Re: Enzyklika "Fratelli tutti"
Verfasst: Freitag 9. Oktober 2020, 19:36
Herzlichen Dank für das Verständnis!
Herzlichen Dank für das Verständnis!
Hier muß doch ein Mißverständnis ausgeräumt werden.Trisagion hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 17:02Das war aber nicht meine Frage. Wir sind hier ja leider in der unglücklichen Lage, die Autorität verschiedener päpstlicher Dokumente gegeneinander abzuwägen. Ist ein Katechismus also der Autorität halber mehr wie ein Apostolisches Schreiben, eine Enzyklika oder eine Apostolische Konstitution?
Die "einmütige Verkündigung" bezieht sich auf den Episkopat (ecclesia docens dispersa) im Verein mit dem Papst.Trisagion hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 17:02Das ist so nicht richtig, Du hast da schlicht das Kritierium der "einmütigen Verkündigung" ausgelassen. Das Dritte ist hier also, daß eine Lehrtätigkeit aus menschlichem Irrtum oder Sünde heraus zwar offiziell lanciert wird aber der "einmütigen Verkündigung" widerspricht. Daraus folgt nicht unbedingt, daß das Lehramt usurpiert wurde. Denn vom Spezialfall ex cathedra abgesehen kann jeder Mensch, auch ein Bischof oder Papst, irren und sündigen. Und dies kann auch im Amt geschehen - und dadurch wird zwar das Amt beschädigt, aber nicht einfach rückwirkend annuliert.Lycobates hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 16:09Wenn also eine solche Lehrtätigkeit (sei es in ihrer außerordentlichen oder in ihrer ordentlichen tagtäglichen Ausprägung) doch zu irren scheint, handelt es sich entweder nicht um einen Irrtum (sondern das scheint nur so, und der Zweifel muß ausgeräumt werden), oder das Lehramt ist ein usurpiertes. Tertium non datur.
Nun, offenbar doch. Aber nicht in dem Sinne, dass er die Lehre einfach umgeändert, sondern in Bezug auf das Lehramt seiner Vorgänger (und der grundsätzlichen Lehre der Kirche) weiterentwickelt hat. Er sagt "weiterentwickelt", andere sagen "Bruch mit gültiger Lehre".Trisagion hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 17:49Das Problem besteht also nicht darin, daß der Papst sagt Katholiken sollten (in unseren Zeiten) die Todesstrage ablehnen. Das Problem besteht darin, daß die Art und Weise wie dies präsentiert wird den Anschein erweckt, daß es Lehre der Kirche ist, daß die Todesstrafe unter allen Umständen ausgeschlossen ist. Das ist aber nicht der Fall, und der Papst hat keine Befugnis das zu behaupten.
Ja, man kann einwenden, dass die Schreiben doch eher von "fortgeschrittenen" Gesellschaften sprechen und "unmoderne" Gesellschaften (denen man noch die Möglichkeit der Praxis der Todesstrafe einräumt) gar nicht erwähnt werden, aber in meinen Augen ist die Argumentation glasklar: Auch ein Schwerverbrecher hat eine Würde, und diese ist unantastbar (ergo Todesstrafe nicht erlaubt, unter keinen Umständen). Punkt, Aus, Finito!7. Die neue Formulierung der Nr. 2267 des Katechismus der Katholischen Kirche, die Papst Franziskus approbiert hat, liegt auf der Linie des vorausgehenden Lehramts und führt eine konsequente Entwicklung der katholische Lehre weiter.[12] Der neue Text folgt den Spuren der Lehre von Johannes Paul II. in Evangelium vitae und bekräftigt, dass die Unterdrückung des Lebens eines Verbrechers als Strafe für ein Vergehen unzulässig ist, weil sie gegen die Würde der Person verstößt, eine Würde, die auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen hat. Zu diesem Schluss gelangt man auch, wenn man die vom modernen Staat angewandten Strafsanktionen in Betracht zieht, die vor allem auf die Besserung und soziale Wiedereingliederung des Verbrechers abzielen müssen. Schließlich ist die Todesstrafe unter Berücksichtigung der wirksameren Haftsysteme der modernen Gesellschaft nicht notwendig, um das Leben unschuldiger Personen zu schützen. Selbstverständlich bleibt die Pflicht der öffentlichen Autorität bestehen, das Leben der Bürger zu verteidigen, wie das Lehramt immer bestätigt hat und wie der Katechismus der Katholischen Kirche in den Nummern 2265 und 2266 bekräftigt.
[...]
10. Die neue Formulierung der Nr. 2267 des Katechismus der Katholischen Kirche möchte, auch durch einen respektvollen Dialog mit den politischen Autoritäten, zu einem entschiedenen Einsatz dafür anspornen, dass eine Mentalität gefördert wird, welche die Würde jedes menschlichen Lebens anerkannt, und die Bedingungen entstehen können, um die Todesstrafe heute abzuschaffen, wo sie noch in Kraft ist.
Wir sind hier nicht im Deutschleistungskurs und interpretieren ein Gedicht von Goethe, was er denn wohl gemeint haben mag.
Eine Lehre "ex cathedra" bedeutet nicht jede Lehräußerung des Papstes von Amts wegen, jedenfalls nicht im üblichen Sprachgebrauch. Es ist vielmehr eine historisch gesehen seltene Form bei der der Papst formal und explizit eine Lehre für die ganze Kirche als bindend definiert, und dabei der Unterstützung des Heiligen Geistes sicher ist. Es ist auch aus dem gewachsenen Verständnis und Tradition heraus inzwischen schlicht notwendig, daß dies eindeutig durch die verwendete Sprache von "normalen" Lehräußerungen des Papstes abgegrenzt wird. Beim Rückblick in die Geschichte kann man weniger formale Äußerungen des Papstes als "ex cathedra" annehmen, aber bei dem Blick auf den heutigen und zukünftige Päpste nicht. Da hat sich historisch die rechte Form für solche Dinge eben inzwischen herausgebildet.Lycobates hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 23:33Der Papst ist unfehlbar, wenn er ex cathedra lehrt, d.h. qua Papst, von Amts wegen, lehrt, und zwar jedesmal wenn er eine Wahrheit als von Gott geoffenbart alle zu glauben lehrt, oder umgekehrt einen Irrtum als der Offenbarung entgegengesetzt allen Gläubigen zu verwerfen vorhält. Das geschieht, bzw. geschah, in seiner ordentlichen Form, hunderte Male in einem Pontifikat, wie Papst Pius XI. (hier bereits zitiert, s. AAS 20/1928, 14) in Mortalium animos sagte: cotidie: täglich.
