Transsubstantiation

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Augustina
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Beitrag von Augustina »

Was sagt denn Jesus zur MK / HK? Was hat er denn dazu gelehrt?

Oder was sagen die alten griechischen Philosophen dazu? Ich meine: Wenn schon aristotelische Transsubstantiationslehre, dann bitte aber auch aristotelische MK/HK-Lehre.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Transsubstantiation braucht man, nebenbei bemerkt, nicht
in philosophischen Termini des Aristotelismus auszudrücken.
Die Väter haben ja auch nichts anderes geglaubt und gelehrt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Augustina
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Beitrag von Augustina »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Die Transsubstantiation braucht man, nebenbei bemerkt, nicht
in philosophischen Termini des Aristotelismus auszudrücken.
Die Väter haben ja auch nichts anderes geglaubt und gelehrt.
Oh, da bin ich eines anderen belehrt worden :/
und zwar, dass die TLehre auf Aristoteles zurückzuführen ist. Die Väter haben ihn zur Untermauerung ihrer Lehren herangezogen.

Jean
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@ Augustina

Beitrag von Jean »

Die Transsubstantiationslehre ist insofern "aristotelisch", als sie sich formal des aristotelischen Begriffs-Systems bedient.
Inhaltlich hat sie aber mit Aristoteles herzlich wenig zu tun, weil der sich kaum vorgestellt haben dürfte, dass von etwas die Akzidentien ("Gestalten") unverändert zurückbleiben können, während die ursprüngliche Substanz (=Wesen), mit Form und Materie, restlos eine andere geworden ist.

Wie Scholastik und aristotelische Philosophie zueinander stehen? Vielleicht wie die Bibel und die deutsche Sprache. Die Bibel kann ins Deutsche übersetzt werden (und das folgt dann überwiegend auch den deutschen Sprachgesetzen) - ein "deutsches" Buch wird sie dennoch nie.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jean hat geschrieben:Die Transsubstantiationslehre ist insofern "aristotelisch", als sie sich formal des aristotelischen Begriffs-Systems bedient. Inhaltlich hat sie aber mit Aristoteles herzlich wenig zu tun
Genau.
Augustina hat geschrieben:Die Väter haben ihn zur Untermauerung ihrer Lehren herangezogen.
Nein, die Kirchenväter kannten und hielten von Aristoteles wenig, ab-
gesehen vom Organon (der Logik, grob gesagt) in seiner Darlegung
durch den Neuplatoniker Porphyr.

Was die Lehre von der Transsubstantiation in aristotelischer Begriff-
lichkeit aussagt, ist bei den eher an den Begriffen der Platoniker ge-
schulten Kirchenvätern vollständig präsent.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Weil der Glaube an die Realpräsenz nicht an der Transsubstan-
tiationslehre hängt.

Die Alte Kirche hat die Realpräsenz gelehrt, ohne die TSL zu
kennen, die Orthodoxen lehren die Realpräsenz, ohne die TSL
zu kennen. Scheinbar ist aber für Euch Römer Realspräsenz
nur noch in der Form der TSL überhaupt vorstellbar. Ich frage
mich, wie Ihr mit den ganzen Väterzitaten umgeht ...
Ich verstehe deine Unterscheidung nicht. Identifizierst du den Inhalt
der Transsubstantiationslehre mit einer bestimmten scholastisch-ari-
stotelischen Begrifflichkeit? – Das schiene mir eine arge Verkürzung
zu sein. Jedenfalls finde ich, was die Transsubstantiationslehre aus-
sagt, genau bei den Vätern wieder.
Stephen Dedalus hat geschrieben:Das Konzil von Trient hat in den Konflikten des 16. Jahrhun-
derts die Lehre der TSL dogmatisiert, um das Mysterium
der leiblichen Gegenwart Christi im Sakrament zu schützen.
Ich habe mit der TSL keine großen Probleme, aber der Weis-
heit letzter Schluß ist sie auch nicht. Es ist ein Denkmodell,
das letztlich etwas zu erklären versucht, das sich ohnehin
nur dem Glauben erschließt.
Ich sehe im Tridentinum hinsichtlich der Lehre von der Eucharistie
nichts Neues, im Gegenteil. Was konkret meinst du denn, habe das
Tridentinum »dogmatisiert«, was nicht auch Väterlehre sei?
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anselm
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Beitrag von anselm »

Bei Themen wie Transsubstantiation frage ich mich immer, wieso man Details zu Gebieten ausarbeitet, über die man eigentlich nichts wissen kann und die für das praktische (Glaubens-)Leben völlig bedeutungslos sind?

