Wann ist Sünde Sünde?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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FioreGraz
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Wann ist Sünde Sünde?

Beitrag von FioreGraz »

Nchdems hier jetzt ja schon darum gegangen ist gültigkeit der Sakramente und ob Lügen immer Sünde ist.
Wann ist Sünde Sünde?

Wird aufgrund der Intention die Handlung zur Sünde oder reicht die Handlung an sich?

Der Jesuitenwahlspruch lautet ja "Der Zweck heiligt die Mittel" - Ist das nicht schon Intentionsbezogen.

Und wie siehts dann mit Sünden im Schlaf aus?

LG
Fiore

Anastasis

Re: Wann ist Sünde Sünde?

Beitrag von Anastasis »

FioreGraz hat geschrieben:Der Jesuitenwahlspruch lautet ja "Der Zweck heiligt die Mittel" - Ist das nicht schon Intentionsbezogen.
Das bezieht sich aber nur auf ein an sich neutrales, nicht auf ein an sich schlechtes Mittel - es heißt nicht, wie man das gern, aber falsch interpretiert: für ein gutes Ziel darf man auch zweifelhafte oder eindeutig schlechte Mittel anwenden!

(Und die Jesuiten würden sich sehr bedanken, das als ihren "Wahlspruch" bezeichnet zu sehen.)

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Naja diese Parole wird zumindest Ignatius unterstellt.Ist dann ja auch Interpretationssache ("Der gut ZWeck heiligt das böse Mittel"). War auch nur als Beispiel gedacht. Also wann gitl Sünde als Sünde.

Gesetzestreue oder Geist?

LG
Fiore

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roncalli
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Re: Wann ist Sünde Sünde?

Beitrag von roncalli »

FioreGraz hat geschrieben:Wird aufgrund der Intention die Handlung zur Sünde oder reicht die Handlung an sich?
Und wie siehts dann mit Sünden im Schlaf aus?
Nur beabsichtigte Handlungen können Sünde sein.
Der Inhalt einer Handlung (Objekt, objektives Geschehen), die Absicht des Handelnden und die Umstände der Handlung bestimmen die Sittlichkeit einer Handlung.

Anastasis

Beitrag von Anastasis »

FioreGraz hat geschrieben:Naja diese Parole wird zumindest Ignatius unterstellt.Ist dann ja auch Interpretationssache ("Der gut ZWeck heiligt das böse Mittel").
(Auch wenn's jetzt hartnäckig OT ist:
Jesuiten gelten, so verrät es zum Teil bis heute die Umgangssprache, als schlau, verschlagen, listig, doppelzüngig und falsch. Dieser Vorwurf wird häufig unterstrichen durch die Behauptung, die Jesuiten hätten in ihrer Morallehre als oberste Richtnorm den Satz geprägt: »Der Zweck heiligt die Mittel.« Dies würde bedeuten, dass für die Jesuiten auch ein unmoralisches Mittel wie etwa eine Lüge gerechtfertigt und erlaubt ist, wenn es nur zu einem guten Zweck oder Ziel eingesetzt werde, zumal dann, wenn katholische Interessen auf dem Spiel stünden.(...)

Tatsache ist, dass Schweizer Jesuiten seit dem frühen 19. Jahrhundert eine Prämie von 1.000 Gulden ausgesetzt haben für denjenigen, der den ominösen Satz, der Zweck heilige die Mittel, einem Jesuiten nachweisen könnte. Dieser Preis wurde bis auf den heutigen Tag nicht ausbezahlt und wird auch in Zukunft nicht zu gewinnen sein, da ein solches Prinzip den Bankrott jeder Moral bedeuten würde und somit von keinem Moralphilosophen oder -theologen jemals gelehrt werden könnte.
Der einzig mögliche und von den Jesuiten vertretene Sinn des Satzes ist der, dass ein in sich moralisch indifferentes Mittel durch einen guten Zweck geheiligt wird: So kann ein vom Sittengesetz her indifferenter Spaziergang ein sittlich gutes Werk werden, wenn er zum Beispiel um der Begleitung eines kranken oder alten Menschen willen oder als Zeichen einer Freundschaft unternommen wird.
Quelle

Und nun - zurück zum Thema...)

