Transsubstantiation

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Augustina hat geschrieben:Irgendwie ist das Thema hier in eine andere Richtung abgedriftet. Meine Eingangsfrage bzw. ihre Beantwortung find ich hier nicht mehr wieder.
Also was hat Jesus zur Mundkommunion bzw. Handkommunion gesagt? Ich ergänze: Was sagen die Briefeschreiber des NT dazu?
Gar nichts
Bei den Protestanten ist es doch wohl so, dass das Herrenmahl ein Gedächtnisnahl ist, so wie Jesus auch sagt: "Tut dies zu meinem Gedächtnis".
Aber es heißt auch

Einsetzungsworte Matthäus
"Nehmt hin und esset, das ist mein Leib."
"Trinket alle daraus;denn dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden."

"Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi?" (1.Kor 10,16)

"Wer daher unwürdig das Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der versündigt sich am Leib und Blut des Herrn." (1.Kor 11,27)

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

nemesis hat geschrieben:Was heißt denn Realpräsenz? Also ich finde die Argumentation zu diesem Problem ist meist rein dogmatisch; die langen historischen Entwicklungen und auch die Bedingtheit der Ergebnisse werden nicht zur Kenntnis genommen. In den ersten Jahrhunderten des Christentums wurde diese Frage überhaupt nicht diskutiert. Die Gegenwart Jesu Christi ereignete sich in der ganzen Eucharistiefeier. Erst gegen Ende der lateinischen Antike richtete sich der Blick auf die eucharistischen Gaben Brot und Wein und was mit ihnen geschieht. Volkstümliche Vorstellungen einer Art von Wandlung lassen sich bei Ambrosius und in der Ambrosianischen Liturgie andeutungsweise erkennen, während für Augustinus Brot und Wein (inklusive der Deuteworte) "lediglich" Signum, Zeichen, für eine spirituelle Gegenwart des Herrn waren.
Hallo Nemesis,

dazu zwei Anmerkungen:

1. Auch in der Alten Kirche gab es in den Auseinandersetzungen mit gnostischen Strömungen Konflikte um die Frage der Realpräsenz in der Eucharistie, schon im frühen 2. Jahrhundert. Aufgrund des starken Dualismus lehnten die gnostischen Sekten die Möglichkeit ab, daß die Materien von Brot und Wein wirklich Leib und Blut Christi werden konnten. Die Diskussion und Ablehnung der Realpräsenz war also früh ein Thema.

2. Es hieße imho den augustinischen Symbolbegriff mißverstehen, wenn man ihn gegen eine Realpräsenz ins Feld führen wollte. Für Augustin ist das signum nicht nur etwas, das auf eine andere Realität hinweist, sondern es enthält die andere Realität (significatum) auch. Wenn Augustin also von einem signum spricht, ist für ihn damit auch die reale Gegenwart des Significatum selbstverständlich. Allerdings spielt für Augustin die feiernde Gemeinde als Leib Christi eine große Rolle. Er kann in der Osternacht zu den Katechumenen, die zum ersten Mal die Eucharistie empfangen, sagen: "Schaut vorne auf den Altar, dort seht ihr, was ihr seid: Leib Christi! Werdet, was ihr dort seht: Leib Christi!" Besonders dieser Aspekt ist von den Reformatoren aufgenommen worden, für die ja die feiernde Gemeinde konstitutiv war für den Vollzug der Eucharistie (Ablehnung von Privatmessen!). Bei Zwingli ging das soweit, daß er die Realpräsenz wirklich nur noch in der feiernden Gemeinde gesehen hat und gar nicht mehr in den Symoblen von Brot und Wein.

Gruß
Stephen

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overkott
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Beitrag von overkott »

Inwieweit lebt im Gedanken der Realpräsens die Tradition der Schaubrote fort?

Klingt da nicht das Fronleichnamslied von Johannes Englisch und Friedrich Spitta an:

"Im Frieden dein, o Herre mein, lass ziehn mich meine Straßen... hast mein Gesicht das selge Licht, den Heiland, schauen lassen."?