Warum reicht nicht eine einfache Aussage wie "Gott ist in der Eucharistie anwesend"?

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

anselm hat geschrieben:Bei Themen wie Transsubstantiation frage ich mich immer, wieso man Details zu Gebieten ausarbeitet, über die man eigentlich nichts wissen kann und die für das praktische (Glaubens-)Leben völlig bedeutungslos sind?

Warum reicht nicht eine einfache Aussage wie "Gott ist in der Eucharistie anwesend"?
Weil es Leute gibt die gewisse Dinge einfach Leugnen und das mit mehr oder weniger detailierten Argumenten, also ist auch die Kriche gezwungen über Details nachzudenken. Wäre es so einfach und würde das allen reichen gäbe es keine Spaltungen.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ anselm
anselm hat geschrieben:Bei Themen wie Transsubstantiation frage ich mich immer, wieso man Details zu Gebieten ausarbeitet, über die man eigentlich nichts wissen kann .....
Die Bibel gibt Auskunft:
Denn uns hat es Gott enthüllt durch den Geist. Der Geist ergründet nämlich alles, auch die Tiefen Gottes.
(1 Korinther 2, 10)
anselm hat geschrieben:......... und die für das praktische (Glaubens-)Leben völlig bedeutungslos sind?
Die Bedeutungslosigkeit wird von Dir lediglich "herbeigeredet" ..........
anselm hat geschrieben:Warum reicht nicht eine einfache Aussage wie "Gott ist in der Eucharistie anwesend"?
Siehe oben!

GsJC
Raphael

anselm
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Beitrag von anselm »

Raphael hat geschrieben: ...
Denn uns hat es Gott enthüllt durch den Geist. Der Geist ergründet nämlich alles, auch die Tiefen Gottes.
(1 Korinther 2, 10)
Schade, dass er dir nur die Tiefen Gottes enthüllt und nicht z.B. die Börsenkurse des nächsten Tages :mrgreen:

Unter "bedeutungslos für das praktische (Glaubens-)Leben" meine ich etwas, unter dem man sich nichts vorstellen kann und das nicht "greifbar" ist und auch sonst keine Auswirkungen hat.

Die Details der göttlichen Materie in der gewandelten Hostie verstehen zu wollen ist sicherlich nicht möglich.

Und dann hat eine Beschreibung/Analyse der Details dieser göttlichen Materie soviel Bedeutung für das (Glaubens-)Leben wie ein "Mann auf dem Mond", der allerdings nicht gesehen werden kann, weil er immer auf die dem Beobachter entgegengesetzte Seite des Mondes hüpft.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ anselm
anselm hat geschrieben:Schade, dass er dir nur die Tiefen Gottes enthüllt und nicht z.B. die Börsenkurse des nächsten Tages :mrgreen:
Auch zu einem Diskussionsverhalten wie Du es hier an den Tag legst, sagt die Bibel Erhellendes:
Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt,
nicht auf dem Weg der Sünder geht,
nicht im Kreis der Spötter sitzt,
sondern Freude hat an der Weisung des Herrn,
über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht.

(Psalmen 1, 1 f.)