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Der KKK hat geschrieben:1857 Damit eine Tat eine Todsünde ist, müssen gleichzeitig drei Bedingungen erfüllt sein: „Eine Todsünde ist jene Sünde, die eine schwerwiegende Materie zum Gegenstand hat und die dazu mit vollem Bewußtsein und bedachter Zustimmung begangen wird"

...

1860 Unverschuldete Unkenntnis kann die Verantwortung für ein schweres Vergehen vermindern, wenn nicht sogar aufheben. Aber von niemandem wird angenommen, daß er die sittlichen Grundsätze nicht kennt, die in das Gewissen jedes Menschen eingeschrieben sind. Auch Triebimpulse, Leidenschaften sowie von außen ausgeübter Druck oder krankhafte Störungen können die Freiheit und die Willentlichkeit eines Vergehens vermindern. Die Sünde aus Bosheit, aus überlegter Entscheidung für das Böse wiegt am schwersten.

...

1862 Eine läßliche Sünde begeht, wer in einer nicht schwerwiegenden Materie eine Vorschrift des Sittengesetzes verletzt oder das Sittengesetz zwar in einer schwerwiegenden Materie, aber ohne volle Kenntnis oder volle Zustimmung übertritt.


http://www.vatican.va/archive/DEU0035/__P6I.HTM

Und nach Lesen von Nr. 1860 sagt sich dann der Gesetzestreue: [Punkt] Meine Sünden geschehen alle aus Leidenschaft, ... dann ist es ja alles halb so schlimm!


Naja, was soll man dazu sagen?
So: :roll: oder so: 8)
Gruß Jürgen

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Cicero
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Beitrag von Cicero »

Juergen hat geschrieben: Naja, was soll man dazu sagen?
So: :roll: oder so: 8)
Je nach dem

Ich habe mir selber was vorgemacht,
es war wohl doch so, daß ich es hätte wissen können, was ich tue dann

oder

ob ich mit Erleichterung oder auch mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen muß, daß ich wohl nicht Herr meiner Sinne war....

Niemand, der sich für ernsthaft hält, kann so locker mal eben behaupten, dies oder das sei Sünde oder nicht.
Die Gewissenserforschung und das Beichtgespräch dienen der Überprüfung und der Einsicht in meine Sünden und / oder Schwächen.
Der Beichtvater darf auch bei der einen oder anderen Eingestandenen Schuld ruhig mal nachfragen, wie es mit der Einsicht aussieht.
So bald ich um eine Sache weiß, und trotzdem und mit Absicht gegen ein Gebot handele ist es eben Sünde. Die Erkenntnis schmerzt.
Iiiiich ? ein Sünder ? Autsch!
So ist es aber nun einmal.
KKK hat geschrieben:...Triebimpulse, Leidenschaften sowie von außen ausgeübter Druck oder krankhafte Störungen...
Die Erkenntnis, das eines davon vorliegt und eine Handlung deswegen keine Sünde ist, halte ich übrigens nicht gerade für einen Grund zur Freude. Allenfalls ist es ein Grund für Erleichterung, da ich zu der Einsicht kommen kann, daß ich keine Schuld auf mich geladen habe.
Konsequenzen sollte allerdings auch diese Ansicht in der einen oder anderen Weise haben.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Cicero hat geschrieben:
KKK hat geschrieben:...Triebimpulse, Leidenschaften sowie von außen ausgeübter Druck oder krankhafte Störungen...
Die Erkenntnis, das eines davon vorliegt und eine Handlung deswegen keine Sünde ist, halte ich übrigens nicht gerade für einen Grund zur Freude. Allenfalls ist es ein Grund für Erleichterung, da ich zu der Einsicht kommen kann, daß ich keine Schuld auf mich geladen habe.
Konsequenzen sollte allerdings auch diese Ansicht in der einen oder anderen Weise haben.
Der Fabeldichter hat geschrieben:Der Skorpion und die Schildkröte
Bekanntlich können Skorpione nicht schwimmen. Eines Tages aber (es kann auch gestern gewesen sein) wollte ein Skorpion einen Fluß überqueren.
So fragte dieser die Schildkröte, die gerade des Weges kam, ob sie ihn nicht übersetzen wolle. Darauf die Schildkröte: "Wie komme ich dazu! Wenn wir mitten im Fluß sind, stößt du zu und ich ertrinke". "Ei, wie doch! Sei nicht dumm", erwiderte der Skorpion, "wenn ich dich steche, dann gehe ich ja selbst unter."
Das leuchtete der Schildkröte ein und sie nahm den Skorpion auf ihren Rücken. Sie stieg ins Wasser und als beide mitten im Fluß waren, bog der Skorpion seinen Schwanz über den Rücken und stach zu.
"Wie konntest du das nur tun?", stöhnte im Untergehen die Schildkröte. "Das ist nun einmal meine Natur", röchelte der Skorpion, kurz bevor ihn die Wellen verschlangen.
Soweit der lehrreiche Exkurs ins Fabelreich zum Thema Natur, Erbsünde, Einsicht, Sünde etc.
Gruß Jürgen

