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Gefälschte Bibel? - Texte im AT

Verfasst: Montag 1. August 2005, 18:09
von Peacemaker
[Dieser Thread ist ein Split aus "Gefälschte Bibel?" - Peacemaker ist nicht sein Urheber. - Mod.]

Die Einheitsübersetzung Deuteronomium 32,8+9:
8 Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, / als er die Menschheit aufteilte, / legte er die Gebiete der Völker / nach der Zahl der Götter fest;
9 der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, / Jakob wurde sein Erbland.
Luther:
8 Da der Allerhöchste die Völker zerteilete und zerstreuete der Menschen Kinder, da setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israel.
9 Denn des HErrn Teil ist sein Volk; Jakob ist die Schnur seines Erbes.

Züricher Bibel:
Als der Höchste den Völkern ihr Erbe gab, als er die Menschenkinder schied, da setzte er fest die Völker nach der Zahl der Engel1)

1) Nach anderer Textüberlieferung: "mit Rücksicht auf die Zahl der Söhne Israels"

Verfasst: Montag 1. August 2005, 20:27
von Benedictus
Peacemaker hat geschrieben:Die Einheitsübersetzung Deuteronomium 32,8+9:
8 Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, / als er die Menschheit aufteilte, / legte er die Gebiete der Völker / nach der Zahl der Götter fest;
9 der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, / Jakob wurde sein Erbland.
Luther:
8 Da der Allerhöchste die Völker zerteilete und zerstreuete der Menschen Kinder, da setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israel.
9 Denn des Herrn Teil ist sein Volk; Jakob ist die Schnur seines Erbes.

Züricher Bibel:
Als der Höchste den Völkern ihr Erbe gab, als er die Menschenkinder schied, da setzte er fest die Völker nach der Zahl der Engel1)

1) Nach anderer Textüberlieferung: "mit Rücksicht auf die Zahl der Söhne Israels"
Das ist ja schon eine sehr krasse Abweichung, und der Inhalt der Einheitsübersetzung ist ja sogar sinnentstellend. Es hört sich dort ja fast so an, als ob ein allerhöchster Gott die Völker aufgeteilt hätte und unserem Gott seinen Anteil gegeben hat - ein Widerspruch zum christlichen Glauben in sich.

Benedictus

Verfasst: Montag 1. August 2005, 20:49
von Juergen
Benedictus hat geschrieben:...der Inhalt der Einheitsübersetzung ist ja sogar sinnentstellend. ...
- ein Widerspruch zum christlichen Glauben in sich.
Ein Übersetzung muß in erster Linie textlich, semantisch etc. korrekt sein. Sie sollte nicht den Text anhand der Dogmatik "verbiegen".

Was nicht zur Dogmatik passt, kann man dann immer noch "wegexegetisieren" und "weginterpretieren" 8)

Verfasst: Montag 1. August 2005, 21:01
von Benedictus
Juergen hat geschrieben:
Benedictus hat geschrieben:...der Inhalt der Einheitsübersetzung ist ja sogar sinnentstellend. ...
- ein Widerspruch zum christlichen Glauben in sich.
Ein Übersetzung muß in erster Linie textlich, semantisch etc. korrekt sein. Sie sollte nicht den Text anhand der Dogmatik "verbiegen".

Was nicht zur Dogmatik passt, kann man dann immer noch "wegexegetisieren" und "weginterpretieren" 8)
Die Frage ist nur, was ist jetzt die korrekte Übersetzung?

Einheitsübersetzung, Züricher, Luther? Ich finde das schon verunsichernd.

Mit dem wegexegetisieren und interpretieren hast Du leider Recht, das wird heute gerne und viel zu häufig gemacht. Das führt dann dazu, das die Geschichten in der Bibel dann plötzlich mehr "symbolisch" zu verstehen sind, dass es bei den Wundern, die Jesus getan hat, mehr um die Aussage an sich als um die Belegung des Wunders geht etc.