Ohne diesen biblischen Ratschlag hätte Thomas von Aquin die Transsubstantiationslehre wohl nicht durchdenken und formulieren können.
In der Tat: Er ist ein wahrer Lehrer der Kirche! :)

GsJC
Raphael

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

anselm hat geschrieben:wie ein "Mann auf dem Mond", der allerdings nicht gesehen werden kann, weil er immer auf die dem Beobachter entgegengesetzte Seite des Mondes hüpft.
Da braucht er nicht zu hüpfen, sondern kann immer hübsch am Fleck bleiben, wie ein guter Benediktiner … ;D
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Samuel
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Beitrag von Samuel »

anselm hat geschrieben:Unter "bedeutungslos für das praktische (Glaubens-)Leben" meine ich etwas, unter dem man sich nichts vorstellen kann und das nicht "greifbar" ist und auch sonst keine Auswirkungen hat.
Eine praktische Bedeutung der Transsubstantiationslehre ist beispielsweise, dass es für uns Katholiken undenkbar ist, die nicht konsumierten eucharistischen Gestalten einfach wegzuwerfen, wie dies die Protestanten tun.
Eucharistische Anbetung, die für Katholiken (sofern sie an die Transsubstantiation glauben) selbstverständlich ist, wäre für Protestanten nicht möglich.

anselm
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Beitrag von anselm »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
anselm hat geschrieben:wie ein "Mann auf dem Mond", der allerdings nicht gesehen werden kann, weil er immer auf die dem Beobachter entgegengesetzte Seite des Mondes hüpft.
Da braucht er nicht zu hüpfen, sondern kann immer hübsch am Fleck bleiben, wie ein guter Benediktiner … ;D


Ich Esel, das habe ich nicht bedacht :ikb_frusty:

Aber im Ernst:
Ich vermute, dass die hinter der Transsubstantionslehre stehende "Theorie" im Wesentlichen die Wandlungsworte "Dies ist mein Leibe...." sind, oder? Also eine Begründung, die auf Christus selbst zurück geht. (Auch wenn man die Worte - wie alles - durchaus unterschiedlich auslegen kann).

Warum benötigt man dann noch eine Aristotelisch-Thomasische Theorie, die im Gewande von veralteter (nicht mehr aktueller) Philosophie daher kommt? Das macht die TL doch eher angreifbarer, als wenn sie sich nur auf die Einsetzungsworte begründen würde.

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holzi
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Beitrag von holzi »

anselm hat geschrieben:Aber im Ernst:
Ich vermute, dass die hinter der Transsubstantionslehre stehende "Theorie" im Wesentlichen die Wandlungsworte "Dies ist mein Leibe...." sind, oder? Also eine Begründung, die auf Christus selbst zurück geht. (Auch wenn man die Worte - wie alles - durchaus unterschiedlich auslegen kann).

Warum benötigt man dann noch eine Aristotelisch-Thomasische Theorie, die im Gewande von veralteter (nicht mehr aktueller) Philosophie daher kommt? Das macht die TL doch eher angreifbarer, als wenn sie sich nur auf die Einsetzungsworte begründen würde.
Weil diese Denke als Scholastik im Früh- und Hochmittelalter stark en vogue war. Die sind damals voll auf "Verstand" abgefahren und haben versucht, so ziemlich alles Mögliche und Unmögliche durchzusystematisieren. (Auch wieviele Engel auf einem Stecknadelkopf tanzen könnten! [Erinnert mich etwas an das buddhistische Denkspiel, wie sich das Klatschen nur einer Hand anhört.])

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Holzi hat geschrieben:Die sind damals voll auf "Verstand" abgefahren und haben versucht, so ziemlich alles Mögliche und Unmögliche durchzusystematisieren. (Auch wieviele Engel auf einem Stecknadelkopf tanzen könnten!
Dann zitier' doch bitte mal den Scholastiker, der diese Frage besprochen hat. Der Spruch geht auf eine Legende zurück, die die frühen Aufklärer in die Welt gesetzt haben, um das Mittelalter lächerlich zu machen (ein beliebtes Hobby damals wie heute). Ironischerweise ist selbst die urbane Legende mittlerweile entstellt, denn im Zusammenhang mit der Lokalität von Engeln müßte die praktische Frage natürlich lauten, wieviele Engel sich gleichzeitig auf der Spitze einer Nadel, also in einem euklidischen Punkt, aufhalten können.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Samuel hat geschrieben:Eine praktische Bedeutung der Transsubstantiationslehre ist
beispielsweise, dass es für uns Katholiken undenkbar ist, die
nicht konsumierten eucharistischen Gestalten einfach weg-
zuwerfen
Weil Stephen Dedalus auf meine obige Frage noch nicht geantwortet :huhu:
hat, greif’ ich das noch einmal auf:

Ich habe den Eindruck, daß manche hinter dem zungenbrecherischen
Begriff der „Transsubstantiationslehre“ sozusagen eine halbe Bibliothek
mit Folianten voller aristotelisierender Scholastik vermuten.

