Overkott hat geschrieben:Betrachten wir dazu das höchste Sein als principium paternitatis, als Urheber des Lebens, den wir als Gott den Vater unser verehren. Gott erweist sich als Urheber des Lebens, indem er die zweite Person hervorbringt und sie mit Atem belebt. Das ist mit Zeugung und Hauchung ausgedrückt. Die zweite Person lebt, weil sie den Geist des Vaters haucht.
Die zweite Person ist nicht „hervorgebracht“, sondern „gezeugt“. Schon gar nicht wird die zweite Person, der Sohn, der Logos, »mit Atem belebt«. Das ist ja völlig absurd. Der Mensch wird »mit Atem belebt«, ihm wird Lebensgeist eingehaucht. Gott lebt als Gott und wird nicht erst „belebt“.
Overkott hat geschrieben:Wie aber können wir den Geist personal verstehen? Bonaventura sagt: Wenn es eine nicht hervorgebrachte, aber hervorbringende Person gibt, eine hervorgebrachte und nicht hervorbringende, dann - was fehlt? - eine mittlere Person, die hervorgebracht ist und hervorbringt.
Fundstelle? – Im übrigen ist der Satz bar nachvollziehbaren Sinns.
Overkott hat geschrieben:Diese Logik ist nicht zwingend, sondern einfach umwerfend. Bonaventura sagt selbst: Diese Wahrheit ist nur in dem Geist verständlich, in dem die Engel, die Propheten und die Philosophen für wahr halten, was sie sagen.
Darin ist weder zwingende noch umwerfende Logik, sondern überhaupt keine. – Wiederum: Fundstelle?
Overkott hat geschrieben:Wenn also der Sohn den Lebensgeist des Vaters haucht und seinen Lebensgeist dem Vater wieder in die Hände legt, haben wir das filioque erwiesen.
Gott ist Geist und braucht keinen zusätzlichen „Lebensgeist“. Gott haucht sich auch weder absolut noch von Person zu Person „Lebensgeist“ zu, noch legt eine Person solchen „Lebensgeist“ wieder zurück in die Hände einer andern Person. – Sollte es möglich sein, daß du hier im Hinterkopf noch den Ausruf Jesu von Nazareth hast: »Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist« (Lc 23,46)? – Dann verwechselst du aber gewaltig Gottheit und Menschheit Jesu. An jener Stelle geht es – ich wiederhole mich – um das Sterben Jesu Christi seiner Menschheit nach. Was er „aushaucht“, ist seine menschliche Seele, die geistbegabte, gottebenbildliche Seele oder „Geistseele“, die »Form des Leibes«, also das, was unsern Leib lebendig macht, im Unterschied zur tierischen Seele aber auch „gottfähig“. Jene Seele, die er gleich dir und mir hatte, der er – mit Ausnahme der Sünde – in allem uns gleich war.
Overkott hat geschrieben:Also trinitarisch-theologisch hat Christus keine zusätzliche menschliche Geistseele. Denn der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft und sie empfing vom Heiligen Geist. Also mit der Empfängnis kam der Heilige Geist als Seele auf Jesus herab, den er am Kreuz aushauchte.
„Trinitarisch-theologisch“ hat der Logos überhaupt nichts „zusätzlich“, keine Seele, keinen Geist oder was auch immer. In der Inkarnation aber hat der ewige Logos sich auf immer mit der menschlichen Seele Jesu verbunden, und zwar im Augenblick ihrer Erschaffung. Das ist jener geheimnisvolle Vorgang, den die kirchliche Tradition die „hypostatische Union“ nennt.
Als der Engel des Herrn Maria die Botschaft brachte und sie vom Heiligen Geist empfing, kam der Heilige Geist nicht auf Jesum herab, sondern er „überschattete“ dessen Mutter Maria. Dadurch empfing sie, ohne einen Mann zu erkennen.
Der Heilige Geist kam und kommt auch nicht „als Seele“ herab, weder auf Jesum noch auf sonstwen, er ist auch nicht die „Weltseele“ oder was immer sich einer noch Seelisches ausdenken mag. Überhaupt ist völlig unerfindlich, was deine Ausdrucksweise eigentlich bedeuten soll.
Der Heilige Geist kam herab auf Jesum Christum, den wahren Gott und wahren Menschen, bei dessen Taufe im Jordan, sichtbar für den Täufer Johannes.
Abstrus die Vorstellung – um es erneut zu sagen –, Jesus habe am Kreuz den Heiligen Geist „ausgehaucht“. Nein, er ist gestorben. Das heißt: die Seele trennt sich vom Leib.
