterhin annehme,
daß der Herr bei seiner Kreuzigung, wie es die Tradition weiß, dreiund-
dreißig Jahre alt war und daß der 25. Dezember tatsächlich sein Geburts-
tag ist (was natürlich nicht gesichert, auch nicht zu glauben nötig, aber
immerhin doch möglich ist), dann muß er am 25. Dezember 5 v. Chr.
nach heutiger Zählweise geboren sein.

Bald nach Mariens Niederkunft muß die Heilige Familie aus der Bethle-
hemiter Höhle in ein besseres Quartier am Ort gezogen sein, wie uns
Matthæus lehrt (2,11); dort huldigten die Weisen dem neugeborenen
König. Jedenfalls hatte die Heilige Familie Bethlehem noch nicht verlas-
sen, einerseits vermutlich, weil Josephs den Steuerlisteneintrag zu erle-
digen hatte, was nicht im Nu geschehen war, dann mußte unterdessen
der Junge beschnitten werden und war darauf sicher nicht sogleich rei-
sefähig, und schließlich konnte man dann auch noch bis zum vierzig-
sten Tag warten, um beim Tempel das Reinigungsopfer der Mutter dar-
zubringen.

Bei Lucas hören wir nur von der anschließenden Rückkehr nach Naza-
reth, durch Matthæus aber erfahren wir den Besuch der Weisen und die
Flucht nach Ägypten. Wenn also jedenfalls die Heilige Familie die Jeru-
salemer Gegend gleich nach dem Reinigungsopfer verlassen hat, dürfte
der Besuch der Weisen in der Zeit zwischen der Beschneidung am 1. Ja-
nuar und dem Tempelopfer am 2. Februar stattgefunden haben, zum
Beispiel am 6. Januar. Herodes hätte dann allmählich gemerkt, daß die
Weisen nicht, wie er gewünscht hatte, zu ihm zurückkehrten, und seine
Häscher auf den Weg geschickt. Joseph wurde im Traum gewarnt und
ging, statt nach Nazareth, mit Maria und dem Kinde nach Ägypten.

Nun starb Herodes bereits knapp sechs Wochen später.Das macht die
Zeit für den Aufenthalt der Heiligen Familie in Ägypten etwas knapp.
Zwar mag der Engel sich sicherheitshalber etwas Zeit gelassen haben,
bevor er Entwarnung gab, und Joseph mag sich auch mit der Rückkehr
Zeit gelassen haben. Andererseits ist der Geburtstermin am 25. Dezem-
ber doch nicht sicher, er könnte auch früher liegen. Ja, auch das „Voll-
alter Christi“ von 33 Jahren ist wohl kaum als sicheres Glaubensgut an-
zusehen, als historisch-kritisch gesichert erst recht nicht. Es könnte also
sogar das Geburtsjahr bereits 6 oder 7 v. Chr. sein.

Das verbreitert Zeitrahmen, innerhalb dessen man astronomische Phä-
nomene suchen könnte, welche als „Stern von Bethlehem“ zu deuten
wären. Die dreifache Juppiter-Saturn-Konjunktion im Jahre 7 freilich er-
scheint mir problematisch. Denn die Weisen haben Jesum jedenfalls be-
reits kurz nach dessen Geburt getroffen, wie aus oben skizzierter Chro-
nologie erhellt. Da Herodes aufgrund der Angabe der Weisen, wann sie
den Stern »im Osten« zuerst gesehen hatten, beschließt, alle Jungen bis
zum Alter von zwei Jahren töten zu lassen, muß der Stern den Weisen
in deren Heimat bereits an die zwei Jahre vor ihrem Eintreffen in Judæa
erschienen sein.

Damit scheiden auf ein einziges Jahr beschränkte Phänomene aus. So-
weit ich sehe, gilt das für alle bisherigen Theorien, die an konkrete, hi-
storisch überlieferte oder errechenbare astronomische Erscheinungen
anknüpfen. Das führt uns dazu, Hieromonachs Überlegungen aufzu-
nehmen:
der "Stern von Bethlehem" hat mit Astronomie usw. nichts zu tun.
Er erschien nur den Magiern als Zeichen, dehalb sind alle wissen-
schaftliche Deutungen sinnlos. Niemand sonst als die "Magier" (hier
in Deutschland redet man von "den Weisen" bzw. den "hl. drei Kö-
nigen) hatten das Gnadengeschenk den Stern als Wegweiser sehen
zu dürfen.
Allein recht überzeugen kann das auch nicht. Weshalb dann überhaupt
„Weise“, Sternkundige von morgenländischen Königshöfen? Und wie
hätten sie ihre Expedition daheim begründet? Denn als reine Privatiers
waren sie doch wohl eher nicht unterwegs.