Das läßt sie schaudern.

In Wahrheit ist es ganz einfach: Es findet durch die Konsekration der
Hostie und des Kelches eine Wandlung der Substanz statt. Die Gestalt
bleibt gleich, also die Materie, der Stoff. Die Substanz aber, das innere
Wesen
– um’s umgangssprachlich zu versuchen –, ist nach der Konse-
kration eine andere.

Das ist, Samuel, natürlich nicht erst infolge der philosophischen Durch-
dringung der Sache durch die Scholastiker so, sondern von Anfang an
apostolisches Erbe der Kirche, das wir genau so bei den Vätern finden.
Wozu auch gehört, daß man die nicht konsumierten eucharistischen
Gestalten niemals einfach wegwerfen darf.

Das heißt: Wenn wir „Transsubstantiationslehre“ sagen, dann verstehen
wir darunter, was die Kirche immer geglaubt hat. Andere assoziieren bei
dem Begriff eine – zu Unrecht meist negativ konnotierte, aber wenig be-
kannte oder gar verstandene – Scholastik und schrecken zurück.
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TiLek
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Beitrag von TiLek »

Liebe Grüße von einem Lutheraner und Hochkirchler,

hier wird wiederholt gepostet, dass Protestanten die eucharistischen Gaben wegwerfen, das mag ja leider zum Teil so sein, aber halt nicht überall.

Bei uns z.B. wird grds. soviel nur ausgeteilt wie gebraucht wird, dann bleibt nichts über. Wenn was überbleibt, so wird der Kelch zumeist ausgetrunken, und die die übriggebliebenen in einem Silbergefäß in der Sakristei bis zum nächsten mal verwahrt.

Sollte Wein überbleiben, so haben wir in unsere Kirchen eine Steinöffnung mit leicht nach hinten gestellten, also schrägen, gemeißelten Kruzifix in der Sakristei, die mit Rinne zu einem eingegefaßten Weinstock führt.
Dort wird dann unter folgendem Gebet der Wein über das Kruzifix dem Weinstock zugeführt:

Oh Christus, du hast uns Heil gegeben mit deinem Leibe und deinem Blute, dir sei Lob, Preis und Dank in Ewigkeit hierfür. Doch nicht alle konnten Deine große Gnadengabe empfangen Du bist der Weinstock, so nehme an unseren Dank und führe deine Kraft zu dem der in brauche zu seinem Heile. Nimm gnädig an das Blut des Heils auf das es Kraft gebe zur Erneuerung und Mahnung zu Gedenken dem was war. O Herr himmlischer Vater der du hast geschaffen alles sei barmherzig und läutere unsere Herzen, sein uns Sündern gnädig.
Amen.

Raphael

Re: @ Augustina

Beitrag von Raphael »

Jean hat geschrieben:Die Transsubstantiationslehre ist insofern "aristotelisch", als sie sich formal des aristotelischen Begriffs-Systems bedient.
Inhaltlich hat sie aber mit Aristoteles herzlich wenig zu tun, weil der sich kaum vorgestellt haben dürfte, dass von etwas die Akzidentien ("Gestalten") unverändert zurückbleiben können, während die ursprüngliche Substanz (=Wesen), mit Form und Materie, restlos eine andere geworden ist.