Ein diesbezüglicher Wille des Papstes muß eindeutig mitgeteilt werden, sonst ist kein Katholik daran gebunden. Katholiken sind weder Gedankenleser noch dazu verpflichtet den Willen des Papstes zu erraten. In der Praxis bedeutet dies, daß die Form der gewählten Worte essentiell ist um den Willen des Papstes den Gläubigen unmißverständlich zu vermitteln. Und Sprache ist nicht einfach der Willkür des Individuums unterworfen, selbst wenn wir von der Sprache in der Kirche und dem Papst reden. Es bestehen z.B. inzwischen Traditionen wie eine "ex cathedra" Definition auszusehen hat. Bricht ein Papst diese Tradition ohne Vorbereitung und Erklärung, dann ist es schlicht natürlich wenn das nicht verstanden wird. In diesem Fall verpufft sein Willen ineffektiv. Und obwohl es möglich ist für den Papst in jedem beliebigen Dokument eine Lehre jeder beliebigen Autorität vom Stapel zu lassen, ist das erstens unziemlich und zweitens wiederum ineffektiv. Es ist unziemlich, weil Gott Ehre gebührt, auch und gerade vom Papst, und er großen Lehräußerungen bzgl. Gottes Willen einen entsprechenden Rahmen geben sollte. Es ist ineffektiv weil die Gläubigen es vielleicht einfach nicht mitkriegen, wenn der Papst irgendwo in einer obskuren Rede eine Lehre definiert.Lycobates hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 23:33Um das zu tun, ist der Papst nicht an eine gewisse Form gebunden, er kann das in einer Predigt, in einem Brief, in einer Enzyklika, und natürlich in einem Katechismus. Es ist ein reiner Willensakt, der jedesmal dann gegeben ist, wenn nach dem Willen des Papstes ein Widerspruch nicht möglich ist und der betreffende Punkt auch Offenbarungsgut ist.
Dem stimme ich zu. Ich habe ja auch schon erwähnt, daß ich im Falle von Papst F der Meinung bin, daß er nach Bellarmin et al. entweder bereits aufgehört hat Papst zu sein, oder wenigstens im kirchenrechtlichen "Limbo" bzgl. dieser Konsequenz verharrt. (Es ist klar, daß einem häretischen Papst die Chance gegeben werden muß sich zu korrigieren bevor er sein Amt verliert. Es ist auch klar, daß diese Chance nicht ewig währen kann. Was mir nicht klar ist, ist wie lange und unter welchen Umständen diese Chance zu geben ist. Insofern ist mir nicht klar, ob sich das alles bereits erledigt hat, oder nicht.)
Das stimmt, aber es ist eben nicht einfach alles was er lehrt automatisch auf dem Niveau eines Gesamtkonzils.
Eine solche Bewertung ist nicht willkürlich. Die Lehre der Kirche ist nachweisbar, daß die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen zulässig ist. Und es wäre schlicht Geschichtsklitterung diese Bedingungen für praktisch unerfüllbar zu halten. Es steht historisch gesehen unzweifelhaft fest, daß die katholische Kirche in der Vergangenheit die praktische Anwendung der Todesstrafe in verschiedenen Ländern, Zeiten, Völkern und Gesellschaften erlaubt hat. Man kann das nicht "weiterentwickeln" zu einer kategorischen Aussage, daß die Todesstrafe unter keinen Bedingungen zulässig ist. Das ist unlogisch.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 01:32Aber nicht in dem Sinne, dass er die Lehre einfach umgeändert, sondern in Bezug auf das Lehramt seiner Vorgänger (und der grundsätzlichen Lehre der Kirche) weiterentwickelt hat. Er sagt "weiterentwickelt", andere sagen "Bruch mit gültiger Lehre".
Dann bleibt Dir nichts anderes übrig, als diesen Papst als Häretiker zu identifizieren und seine Autorität fürderhin nicht nur in dieser Sache, sondern allgemein, abzulehnen bis er seine Irrlehre widerruft.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 01:32Wenn ich mir die offiziellen Schreiben zu dem Thema durchlese, dann kann ich mich deiner Interpretation nicht anschließen.
Elementare Logik ist nicht der der Entscheidung des Einzelnen überlassen. Ich habe Dir die "Hermeneutik der Kontinuität" ja vorgeführt. Falls man glauben will, daß Papst F hier nicht mit der Tradition bricht, dann muß man argumentieren, daß er nur sagt daß die Bedingungen für die Todesstrafe heutzutage in unseren Gesellschaften (weltweit...) nicht mehr gegenben sind. Nur unter diesen Umständen läßt sich ein Bruch mit der vorhergehenden Lehre vermeiden. Du hast das abgelehnt. Demnach glaubst Du an einen Bruch. Ist dieser Bruch statthaft? Nein. Welche Konsequenzen wirst Du nun also ziehen?Bruder Donald hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 01:32Ob man nun dieser Argumentation folgen möchte und von einer "Hermeneutik der Kontinuität" ausgehen mag, oder eben nicht und von einer "Hermeneutik des Bruchs" spricht, muss dann jeder für sich selbst entscheiden.
Genau. Mein Punkt war schlicht, daß es am Ende für Dich nur zählt wie Du Dich entscheidest bzw. positionierst. Das kann Dir niemand abnehmen, nicht ich, und auch nicht der Papst. Wenn Du jemandem Glauben schenkst, dann schenkst Du, nicht jemand anders.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 01:32Der Papst hat offenbar mir aller Autorität lehramtlich eine bestehende Lehre "geändert" (ob nun als Weiterentwicklung oder als Bruch sei mal dahingestellt) und ich kann doch erwarten, dass er seine Intention argumentativ begründet und darlegt. Dann kann ich mich dazu entscheiden bzw. positionieren.
Das Mißverständnis ist ein hartnäckiges, auch und gerade in Tradikreisen (dazu: http://www.katolikus-honlap.hu/1502/holzer-lerin.pdf) und wohl auch der Tatsache zuzuschreiben, daß die einschlägigen Stellen des Vatikanums in zwei verschiedenen Konstitutionen stehen, ohne voll integriert zu sein, was dem Abbruch der Kirchenversammlung geschuldet ist.Trisagion hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 02:49Eine Lehre "ex cathedra" bedeutet nicht jede Lehräußerung des Papstes von Amts wegen, jedenfalls nicht im üblichen Sprachgebrauch. Es ist vielmehr eine historisch gesehen seltene Form bei der der Papst formal und explizit eine Lehre für die ganze Kirche als bindend definiert, und dabei der Unterstützung des Heiligen Geistes sicher ist. Es ist auch aus dem gewachsenen Verständnis und Tradition heraus inzwischen schlicht notwendig, daß dies eindeutig durch die verwendete Sprache von "normalen" Lehräußerungen des Papstes abgegrenzt wird. Beim Rückblick in die Geschichte kann man weniger formale Äußerungen des Papstes als "ex cathedra" annehmen, aber bei dem Blick auf den heutigen und zukünftige Päpste nicht. Da hat sich historisch die rechte Form für solche Dinge eben inzwischen herausgebildet.Lycobates hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 23:33Der Papst ist unfehlbar, wenn er ex cathedra lehrt, d.h. qua Papst, von Amts wegen, lehrt, und zwar jedesmal wenn er eine Wahrheit als von Gott geoffenbart alle zu glauben lehrt, oder umgekehrt einen Irrtum als der Offenbarung entgegengesetzt allen Gläubigen zu verwerfen vorhält. Das geschieht, bzw. geschah, in seiner ordentlichen Form, hunderte Male in einem Pontifikat, wie Papst Pius XI. (hier bereits zitiert, s. AAS 20/1928, 14) in Mortalium animos sagte: cotidie: täglich.
Mit göttlichem und katholischen Glaubens ist all das zu glauben, was im schriftlichen oder überlieferten Wort Gottes enthalten ist und von der Kirche SEI ES in einem feierlichen Urteil, SEI ES durch das gewöhnliche und allgemeine (universelle) Lehramt als von Gott geoffenbart zu glauben vorgelegt wird.fide divina et catholica ea omnia credenda sunt, quae in verbo Dei scripto vel tradito continentur et ab Ecclesia sive solemni judicio sive ordinario et universali magisterio tamquam divinitus revelata credenda proponuntur.
