Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Cyco
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Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von Cyco »

Dieser Strang wurde nicht von Cyco eröffnet, sondern vom Strang "Hölle" im Scriptorium abgetrennt. Tacitus.


Allerdings ist auch der biblische Gott nicht allmächtig, was durch eine einfache Frage bewiesen werden kann:
Ist es Gott möglich, einen Stein zu erschaffen, den er selbst nicht heben kann?
Antwortmöglichkeit 1: Er kann den Stein erschaffen, ihn allerdings nicht heben, ergo ist er nicht allmächtig.
Antwortmöglichkeit 2: Er kann den Stein nicht erschaffen, ergo ist seine Macht begrenzt.

Dies trifft auf jeden Gott zu, welcher Mythologie auch immer ...

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Cyco hat geschrieben:Ist es Gott möglich, einen Stein zu erschaffen, den er selbst nicht heben kann? (...) Dies trifft auf jeden Gott zu, welcher Mythologie auch immer ...
Das ist aber ein alberner alter Sophismus, der normalerweise ab der Sekundartstufe II kein Thema mehr sein sollte.

Du dichtest Gott fälschlicherweise eine Macht an, welche Du als "unbegrenzte Möglichkeit, jede beliebige Tat auszuführen" definierst. Das ist ein Trugschluß, und der Fehler liegt in Dir.

Die Widerspruchsfreiheit eines Systems läßt sich nicht aus diesem System heraus beweisen. Deine Definition der Allmacht ist falsch.

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asderrix
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Beitrag von asderrix »

Hallo cyco,

grins, das Beispiel ist sehr alt, aber sag mir, warum soll der eine einzige Gott etwas tun was sinnlos ist?

Würdest du dann an ihn glauben, oder wäre es nicht viel mehr so, dass du dann neue Ausreden suchen würdest?

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Ich gebe Dir ein Analogon, weil das mit der Macht / Allmacht recht schwierig ist. Wir sprechen ja nicht nur von der Allmacht, sondern auch von der Allgegenwart Gottes.

Würdest Du die Definition der Allgegenwart analog zu Deiner Machtdefinition formulieren, so müßtest Du sagen: Gott ist im Wohnzimmer, auf dem Dachboden, draußen im Hof, drüben bei Aldi und nachher in der Kneipe, wo ich Met saufe. Nun, dem ist aber nicht so. Durch die Allgegenwart sagen wir aus, daß Gott eben nicht auf einen bestimmten Ort festgelegt ist. Das heißt, wir abstrahieren vom Raum; Gott transzendiert den Raum.

Ebenso verhält sich's mit den Steinen, die Er erschaffen kann.

Cyco
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Beitrag von Cyco »

asderrix hat geschrieben:Hallo cyco,

grins, das Beispiel ist sehr alt, aber sag mir, warum soll der eine einzige Gott etwas tun was sinnlos ist?

Würdest du dann an ihn glauben, oder wäre es nicht viel mehr so, dass du dann neue Ausreden suchen würdest?
War nicht auch die Erschaffung des Garten Eden sinnlos? Euer Gott hat, laut der Bibel, Menschen erschaffen, deren Schwächen er nicht verhindert hat. Er stellte ihnen eine Prüfung, die diese Menschen nicht bestehen konnten.
Also ist meine Frage, zumindest meiner Meinung nach, durchaus berechtigt.
Und ich möchte sagen, dass ich keine Ausreden suche, ich lasse mich gern durch gute Argument, wie ich sie hier mitunter gesehen habe, eines besseren belehren.


Nietenloaf, stand nicht in der Bibel:
"... wenn Du einen Stein hoch hebst, wirst Du mich finden, und nicht nur in Gebäuden aus Holz und Stein ..."
Diesem Wortlaut entsprechend ist euer Gott allgegenwärtig.
Und wie würdest du, als jemand, der das Christentum besser kennt als ich, die Allmacht deines Gottes definieren?

Grüße

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Cyco hat geschrieben:Nietenloaf, stand nicht in der Bibel:
"... wenn Du einen Stein hoch hebst, wirst Du mich finden, und nicht nur in Gebäuden aus Holz und Stein ..."
Nein, stand da nicht. Du vermengst eine Phrase aus dem Pseudo-"Thomas-Evangelium" mit der losen Wiedergabe einer Phrase aus dem Gebet des Königs Salomo, das er zur Weihe des Tempels zu Jerusalem sprach (der Apostel Paulus wiederholt das später).