Wie Scholastik und aristotelische Philosophie zueinander stehen? Vielleicht wie die Bibel und die deutsche Sprache. Die Bibel kann ins Deutsche übersetzt werden (und das folgt dann überwiegend auch den deutschen Sprachgesetzen) - ein "deutsches" Buch wird sie dennoch nie.
Dieser Beitrag - insbesondere weil es ein Erst-Beitrag war - soll noch einmal besonders gewürdigt werden, weil er den "Nagel auf den Kopf trifft"! :jump:

Der Aristotelianismus steht in der Gefahr in einen mehr oder weniger platten Physikalismus abzudriften, während der Platonismus die inhärente Tendenz hat, zum Gnostizismus zu pervertieren.
Die Scholastik versucht nun, in einer Synthese dieser beiden philosophischen Systeme das "Beste aus beiden Welten" zu verbinden, diese damit gegenseitig zu stabilisieren und auszutarieren. Die Philosophie zeigt sich somit von ihrer besten Seite: als ancilla theologiae! :ja:

GsJC
Raphael

anselm
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Re: @ Augustina

Beitrag von anselm »

Raphael hat geschrieben: Der Aristotelianismus steht in der Gefahr in einen mehr oder weniger platten Physikalismus abzudriften, während der Platonismus die inhärente Tendenz hat, zum Gnostizismus zu pervertieren.
Die Scholastik versucht nun, in einer Synthese dieser beiden philosophischen Systeme das "Beste aus beiden Welten" zu verbinden, diese damit gegenseitig zu stabilisieren und auszutarieren. Die Philosophie zeigt sich somit von ihrer besten Seite: als ancilla theologiae! l
Hallo Raphael,
die Damen und Herren Philosophen werden deine Charakterisierung als ancilla theologiae sicherlich nicht so recht zu würdigen wissen :roll:
nicht zuletzt, weil es seit der (Früh/Hoch/Spät)-Scholastik nicht ganz wenig an Veränderung im Bereich der Philosophie gegeben hat, um es ganz vorsichtig auszudrücken.

Raphael

Re: @ Augustina

Beitrag von Raphael »

@ anselm
anselm hat geschrieben:die Damen und Herren Philosophen werden deine Charakterisierung als ancilla theologiae sicherlich nicht so recht zu würdigen wissen :roll:
Dies liegt möglicherweise daran, daß "die Damen und Herren Philosophen" meinen, sich selber Würde zuweisen zu können! ;)
anselm hat geschrieben:nicht zuletzt, weil es seit der (Früh/Hoch/Spät)-Scholastik nicht ganz wenig an Veränderung im Bereich der Philosophie gegeben hat, um es ganz vorsichtig auszudrücken.
Was Du nicht sagst .......... 8)

Du kannst ja eine kurze Vorlesung in Philosophiegeschichte geben!
Insbesonders wäre die Frage interessant, inwieweit die von Dir angesprochenen "Veränderungen in der Philosophie" die Transsubstantiationslehre obsolet gemacht haben sollen. :hmm:

GsJC
Raphael

anselm
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Re: @ Augustina

Beitrag von anselm »

Raphael hat geschrieben:..., inwieweit die von Dir angesprochenen "Veränderungen in der Philosophie" die Transsubstantiationslehre obsolet gemacht haben sollen.
Wenn man eine Kritik von Glaubensüberzeugungen durchführen will, dann erweist sich der Kritische Rationalismus immer als besonders fruchtbar (oder muss es "furchtbar" heissen 8) )

Die TL (ich kann das lange Wort nicht mehr fehlerfrei schreiben, tschuldigung) ist eine logische Folgerung innerhalb der katholischen Theologie. Ich muss sie glauben, will ich nicht an den Grundfesten des christlichen Glaubens rütteln. Andererseits ist die TL empirisch in keinster Weise überprüfbar (was auch kein Theologe bestreiten) würde.
Daher ist für mich die TL eine belanglose Aussage. Ich könnte dir tausend Eide auf beliebige solcher Aussagen leisten. Ich bekenne, ich glaube .... Und ich bin sicher, dass ich dabei noch nicht einmal einen Meineid leiste. Denn für mein praktisches (Glaubens-)Leben ist es nicht relevant.