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Also alles in allem besonders roncalli bestätigt, das eigentlich das Motiv/intetion die Handlung zur Sünde macht und nicht die Handlung selbst. Auch die ziterten KKK Stellen gehen in diese Richtung, Der Vorsatz zählt.
Liege ich damit falsch oder richtig?

LG
Fiore

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Zumindest formulierst du gefährlich mißverständlich. Unter Berufung aufs „Motiv“ kannst du alles sauberwaschen, beispielshalber die Euthanasie: »Ich wollte ja bloß, daß Oma nicht mehr leiden muß.«
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Biggi
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Beitrag von Biggi »

FioreGraz hat geschrieben:Also alles in allem besonders roncalli bestätigt, dass eigentlich das Motiv/Intention die Handlung zur Sünde macht und nicht die Handlung selbst. (...) Der Vorsatz zählt.
Liege ich damit falsch oder richtig?
Eher falsch. Denn es gibt Handlungen, die in sich falsch/sündhaft sind und auch durch eine noch so gute Absicht nicht "geheilt" werden. Wohl aber kann auch eine eigentlich gute Tat durch eine falsche/sündhafte Absicht entwertet werden.
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Biggi hat geschrieben:
FioreGraz hat geschrieben:Also alles in allem besonders roncalli bestätigt, dass eigentlich das Motiv/Intention die Handlung zur Sünde macht und nicht die Handlung selbst. (...) Der Vorsatz zählt.
Liege ich damit falsch oder richtig?
Eher falsch. Denn es gibt Handlungen, die in sich falsch/sündhaft sind und auch durch eine noch so gute Absicht nicht "geheilt" werden. Wohl aber kann auch eine eigentlich gute Tat durch eine falsche/sündhafte Absicht entwertet werden.
Ich habe in Wirklichkeit Folgendes gesagt:
roncalli hat geschrieben:Nur beabsichtigte Handlungen können Sünde sein.
Das heißt, wenn ich, ohne es zu wollen, auf der Straße umfalle und dadurch einen anderen Menschen erdrücke (töte), begehe ich keine Sünde. Ein objektives Geschehen, das nicht in unserer Freiheit liegt, ist nicht sittlich zu bewerten. (Es ging ja im Gespräch auch darum, ob man im Traum sündigen könne etc.)
Ich habe nie behauptet, eine böse Handlung, die ich frei setze, könnte durch ein gutes Motiv zu einer guten Tat werden.
Was Biggi geschrieben, ist korrekt katholisch und richtet sich nicht gegen meine Aussage(n). Man kann es freilich noch ergänzen:
Eine neutrale Handlung (z. B. Singen) kann durch gute Absicht zu einer guten Tat, eine gute Handlung (z. B. Krankenbesuch) durch Motivation und Zweck zu einer noch besseren Tat, eine böse Tat durch die gute Absicht zu einer weniger schweren, ja sogar lässlichen Sünde werden (mildernde Umstände) ...