Cyco hat geschrieben:Und wie würdest du, als jemand, der das Christentum besser kennt als ich, die Allmacht deines Gottes definieren?

Die Allmacht Gottes können wir nicht definieren, aber erkennen aus der Schöpfung: Es gab Nichts, doch Gott schuf alle großen und herrlichen Dinge, den Himmel und die Erde und alles, was sie erfüllt, aus dem Nichts, und das ohne Mühen, mit Seinem schöpferischen Wort: "Denn wenn er spricht, so geschieht's; wenn er gebietet, so steht's da." (Ps. 33:9). Darin erkennen wir die Allmacht Gottes, ohne sie definieren zu können.


Ich denke, hier muß mal auseinandermoderiert werden.

Cyco
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Beitrag von Cyco »

Nein, stand da nicht.
Ach so, danke. Ich kenne mich in besagter Thematik nicht sonderlich gut aus, bin aber neugierig auf weitere Informationen.
Nietenloaf hat geschrieben:Du dichtest Gott fälschlicherweise eine Macht an, welche Du als "unbegrenzte Möglichkeit, jede beliebige Tat auszuführen" definierst.
Nietenloaf hat geschrieben:Es gab Nichts, doch Gott schuf alle großen und herrlichen Dinge, den Himmel und die Erde und alles, was sie erfüllt, aus dem Nichts, und das ohne Mühen ...
Irre ich mich, oder widersprichst du dir?

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asderrix
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Beitrag von asderrix »

Cyco hat geschrieben:
asderrix hat geschrieben:Hallo cyco,

grins, das Beispiel ist sehr alt, aber sag mir, warum soll der eine einzige Gott etwas tun was sinnlos ist?

Würdest du dann an ihn glauben, oder wäre es nicht viel mehr so, dass du dann neue Ausreden suchen würdest?
War nicht auch die Erschaffung des Garten Eden sinnlos? Euer Gott hat, laut der Bibel, Menschen erschaffen, deren Schwächen er nicht verhindert hat. Er stellte ihnen eine Prüfung, die diese Menschen nicht bestehen konnten.
Ui das musst du mir erklären, warum konnte der Mensch diese Prüfung nicht bestehn?

Nicht unser Gott, sondern der einzig wahre Gott, hat den Menschen mit einen Freien Willen ausgestattet, damit er sich für oder gegen Ihn entscheiden konnte.

Du hast meine Frage nicht beantwortet, Was würde es für dich bedeuten, wenn Gott das tun könnte?

Cyco
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Beitrag von Cyco »

Wenn er zu einer solchen Tat fähig wäre, würde ich him zumindest mehr Respekt zollen, als ich es derzeit tu.
Allerding ist es, wie gesagt, nicht möglich. Keinem Gott.

Und betreffs des freien Willens:
Gerade dadurch war die Prüfung in Eden sinnfrei. Es war klar, dass sich der Mensch verführen lassen würde.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Cyco hat geschrieben:Und betreffs des freien Willens:
Gerade dadurch war die Prüfung in Eden sinnfrei. Es war klar, dass sich der Mensch verführen lassen würde.
Das glaub ich nicht, wären die beiden bloß mit etwas mehr phlegamtisch veranlagt gewesen: "Was interessierts mich, hier geht's mir gut, was brauch ich die Erkenntnis von Böse." ;)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Cyco hat geschrieben:Irre ich mich, oder widersprichst du dir?
Es gibt unsinnige oder paradoxe Aussagen. Damit kann man nichts
begründen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Die eigentliche Frage ist doch, ob der allmächtige Gott in seiner Schöpfung sowie im eucharistischen Brot gegenwärtig bleiben kann.

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Ja!





(Antwort kam ganz spontan aus dem Bauch heraus)





(Gegenfrage: Wenn Gott überall ist, wird er nass, wenn es regnet? :mrgreen:


Geben wir doch einfach zu, dass Gott all unser Erkennen und Verstehen übersteigt...)
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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Erich
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von Erich »

Cyco hat geschrieben:Dies trifft auf jeden Gott zu, welcher Mythologie auch immer ...
dies trifft auf jeden Unsinn zu:

Nimm also irgend eine unsinnige Aussage wie z.B.
- in einem runden Zimmer in die Ecke pinkeln
- einen viereckigen Kreis malen
und schreibe davor "Gott kann nicht" und fertig ist der Unsinn. :D
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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christian12
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von christian12 »