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist, Samuel, natürlich nicht erst infolge der philosophischen Durchdringung der Sache durch die Scholastiker so, sondern von Anfang an apostolisches Erbe der Kirche, das wir genau so bei den Vätern finden. Wozu auch gehört, daß man die nicht konsumierten eucharistischen Gestalten niemals einfach wegwerfen darf.
Natürlich.
Kennst du eigentlich Väter-Zitate, aus denen hervorgeht, dass die eucharistischen Gestalten nicht weggeworfen werden?
Übrigens: Wenn ich recht informiert bin, hat sich die Praxis der eucharistischen Anbetung erst nach Entstehung der Transsubstantiationslehre entwickelt.

Raphael

Re: @ Augustina

Beitrag von Raphael »

@ anselm
anselm hat geschrieben:Wenn man eine Kritik von Glaubensüberzeugungen durchführen will, dann erweist sich der Kritische Rationalismus immer als besonders fruchtbar (oder muss es "furchtbar" heissen 8) )

Die TL (ich kann das lange Wort nicht mehr fehlerfrei schreiben, tschuldigung) ist eine logische Folgerung innerhalb der katholischen Theologie. Ich muss sie glauben, will ich nicht an den Grundfesten des christlichen Glaubens rütteln. Andererseits ist die TL empirisch in keinster Weise überprüfbar (was auch kein Theologe bestreiten) würde.
Daher ist für mich die TL eine belanglose Aussage. Ich könnte dir tausend Eide auf beliebige solcher Aussagen leisten. Ich bekenne, ich glaube .... Und ich bin sicher, dass ich dabei noch nicht einmal einen Meineid leiste. Denn für mein praktisches (Glaubens-)Leben ist es nicht relevant.
Popper poppt Sokrates! :P

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Ich verstehe deine Unterscheidung nicht. Identifizierst du den Inhalt
der Transsubstantiationslehre mit einer bestimmten scholastisch-aristotelischen Begrifflichkeit? –
Genau. Schon der Name sagt ja, daß es dabei um die "Substanz" und die "Akzidenz" geht, also Begrifflichkeiten aus der aristotelischen Philosophie.
Das schiene mir eine arge Verkürzung
zu sein. Jedenfalls finde ich, was die Transsubstantiationslehre aus-
sagt, genau bei den Vätern wieder.
Hast Du dafür ein Beispiel? Mir scheint bisher, daß das, was die TSL als Glaubensgehalt sichern will, bei den Vätern vorhanden ist, (nämlich die leibliche und bleibende Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Christus im Brot und Wein der Eucharistie), nicht aber das Denkmodell von Substanz und Akzidenz.

M. W. lehnen die Orthodoxen die TSL generell ab. Warum sollten sie das tun, wenn sie doch nur die Lehre der Väter wiedergibt?
Ich sehe im Tridentinum hinsichtlich der Lehre von der Eucharistie
nichts Neues, im Gegenteil. Was konkret meinst du denn, habe das
Tridentinum »dogmatisiert«, was nicht auch Väterlehre sei?
Zweierlei scheint mir neu zu sein :

1. Die Erklärung der Realpräsenz mittels der aristotelischen Begrifflichkeit von Substanz und Akzidenz. (Dies findet sich allerdings schon früher, im Tridentinum wird es nur festgeschrieben).
2. Die Ausschließlichkeit, mit der dieses Modell als allein gültige Erklärung der Wandlung anerkannt wird.

Gruß
Stephen

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nemesis
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Beitrag von nemesis »

Was heißt denn Realpräsenz? Also ich finde die Argumentation zu diesem Problem ist meist rein dogmatisch; die langen historischen Entwicklungen und auch die Bedingtheit der Ergebnisse werden nicht zur Kenntnis genommen. In den ersten Jahrhunderten des Christentums wurde diese Frage überhaupt nicht diskutiert. Die Gegenwart Jesu Christi ereignete sich in der ganzen Eucharistiefeier. Erst gegen Ende der lateinischen Antike richtete sich der Blick auf die eucharistischen Gaben Brot und Wein und was mit ihnen geschieht. Volkstümliche Vorstellungen einer Art von Wandlung lassen sich bei Ambrosius und in der Ambrosianischen Liturgie andeutungsweise erkennen, während für Augustinus Brot und Wein (inklusive der Deuteworte) "lediglich" Signum, Zeichen, für eine spirituelle Gegenwart des Herrn waren.