Ja und nein.Trisagion hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 02:49Es ist auch richtig, daß das ordentliche Magisterium unfehlbar sein kann. Aber eben gerade nicht weil das nun ein bestimmter Papst sagt. Sondern weil das von vielen Päpsten, und Konzilen, und den Vätern, und allen möglichen Katholiken durch die Zeiten immer wieder gesagt und bestätigt wurde. Es ist der Chor der Stimmen durch die Zeit, nicht der Papst zu einer bestimmten Zeit, der hier die Unfehlbarkeit etabliert. Wenn ein Papst täglich im Einklang mit den Zeiten spricht, ist es richtig zu sagen, daß er täglich unfehlbar spricht. Aber eben nicht einfach aus seinem eigenen Amt zu dieser Zeit heraus, nicht unabhängig von dem Chor dem er seine Stimme hinzufügt.
Das ist allerdings richtig.Trisagion hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 02:49Ein diesbezüglicher Wille des Papstes muß eindeutig mitgeteilt werden, sonst ist kein Katholik daran gebunden. Katholiken sind weder Gedankenleser noch dazu verpflichtet den Willen des Papstes zu erraten. [...]Lycobates hat geschrieben: ↑Freitag 9. Oktober 2020, 23:33Um das zu tun, ist der Papst nicht an eine gewisse Form gebunden, er kann das in einer Predigt, in einem Brief, in einer Enzyklika, und natürlich in einem Katechismus. Es ist ein reiner Willensakt, der jedesmal dann gegeben ist, wenn nach dem Willen des Papstes ein Widerspruch nicht möglich ist und der betreffende Punkt auch Offenbarungsgut ist.
Ja, und PF schreibt, dass das nicht richtig war. So jedenfalls verstehe ich folgende Worte (aus der Ansprache), wenn auch nicht diese meine Interpretation eindeutig formuliert wird:Trisagion hat geschrieben: ↑Samstag 10. Oktober 2020, 03:34Und es wäre schlicht Geschichtsklitterung diese Bedingungen für praktisch unerfüllbar zu halten. Es steht historisch gesehen unzweifelhaft fest, daß die katholische Kirche in der Vergangenheit die praktische Anwendung der Todesstrafe in verschiedenen Ländern, Zeiten, Völkern und Gesellschaften erlaubt hat.
Papst Franziskus hat geschrieben:Anbetracht mangelnder Instrumente zur Verteidigung und einer noch nicht so weit entwickelten gesellschaftlichen Reife, schien die Todesstrafe in vergangenen Jahrhunderten die logische Konsequenz, um Gerechtigkeit walten zu lassen. Leider wurde auch im Kirchenstaat auf dieses extreme und unmenschliche Mittel zurückgegriffen, und man hat dabei den Primat der Barmherzigkeit über die Gerechtigkeit vernachlässigt. Wir übernehmen die Verantwortung für die Vergangenheit und bekennen, dass diese Methoden mehr von einer legalistischen als von einer christlichen Haltung bestimmt wurden. Die Sorge um Machterhalt und materiellen Reichtum haben zu einer Überbewertung des Gesetzes geführt und ein tiefes Verständnis des Evangeliums verhindert. Gerade deswegen können wir heute, angesichts einer neuen Notwendigkeit, die Würde des Menschen zu betonen, nicht gleichgültig bleiben. Wir würden uns noch mehr schuldig machen.
Das sehen PF und Ladaria wohl anders:
Papst Franziskus hat geschrieben:Wir stehen hier vor keinerlei Widerspruch zu früheren Lehraussagen, denn die Verteidigung der Würde des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod hat in der kirchlichen Lehre stets eine eindeutige und maßgebende Stimme gefunden. Die harmonische Entwicklung der kirchlichen Lehre gebietet es, Positionen zu vermeiden, die an Argumenten festhalten, die längst eindeutig einem neuen Verständnis der christlichen Wahrheit widersprechen. [...] Darum ist es notwendig zu betonen, dass, egal wie schwer das begangene Verbrechen auch war, die Todesstrafe unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt.
Allerdings, als sog. "Hintertürchen" könnte der nachfolgende Punkt verstanden wissen:Card. Ladaria hat geschrieben:7. Die neue Formulierung der Nr. 2267 des Katechismus der Katholischen Kirche, die Papst Franziskus approbiert hat, liegt auf der Linie des vorausgehenden Lehramts und führt eine konsequente Entwicklung der katholische Lehre weiter.[12] Der neue Text folgt den Spuren der Lehre von Johannes Paul II. in Evangelium vitae und bekräftigt, dass die Unterdrückung des Lebens eines Verbrechers als Strafe für ein Vergehen unzulässig ist, weil sie gegen die Würde der Person verstößt, eine Würde, die auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen hat. [...]
Was nun, wenn wir wieder in ein "vorheriges Milieu" fallen? Ist dann die Todesstrafe für die Kirche okay? Was würden der Papst dann sagen? Wenn unter Umständen die TS doch erlaubt sein sollte, wozu dann den KKK ändern und großspurig auf "Licht des Evangeliums" oder die Würde eines jeden Menschen verweisen?Card. Ladaria hat geschrieben:8. All das zeigt, dass die neue Formulierung der Nr. 2267 des Katechismus eine authentische Entwicklung der Lehre ausdrückt, die nicht im Widerspruch zu früheren Aussagen des Lehramts steht. Diese [früheren] Aussagen können nämlich im Licht der vorrangigen Verantwortung der öffentlichen Autorität für die Wahrung des Gemeinwohls in einem sozialen Umfeld verstanden werden, in dem die Strafsanktionen eine andere Bedeutung hatten und in einem Milieu erfolgten, in dem es schwerer war zu garantieren, dass der Verbrecher sein Vergehen nicht mehr wiederholen kann.
Sehe ich nicht so. Ich kann der obrigen Argumentation folgen und darauf vertrauen, dass das Dulden der Todesstrafe immer dem Glauben und den Prinzipien der Kirche (Würde des Menschen, Lebensschutz von Anfang bis Ende) widersprach, aber nun diese Position konsequent und entsprechend formuliert und gesetzt wurde.
Die Politisierung der Kirchen schadet diesen selbst am meisten«Fratelli Tutti» markiert den bisherigen Höhepunkt eines christlichen Missverständnisses: Die Kirchen sehen sich vermehrt als politische Akteure mit linker Agenda. So verleugnen sie ihren Auftrag, verspielen Glaubwürdigkeit und halten nur schlechten Traditionen die Treue.
Der Zettelkastencharakter der Enzyklika, in der Papst Franziskus eigene Zitate montiert und ergänzt hat, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den Kirchen ernst ist mit ihrer Verwandlung in eine weltliche Nichtregierungsorganisation.