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Erich
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Beitrag von Erich »

overkott hat geschrieben:Inwieweit lebt im Gedanken der Realpräsens die Tradition der Schaubrote fort?
zwei Dinge, die nicht das geringste miteinander zu tun haben.
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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overkott
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Beitrag von overkott »

Erich hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Inwieweit lebt im Gedanken der Realpräsens die Tradition der Schaubrote fort?
zwei Dinge, die nicht das geringste miteinander zu tun haben.
In der Eucharistie sind sie vereint.

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Erich
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Beitrag von Erich »

overkott hat geschrieben:
Erich hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Inwieweit lebt im Gedanken der Realpräsens die Tradition der Schaubrote fort?
zwei Dinge, die nicht das geringste miteinander zu tun haben.
In der Eucharistie sind sie vereint.
Die Schaubrote (hebr. lechem hapanim, Denkbrote) sind 12 ungesäuerte Brotkuchen aus Weizenmehl, nach der Zahl der 12 israelitischen Stämme, wurden für jeden Sabbat neu bereitet und im Heiligen der Stiftshütte und des Tempels auf einem mit Goldblech überzogenen Tisch von Akazienholz mit Weihrauch aufgestellt. Nach dem Sabbat fielen sie den Priestern zu.
Quelle:http://de.wikipedia.org/wiki/Schaubrote

und die Eucharistie sit auch nur was am Sabat für die Priester - ja nee, is klar!
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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overkott
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Beitrag von overkott »

Ich hatte den Text vorher schon gelesen. Denkbrote für Schaubrote hatte mir sehr gefallen. Das erinnerte mich an die Mystik des hl. Bonaventura.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Wurden die Schaubrote in der altjüdischen Tradition nicht auch als "Brot der Anwesenheit" bezeichnet? IMHO sind die typologischen Bezüge zur Eucharistie hier unübersehbar.

Types and shadows have their ending
For the newer rite is here!

Gruß
SD

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Types and shadows have their ending
For the newer rite is here!
Zitier doch bitte das lateinische Original - das ist doch die sinngemäße englische Übertragung zweier Zeilen der Tantum-Ergo-Strophe des Pange lingua, oder?
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

et antiquum documentum | novo cedat ritui
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Stimmt. ;)
Ich kann mir das auf Englisch leichter merken...


Noch ein paar Anmerkungen zu den Schaubroten im Tempel: Sie wurden als "Brot der Gegenwart" (wörtlich "des Angesichtes") bezeichnet. Ihre Heiligkeit lag darin begründet, daß sie in den Tempel, vor Gottes Angesicht, gebracht wurden. Zuvor wurden sie auf einem Marmortisch aufbewahrt, danach auf einem goldenen Tisch in der gr. Halle des Tempels, zusammen mit Weihrauch und einem Gefaß für Trankopfer. Die Brote wurden nur einmal in der Woche von den Hohepriestern verzehrt (vielleicht ein Hinweis auf die Tradition der Orthodoxie, die Eucharistie nur einmal wöchentlich zu feiern?)

Die koptische Jakobsliturgie nimmt dieses Motive auf:
"Herr Jesus Christus, das lebendige Brot vom Himmel, laß Dein Angesicht scheinen über dieses Brot und diesen Kelch, die wir auf diesem priesterlichen Tisch bereitet haben."

Der Priester Melchisedek selbst erscheint nur einmal im AT (Gen 14,18 ), indem er Brot und Wein bringt. Christus ist nach unserem Verständnis der Hohepriester "nach der Ordnung Melchisedek" - und nach der Midrasch ist das Brot, das Melchisedek trägt, das Brot der Gegenwart aus dem Tempel. Auch hier ist der Bezug überdeutlich.