Bei solchen Dingen wird mir ehrlich gesagt immer schlecht. Denn was sollte man dann noch wirklich glauben?

Benedictus

Verfasst: Montag 1. August 2005, 21:13
von Juergen
Benedictus hat geschrieben:Die Frage ist nur, was ist jetzt die korrekte Übersetzung?
Selbst ist der Mann 8)

Vers 8 - 9
בְּהַנְחֵל עֶלְיוֹן גּוֹיִם בְּהַפְרִידוֹ בְּנֵי אָדָם יַצֵּב גְּבֻלֹת עַמִּים לְמִסְפַּר בְּנֵי יִשְׂרָאֵל

כִּי חֵלֶק יְהֹוָה עַמּוֹ יַעֲקֹב חֶבֶל נַחֲלָתוֹ

Verfasst: Montag 1. August 2005, 21:54
von Es-Ergo-Cogito
Peacemaker hat geschrieben:Die Einheitsübersetzung Deuteronomium 32,8+9:
8 Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, / als er die Menschheit aufteilte, / legte er die Gebiete der Völker / nach der Zahl der Götter fest;
9 der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, / Jakob wurde sein Erbland.
Luther:
8 Da der Allerhöchste die Völker zerteilete und zerstreuete der Menschen Kinder, da setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israel.
9 Denn des Herrn Teil ist sein Volk; Jakob ist die Schnur seines Erbes.

Züricher Bibel:
Als der Höchste den Völkern ihr Erbe gab, als er die Menschenkinder schied, da setzte er fest die Völker nach der Zahl der Engel1)

1) Nach anderer Textüberlieferung: "mit Rücksicht auf die Zahl der Söhne Israels"
Für mich ist insbesondere im Bereich AT weitaus bedeutsamer, wie denn ein qualifizierter Israelit jenes Wort "überträgt", wie er zu seinen Übersetzungen zu sagen pflegte:

Martin Buber (Die fünf Bücher der Weisung):
Als der Hohe eineignete Stämme
als er Adams Söhne trennte
erstellte er Völkermarken
nach der Zahl der Jifsraelssöhne.
Denn Anteil I H M ist sein Volk,
Jaakob seines Eigentums Meßschnur.

Verfasst: Montag 1. August 2005, 23:47
von Robert Ketelhohn
Das Alte Testament bringt einen ganzen Sack voller Sonderprobleme mit sich. Ich will darum auf die Stelle aus dem Deuteronomium nur kurz eingehen und mich auf den letzten Teilsatz von Vers 8 beschränken.

Hamp/Stenzel/Kürzinger übersetzen: »entsprechend der Zahl der Gottessöhne« (vgl. Gen 6,2.4 und Job 1,6!). Die Version der Zürcher Bibel mit den Engeln gibt exakt die Fassung der LXX wieder (κατὰ ἀριϑμὸν ἀγγέλων Θεοῦ). Hieronymus dagegen übersetzt in der Vulgata aus dem Hebräischen (wie es ihm vorlag, wir kennen heute ja fast nur noch den mindestens siebenhundert Jahre jüngere Masoretentext) »juxta numerum filiorum Israhel - nach der Zahl der Söhne Israels«.

Bubers Fassung dürfte den heutigen Masoretentext wiedergeben, bestätigt also Hieronymus. Nun ist aber auch des Hieronymus Text schon über fünfhundert Jahre jünger als die LXX und ihre Vorlage. Die »Engel« der LXX lassen sich in der Tat als interpretierende Übersetzung von „Gottessöhnen“ deuten, worauf die Schrift an vielen Stellen selbst hinweist, vgl. Gen 6,2.4, Job 1,6; 2,1; 38,7, Ps 28,1 [Hebr. 29,1], Lc 20,36.