Raphael hat geschrieben:Mir stellt sich das in Rede stehende Verhältnis eher so dar, daß die Geistseele des Menschen Jesus mit dem Hl. Geist derartig innig vereint ist, daß man keine Unterscheidung vornehmen kann.
Die menschliche Geistseele Jesu ist nicht mit dem Heiligen Geist, sondern mit dem Logos »unvermischt, unwandelbar, ungeteilt und unscheidbar« durch Einung der Person („hypostatische Union“) verbunden.
Nun plötzlich ununterscheidbar mit dem Heiligen Geist verbunden? Was ist das für eine abwegige Privattheologie? Welchen Sinn soll das überhaupt haben? Ist der Logos noch im Spiel – oder außen vor? Wenn noch dabei, sind dann neuerdings konsequenterweise Sohn und Heiliger Geist nur noch eine Person? Wird die Trinität zur Binität eingedampft?
Mit Verlaub, das ist wirres Zeug, völlig unausgegoren, und es wirft die ganze Christologie der alten Konzilien über den Haufen – tatsächlich nicht zugunsten einer neuen Theologie oder Lehre, sondern bloß um einen Haufen wirrer Ideen zu produzieren.
Overkott hat geschrieben:So wird auch verständlich, daß der Vater den Sohn im Heiligen Geist schon von Ewigkeit her gezeugt hat und ihn mit dem Heiligen Geist beseelt hat. Raphael hat den Zusammenhang von Seele und Geist völlig richtig angesprochen. Denn der Heilige Geist ist nicht nur die Seele Gottes, sondern auch das gehauchte Wort, mit dem sich der Vater im Sohn offenbart und erklärt.
Der Vater hat den Sohn von Ewigkeit her gezeugt; aber was soll das heißen: »im Heiligen Geist«? – Der Vater zeugt nicht aus Willkür noch Notwendigkeit, sondern von Natur wegen.
Der Sohn ist vom Vater gezeugt: Gott von Gott. Gott ist Geist. Wie sollte Gott der „Beseelung“ bedürfen? Wie sollte er „beseelt“ werden können? – Welch ein Unsinn. Das ist wahrhaft lästerlich, denn so wird Gott auf die Ebene eines Geschöpfes gestellt.
Weiter, wie sollte Gott selbst durch sich selbst jemanden oder etwas beseelen? – Gott beseelt das Geschöpf mit geschöpflicher Seele, aber er ist keine Seele und gibt sich nicht als Seele, auch nicht als Seele seiner selbst.
Wenn der Heilige Geist als „Seele“ bezeichnet wird, so ist das zulässig nur in jenem übertragenen Sinn, daß wir ihn die „Seele der Kirche“ nennen, weil er gemäß der Verheißung und seit ihrer Erfüllung am fünfzigsten Tage nach der Auferstehung des Herrn, als er auf die Jünger herabkam, in der Kirche wirkt und sie leitet.
Overkott hat geschrieben:Lieber Robert, wir nehmen an, dass du das Konzil von Kalkedon nicht in Frage stellst, was Präexistenz, Wesensgleichheit und Doppelnatur anbelangt.
Raphael hat die unvermischte und ungetrennte Einheit der beiden Naturen von Geist und Seele Jesu Christi sehr klar zum Ausdruck gebracht.
Traditionsgemäß verstehen wir den Heiligen Geist als das gehauchte Wort, das aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht bis zum Tod am Kreuz.
Deshalb nehmen wir deine Polemik auch gar nicht so schrecklich ernst.
Ich kann leider nicht erkennen, daß ihr von Chalcedon irgendetwas verstanden hättet. Von welcher »Einheit der beiden Naturen von Geist und Seele Jesu Christi« redest du? – Die beiden Naturen sind die göttliche und die menschliche, nicht »Geist und Seele«.
Die Seele ist, was den Geschöpfen das Leben gibt, was ihr Lebendigsein ausmacht. Der Mensch hat – im Unterschied zum Tier- und Pfanzenreich – eine gottebenbildliche, also geistige, aber eben auch geschöpfliche, geschaffene Seele. Das gilt von dir und mir ebenso wie vom Herrn Jesu Christo.
Was aber redest du im Zusammenhang der „Doppelnatur“ Jesu Christi, des wahren Menschen und wahren Gottes, von „Präexistenz“ und „Wesensgleichheit“? Was willst du damit überhaupt sagen? – „Präexistent“ ist Gott Sohn, der Logos, nämlich in Ewigkeit vom Vater gezeugt; in Ewigkeit „präexistent“ wie der Vater und der Heilige Geist. Keineswegs „präexistent“ ist Jesus Christus seiner menschlichen Natur nach, vielmehr geschaffen mit Leib und geistiger, gottebenbildlicher, geschöpflicher Seele. Wesensgleich mit dem Vater und dem Heiligen Geist ist der Sohn, der ewige Logos, ist Jesus Christus der Gottheit nach, nicht aber nach seiner Menschheit.