Das hat mit Tradis nichts zu tun. Was ich gesagt habe folgt aus Pastor aeternus (Kapitel 4, Paragraph 9 - "ex cathedra"; die Unfehlbarkeit der Kirche wird dort in einem Nebensatz vorausgesetzt). Ich nehme an, Du hast den Ott "Grundriss der Dogmatik" zur Verfügung. Ich habe die 10. Auflage, dort findet sich das im Zweiten Teil "Die Lehre von der Kirche", in Paragraph 8 "Der päpstliche Lehrprimat oder die päpstliche Unfehlbarkeit" und Paragraph 13 "Die Unfehlbarkeit der Kirche". Meine Diskussion bzgl. "ex cathedra" bezieht sich auf Ersteres, bzgl. der (Möglichkeit) der Unfehlbarkeit des ordentlichen Magisteriums auf Letzteres. Ich werde jetzt nicht seitenweise Material abtippen. Es sei hier nur mit Ott gesagt
Abgesehen davon ist basiert die gesamte Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen großen (und engagierten) Seiten - Liberale, Neo-Konservative, Tradis - um die Unfehlbarkeit gewisser Lehrmeinungen genau auf den von mit angeführten Möglichkeiten der Unfehlbarkeit. Die verschiedenen Seiten interpretieren das jeweils so, daß ihre Überzeugung bzgl. irgendeiner Lehre unterstüzt wird. Offensichtlich müssen da viele dieser Interpretationen falsch sein, weil sie einander widersprechen. Aber sie unterscheiden sich eben nicht in diesen Grundsatzannahmen, nur in deren Anwendung. Sie streiten sich ob etwas wirklich formal genug definiert wurde von einem Papst um als "ex cathedra" zu gelten, oder sie streiten sich darum ob etwas eindeutig genug, lange genug und einig genug durch die Kirche (insbesondere Papst und Bischöfe) gesagt wurde um als unfehlbarer Teil des ordentliche Magisteriums zu gelten. Aber sie streiten sich nicht darum, daß diese Kriterien zu erfüllen sind. Die Ansicht, daß der Papst quasi ununterbrochen unfehlbar spricht in seinem Lehramt vertritt in diesen Diskussionen schlicht niemand. Es ist unvorstellbar, daß eine solche "Wahrheit" in diesen Diskussion nie erwähnt wird trotz der Hitze dieser Gefechte. Das wäre als ob sich die Leute sich im Krieg mit Steinen beschmeissen obwohl sie Kanonen zur Verfügung haben...Dazu ist erforderlich ... daß er die Absicht hat, eine Glaubens- oder Sittenlehre endgültig zu entscheiden, so daß sie von allen Gläubigen festzuhalten ist. Ohne diese Absicht, die aus der Formulierung oder aus den Umständen deutlich erkennbar sein muß, kommt eine Kathedralentscheidung nicht zustande. Die meisten Lehräußerungen der Päpste in ihren Enzykliken sind keine Kathedralentscheidungen.
Genau! Und noch dazu führt dieser Satz zu einem wunderbaren Paradox, falls man annimmt, daß der Papst in allen Lehräußerungen unfehlbar ist.... aber ich möchte auch sagen, daß der Papst kein Orakel und - wie wir wissen - nur in den seltensten Fällen unfehlbar ist. (Quelle)
Weil dieser Papst es für wichtiger hält seine Meinung durchzudrücken als die Lehre der Kirche verständlich zu bewahren. Du hast es ja selber gesagt, 99% der Katholiken werden den KKK nun lesen und denken die Kirche wäre kategorisch gegen die Todesstrafe. 1% der Katholiken weiß genug über Lehre und Geschichte der Kirche um zu sehen, daß das unmöglich der Fall sein kann. Der Papst und Vatikanschranzen die seine Texte polieren wissen auch, daß die 1% ein echtes Problem werden könnten, wenn man da nun wirklich absolut eindeutig formuliert. Also wird gerade soviel Spiel gelassen, daß "plausible deniablity" (wie der Engländer sagt, also "glaubhafte Abstreitbarkeit") bestehen bleibt. Wenn die 1% versuchen hier eine echte Fehllehre nachzuweisen, kann man ausweichen. Aber damit auch noch nicht genug... was Ladaria da tut ist zu versuchen auch noch die 1% zu spalten, indem er von "authentischer Entwicklung der Lehre" faselt. Denn es ist ja legitim, die Lehre zu entwickeln, also sollte man hier vielleicht doch dem Papst folgen? Aber Du hast die rhetorische Trickserei hier ja selber durchschaut, genau wie Du sagst: was wenn die Umstände wieder so werden, oder, möchte ich hinzufügen, vielleicht garnicht überall auf der Welt gleichermaßen verschwunden sind? Tja. Wenn wir dann immer noch bei Papst F bleiben, dann haben wir eben doch die vorherige Lehre der Kirche als echt falsch verworfen, und die katholische Kirche hat Beihilfe zu tausendfachem Justizmord geleistet. Und wenn wir es nicht tun, dann müssen wir entweder die Lehre von Papst F als häretisch verwerfen, oder wenigstens sagen, daß er hier ganz furchtbar mißverständlich formuliert mit potentiell katastrophalen Konsequenzen. Auf jeden Fall aber können wir festhalten, daß das Gefasel von einer "authentischen Entwicklung" dumme Rhetorik ist. Hier hat sich rein garnichts entwickelt: entweder es gab hier einen echten Bruch, oder es ist die alte Lehre grottig formuliert und mit Tagespolitik vermischt.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 06:03Allerdings, als sog. "Hintertürchen" könnte der nachfolgende Punkt verstanden wissen:Was nun, wenn wir wieder in ein "vorheriges Milieu" fallen? Ist dann die Todesstrafe für die Kirche okay? Was würden der Papst dann sagen? Wenn unter Umständen die TS doch erlaubt sein sollte, wozu dann den KKK ändern und großspurig auf "Licht des Evangeliums" oder die Würde eines jeden Menschen verweisen?Card. Ladaria hat geschrieben:8. All das zeigt, dass die neue Formulierung der Nr. 2267 des Katechismus eine authentische Entwicklung der Lehre ausdrückt, die nicht im Widerspruch zu früheren Aussagen des Lehramts steht. Diese [früheren] Aussagen können nämlich im Licht der vorrangigen Verantwortung der öffentlichen Autorität für die Wahrung des Gemeinwohls in einem sozialen Umfeld verstanden werden, in dem die Strafsanktionen eine andere Bedeutung hatten und in einem Milieu erfolgten, in dem es schwerer war zu garantieren, dass der Verbrecher sein Vergehen nicht mehr wiederholen kann.
Prima. Nach demselben Prinzip kann ich nun jede von Dir vertretene Position bzgl. Moral und Glaube angreifen, in der Du Dich bislang von der Kirche bestätigt siehst. Der einzige Unterschied ist, daß die Kirche in all diesen anderen Fällen bisher noch nicht zur Erkenntnis gelangt ist, daß sie in ihren Lehren und Taten falsch lag. Genau Deine Argumente ziehen auch für Scheidung, Frauenpriester, Kommunion für alle, homosexuelle Ehe... Für Abtreibung und Euthanisie übrigens auch. Da hast Du (genau wie die Kirche) einfach bisher falsch verstanden, wann ein würdiges Menschenleben anfängt und aufhört. Ich kann Dein eigenes Argument gegen jede Deiner derzeitigen Positionen wenden, problemlos. Wenn der Damm einmal gebrochen ist, läßt sich die Flutwelle nicht mehr aufhalten.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 06:03Sehe ich nicht so. Ich kann der obrigen Argumentation folgen und darauf vertrauen, dass das Dulden der Todesstrafe immer dem Glauben und den Prinzipien der Kirche (Würde des Menschen, Lebensschutz von Anfang bis Ende) widersprach, aber nun diese Position konsequent und entsprechend formuliert und gesetzt wurde.
Genau.Trisagion hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 13:55Genau Deine Argumente ziehen auch für Scheidung, Frauenpriester, Kommunion für alle, homosexuelle Ehe... Für Abtreibung und Euthanisie übrigens auch. Da hast Du (genau wie die Kirche) einfach bisher falsch verstanden, wann ein würdiges Menschenleben anfängt und aufhört. Ich kann Dein eigenes Argument gegen jede Deiner derzeitigen Positionen wenden, problemlos. Wenn der Damm einmal gebrochen ist, läßt sich die Flutwelle nicht mehr aufhalten.