Vielleicht erklären sich daher die „Gottessöhne“ oder „Götter“ der neueren Übersetzer. Denn die Söhne Israels sind im Zusammenhang offenkundig ein Anachronismus, können also mit einigem Recht als spätere jüdische Redaktion angesehen werden. Wenn man darum den LXX-Text vorzieht, ihn freilich auch als Redaktion versteht, so mag dahinter ursprünglich der Begriff der „Gottessöhne“ gestanden haben, der freilich für diese Stelle, wie mir scheint, nirgends belegt ist. (Vielleicht könnte jemand bei Kittel in den Apparat schauen?)

Beiläufig habe ich noch mal in die altkirchenslawische Fassung geblickt. Dort heißt es: »по числу аггелъ божїихъ«, also im Prinzip wie in der LXX (nur heißt es statt »Engel Gottes« »göttliche Engel«). Der russische Synodaltext übersetzt dagegen erstaunlicherweise: »по числу сынов Израилевых« (»… Söhne Israels«), also wie Hieronymus nach dem Hebräischen, und merkt dazu in der Fußnote an: »Экзегеты считают, что текст греч. перевода более древний. Вместо „сынов израилевых“ стояло, вероятно, „сынов Божиих“. Сыны Божии (или „боги“) - ангелы (Иов 1 6), члены небесного двора, ст 43 и Пс 29 1; 82 1; 89 7; Тов 5 4; здесь - небесные покровители народов (ср Дан 10 13); избранный же народ Ягве сохранил для себя (Втор 7 6).«

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 10:41
von Juergen
Juergen hat geschrieben:
Benedictus hat geschrieben:Die Frage ist nur, was ist jetzt die korrekte Übersetzung?
Selbst ist der Mann 8)

Vers 8 - 9
בְּהַנְחֵל עֶלְיוֹן גּוֹיִם בְּהַפְרִידוֹ בְּנֵי אָדָם יַצֵּב גְּבֻלֹת עַמִּים לְמִסְפַּר בְּנֵי יִשְׂרָאֵל

כִּי חֵלֶק יְהֹוָה עַמּוֹ יַעֲקֹב חֶבֶל נַחֲלָתוֹ
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Das Alte Testament bringt einen ganzen Sack voller Sonderprobleme mit sich. Ich will darum auf die Stelle aus dem Deuteronomium nur kurz eingehen und mich auf den letzten Teilsatz von Vers 8 beschränken.
....
Gestern hatte ich bereits aus dem Hebr. zitiert. Leider habe ich copy+paste benutzt und zwei falsche Verse hierein kopiert. Aber das hat anscheinend keiner bemerkt.... Nun gut - auch egal!

Aber schon bei flüchtigem Hinsehen erkennt auch ein im Hebräischen ungeübter Laie das בְּנֵי יִשְׂרָאֵל (Beni Israel / Söhne Israels) am Ende.

Es gibt noch den Hinweis auf ἀγγέλων ϑεοῦ gem der mehrheitlichen Überlieferung der LXX und Qumrantexten.

Die BHS bietet aber im textkritischen Apparat auch noch eine abweichende Lesart an(nach Symmachus und einer lat. Übersetzung, die ich aber im Moment nicht recht zurordnen kann (ist ein Fraktur-L mit hochgestelltem Syh)). BHS schreibt: prb recte בני אֵל vel בני אֵלים; also "Göttersöhne".

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 11:17
von Robert Ketelhohn
£ syh dürfte ein Fragment des anonymen syrischen Hexapla-Übersetzers sein (vielleicht L wie Laodicæa?); hier also Symmachus für diesen Vers laut einem Fragment des Syrers? Allerdings fehlen in Fields Hexapla-Ausgabe Fragmente zu Vers 8 ganz. Evt. ein jüngerer Fund? Denn die syro-hexaplarische Version hat Field sehr wohl verwendet. Vielleicht mißinterpretiere ich aber auch was.