Im Kontext andere Getreideopfer im Tempel wird klar, daß das Brot der Gegenwart als ein solches "Opfer der Anrufung" verstanden werden kann (azkarah). Der Text von Lev 24,7 scheint den Weihrauch als solches Opfer zu verstehen, aber die Targums legen nahe, daß es das Brot selbst war, dem dieser heilige Charakter zugesprochen wurde, was auch erklärt, daß die Brote der Gegenwart beim Auf- und Abbau der Stiftshütte mit der höchsten Sorgfalt behandelt wurden und offenbar neben der Bundeslade als höchstes Heiligtum angesehen wurden.

Der Begriff der "azkarah" wiederum schlägt einen Bogen zur Eucharistie. Meist wird er mit "Opfer der Erinnerung" übersetzt, aber die Bedeutung "Opfer der Anrufung" ist ebenfalls möglich. Interessanterweise findet sich für das Wort azkarah in der LXX anamnesis, ein Schlüsselwort sowohl bei der Einsetzung wie beim Verständnis des eucharistischen Geschehens.

Lev 24.8 macht deutlich, daß das Brot ein Zeichen des Bundes ist, daß der Auftrag an Aaron und seine Söhne, dieses Brot zu verzehren, Teil und Zeichen des "ewigen Bundes" ist. Darauf bezieht sich Christus bei der Einsetzung der Eucharistie.

Man könnte die Liste wahrscheinlich endlos fortsetzen, aber ich muß jetzt weg ...

Gruß
Stephen

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Erich
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Beitrag von Erich »

(wörtlich "des Angesichtes") bezeichnet. Ihre Heiligkeit lag darin begründet, daß sie in den Tempel, vor Gottes Angesicht, gebracht wurden.
"al Pnei" = "vor dem Angesicht" ist im Hebräischen eine gebräuchliche Formel, die eben ausdrückt, dass etwas vor Gott gebracht wird oder vor einem Angesicht geschieht. Hier einen Bezug zur Eucharistie zu bringen ist sehr abenteuerlich, da diese ja Gott selbst ist. Ein Beter vor der Eucharistie betet vor dem Angesicht Gottes.
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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overkott
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Beitrag von overkott »

Erich hat geschrieben:
(wörtlich "des Angesichtes") bezeichnet. Ihre Heiligkeit lag darin begründet, daß sie in den Tempel, vor Gottes Angesicht, gebracht wurden.
"al Pnei" = "vor dem Angesicht" ist im Hebräischen eine gebräuchliche Formel, die eben ausdrückt, dass etwas vor Gott gebracht wird oder vor einem Angesicht geschieht. Hier einen Bezug zur Eucharistie zu bringen ist sehr abenteuerlich, da diese ja Gott selbst ist. Ein Beter vor der Eucharistie betet vor dem Angesicht Gottes.
Nach dem Dreifaltigkeitssonntag verstehen wir das natürlich richtig:

Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde.

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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

"al Pnei" = "vor dem Angesicht" ist im Hebräischen eine gebräuchliche Formel, die eben ausdrückt, dass etwas vor Gott gebracht wird oder vor einem Angesicht geschieht. Hier einen Bezug zur Eucharistie zu bringen ist sehr abenteuerlich, da diese ja Gott selbst ist.
Das drückt doch den katholischen Opfergedanken gut aus. So heißt es im 3. Hochgebet:
"Schau gütig auf die Gabe deiner Kirche. Denn sie stellt dir das Lamm vor Augen, das geopfert wurde und uns nch deinem Willen mit dir versöhnt hat."
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Heute während der Kommunion gesungen:
And now, O Father, mindful of the love
that bought us, once for all, on Calvary's Tree,
and having with us him that pleads above,
we here present, we spread forth to thee
that only Offering perfect in thine eyes,
the one, true, pure, immortal Sacrifice.

Look, Father, look on his anointed face,
and only look on us as found in him;
look not on our misusings of thy grace,
our prayer so languid, and our faith so dim:
for lo, between our sins and their reward
we set the Passion of thy Son our Lord.

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