Erst im Mittelalter richtete sich die Frömmigkeit vor allem auf Brot und Wein sowie die Frage, was es bedeutet, wenn sie "Fleisch und Blut Christi" sind. Es gab zwei Abendmahlsstreitigkeiten, durch die - im Ergebnis - die augustinische spirituelle Deutung der Gegenwart vom Volksglauben zurückgedrängt wurde; die Vorstellung einer "Wandlung" kam auf, die von einigen Synoden exzessiv realistisch interpretiert wurde. Es war eine Leistung der damaligen Theologie, dass sie diese drastischen Elemente mittels der Transsubstantiationslehre zurück drängen konnte: Nicht der reale Leib Christi (mit Quantitäten und Qualität) wird empfangen, sondern die "Substanz".

Was aber ist diese Substanz? Sicher nicht das, was wir heute darunter verstehen würden. Bei Brot und Wein handelt es sich nicht um vom Menschen unabhängige "Substanzen" (Wie etwa Bäume oder Steine oder chemische Verbindungen), sondern um von Menschen in einer langen Kulturgeschichte geschaffene "Substanzen". Brot und Wein gibt es nur für Menschen in dieser Kulturtradition, ihre "Substanz" besteht in einer (schöpferischen) Relation von Menschen zu ihnen (für Mäuse gibt es kein Brot, sondern nur irgendetwas Essbares). Ähnlich verhält es sich bei der "Substanz" Jesu Christi: Damit ist nicht der Körper Jesu gemeint, sondern sein Christussein (sein Leib "für uns"). Wer Jesus als Christus anerkennt, kann mit seiner "Substanz" in Berührung kommen. So bedeutet "Transsubstantiation": Das, was sonst - als Produkt einer langen Kulturgeschichte - zum Essen und zur Sättigung dient, bezeichnet in der Eucharistiefeier die Gemeinschaft mit dem Christus Jesus. Somit sind für die "Transsubstantiation" der Glaube und der Wille konstitutiv, Mahlgemeinschaft mit Jesus Christus zu feiern und sich seiner in der Gedächtnisfeier innezuwerden.

Die reformatorische Auffassung der Realpräsenz - dort wieder unter unterschiedlichen Begrifflichkeiten, die damals zu Auseinandersetzungen führte - sind der Tendenz nach damit identisch. Luther betont sehr stark die reale Präsenz Jesu Christi in den Gaben, während sie bei Zwingli und Calvin mehr in augustinischem Sinn formuliert wird. Alle aber halten daran fest, dass die Gläubigen in der Abendmahlfeier den Leib des Herrn empfangen. Die Art, wie diese Realpräsenz begrifflich ausgedrückt wird, ist dem gegenüber sekundär. Auch die katholische Theologie würde heute, wenn es noch keine Festlegung gäbe, sicher niemals den Substanzbegriff verwenden, der im Mittelalter durchaus verständlich war, aber gegenwärtig ein Verstehen eher erschwert, weil er - nicht gemeinte, aber wer kennt schon die Geschichte? - massiv dingliche Vorstellungen nahe legt.
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. - Kurt Tucholsky

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Stephen Dedalus hat geschrieben:M. W. lehnen die Orthodoxen die TSL generell ab. Warum sollten sie das tun, wenn sie doch nur die Lehre der Väter wiedergibt?
Muß einer dieser spätmodernen anti-lateinischen Reflexe sein. Noch die Synode von Jerusalem (1672) benutzt Konzept und Begriffe ganz selbstverständlich.