BHS nennt die „Göttersöhne“ also prb recte, mithin die »wahrscheinlich richtige« Version. Na, da haben wir die gestrigen Vermutungen doch bestätigt. :)
[/color]

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 11:20
von Robert Ketelhohn
Schau dir doch noch mal den samaritanischen Pentateuch
an, Jürgen! Kannst du das interpretieren (ist aus Dt 32)?

Bild

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 11:35
von Juergen
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Schau dir doch noch mal den samaritanischen Pentateuch
an, Jürgen! Kannst du das interpretieren (ist aus Dt 32)?

Bild
Worauf willst Du hinaus?

Vers 8? ...Beni Israel. -> Söhne Israels

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 11:44
von Robert Ketelhohn
Danke. (Dann ist auch diese Version vermutlich bereits recht alt.)

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 12:53
von Juergen
Ich habe mir mal verschiedene Übersetzungen, die ich auf dem Rechner habe, angeschaut:

LXX: kata ἀγγέλων ϑεοῦ
Vulgata: filiorum israhel
Ben Asher: beni israel (ebenso Modern hebr. Bible)

Jewis Publ. Society OT; Authorised Version Red Letter Ed. (1769); Dauay (1899); King James und weitere engl. Übers: children of israel

Wycliff und Modern KJV 1963: sones of Israel

Elberfelder (1871 und 1905); Luther (1545 und 1912): Kinder Israels


Ich hätte noch was arabisches anzubieten, das ich aber selbst nicht lesen kann:
حين قسم العلي للامم حين فرق بني آدم نصب تخوما لشعوب حسب عدد بني اسرائيل.

Hier noch ein Kommentar aus der "Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jerusalemer Bibel"
32,8 der Götter Wörtlich: "der Söhne Gottes" (oder der Götter)", Korr. nach G; M: "der Söhne Israels" - Die "Söhne Gottes" sind die Engel, Ijob 1,6+, Mitglieder des himmlischen Hofes, vgl. v. 43 und Ps 29,1; 82,1; 89,7; vgl. Tob 5,4; hier die Schutzengel der Völker; vgl. Dan 10,13+. Jahwe aber hat Israel, sein erwähltes Volk, sich selbst vorbehalten, vgl. Dtn 7,6+.
Anmerkung: G meint hier die LXX; M meint den Masoretischen Text.

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Ich glaube ohne weitere Hilfsmittel kommt man hier nicht weiter. Leider hat die Präsenzbibliothek meiner Fakultät in den Semesterferien zumeist geschlossen, so daß ich im Moment nicht an vernünftige Literatur (Kommentare/andere kritischer Ausgaben) herankomme.

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 13:13
von Ragnar
:mrgreen:

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 13:36
von Es-Ergo-Cogito
..tse..
(...wenn kleine Kinder von ihren Eltern nicht erzogen wurden, suchen sie sich ihre Erzieher später selbst: Also, nicht sparen mit dem Stock!)

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 13:46
von Juergen
Inzwischen habe ich in Erfahrung gebracht, daß beim arabischen Text auch "Söhne Israels" oder "Israeliten" steht.

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 13:47
von Tacitus
Benedictus hat geschrieben:
Peacemaker hat geschrieben:Die Einheitsübersetzung Deuteronomium 32,8+9:
8 Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, / als er die Menschheit aufteilte, / legte er die Gebiete der Völker / nach der Zahl der Götter fest;
9 der Herr nahm sich sein Volk als Anteil, / Jakob wurde sein Erbland.
Das ist ja schon eine sehr krasse Abweichung, und der Inhalt der Einheitsübersetzung ist ja sogar sinnentstellend. Es hört sich dort ja fast so an, als ob ein allerhöchster Gott die Völker aufgeteilt hätte und unserem Gott seinen Anteil gegeben hat - ein Widerspruch zum christlichen Glauben in sich.

Benedictus
Also für mich ist die Einheitsübersetzung die einzig richtige.