Theologisch diskutiert wird die Frage, welche Handlungen nun tatsächlich immer böse, also "in sich sündhaft" sind und was sie dazu macht.
(Aber das hatten wir schon in einem anderen Strang > "Darf man lügen?")

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Es richtete sich auch weder Biggis Beitrag noch mein eigener kurz zuvor gegen das von dir Gesagte. Lediglich Fiores Formulierung war mindestens mißverständlich, wenn nicht ganz falsch.
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Biggi
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Beitrag von Biggi »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Es richtete sich auch weder Biggis Beitrag noch mein eigener kurz zuvor gegen das von dir Gesagte. Lediglich Fiores Formulierung war mindestens mißverständlich, wenn nicht ganz falsch.
:top: :ja: :ja: :ja:

Aber warum hat Roncalli sich angesprochen gefühlt??? :kratz:
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Biggi hat geschrieben: Aber warum hat Roncalli sich angesprochen gefühlt??? :kratz:
Ich fühlte mich gar nicht angesprochen, nur von Fiore Graz missverstanden.
Es ging nicht um deinen Beitrag, Biggi, sondern um das Zitat, auf das du reagiertest, ohne zu sagen, dass roncalli hier missverstanden wurde:
Fiore Graz hat geschrieben:Also alles in allem besonders roncalli bestätigt, dass eigentlich das Motiv/Intention die Handlung zur Sünde macht und nicht die Handlung
Nein, das kann roncalli nicht bestätigen.

Biggi
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Beitrag von Biggi »

roncalli hat geschrieben:
Biggi hat geschrieben: Aber warum hat Roncalli sich angesprochen gefühlt??? :kratz:
Ich fühlte mich gar nicht angesprochen, nur von Fiore Graz missverstanden.
Es ging nicht um deinen Beitrag, Biggi, sondern um das Zitat, auf das du reagiertest, ohne zu sagen, dass roncalli hier missverstanden wurde:
Fiore Graz hat geschrieben:Also alles in allem besonders roncalli bestätigt, dass eigentlich das Motiv/Intention die Handlung zur Sünde macht und nicht die Handlung
Nein, das kann roncalli nicht bestätigen.
Aha! Womit mal wieder die Klippen und Untiefen der virtuellen Kommunikation aufs Schönste erwiesen wären... ;)
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Biggi hat geschrieben: Aha! Womit mal wieder die Klippen und Untiefen der virtuellen Kommunikation aufs Schönste erwiesen wären...
So ist es! ;)

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

@roncalli

Gut dann lag ich also falsch in meiner Auffassung. Nun sind also prinzipiell egal welcher Gedanke dahintersteht ausgewiesene sündhafte Handlungen, Sünde.
Nun gehe ich mal davon aus das man "ausgewiesene Sündhafte Handlungen" nicht einfach so begeht weils vielleicht einfacher ist ans Ziel zu gelangen, sondern weil man oft von einer göttlichen Pflicht (z.B. Nächstenliebe wohl als das höchste Gebot) dazu gezwungen wird, oder man nur die Wahl zwischen 2 sündhaften Handlungen hat.
Das heißt Gottes Gebote zwingen mich zur Sünde und die Einhaltung derselben verdammen mich gleichzeitig?
Das erinnert mich irgenwie an Buchstabengehorsam und die Sabbatdiskussion Jesu mit den Schriftgelehrten.

LG
Fiore

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

FioreGraz hat geschrieben:Das heißt Gottes Gebote zwingen mich zur Sünde und die Einhaltung derselben verdammen mich gleichzeitig?
Kannst du hier ein Beispiel nennen, wo das deiner Meinung nach zutrifft?