Augustina
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Beitrag von Augustina »

Samuel hat geschrieben:
anselm hat geschrieben:Unter "bedeutungslos für das praktische (Glaubens-)Leben" meine ich etwas, unter dem man sich nichts vorstellen kann und das nicht "greifbar" ist und auch sonst keine Auswirkungen hat.
Eine praktische Bedeutung der Transsubstantiationslehre ist beispielsweise, dass es für uns Katholiken undenkbar ist, die nicht konsumierten eucharistischen Gestalten einfach wegzuwerfen, wie dies die Protestanten tun.
Eucharistische Anbetung, die für Katholiken (sofern sie an die Transsubstantiation glauben) selbstverständlich ist, wäre für Protestanten nicht möglich.
Was geschieht eigentlich bei der Verdauung der Hostie, wenn Gott sich doch darin befindet? Wag ich mir jetzt aber nicht wirklich vorzustellen.

Bei den Protestanten ist es doch wohl so, dass das Herrenmahl ein Gedächtnisnahl ist, so wie Jesus auch sagt: "Tut dies zu meinem Gedächtnis".

Augustina
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Beitrag von Augustina »

TiLek hat geschrieben:Liebe Grüße von einem Lutheraner und Hochkirchler,

hier wird wiederholt gepostet, dass Protestanten die eucharistischen Gaben wegwerfen, das mag ja leider zum Teil so sein, aber halt nicht überall.

Bei uns z.B. wird grds. soviel nur ausgeteilt wie gebraucht wird, dann bleibt nichts über. Wenn was überbleibt, so wird der Kelch zumeist ausgetrunken, und die die übriggebliebenen in einem Silbergefäß in der Sakristei bis zum nächsten mal verwahrt.

Sollte Wein überbleiben, so haben wir in unsere Kirchen eine Steinöffnung mit leicht nach hinten gestellten, also schrägen, gemeißelten Kruzifix in der Sakristei, die mit Rinne zu einem eingegefaßten Weinstock führt.
Dort wird dann unter folgendem Gebet der Wein über das Kruzifix dem Weinstock zugeführt:

Oh Christus, du hast uns Heil gegeben mit deinem Leibe und deinem Blute, dir sei Lob, Preis und Dank in Ewigkeit hierfür. Doch nicht alle konnten Deine große Gnadengabe empfangen Du bist der Weinstock, so nehme an unseren Dank und führe deine Kraft zu dem der in brauche zu seinem Heile. Nimm gnädig an das Blut des Heils auf das es Kraft gebe zur Erneuerung und Mahnung zu Gedenken dem was war. O Herr himmlischer Vater der du hast geschaffen alles sei barmherzig und läutere unsere Herzen, sein uns Sündern gnädig.
Amen.
Hochkirchler und Lutheraner? Wie geht denn das zusammen? :|

Augustina
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Beitrag von Augustina »

Irgendwie ist das Thema hier in eine andere Richtung abgedriftet. Meine Eingangsfrage bzw. ihre Beantwortung find ich hier nicht mehr wieder.
Also was hat Jesus zur Mundkommunion bzw. Handkommunion gesagt? Ich ergänze: Was sagen die Briefeschreiber des NT dazu?

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

@Nemesis

Danke für deinen Beitrag. Ich finde, du hast darin viel Richtiges gesagt.
Vielleicht sollte man, um die Gefahr des Subjektivismus zu vermeiden (Das Brot ist Leib Christi insofern ich daran glaube) hinzufügen, dass das Subjekt, welches an die Gegenwart Christi glaubt, die unfehlbare Kirche ist, von welcher der einzelne ein Teil ist.

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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Augustina hat geschrieben:Was geschieht eigentlich bei der Verdauung der Hostie, wenn Gott sich doch darin befindet? Wag ich mir jetzt aber nicht wirklich vorzustellen.
Dein Namensvetter hat dazu etwas Hübsches geschrieben:
Augustinus, Bekenntnisse VII, 10 hat geschrieben:und mir war, als hörte ich aus ferner Höhe deine Stimme: "Ich bin das Brot der Starken: wachse und du wirst mich essen. Und nicht du wirst mich in dich verwandeln wie die Speise für deinen Leib, sondern du wirst in mich gewandelt werden."

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