Zu den Quellen: Ich kann bei der BHS Fraktur-L und Syh auch nicht zusammen finden, wohl aber einzeln (Prolegomena XLVI und XLVIII), wonach L vetus versio Latina secundum P. Sabatier ist und Syh Syrohexaplaris. Vielleicht kann man die so zusammenbringen, wie Robert dies oben kleingedruckt dargestellt hat.

Aber inhaltlich spricht m.E. vieles dafür, dass dies die originäre Schreibung ist. Denn: der poetische Text stellt ja die beni adam (v.8a) wem gegenüber? Den beni jisrael (v.8b)? Nein, doch wohl eher den beni elim, also die Menschensöhnen den Göttersöhnen, was Sinn macht, und nicht den Söhnen Israels. Denn den beni jisrael würde man doch eher die beni gojim (Söhne der Völker, Heiden) gegenüberstellen.

Die von mir präferierte Version erklärt sich auch aus dem damaligen polytheistischen Denken: Die anderen Völker haben ihre Götter (sind ihnen zugeteilt), aber Israel hat seinen Gott!

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 14:19
von Juergen
Tacitus hat geschrieben:Zu den Quellen: Ich kann bei der BHS Fraktur-L und Syh auch nicht zusammen finden, wohl aber einzeln (Prolegomena XLVI und XLVIII), wonach L vetus versio Latina secundum P. Sabatier ist und Syh Syrohexaplaris. Vielleicht kann man die so zusammenbringen, wie Robert dies oben kleingedruckt dargestellt hat.
Das passt natürlich nicht recht zusammen:

L -> vetus versio Latina
Syh -> Syrohexaplaris, i.e. versio Syriaca textus Graeci ex recensione Origenis

Wie soll eine lateinische Version einen Index haben, der auf eine syrische Version verweist.

Ne!

Aber wenn man bei "L" weiterliest steht dort:

L-> vetus versio Latina (...); sigla secundum editionem Beuronensem, pars I (Freiburg 1949).

Hat man da vielleicht einfach die Sigla jener lat. Version übernommen, ohne sie extra in der BHS aufzuführen? Das würde bedeuten: um die Sache aufzuschlüsseln müßte man in eben jener lat. Ausgabe nachgucken.
Sollte es so sein, kann ich nur sagen: Unpraktikabler kann man sowas natürlich nicht aufziehen.


NACHTRAG 16:30

Ich hab noch etwas gefunden.

Gerhard Rad übersetzt seinem Kommentar Das fünfte Buch Mose, erschienen in der Reihe Das alte Testament Deusch (Göttingen), 1964 die Stelle mit:
...nach der Zahl der 'göttlichen Wesen'. (S. 137)

In einer Fußnote (S. 140 Anm. 2) schreibt er:
G. Rad hat geschrieben:Der massoretische Text in V.8b lautet "bestimmt er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Söhne Israels". Schon lange hat man diesem Text mißtraut, weil LXX "nach der Zahl der Göttersöhne" gelesen hat. Nunmehr ist es durch ein Fragment aus der Höhle 4 von Qumran so gut wie sicher, daß der massoretische Text nicht der ursprüngliche ist...

Dann habe ich mal im Migne (PG XV) bei Origenes nachgeschaut.
Er kennt folgende Versionen (in Hexapla):
Hebräisch: בני אדם (Beni Adam / Söhne Adams)
Aquila: Εἰς ψῆρον υἱῶν Ἰσραήλ
Symmachos: κατὰ ἀριϑμος υἱῶν Ἰσραήλ
Theodotion: κατὰ ἀριϑμος υἱῶν Ἰσραήλ
LXX: κατὰ ἀριϑμος ἀγγέλων Θεοῦ