....Vermutlich ist das, was Papst F Dir hier angetan hat, der eigentliche Plan des Teufels bei dem Ganzen. Es geht nicht wirklich um die Todesstrafe, die ist nur ein sehr praktisches Mittel weil die meisten Leute (mich eingeschlossen) spontan vor der Tötung eines Menschen zurückschrecken und somit prädisponiert sind. Es geht um die Etablierung des liberalen Prinzips in offiziellen Verlautbarungen.
Und ab und zu hat die Kirche (je nachdem, wie es gerade zur politischen Großwetterlage und zum Zeitgeist passte) auch mal ihre Meinung geändert. Zum Beispiel zur Frage, ob die Versklavung von Völkern zulässig ist. Erst hieß es:Am 18. Juni 1452 legitimierte Nikolaus V. mit der Bulle Dum diversas den Sklavenhandel, ...
Am 5. Dezember 1484 veröffentlichte Innozenz VIII. den Erlass Summis desiderantes affectibus, auch Hexenbulle genannt, mit der der Papst die Obrigkeit aufforderte, zwei Inquisitoren bei der Hexenjagd zu unterstützen. ...
Am 14. Juli 1555 erließ Paul IV. die päpstliche Bulle Cum nimis absurdum, mit der die Juden im Kirchenstaat, die er als Christusmörder bezeichnete, angewiesen wurden: ihren Besitz zu verkaufen, in bestimmte, für sie errichtete Ghettos zu ziehen, bestimmte, sie als Juden kennzeichnende Kleidung zu tragen, nicht mit Christen zu spielen, essen oder zu fraternisieren, keinen Handel außer dem Lumpensammeln zu betreiben etc.
Dann, 85 Jahre später, kommt einem der Nachfolger plötzlich die Erleuchtung, deshalb Kommando zurück:Dum diversas ist eine päpstliche Bulle, mit der Papst Nikolaus V. am 18. Juni 1452 König Alfons V. von Portugal die Erlaubnis erteilte, Länder der „Ungläubigen“ zu erobern. Papst Nikolaus ermächtigte den portugiesischen König, Länder in Westafrika zu erobern, Sarazenen und Heiden zu unterwerfen und zu versklaven. Er kündigte für die Teilnehmer an den Expeditionen gegen die Ungläubigen einen Ablass an.
Im Jahre 1441 waren die Portugiesen auf ihren Entdeckungsreisen am Kap Blanco (Westafrika) zum ersten Mal auf indigene Bewohner gestoßen. Mit dieser Bulle erhielten sie nun von höchster Stelle des Heiligen Stuhls die Erlaubnis, diese Menschen zu versklaven. Diese Praxis war bereits seit 1441 üblich, wurde nun aber von Papst Nikolaus sanktioniert.
Sublimis Deus (benannt nach den lateinischen Anfangsworten: Der erhabene Gott) ist eine päpstliche Bulle, die von Papst Paul III. am
2. Juni 1537 verkündet wurde. Sie verbot die Versklavung der indianischen Ureinwohner von Amerika und aller anderen Menschen.
Hieronymus Burgmeister hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 07:04...Beten wir zum heiligen Erzengel Michael für Franziskus.
Apropos Erleuchtung:Hieronymus Burgmeister hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 21:42... Wir beten nur für die kommende Erleuchtung.
Mir scheint, wir drehen uns im Kreis.Trisagion hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 13:04Das hat mit Tradis nichts zu tun. Was ich gesagt habe folgt aus Pastor aeternus (Kapitel 4, Paragraph 9 - "ex cathedra"; die Unfehlbarkeit der Kirche wird dort in einem Nebensatz vorausgesetzt). Ich nehme an, Du hast den Ott "Grundriss der Dogmatik" zur Verfügung. Ich habe die 10. Auflage, dort findet sich das im Zweiten Teil "Die Lehre von der Kirche", in Paragraph 8 "Der päpstliche Lehrprimat oder die päpstliche Unfehlbarkeit" und Paragraph 13 "Die Unfehlbarkeit der Kirche". Meine Diskussion bzgl. "ex cathedra" bezieht sich auf Ersteres, bzgl. der (Möglichkeit) der Unfehlbarkeit des ordentlichen Magisteriums auf Letzteres. Ich werde jetzt nicht seitenweise Material abtippen. Es sei hier nur mit Ott gesagtAbgesehen davon ist basiert die gesamte Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen großen (und engagierten) Seiten - Liberale, Neo-Konservative, Tradis - um die Unfehlbarkeit gewisser Lehrmeinungen genau auf den von mit angeführten Möglichkeiten der Unfehlbarkeit. Die verschiedenen Seiten interpretieren das jeweils so, daß ihre Überzeugung bzgl. irgendeiner Lehre unterstüzt wird. Offensichtlich müssen da viele dieser Interpretationen falsch sein, weil sie einander widersprechen. Aber sie unterscheiden sich eben nicht in diesen Grundsatzannahmen, nur in deren Anwendung. Sie streiten sich ob etwas wirklich formal genug definiert wurde von einem Papst um als "ex cathedra" zu gelten, oder sie streiten sich darum ob etwas eindeutig genug, lange genug und einig genug durch die Kirche (insbesondere Papst und Bischöfe) gesagt wurde um als unfehlbarer Teil des ordentliche Magisteriums zu gelten. Aber sie streiten sich nicht darum, daß diese Kriterien zu erfüllen sind. Die Ansicht, daß der Papst quasi ununterbrochen unfehlbar spricht in seinem Lehramt vertritt in diesen Diskussionen schlicht niemand. Es ist unvorstellbar, daß eine solche "Wahrheit" in diesen Diskussion nie erwähnt wird trotz der Hitze dieser Gefechte. Das wäre als ob sich die Leute sich im Krieg mit Steinen beschmeissen obwohl sie Kanonen zur Verfügung haben...Dazu ist erforderlich ... daß er die Absicht hat, eine Glaubens- oder Sittenlehre endgültig zu entscheiden, so daß sie von allen Gläubigen festzuhalten ist. Ohne diese Absicht, die aus der Formulierung oder aus den Umständen deutlich erkennbar sein muß, kommt eine Kathedralentscheidung nicht zustande. Die meisten Lehräußerungen der Päpste in ihren Enzykliken sind keine Kathedralentscheidungen.
Und zum Abschluß lasse ich da mal Papst Benedikt XVI zu Worte kommen:Genau! Und noch dazu führt dieser Satz zu einem wunderbaren Paradox, falls man annimmt, daß der Papst in allen Lehräußerungen unfehlbar ist.... aber ich möchte auch sagen, daß der Papst kein Orakel und - wie wir wissen - nur in den seltensten Fällen unfehlbar ist. (Quelle)
Das nimmt keiner an.
Das aber geschieht nicht selten, sondern sehr oft, u.U. cotidie (Papst Pius XI.).Der Papst muß seinen Willen, endgültig zu entscheiden, klar kundgeben. Dazu braucht er aber keine vorgeschriebene Form. Es genügt eine klare Aussage, daß etwas in Glaubens- und Sittenfragen geoffenbart ist und von allen geglaubt werden muß, bzw. offenbarungswidrig ist, und von allen verworfen werden muß.