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

FioreGraz hat geschrieben:@roncalli
Nun sind also prinzipiell, egal welcher Gedanke dahintersteht, ausgewiesene sündhafte Handlungen, Sünde.
Egal ist die Einstellung auch nicht! Sie verschlimmert oder mildert eine Tat oft wesentlich, ja kann die Verantwortlichkeit für eine böse Tat sogar völlig aufheben. Wenn z. B. jemand eine bestimmte objektiv sündhafte Handlung, die er setzt, nicht als Sünde erkennen kann, ja sogar fest davon überzeut ist, eine gute Tat zu begehen, ist er subjektiv von jeder Sünde frei, auch wenn die Tat (trotz bester Absicht) objektiv falsch ist und falsch bleibt.

Man spricht in diesem Fall von einem unüberwindlich irrendem Gewissen. Auch einem irrenden Gewissen muss man gehorchen. Denn der Mensch muss stets das tun, was er als richtig und gut erkennt.
Zwar hat jeder Mensch die Pflicht, sein Gewissen (weiter) zu bilden. Aber die Gewissensbildung muss nicht immer im Sinne der Kirche gelingen...

Micha

Beitrag von Micha »

Mir hat es einmal und immer wieder geholfen, als mir jemand sagte:
Jedes Verhalten gründet in einer Haltung und jede Haltung in einem Halt.
So hängt es also davon ab, wo ich meinen Halt finde - wenn das Fundament morastig ist, wird der Bau auch nix - etwas einfach gesagt.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

@roncalli

Ich habe jetzt versucht irgenwie nicht gerade auf "konstruierte" Extrembeispile zurückzugreifen mir fallen aber komkret nur 2 der Extremen ein.

Beispiel 1

Ein Arzt und eine werdende Mutter im Koma (wieso auch immer), er hat jetz die Wahl (Verwandte gibts keine)

a das Kind auf die Welt zu bringen und damit die Mutter zu töten

b das Kind zu töten und die Mutter retten

c Nichts tun und die Hände in den Schoß legen und alles Gott überlassen

In allen 3 Fällen macht er sich des Mordes schuldig, im 3. noch dazu weil er die Gaben die er von Gott bekommen hat nicht benutzt und das Gewissen wird ihn immer quälen ob er die richtige entscheidug getroffen hat. Er hat keine andere Wahl auser zu töten.

Beispiel 2

Ein Rettungsanitäter kommt zu einem Unfall 2 Veletzte 1 Schwer ein Leichtverletzter (oder auch 2 Schwerverletzte) er hat die Wahl

a Er hilft dem Leichtverletzten (was er nach Vorschrift nach auch muß - oder entscheidet sich für einen SChwerverletzten) und nimmt in Kauf das der andere stirbt. Annahme der ander stirbt.

b Er hilft dem Schwerverletzten (gegen die Vorschrift) der Leichtverletzte ist verwirrt rennt ins nächste Auto und ..... oder der Leichtverletzte ist dohc nicht so gefasst wie angenommen und fällt in einen Schockzustand (Todesurteil - 90% aller toten Unfallopfer im Krankenhaus sterben nicht an den Verletzungen, die sind oft harmlos, sondern am Schock oder dessen zu späte Behandlung)

c Er fährt mit dem Auto weiter

LG
Fiore

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Die klassische Moraltheologie würde darauf antworten:

Beispiel 1:
Wenn nicht beide Leben gerettet werden können, soll ein Arzt sich auf jenes Leben konzentrieren, das nach menschlichem Ermessen am meisten Chance hat zu überleben. Aktiv töten darf er allerdings niemanden, aber er darf bei seinen Heilmethoden den Tod eines Lebens in Kauf nehmen, ohne Schuld auf sich zu laden.

Beispiel 2:
Wenn der Sanitäter alles in seiner Macht Stehende gemacht hat, um dem offensichtlich Schwerverletzten (bis zur erwarteten Ankunft des Arztes) das Überleben zu sichern, hat er sich dem Leichtverletzten zuzuwenden, dem er vermutlich kompetent helfen kann. Sollte der anfänglich für "leichtverletzt" Gehaltene sich als der eigentlich mehr Gefährdete erweisen, ist ihm vermehrt beizustehen.
Wenn nicht beide Leben gerettet werden können, siehe Beispiel 1!