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 22:17
von Robert Ketelhohn
Jürgen hat geschrieben:Hier noch ein Kommentar aus der "Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jerusalemer Bibel"
32,8 der Götter Wörtlich: "der Söhne Gottes" (oder der Götter)", Korr. nach G; M: "der Söhne Israels" - Die "Söhne Gottes" sind die Engel, Ijob 1,6+, Mitglieder des himmlischen Hofes, vgl. v. 43 und Ps 29,1; 82,1; 89,7; vgl. Tob 5,4; hier die Schutzengel der Völker; vgl. Dan 10,13+. Jahwe aber hat Israel, sein erwähltes Volk, sich selbst vorbehalten, vgl. Dtn 7,6+.
Das ist so ziemlich, was ich oben als russische Fußnote zitiert hatte … hatte noch gar nicht gemerkt, daß die der Synodalübersetzung den Jerusalemer Kommentar beigegeben haben.
Jürgen hat geschrieben:Das passt natürlich nicht recht zusammen:
L -> vetus versio Latina
Syh -> Syrohexaplaris, i.e. versio Syriaca textus Graeci ex recensione Origenis
Wie soll eine lateinische Version einen Index haben, der auf eine syrische Version verweist.
Kann es sein, daß das L und das syh gar nicht zusammengehören? Ansonsten wird sich diese Frage wohl nur in der Bibliothek lösen lassen …
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Allerdings fehlen in Fields Hexapla-Ausgabe Fragmente zu Vers 8 ganz.
[/color]
Da hatte ich ganze Tomaten auf den Augen – oder war, vermutlich, im falschen Kapitel. Der Vers ist da.
Jürgen hat geschrieben: Dann habe ich mal im Migne (PG XV) bei Origenes nachgeschaut.
Er kennt folgende Versionen (in Hexapla):
Hebräisch: בני אדם (Beni Adam / Söhne Adams)
Aquila: Εἰς ψῆρον υἱῶν Ἰσραήλ
Symmachos: κατὰ ἀριϑμος υἱῶν Ἰσραήλ
Theodotion: κατὰ ἀριϑμος υἱῶν Ἰσραήλ
LXX: κατὰ ἀριϑμος ἀγγέλων Θεοῦ
Quoad versiones Græcas, lege:
• ψῆϕον pro ψῆρον,
• ἀριϑμὸν pro ἀριϑμος (ter).
Quoad textum Hebraicum, secundum Fields Hexapla habent filiorum Israel (בְּנֵי יִשְׂרָאֵל), non Adæ.

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:07
von Tacitus
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Kann es sein, daß das L und das syh gar nicht zusammengehören?
Die Idee ist so gut, dass sie wohl die Lösung sein wird.
Das sigma davor steht für Symmachus und gehört ja auch nicht zum Fraktur-L.

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:09
von Petra
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Adæ
Was heißt das denn?

(Jürgen, hast du auch eine aramäische Fassung?)

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:11
von Robert Ketelhohn
Adams.

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:21
von Juergen
Tacitus hat geschrieben:Das sigma davor steht für Symmachus und gehört ja auch nicht zum Fraktur-L.
Das ist m.E. eh' unstrittig.
Aber ein Fraktur-L mit dahinter hochgestelltem "Syh" ist - sagen wir mal "eigenartig", jedenfalls nicht im Schlüssel erklärt.

Nebenbei:
man muß wohl auch unterscheiden zwischen "syh" und "Syh".

Petra hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Adæ
Was heißt das denn?

(Jürgen, hast du auch eine aramäische Fassung?)
Das Adae von Robert ist lateinisch und bezieht sich auf das "beni adam"

Eine aram. Fassung hab ich nicht.

Soll ich mal suchen?

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:41
von Petra
Ein Beni Adam gibt es auch in der arab. Fassung. Aber es ging doch eigentlich nur um das Ende von Vers 8, oder?

Sorry, wenn ihr Griechisch schreibt, kriech ich doch nichts mit :nein: *

(Such mal das Aramäische, Jürgen. Aber es ist bestimmt jünger als die hebräische Version, und dann sowieso nur eine Übersetzung des offiziellen Originals.)