Der Heilige Geist ist nach dem Glauben der Kirche der „Hauch“ Gottes; denn Geist, Pneuma, Spiritus bedeutet ja „Hauch“. Keineswegs aber ist er das »gehauchte Wort«; denn das „Wort“, der Logos, ist Gott Sohn, nicht der Heilige Geist.
Raphael hat geschrieben:Das würde mich aber wirklich 'mal interessieren, welchen "Abgrund an Gottesverrat" Du bei dieser (meiner) Formulierung witterst
Raphael hat geschrieben:Zunächst einmal unterschlägst Du in Deiner Zitierung, daß Overkott von einer trinitarisch-theologischen Sichtweise gesprochen hatte. Und trinitarisch-theologisch halte ich es für durchaus legitim, wenn man vom Hl. Geist als der "Seele der Trinität" spricht.
Erstens hat Overkott Naturen und Hypostasen wirr durcheinander gewürfelt. Zweitens ist die Rede vom Heiligen Geist als »Seele der Trinität« durchaus nicht legitim. Wie kann Gott einer „Seele“ bedürfen?
Raphael hat geschrieben:Des Weiteren unterschlägst Du, daß weder bei Overkott noch bei meiner Wenigkeit von einer vollständigen Ersetzung der Geistseele des Menschen Jesus die Rede war, wie es in der apollinarischen Häresie geglaubt worden war. Lies doch einfach 'mal die Formulierungen genauer
Overkott hat ausdrücklich »von einer vollständigen Ersetzung« gesprochen. Deine „innige Vereinigung“ würfelt, wie auch schon Overkott, Naturen und Hypostasen wirr durcheinander.
Johaennschen hat geschrieben:Raphael hat geschrieben:Es ist doch keine Herabwürdigung des Hl. Geistes, wenn dieser auch vom Sohne ausgeht; es bleibt ja weiterhin bei der Hervorbringung des Hl. Geistes durch den Vater.
Was ist jetzt genau der Unterschied zwischen Ausgang und Hervorbringung? Wenn das erste die Aussendung des Hl. Geistes in der Welt und das zweite den innertrinitarischen Vorgang desselben aus dem Vater meint, dann wärst Du doch eigentlich ein Leugner des filioque, oder?
Das habe ich mich auch gefragt. Jedenfalls gehen die Begriffe hier ebenso durcheinander wie die Naturen und Hypostasen. – Der vom Konzil definierte Begriff für den innertrinitarischen Vorgang ist nicht „Hervorbringung“, sondern „Hervorgang“ (processio; oder meinetwegen „Ausgang“, was noch enger an der griechischen Sprachstruktur bliebe).
Nietenolaf hat geschrieben:Raphael hat geschrieben:Und trinitarisch-theologisch halte ich es für durchaus legitim, wenn man vom Hl. Geist als der "Seele der Trinität" spricht.
Ich nicht, denn ich sehe darin weder die Lehre über die hl. Dreifaltigkeit heil und unverletzt, noch kann ich diese seltsame Sichtweise irgendeiner gängigen Tradition zuordnen, es sei denn, man abstrahiert und verschlimmbessert noch des Augustinus' ohnehin gewagte und unausgewogene Meinungen zu diesem Thema.
Zustimmung zu den beiden ersten Teilen; allein von Augustin sehe ich keinen Weg zu Raphaels Aussage. Wobei festzuhalten ist, daß Augustins Überlegungen zur Dreifaltigkeit theologische Spekulation sind und nie anderes sein wollten. Da Augustin klar an einem einzigen Hervorgang und an einem einzigen Ursprung oder einer einzigen (also nicht etwa doppelten) „Hauchung“ festhält und die Monarchie des Vaters wahrt, finde ich seine Spekulation weder unplausibel noch unausgewogen.
Nietenolaf hat geschrieben:Raphael hat geschrieben:Des Weiteren unterschlägst Du, daß weder bei Overkott noch bei meiner Wenigkeit von einer vollständigen Ersetzung der Geistseele des Menschen Jesus die Rede war, wie es in der apollinarischen Häresie geglaubt worden war.
Teurer Freund, Du schreibst von einer "derart innigen Vereinigung" (wohlgemerkt der menschlichen Geistseele Christi und dem Heiligen Geist, nicht etwa dem Logos), "daß man keine Unterscheidung vornehmen kann". Daher leitest Du u.a. die Durchgeistigung der Worte Christi ab. Du vermischst und vermengst nicht nur die Naturen, sondern gar irgendwie noch die Hypostasen, und bildest eine Art neues Wesen.
Genau.