Grundsätzlich gilt: Kein Mensch ist sittlich verantwortlich für Dinge, die für ihn zur Zeit der Tat nicht kalkulierbar sind oder/und nicht in seiner Macht liegen.
Da es sich in den oben genannten Fällen außerdem um Extremsituationen handelt, die einen Helfer mehrfach überfordern können, würde auch die strenge klassische Moraltheologie eventuelle Fehlhandlungen im Hinblick auf subjektive Schuld mild beurteilen.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

@Roncalli

Ad Beispiel 1

Mit dem "rauschneiden" des Kindes tötet er aktiv.

Mit Geburt (austragen des Kindes) tötet er aktiv.

LG
Fiore

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

FioreGraz hat geschrieben: Mit dem "rauschneiden" des Kindes tötet er aktiv.
Ja.
FioreGraz hat geschrieben: Mit Geburt (austragen des Kindes) tötet er aktiv.
Nein.
Er tötet die Mutter ja nicht. Er nimmt aber zur Rettung des Kindes das (wahrscheinliche) Sterben der Mutter in Kauf. Das ist tragisch genug, aber keine Tötung.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

@roncalli

Akzeptieren ist aber wiederum unterlassen und unterlassen wäre wieder eine Sünde.

LG
Fiore

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

FioreGraz hat geschrieben:Akzeptieren ist aber wiederum unterlassen und unterlassen wäre wieder eine Sünde.
Nein, in diesem Fall nicht. Weil nur ein Leben gerettet werden kann, ist der Arzt zur Rettung des zweiten nicht verpflichtet.
Du kennst vielleicht den moraltheologischen Grundsatz: "Ultra posse nemo obligatur" - Niemand ist zu Unmöglichem verpflichtet.
Unmögliches zu unterlassen, ist daher auch keine Sünde.

PS: Übrigens, ist Fiore Nickname für einen Mann oder eine Frau? Vermutlich Frau ... :kratz:

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Doctor Subtilis
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Beitrag von Doctor Subtilis »

Juergen hat geschrieben:
Der KKK hat geschrieben:1857 Damit eine Tat eine Todsünde ist, müssen gleichzeitig drei Bedingungen erfüllt sein: „Eine Todsünde ist jene Sünde, die eine schwerwiegende Materie zum Gegenstand hat und die dazu mit vollem Bewußtsein und bedachter Zustimmung begangen wird"
Hierzu eine für mich höchst aufschlußreiche Interpretation:
Klaus Lüdicke hat geschrieben: Von voller Erkenntnis und Freiheit kann nur die Rede sein , wenn der Kernpunkt des Verhaltens gegen Gottes Gebot als Absage an Gott erkannt und gewollt wird. Daraus ergibt sich: Wann immer ein Mensch sein Verhalten nicht als Absage an Gott erkennt oder will, ist sein Handeln nicht schwere Sünde. Ob er es aber als solches erkennt und will, kann niemand wissen außer ihm selbst und eventuell sein Beichtvater. [...]
Legt man das von Papst Johannes Paul II. [in Reconciliatio et paenitentia, Nr. 17; D.S.] dargelegte Sündenverständnis zugrunde, dann ist das [sc. die Feststellbarkeit einer schweren Sünde ohne Inanspruchnahme der Beichte; D.S.] nur dann der Fall, wenn eine Sünde aus sich heraus, ohne Rücksicht auf die subjektive Einstellung des Täters, immer schwer ist: Abfall vom Glauben, Götzendienst, Gottlosigkeit. In allen anderen Fällen, mag die Materie der Sünde auch noch so wichtig sein, liegt nicht notwendig eine Abkehr von Gott vor.
:ja: :ja:

Meinungen dazu?
Zuletzt geändert von Doctor Subtilis am Mittwoch 3. November 2004, 20:49, insgesamt 1-mal geändert.
"Rahner wollte (wg. einer pos. Stellungnahme zu Küngs Unfehlbarkeitskritik) a.d. Beirat von 'Publik-Forum' austreten und sagte zu mir: 'Da hört für mich jede, jede Diskussion auf. Darüber rede ich nicht mit denen,aus,fertig,basta.'" (H. Vorgrimler)

uli
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Beitrag von uli »

Kardinal Christoph Schönborn aus Wien hat geschrieben:„Die Lehre sagt, zur Todsünde gehören drei Elemente: Erstens, dass es wirklich etwas ganz Schwerwiegendes ist, ... aber zwei weitere Elemente gehören dazu, dass man von Todsünde sprechen kann, die volle Erkenntnis, dass es wirklich etwas so Schweres ist, und noch schwieriger die volle Zustimmung, also der volle freie Wille (KKK 1858-1859). Wo kommt so etwas schon vor? Kommt es vor, dass wir im vollen Wissen um die Schwere einer Tat, die uns aus der Liebe Gottes herausnimmt, die uns trennt von Gott, mit voller Zustimmung und voller Klarheit eine solche Sünde tun? Möglich ist es. „Die Todsünde ist wie auch die Liebe eine radikale Möglichkeit, die der Mensch in Freiheit wählen kann“ (KKK 1861).“
Der Theologe Hans Rotter hat geschrieben:„Todsünde ist eine Sünde, in der der Mensch die "heiligmachende Gnade" verliert. Würde er in diesem Zustand sterben, würde er der ewigen Verdammnis verfallen. Die Todsünde betrifft die innere Beziehung zwischen Mensch und Gott, "den Gnadenstand". Zu erkennen, ob jemand im Stand der Gnade, oder in einer Todsünde radikal von Gott getrennt ist, ist dem Menschen nicht möglich, weder bezüglich der eigenen Person noch erst recht bezüglich seines Mitmenschen. Darüber zu urteilen, steht allein Gott zu. Entsprechend betrifft auch der Begriff der lässlichen Sünde die Gottesbeziehung des Menschen.
Unter einer schweren Sünde verstehen wir hingegen ein schweres sittliches Unrecht, wie es sich äußerlich darstellt, ohne dass dabei Eindeutiges über Gottesbeziehung und Gnadenstand ausgesagt ist. Ein Mord ist z. B. mit Sicherheit eine schwere Sünde. Ob er auch eine Todsünde ist, ob also der Mörder völlig aus der Gnade Gottes herausfällt, ob er, wenn er ohne Bekehrung sterben würde, auf ewig verdammt würde, können wir weder mit Sicherheit bejahen noch verneinen ...
Todsünde ist also eine völlige Abwendung von Gott, die auch die Verfehlung des ewigen Heiles mit sich brächte. Wann eine solche Todsünde geschieht, liegt außerhalb der Möglichkeit menschlichen Erkennens."Ob bei einem konkreten Handeln die Entscheidung gegen das Gute einen solchen Grad an Bosheit erreicht oder die Absage an Gott oder das Gute eine solche Tiefe, dass es darüber zum Verlust der gnadenhaften Verbindung mit Gott kommt, ist weder direkt zu erkennen noch ohne jede Gefahr der Täuschung aus dem Handeln abzulesen. Ob Todsünde oder nicht, bleibt in der Tat für den Menschen unaufhebbar verhüllt und verborgen."
Der Mensch kann nicht mit Sicherheit und Eindeutigkeit wissen, ob er sich in der heiligmachenden Gnade befindet. Er kann das hoffen und darauf vertrauen. Aber ein Urteil darüber muss Gott überlassen bleiben. Wenn es berechtigt ist zu zweifeln, ob je ein Mensch der ewigen Verdammnis verfallen ist oder verfallen wird, dann kann man wegen des inneren Zusammenhanges von Verdammnis und Todsünde mit dem gleichen Recht zweifeln, ob sich je ein Mensch durch eine Todsünde im Sinne des völligen Verlustes der heiligmachenden Gnade radikal von Gott abgewendet hat. Jedenfalls entzieht sich eine sichere Aussage darüber dem menschlichen Urteilen und Wissen. Weil man es nicht mit Sicherheit weiß, kann und wird man also hoffen, dass vielleicht eine solche Sünde nie geschehen ist.“
Uli

www.textdienst.de/woran_christen_glauben.htm

uli
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Beitrag von uli »