*Wie auch die meisten Leser dieses hochinteressanten Threads. :mrgreen:

PS. Ganz förchterlich lieb bin :ikb_angel_not:

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:45
von Juergen
Petra hat geschrieben:Ein Beni Adam gibt es auch in der arab. Fassung.
Ach?
Was Du alles für Sprachen kannst...? :mrgreen:
Kannste das mal im arab. Text genau lokalisieren....? :mrgreen:
Schreib es am besten nochmal hier herein -- und vergiß die Punkte nicht.
Aber es ging doch eigentlich nur um das Ende von Vers 8, oder?
Eben, darum geht es.
Juergen hat geschrieben:Dann habe ich mal im Migne (PG XV) bei Origenes nachgeschaut.
Er kennt folgende Versionen (in Hexapla):
Hebräisch: בני אדם (Beni Adam / Söhne Adams)

Verfasst: Dienstag 2. August 2005, 23:59
von Petra
Wie dir bei Gelegenheit mitgeteilt wurde 8) , hat die arab. Fassung wohl als Grundlage den Luther-Text. (Luther: der Menschen Kinder, arab: der Söhne des Adam/Menschen)

Juergen hat geschrieben:
Petra hat geschrieben:Ein Beni Adam gibt es auch in der arab. Fassung.
Ach?
Was Du alles für Sprachen kannst...? :mrgreen:
Kannste das mal im arab. Text genau lokalisieren....? :mrgreen:
Schreib es am besten nochmal hier herein -- und vergiß die Punkte nicht.
Schöft, do Schöft :D

Guts Nächtle und angenehme Träume :huhu:

Verfasst: Samstag 6. August 2005, 10:58
von Juergen
Durch die Diskussion über die Taufe im Nachbarstrang über die Apost. Überlieferung angeregt, bin ich über ein Zitat bei Origenes gestolpert (In Luc. Hom. XIV,5). Origenes zitiert dort aus Ijob
Origenes hat geschrieben:Oder wie kann es bei kleinen Kindern denn überhaupt einen Grund für das Taufbad geben, es sei denn in dem Sinn... 'Niemand ist von Befleckung rein, nicht einmal, wenn sein Leben nur einen Tag dauert' (Ijob 14,4f.)...
Einheitsübersetzung hat geschrieben:Ijob 14,4: Kann denn ein Reiner von Unreinem kommen? / Nicht ein einziger.
5 Wenn seine Tage fest bestimmt sind / und die Zahl seiner Monde bei dir, / wenn du gesetzt hast seine Grenzen, / so daß er sie nicht überschreitet.
Luther (1545) hat geschrieben:14,4 Wer will einen Reinen finden bei denen, da keiner rein ist?
5 Er hat seine bestimmte Zeit, die Zahl seiner Monden stehet bei dir; du hast ein Ziel gesetzt, das wird er nicht übergehen
Elberfelder (1905) hat geschrieben:14,4 Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen kommen? Nicht ein einziger!
5 Wenn denn bestimmt sind seine Tage, die Zahl seiner Monde bei dir sind, wenn du ihm Schranken gesetzt hast, die er nicht überschreiten darf,
Schlachter (1951) hat geschrieben:14,4 Gibt es einen Reinen unter den Unreinen? Keinen einzigen!
Wenn doch seine Tage und die Zahl seiner Monde bei dir bestimmt sind und du ihm ein Ziel gesetzt hast, das er nicht überschreiten kann,
Vulgata hat geschrieben:14,4 quis potest facere mundum de inmundo conceptum semine nonne tu qui solus es
5 breves dies hominis sunt numerus mensuum eius apud te est constituisti terminos eius qui praeterire non poterunt
LXX hat geschrieben:14,4 τίς γὰρ καϑαρὸς ἔσται ἀπὸ ῥύπου ἀλλ' οὐϑείς.
5 ἐὰν καὶ μία ἡμέρα ὁ βίος αὐτοῦ ἐπὶ τῆς γῆς,
ἀριϑμητοὶ δὲ μῆνες αὐτοῦ παρὰ σοί,
εἰς χρόνον ἔϑου, καὶ οὐ μὴ ὑπερβῇ.
Martin Buber hat geschrieben:14,4 [Wer gäbs: aus Makligem Reines! Nicht eins!]
5 Sind festgelegt seine Tage,
ist die Zahl seiner Monde bei dir,
tatest du die Schranke ihm zu, die er nicht überschreite,-
Buber setzt den Vers 4 in Klammern: In der BHS steht der Verweis, daß der Vers in verschiedenen Handschriften fehlt.