Dem zitierten Paragraphen stimme ich zu, daß die "sehr oft" geschieht nicht. Ich stimme Papst Benedikt XVI zu, daß das sehr selten geschieht. Es ist komplett möglich, daß ein Papst überhaupt nie so spricht (auch wenn er viele Jahre im Amt bleibt).Lycobates hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 00:08Das aber geschieht nicht selten, sondern sehr oft, u.U. cotidie (Papst Pius XI.).Der Papst muß seinen Willen, endgültig zu entscheiden, klar kundgeben. Dazu braucht er aber keine vorgeschriebene Form. Es genügt eine klare Aussage, daß etwas in Glaubens- und Sittenfragen geoffenbart ist und von allen geglaubt werden muß, bzw. offenbarungswidrig ist, und von allen verworfen werden muß.
Es steht hier klar unterschieden die tägliche Ausübung der Lehre, aber die gelegentliche Ausübung des Definierens. Es steht hier nicht, daß täglich definiert wird!Etenim Ecclesiae magisterium – quod divino consilio in terris constitutum est ut revelatae doctrinae cum incolumes ad perpetuitatem consisterent, tum ad cognitionem hominum facile tutoque traducerentur – quamquam per Romanum Pontificem et Episcopos cum eo communionem habentes cotidie exercetur, id tamen complectitur muneris, ut, si quando aut haereticorum erroribus acque oppugnationibus obsisti efficacius aut elarius subtiliusque explicata sacrae doctrinae capita in fidelium mentibus imprimi oporteat, ad aliquid tum sollemnibus ritibus decretisque definiendum opportune procedat.
For the teaching authority of the Church, which in the divine wisdom was constituted on earth in order that revealed doctrines might remain intact for ever, and that they might be brought with ease and security to the knowledge of men, and which is daily exercised through the Roman Pontiff and the Bishops who are in communion with him, has also the office of defining, when it sees fit, any truth with solemn rites and decrees, whenever this is necessary either to oppose the errors or the attacks of heretics, or more clearly and in greater detail to stamp the minds of the faithful with the articles of sacred doctrine which have been explained.
Mir fehlt hier eine stringente Argumentation. Du beurteilst es das ganze, nennst aber keine logischen Argumente, warum überhaupt hier ein Bruch bzw. "dumme Formulierung" vorliegen soll. Es klingt nur nach: "Es kann nicht sein, was nicht sein darf".
Mit "liberal" meinst du hier eher "willkürlich"? Ja, dieses Prinzip kann man wohl auf alle Themen ausweiten, die du so aufgezählt hast. Wird ja von modernistischer Seite ja auch gemacht. Warum soll das Prinzip bei der Todesstrafe gelten, bei den anderen aber (noch?) nicht? #willkürlich
Natürlich kannst und könntest du auch, aber das "Problem" liegt hier nicht an den Argumenten und Positionen die du oder ich vermeintlich vertreten, sondern dass der Papst eine Position zur aktuellen Lehre machen kann. Was also tun, wenn der Papst eine Lehre verkündet, die einem nicht passt? Gut, bei dir ist weniger der Inhalt das Problem, sondern die Art und Weise.
Ich sehe das nicht so drastisch, aber hat die Kirche immer alles richtig gemacht? Sollen wir die Kirche jetzt auch verurteilen, weil sie z. B. beim Karl d. Großen das Konkubinat geduldet hat, statt energisch für monogame Ehe einzutreten?
Todesstrafe, als Mittel zum Zweck, wird hier noch toleriert, aber der Schwerpunkt liegt hier schon ganz klar darin, die Todesstrafe zu vermeiden.KKK 1997 hat geschrieben:2267. Unter der Voraussetzung, daß die Identität und die Verantwortung des Schuldigen mit ganzer Sicherheit feststeht, schließt die überlieferte Lehre der Kirche den Rückgriff auf die Todesstrafe nicht aus, wenn dies der einzig gangbare Weg wäre, um das Leben von Menschen wirksam gegen einen ungerechten Angreifer zu verteidigen.
Wenn aber unblutige Mittel hinreichen, um die Sicherheit der Personen gegen den Angreifer zu verteidigen und zu schützen, hat sich die Autorität an diese Mittel zu halten, denn sie entsprechen besser der konkreten Bedingungen des Gemeinwohls und sind der Menschenwürde angemessener.
Infolge der Möglichkeit, über die der Staat verfügt, um das Verbrechen wirksam zu unterdrücken und den Täter unschädlich zu machen, ohne ihn endgültig die Möglichkeit der Besserung zu nehmen, sind jedoch heute die Fälle, in denen die Beseitigung der Schuldigen absolut notwendig ist, "schon sehr selten oder praktisch überhaupt nicht mehr gegeben" (EV 56).
Wie sagte mal ein Klassenkamerad so schön: Er sei für die Todesstrafe, weil es für den Täter eine gute Lektion fürs nächste Mal sei.KKK 1997 hat geschrieben:2266. [...] Schließlich hat die Strafe, über die Verteidigung der öffentlichen Ordnung und die Sicherheit der Personen hinaus, eine heilende Wirkung: sie soll möglichst dazu beitragen, daß sich der Schuldige bessert.
Im Gegenteil, ich habe das sehr präzise erklärt. Die Aussage von Papst F kann in exakt zwei Weisen gelesen werden (wenn Du meinst es gäbe eine dritte, dann heraus damit). 1. Entweder er sagt, das die Todesstrafe kategorisch abzulehnen, egal unter welchen Bedingungen. Wobei dann die vorhergehende Praxis der Kirche die Todesstrafe unter gewissen Bedingungen zuzulassen ein historischer Fehler war. 2. Oder er sagt, daß die Todesstrafe zwar unter bestimmten Bedingungen ein erlaubtes Mittel ist, diese Bedingungen aber in der heutigen Welt nicht mehr gegeben sind, nirgendwo, und auch in vorhersehbarer Zukunft nicht mehr auftreten werden. Dann ist die Todesstrafe nicht kategorisch abzulehnen, allerdings praktisch heutzutage schon.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 01:51Mir fehlt hier eine stringente Argumentation. Du beurteilst es das ganze, nennst aber keine logischen Argumente, warum überhaupt hier ein Bruch bzw. "dumme Formulierung" vorliegen soll. Es klingt nur nach: "Es kann nicht sein, was nicht sein darf".
Die Art und Weise ist aber enorm wichtig. Du hast das ja selber gesehen. Kann man sich vorstellen, daß irgendwann und irgendwo wieder Bedingungen auftreten, unter denen die Todesstrafe erlaubt ist? Oder kann man sich das nicht mehr vorstellen, weil wir hier einen Fehler überwunden haben? Die Antwort hierauf kann ganz praktisch den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 01:51Natürlich kannst und könntest du auch, aber das "Problem" liegt hier nicht an den Argumenten und Positionen die du oder ich vermeintlich vertreten, sondern dass der Papst eine Position zur aktuellen Lehre machen kann. Was also tun, wenn der Papst eine Lehre verkündet, die einem nicht passt? Gut, bei dir ist weniger der Inhalt das Problem, sondern die Art und Weise.
Wir stehen hier vor keinerlei Widerspruch zu früheren Lehraussagen, denn die Verteidigung der Würde des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod hat in der kirchlichen Lehre stets eine eindeutige und maßgebende Stimme gefunden.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen eine Sünde willentlich zu übersehen / zu verschweigen (aus welchen Gründen auch immer) und die Lehre zu ändern so daß die Sünde angeblich keine Sünde mehr ist. Beides ist ein Fehler, aber Letzteres ist viel schlimmer.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 01:51Ich sehe das nicht so drastisch, aber hat die Kirche immer alles richtig gemacht? Sollen wir die Kirche jetzt auch verurteilen, weil sie z. B. beim Karl d. Großen das Konkubinat geduldet hat, statt energisch für monogame Ehe einzutreten?