Hans Rotter - unmittelbar [u]vor[/u] den oben von mir zitierten Sätzen „Todsünde ist also eine völlige Abwendung von Gott ...“ hat geschrieben: Der spezifische Charakter der Sünde und überhaupt einer sittlichen Handlung ergibt sich nicht primär aus dem Sachverhalt, ob eine Handlung ein Übel bewirkt oder nicht, sondern aus der personalen Intention, die sich in der entsprechenden Handlung ausdrückt. Nur in dem Maße, wie eine Person lieblos, böswillig, verantwortungslos, leichtfertig, rücksichtslos usw. ist, kann von Sünde die Rede sein.... Eine besonders wichtige Thematik einer personalen Sicht der Sünde und des sittlichen Handelns überhaupt ist die Frage der Grundentscheidung ("optio fundamentalis"). Denn menschliche Freiheit ereignet sich immer als Prozess, als ein lebensgeschichtlicher Ablauf. Das Gut- oder Bösesein eines Menschen lässt sich weder aus den sachlichen Gegebenheiten einer bestimmten Situation noch aus einer isoliert betrachteten Augenblicksentscheidung erschließen. ....Auch in der Grundentscheidung legt sich die menschliche Freiheit nicht völlig fest. Es bleibt immer die Möglichkeit einer Revision, etwa einer Bekehrung. ... Wegen der verschiedenen Aspekte des personales Vollzuges ist die Unterscheidung von schwerer Sünde und Todsünde von großer Wichtigkeit ... Unter Todsünde wird hier die Sünde verstanden, insofern sie den Verlust der heiligmachenden Gnade, den Tod des Lebens in der Gnade besagt. Damit wäre eine definitive Abwendung von Gott gemeint, die man auch als völligen Unglauben, gänzliche Verneinung der Liebe, der Hoffnung, der Gerechtigkeit, als Verabsolutierung geschaffener Wirklichkeiten, besonders des eigenen Ichs usw. bezeichnen könnte. <Vgl. Veritatis splendor ebd.> Eine solche Sünde würde dann im Falle des Versterbens der betreffenden Person in dieser Verfassung die endgültige Trennung von Gott, die ewige Verdammnis nach sich ziehen. Die schwere Sünde - H. Weber spricht hier auch von "Sünde als objektivem Verstoß" <Ebd. 298.> - würde sich hingegen mehr auf das Phänomen des Handelns beziehen, wie es sich äußerlich darstellt und wie es auch geistig erfassbar und reflektierbar ist. Hier gibt es natürlich viele Abstufungen und Schweregrade im Übergang von schwerer und leichter Sünde. Ein Wesensunterschied ist in diesem Aspekt nicht gegeben.
Ganzer Rotter-Artikel „Bemerkungen zu einer personalen Sicht der Sünde“ unter http://theol.uibk.ac.at/leseraum/artikel/72.html

Uli

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Doctor Subtilis hat geschrieben:»Wann immer ein Mensch sein Verhalten nicht als Absage an Gott erkennt oder will, ist sein Handeln nicht schwere Sünde.«
Dann begeht also ein oller Germane, der Blutrache übt, oder ein Azteke, der Menschenopfer darbringt, keine Sünde, jedenfalls keine schwere? Das kann’s doch wohl nicht sein. Meinste nicht, daß in dem ganzen Erklärungsansatz der Wurm ist?
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Wenn ich mir einen oder mehrere Menschen als Sklaven halte: kann das denn Sünde sein?
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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