:kratz:

Verfasst: Samstag 6. August 2005, 15:09
von Robert Ketelhohn
Origenes gibt hier im wesentlichen die Lesart der LXX wieder, außer daß er rhetorische Frage und Antwort Job 14,4 zu einer direkten Aussage zusammenfaßt, damit es in seinen Redefluß paßt (kann nicht a. d. lat. Übers. liegen, da de princ. IV,4,4 ebenso, wo nicht Hier., sondern Ruf. übers.).

Die übrigen scheinen den hebäischen Text auszulegen, wie er auch in der Hexapla auf hebräisch und in der griech. Version des Aquila vorliegt. Die Bandbreite der Übertragungsversuche zeigt, daß das Hebräische hier schwierig, wenn nicht verderbt ist. Vielleicht nicht von ungefähr kommt es, daß der Philolog Origenes hier dem von der LXX gegebenen Sinn den Vorrang gibt.

(Die Auslegung, die Origenes unter Bezug auf diese Stelle dem Evangelientext Lc 2,21-24 gibt, offenbart übrigens ausgesprochen gnostische Denkstrukturen. Aber das gehört vielleicht nicht hierher.)

2. SAMUEL 12,31 - nach Holocaust mal schnell umgeschrieben?

Verfasst: Dienstag 7. März 2006, 14:38
von josef
Hallo Theologen,


Hab' vollmundig behauptet, Bibeltexte seien auf das Genaueste abgestimmt und übersetzt.

Man hat mir gleich ein krasses Gegenbeispiel vorgehalten:
2. Samuel 12,31

1. Die Bibel - neue Version nach 1959:

.31 Aber das Volk darin führte er [David] heraus und stellte sie als Fronarbeiter an die Sägen, die eisernen Pickel und an die eisernen Äxte und ließ sie an den Ziegelöfen arbeiten. So tat er mit allen Städten der Ammoniter. Danach kehrten David und das ganze Kriegsvolk nach Jerusalem zurück.


2. Die Bibel - alte Version vor 1959:
.31 Aber das Volk drinnen führte er heraus und legte sie unter eiserne Sägen und Zacken und eiserne Keile und verbrannte sie in Ziegelöfen.


Das kann doch nicht wahr sein!
Wenn die Bibel schon an die aktuelle Politik so angepasst wird, dann frage ich mich, was im Laufe der letzten 2000 Jahre noch so verändert wurde.

Gibt es einen Internetbericht wie die Übersetzungsänderung zustande kam?

Danke für Informationen.


Gruß
josef

Verfasst: Dienstag 7. März 2006, 16:03
von Robert Ketelhohn
Nutz mal die Suchfunktion. Das Thema hatten wir schon.

Verfasst: Dienstag 7. März 2006, 16:49
von Linus
Robert, du Meister an der Suchmadschine
Robert Ketelhohn hat geschrieben:hab doch Kreuzgang-Suche ;)
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nutz mal die Suchfunktion. Das Thema hatten wir schon.
:freude:

Verfasst: Dienstag 7. März 2006, 17:00
von holzi