Eine Zusammenfassung findest Du hier (Englisch) von "Capital punishment in the ordinary papal magisterium" an. Die Grundlage ist einerseits, daß nach Römer 13 die staatliche Macht echt über dem Individuum steht und Gottes Gericht vertritt, inklusive in der Strafvollstreckung mit dem Schwert. Und andererseits, daß eben der Staat dann auch gerechte Strafe austeilen muß (auch im Sinne göttlicher Vergeltung) und das Gemeinwohl aber insbesondere die Schwachen und Unschuldigen schützen muß. Die Behauptung, daß die "Verteidigung der Würde des menschlichen Lebens" (oben verlinkter Brief des Papst F) die Todesstrafe ausschließt wird dabei von lehramtlichen Dokumenten mehrfach explizit verworfen, in der Tat zumindestens indirekt als häretisch identifiziert (durch die Waldenser).Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 01:51Eine Frage habe ich aber: Wie wurde denn bisher bezüglich der Todesstrafe argumentiert? Was waren denn die Gründe dafür, sie unter Umständen zu erlauben? Waren es überhaupt theologische Gründe oder doch nicht einfach nur weltliche Gründe? Wenn es nur weltliche waren, warum soll mich dann sowas überhaupt "kratzen"?
Wie gesagt, man kann Papst F so lesen, daß er nur anders sagt, was der KKK auch früher schon gesagt hat. Wenn dem so ist, dann handelt es sich m.E. um eine Verschlimmbesserung, die Klarheit und eindeutige Kompatibilität mit vorangegangener Lehre unnötig opfert.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 01:51Aber sowohl in der alten wie auch in der neuen Fassung wird deutlich, dass die kath. Kirche die Todesstrafe ablehnt. Papst Franziskus hat mMn diese Position jetzt einfach nur noch deutlicher/konsequenter formuliert (und theologisch begründet).
Danke für deine Sorge um meine Seele.RomanesEuntDomus hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 22:10Hieronymus Burgmeister hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 07:04...Beten wir zum heiligen Erzengel Michael für Franziskus.Apropos Erleuchtung:Hieronymus Burgmeister hat geschrieben: ↑Sonntag 11. Oktober 2020, 21:42... Wir beten nur für die kommende Erleuchtung.
"(8) Und ich, Johannes, bin der, welcher diese Dinge hörte und sah, und als ich (sie) hörte und sah, fiel ich nieder um anzubeten vor den Füßen des Engels, der mir diese Dinge zeigte. (9) Und er spricht zu mir: Siehe zu, (tu es) nicht! Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, der Propheten, und derer, welche die Worte dieses Buches bewahren. Bete Gott an! "
(Offb 22, Hervorhebungen von mir)
Vielen Dank für die Info. Das wusste ich bisher nicht und hielt diese Form der Abgötterei immer für eine Form von "Volksfrömmigkeit", wie sie in vielen Ländern existiert, z.B.:Hieronymus Burgmeister hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 06:33... Als Papst Leo XIII zu seinem leonidischen Gebet inspiriert wurde und den Christen empfohlen hat, dies regelmässig an den heiligen Erzengel Michael zu richten, war er sich, so vertraue ich, dieser Stelle in der Offenbarung bewusst. ...
(Aus universal_lexikon.deacademic.com, Hervorhebungen von mir)Die Voodoo-Anhänger glauben an eine Vielzahl von göttlichen Wesen, die Loa, Orixa, Anges (französisch Engel) oder Saints (französisch Heilige) genannt werden. Diese Wesen aus der afrikanischen Vorstellungswelt sind auf synkretistische Weise mit katholischen Heiligen verschmolzen.
Ich gehe davon aus, dass genau dies Papst Franziskus' Intention war und er das mit der Änderung aussagen wollte. Wie gesagt, gefühlt 99% aller Interessenten werden diese Passage nun so lesen und verstehen.
Ich finde die alte Version ausgewogener, "pragmatischer".Trisagion hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 04:09Und es ist ja auch so, daß der KKK vor der Änderung die 2. Option erläuterte, nur halt ohne irrezuführen. JPII war ja auch schon gegen die Todesstrafe, und der KKK war dementsprechend aufgestellt. Er erläuterte die katholische Lehre (Todesstrafe möglich unter gewissen Bedingungen), und fuhr dann fort mit der Aussage daß diese Bedingungen in modernen Staaten praktisch nicht mehr gegeben sind. Es gab hier absolut null Bedarf für irgendeine Änderung, wenn man die 2. Option vertritt.
Wenn ich der Argumentation von PF nun folge dann stellt sich mir die Frage: Wenn wir jetzt wieder in unzivilisiertere Umstände zurückfallen sollten, gelten die naturrechtlichen Prinzipien, auf die sich PF bezieht, immer noch (sind sie gewichtiger), oder akzeptiert die Kirche die Schwäche der Gesellschaft, die sich einfach nicht anders zu helfen weiß, Verbrechen im Zaun zu halten, und toleriert/akzeptiert die Todesstrafe?Trisagion hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 04:09Kann man sich vorstellen, daß irgendwann und irgendwo wieder Bedingungen auftreten, unter denen die Todesstrafe erlaubt ist? Oder kann man sich das nicht mehr vorstellen, weil wir hier einen Fehler überwunden haben? Die Antwort hierauf kann ganz praktisch den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.
Wenn die Argumentation also bereits falsch ist, dann ist das Ergebnis ja umso ernster falsch.Trisagion hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 04:09Die Behauptung, daß die "Verteidigung der Würde des menschlichen Lebens" (oben verlinkter Brief des Papst F) die Todesstrafe ausschließt wird dabei von lehramtlichen Dokumenten mehrfach explizit verworfen, in der Tat zumindestens indirekt als häretisch identifiziert (durch die Waldenser).
Das mag ja alles sein, aber das ist ja das, was ich als "staatliche Perspektive" benannte. In der alten Version (zumindest) fehlt ja eine theologische Begründung. Aus dem von dir verlinkten Bericht steht schön formuliert:Trisagion hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 04:09Eine Zusammenfassung findest Du hier (Englisch) von "Capital punishment in the ordinary papal magisterium" an. Die Grundlage ist einerseits, daß nach Römer 13 die staatliche Macht echt über dem Individuum steht und Gottes Gericht vertritt, inklusive in der Strafvollstreckung mit dem Schwert. Und andererseits, daß eben der Staat dann auch gerechte Strafe austeilen muß (auch im Sinne göttlicher Vergeltung) und das Gemeinwohl aber insbesondere die Schwachen und Unschuldigen schützen muß.
Und jetzt stell dir mal vor, in der alten Fassung hätte so etwas wie "die Todesstrafe an sich widerspricht nicht dem Licht des Evangeliums" gestanden. Tat es aber nicht. Da wurde nur auf die Umstände verwiesen, rein weltlich also. Und PF hat die weltliche Perspektive gestrichen und theologisch argumentiert "Licht des Evangeliums, Würde des Menschen, etc. pp.".Commentators routinely emphasize that the pope was opposed to capital punishment in practice, but they too often ignore the fact that even John Paul II did not reverse, but indeed reaffirmed, the traditional teaching that the Gospel does not rule out capital punishment in an absolute way. And he did so in documents having a high degree of authority.
Interessanter Artikel. Jetzt wird mich einiges klarer, was du meinst.