Marc Lienhard, Martin Luthers christologisches Zeugnis, 175 hat geschrieben:[D]ie Schwierigkeiten kommen daher, daß Luther im Rahmen der "communicatio idiomatum" diese Ubiquität als eine der Menschheit [Jesu] mitgeteilte göttliche Eigenschaft ansieht. Man fragt sich dann, wie der Doketismus vermieden werden kann. Wird der menschlichen Natur, und zwar schon bei der Inkarnation, eine göttliche Eigenschaft mitgeteilt, so unterscheidet sie sich von unserem Menschsein und scheint im Widerspruch zu dem von den Evangelien entworfenen Jesusbild zu stehen.
Hallo,

ich bin gerade dabei, den fettgedruckten Satz zu prüfen. Kann dazu jemand von Euch etwas dazu sagen? Hat Luther tatsächlich gelehrt, dass der menschlichen Natur Jesu bei der Inkarnation göttliche Eigenschaften (Ubiquität) mitgeteilt wurden? Wenn ja, welche seiner Aussagen legen das nahe? Lienhard belegt das nicht gut.

Grüßle
christian12

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Niels
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von Niels »

Soweit ich weiß, hat Luther das gelehrt. Da ich gerade nicht zu Hause bin, kann ich das aber nicht verifizieren bzw. geeignete Literatur einsehen oder auf solche hinweisen.
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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christian12
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von christian12 »

Danke! Bin halt auf der Suche nach Primärzitaten.

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Juergen
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von Juergen »

Das Problem wird sein, daß Luther gerade in der Christologie mal so und mal genau gegenteilig geschrieben hat.



7,55,8-16 hat geschrieben:Denn da Christus Gott und Mensch in der selben Person ist, hat er nicht nur nicht gesündigt, noch stirbt er, noch wird er verdammt, sondern er kann nicht einmal sündigen, sterben oder verdammt werden. Seine Gerechtigkeit, sein Leben, sein Heil sind unüberwindlich, ewig und allmächtig. Da nun, sage ich, diese Person… sich zu eigen gemacht und in ihnen sich nicht anders aufhält, als ob es ihre eigenen seien uns sie selbst gesündigt, gearbeitet habe, gestorben und zur Hölle gefahren sei, um alles zu überwinden, und da Sünde, Tod und Hölle ihn nicht überwinden konnten, sind sie bei dem erstaunlichen Kampf notwendig in ihm verschlungen worden.
42,579f hat geschrieben:[Christus] hat nicht einfach die Menschennatur angenommen, sondern die Menschennatur ist von solcher Art, daß sie dem Tod und der Hölle verfallen und unterworfen worden ist. Dennoch hat Christus in dieser Erniedrigung den Teufel, die Hölle und alles in sich selbst verschlungen. Das ist die Communicatio idiomatum.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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christian12
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von christian12 »

@Juergen
Danke. Aber sorry, ich seh grad nicht, wo Luther hier Eigenschaften der göttlichen Natur als der menschlichen Natur mitgeteilt versteht. Würdest Du mir noch nen Hinweis geben?

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Hubertus
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von Hubertus »

Hier findet man zumindest Quellen zur Ubiquität Christi bei Luther.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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christian12
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Re: Omnipotenz und Ubiquität des Göttlichen

Beitrag von christian12 »

Hubertus hat geschrieben:Hier findet man zumindest Quellen zur Ubiquität Christi bei Luther.
Jep, dies ist ganz gut:
Luther, WA 19, 491, 17-20 hat geschrieben:Wir glewben, das Jhesus Christus nach der menscheit sey gesetzt uber alle creaturen und alle ding erfulle…Ist nicht allein nach der Gottheit sondern auch nach der menscheit ein Herr aller ding, hat alles ynn der hand und ist uberal gegenwertig.
Klarer Verstoß gegen die Idiomenkommunikationsregeln, gell?!

Hier klingt er fast doketistisch:
Luther, WA 45, 239, 32-40 hat geschrieben:Und zwar, Er ist auch [am Kreuz] in der warheit von Gott verlassen gewest, Nicht, das die Gottheit von der Menscheit geschieden sey […], Sondern das die Gotheit sich eingezogen und verborgen hat, das es scheinet, und wer es lieset, sagen möchte: Hie ist kein Gott, Sondern lauter Mensch, dazu betruebet und verzagter Mensch. Die Menscheit ist allein gelassen, und der Teuffel hat ein freien Zutritt zu Christo gehabt und die Gottheit hat ire krafft eingezogen und die Menscheit allein kempffen lassen.

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