Nein, was sie zwei Jahre zuvor beobachtet hatten, muß schon ein wirk-
liches Himmelsphänomen gewesen sein, das auch andere sehen konn-
ten. Und es muß, als sie endlich in Judæa eintrafen, erneut aufgetreten
sein. Es braucht aber keins zu sein, das wir kennen oder zu errechnen
in der Lage sein müßten. Jedenfalls nicht notwendigerweise. Es muß
aber eins sein, das bemerkenswert genug war, von den Sternkundigen
(freilich nicht von jedem Hans-kuck-in-die-Luft) als Zeichen eines ganz
extraordinären Ereignisses gedeutet zu werden.
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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Vielen Dank schonmal für eure Kommentare.
Ich habe auch den Wikipedia-Artikel gelesen und muss jetzt erstmal "klären".

(z.B.: wie kommt Ptolemäus zu der Aussage, das Haus des Herodes sei vom Widder regiert??? Kriegt jede popelige Provinzdynastie ein eigenes Sternbild?? Von wem??)

Weitere Argumente sind mir aber weiterhin hochwillkommen!

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overkott
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Beitrag von overkott »

Wirklich sehr informativ, Robert.

Germanus
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Beitrag von Germanus »

Informativ finde ich diese Theorien auch allesamt, nur meine ich, dass sie wissenschaftlich belegen wollen, was nicht wissenschaftlich belegt werden kann. Bei solchen Zeichen (wie z.B. dem Stern von Bethlehem), von denen es mehrere in der Hl. Schrift gibt, geht es um Dinge, die über jeder Wissenschaftlichkeit stehen.
Herzl. Gruß, Germanus

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overkott
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Beitrag von overkott »

Auch wenn man berechtigterweise die Bibel als beste theologische Literatur betrachtet, kommt auch bei der biblischen Exegese der Methodenpluralismus zum Zuge.

Nur darf man vor lauter Nebenaspekten, den exemplarischen, katechetischen und ethischen Schriftsinn nicht übersehen.

Im Grunde ist die astronomische Betrachtung eine historisch-kritische Methode, die am Wortsinn der Schrift orientiert ist und dabei hilft, die Motivherkunft der Weihnachtsgeschichte zu erhellen. Von geringem Wert ist sie jedoch für die christologische Hermeneutik.

Der exemplarische Schriftsinn bezieht sich vor allem auf Jesus Christus als den exemplarischen Sohn Gottes und Ebenbild Gottes, der katechetische Schriftsinn führt den Himmel des Glaubens vor Augen, der ethische Schriftsinn macht deutlich, was wir machen sollen.

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overkott
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Re: Der Stern von Bethlehem und die Magoi

Beitrag von overkott »

Clemens hat geschrieben:Guten Abend!

Was haltet Ihr eigentlich vom Stern von Bethlehem?
Welcher Deutungstheorie hängt Ihr an (Begründung?)?

Kepler?
Ferrari d'Ochieppo?
....?
Der Stern von Bethlehem ist der Stern der Erleuchtung. Die Weisen aus dem Morgenland folgen diesem Stern und kommen zur Krippe. Sie finden die Weisheit in der Erbärmlichkeit und in der Schwachheit des Kindes von Bethlehem. Dieses Kind ist für sie der auserwählte König: unendlich viel kleiner als David bei seinem Sieg über Goliath, unendlich viel größer als David bei seiner Krönung. Dieses Kind ist der Gesalbte, der Christus. Sie haben die Weisheit erkannt, erweisen dem Kind der Weisheit die Ehre und ziehen in seinem Frieden ihrer Wege.

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overkott
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Re: Der Stern von Bethlehem und die Magoi

Beitrag von overkott »

Ich gebe zu, das ist eigentlich erst was für den 6. Januar.

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