Da stimme ich im Konjunktiv zu. Wenn es naturrechtliche Prinzipien gäbe die das hier entscheiden, dann würden die immer zutreffen.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 12:11Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass diese naturrechtlichen Prinzipien unter anderen Umständen auf einmal nicht mehr gelten.
Richtig, nur argumentiert Papst F ja nicht, er behauptet einfach nur. Anscheinend nimmt er an, daß es offensichtlich ist, daß alle vorhergehende Verlautbarungen der Kirche und Theologen schlicht falsch sind.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 12:11Wenn die Argumentation also bereits falsch ist, dann ist das Ergebnis ja umso ernster falsch.
Naja, das ist nicht ganz richtig. Nach Römer 13 ist der Staat eben in einer anderen Position als ein Individuum, theologisch gesehen. Die Staatsmacht hat andere Rechte und Pflichten vor Gott als Du. Insofern ist die "staatliche Perspektive" hier durchaus "theologisch", jedenfalls teilweise.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 12:11Das mag ja alles sein, aber das ist ja das, was ich als "staatliche Perspektive" benannte. In der alten Version (zumindest) fehlt ja eine theologische Begründung.
Abwarten und Tee trinken. Was im Katholizismus Sache ist, ist eine Frage von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Das Desinteresse und die Einfachheit der meisten Katholiken kann ja nicht nur Papst F ausnutzen. Es werden hier mindestens zwei Spiele parallel gespielt, und was das katholische hoi polloi sich so denkt ist nur selten entscheidend für den internen Kampf um die wahre Lehre.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 12:11PF hat mit seiner Umformulierung quasi einen Meilenstein gesetzt. Alle nachfolgenden Generationen werden seine Formulierung und Argumentation lesen und diese Ansicht als truly katholisch übernehmen. Wer wird sich schon die Mühe machen, da tief zu graben um darauf zu kommen, was du z. B. hier darlegst?
Nun ist aber Papst Fs Geschreibsel gerade noch so eben kompatibel mit der vorhergehenden Lehre, in den offiziellen Verlautbarungen. Ich stimme Dir vollkommen zu, daß er eigentlich einen Bruch festschreiben wollte. Hat er aber nicht ganz. Insofern brauch ihm da in Zukunft niemand direkt zu widersprechen. In solchen Fällen lehrt man einfach etwas anderes, läßt das problematische Schriftstück unerwähnt im Staub versinken, und wenn es doch jemand mal ausgräbt sagt man eben, daß es "korrekt interpretierbar" sei. So wird das immer schon gemacht in der Kirche...Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 12:11Ich bezweifle, dass das ein Nachfolger je wieder korrigieren wird.
Nun ja, man muss ich aber gefühlt sehr winden um eine Konformität zu interpretieren/herzustellen.
Soweit ich es verstehe, stehen hier zwei Prinzipien im "Konflikt": das Naturrecht (Würde des Menschen) und, ich nenne es mal, "praktische Gründe" (Bewahrung der Ordnung, Schutz der Gesellschaft). PF setzt das naturrechtliche Prinzip als Maßstab an, dem sich als folgende unterordnen muss, so wie beim GG und StGB z. B. Deswegen können PF und Ladaria die Konformität mit der überlieferten Lehre behaupten. Sie mögen mit gängigen Einstellung zur Todesstrafe brechen, aber sie brechen nicht mit der "Verfassung". So verstehe ich ihre Argumentation.
dann steht ja die Neuformulierung in bester katholischer bzw. kirchlicher Tradition.Michael Sierck hat geschrieben:Der geschichtliche Überblick zeigt, daß Pazifisierungund Humanisierung der menschlichen Gesellschaft zu den Grund-anliegen des Christentums gehören. Auch hinsichtlich der Todesstrafe gab es immer wieder Bestrebungen, diese Strafform abzuschaffen, zumindest aber ihre Auswirkungen zu lindern. Daß sich im Mittelalter eine Abschaffung der Todesstrafe nicht durchsetzen ließ, liegt nicht zuletzt an der bei der christlichen Mission vorgefundenen sozialen Struktur der germanischen Völkerschaften.
Ein nicht so abwegige Möglichkeit, zumindest wenn Franzisks weiter konsequent den Weg weitergeht, den er eingeschlagen hat. Er wäre meines Wissens der erste Papst, über den dieses Urteil gefällt würde (Honorius wurde wohl nicht als Häretiker bezeichnet" - eventuell ist es das (der erste sein), was den eitlen Franziskus sogar reizt.
In der Tat. Auch gerade die Liturgie hat darunter massiv gelitten. Und: Verwirrung zu säen ist ein bekanntes Mittel des Teufels.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 17:14Es ist eine echte Unsitte, dass seit dem 2. Vaticanum immer wieder solche mehrdeutigen und unklaren Texte formuliert werden. Jeder nimmt sich dann das heraus, wie er es brauch.
Erstens wäre zu klären, was hier überhaupt mit "Würde" gemeint ist. Warum kann ich Dich nicht "würdig" einen Kopf kürzer machen? Was spricht dagegen, welche relevanten Kriterien und Regeln verbergen sich hinter diesem Begriff? Zweitens wäre zu klären, welchen Stellenwert nun genau diese wie auch immer definierte "Würde" hat. Ist sie absolut, immer und ohne Einschränkungen komplett zu bewahren, oder ist das nicht der Fall? Warum? Oder ändert sich gar der Begriff der "Würde" mit der Situation? Wenn ja, wie? Dann müßte man sich Strafe im allgemeinen anschauen. Warum wird gestraft? Welche Grenzen und Regeln gibt es dafür? Wie passt dies mit dem soeben analysierten Begriff der "Würde" zusammen? Dabei werden wir zweifelsohne auf die Frage des Verhältnisses eines Indiviuduums zu der Gesellschaft in der er lebt kommen, denn für einen Menschen alleine auf einer Insel gibt es keine (menschliche) Strafe. Was können wir zu diesem Verhältnis sagen, welche Ansprüche habe sie einander gegenüber, welche Abmachungen sind zwischen ihnen implizit und explizit? Wer hat Vorrecht wann, wie und warum? Sicherlich wird man hierbei auf Gerechtigkeit, Gemeinwohl, Verantwortung usw. zu sprechen kommen, die dann jeweils wieder mit dem Begriff der "Würde" abgeglichen werden muß. Und wenn man das alles beinander hat, dann kann man sich dem Spezialfall der Todesstrafe widmen. Ist sie Teil des Kontinuums an Strafen, oder etwas Besonderes? Wie passt sie in das ganze bis hierhin aufgebaute System von "Würde", Strafe, Gesellschaft, Gerechtigkeit, Gemeinwohl, Verantwortung, usw. hinein? Die eher abstrakten Überlegungen sollte man dann mit historischem Wissen unterfüttern und mit Fallbeispielen illustrieren.Bruder Donald hat geschrieben: ↑Montag 12. Oktober 2020, 17:14Soweit ich es verstehe, stehen hier zwei Prinzipien im "Konflikt": das Naturrecht (Würde des Menschen) und, ich nenne es mal, "praktische Gründe" (Bewahrung der Ordnung, Schutz der Gesellschaft). PF setzt das naturrechtliche Prinzip als Maßstab an, dem sich als folgende unterordnen muss, so wie beim GG und StGB z. B. Deswegen können PF und Ladaria die Konformität mit der überlieferten Lehre behaupten. Sie mögen mit gängigen Einstellung zur Todesstrafe brechen, aber sie brechen nicht mit der "Verfassung". So verstehe ich ihre Argumentation.