Der Name des Gekreuzigten ist ...

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Trisagion
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Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Was ist ein Name? Sicherlich kann man da viel zu philosophieren, aber ich meine das eher praktisch. Nehmen wir an mein Name sei

"Tristan Agion", genannt "Tris".

Und nehmen wir an ich wurde von einem Bekannten zu einem Treffen eingeladen mit ein paar Leuten die ich kenne (die aber nicht den gleichen Namen haben wie ich) und vielen Leuten die ich nicht kenne. Wenn nun mein Freund einen der folgenden Sätze ausruft:

"Tris, machste mal das Fenster zu?"
"Tristan, kannst Du bitte mal das Fenster zumachen?"
"Herr Agion, könnten Sie bitte das Fenster schließen?"

dann mache ich als höflicher Mensch das Fenster zu. Natürlich habe ich da etwas unterschiedliche Gefühle dabei (das Treffen ist bei "Tris" sicher informeller als bei "Herr Agion"), aber ich fühle mich jeweils direkt angesprochen. Was aber nun, wenn mein Freund stattdessen ruft:

"Drustanus, kannst Du bitte mal das Fenster zumachen?"

dann würde ich vermutlich warten und schauen, wer von diesen Leuten denn wohl "Drustanus" heißt. Selbst wenn ich wüßte, daß "Drustanus" eine keltische Variante meines eigenen Namens ist (in diesem Fall eine ältere Variante, aber darum geht es mir nicht!), würde ich wohl nicht reagieren. Das wäre ein interessanter Zufall, aber mich selbst redet man halt nicht so an. Das stimmt selbst dann noch, wenn ich wüßte daß mein Freund ein Kelte ist und daß dies die keltische Variante ist. Denn außer im Spaß würde ich immer noch erwarten, daß mein Freund mich mit meinem eigenen Namen anredet, nicht mit dem Namen den ich vielleicht gekriegt hätte wenn ich wie er ein Kelte wäre.

Mit alledem als Hintergrund, wenn ich zur Inkarnation der zweiten Person Gottes bete, wie sollte ich ihn dann anreden? Und ist das irgendwie wichtig?

(Die Frage ist ganz offen gemeint. Die lange Einleitung soll die Antwort nicht vorweg nehmen, sondern nur motivieren, daß es sich vielleicht lohnt darüber nachzudenken!)

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Marion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Marion »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:00
Mit alledem als Hintergrund, wenn ich zur Inkarnation der zweiten Person Gottes bete, wie sollte ich ihn dann anreden? Und ist das irgendwie wichtig?
Du brauchst dich nicht in zu Gott versetzen um rauszufinden wie er es vielleicht gerne hätte angesprochen zu werden, weil du das vielleicht gerne so hättest. Bete die Gebete so wie die Kirche sie immer gebetet hat, und nicht selbstausgedachte Sachen. Dann ist die Wortwahl auf jeden Fall Gott wohlgefällig ;)
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Vinzenz Ferrer
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:00
Mit alledem als Hintergrund, wenn ich zur Inkarnation der zweiten Person Gottes bete, wie sollte ich ihn dann anreden? Und ist das irgendwie wichtig?
Fragst du dich, ob Jesus „Yeshua“ ausgesprochen werden müsste? Zielt deine Frage auf dieses Thema ab?
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birnbaum
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von birnbaum »

Eine sehr bemerkenswerte und folgenreiche Frage...
Ich halte es mit der Weisung, die unser Herr uns in Mat. 6 gegeben hat.
Ich bete: „Vater im Himmel ...... ... und das bitte ich /wir in Jesus´ Namen.“
Manchmal füge ich „Jesus des Messias´ … im Auftrag / in der Vollmacht" hinzu, wenn das Gebet solches fordert.
Jedenfalls ist die Anrede "Vater" oder "Abba", je nachdem, wie mir ist, meine gängige Wahl.

Vorletzten Samstag habe ich ein Ehepaar getauft, in einem See mit Untertauchen und Herausgezogenwerden.
Die übliche Taufformel "… im Namen des Vaters etc." habe ich sehr ausgeweitet und das werde ich auch weiter tun (sofern eine Taufanfrage an mich herangetragen wird).
Hier wird's meiner Überzeugung nach spannend. Es war mir, als ob der hl. Geist mir im Vorhinein sagte, es sei unabdingbar notwenig, den Namen des Vaters, des Sohnes und des Geistes nach biblischer Maßgabe auszuführen, etwa
„ in den Namen des Vaters hinein, der ist, war, sein wird, von dem alle Vaterschaft im Himmel... ist, der der Schöpfer und Erhalter ist, etc. / des Sohnes Jesus, in dessen Name Rettung, Heil, Mittlerschaft usw ist, dessen Name über alle Namen ist etc. / im Namen des heiligen Geistes, der Anwalt, Tröster, Beistand usw ist und der das gesamte All erfüllt. Da sind ja der geistigen Phantasie keine Grenzen gesetzt!

Ich habe sehr stark das Wirken des Geistes während dieser Minuten gespürt, denn dieses laute Bekennen der Namenwesenheiten, der Persönlichkeiten (Hindurchtönen) in die sichtbare und unsichtbare Welt hinaus hat durchaus Folgen und bewirkte auch Tränen in den Augen der beiden Neugeborenen.

Die übliche Taufformel, die zwar den Begriff "Namen" sagt, ihn aber in keinem der Drei Wesenheiten des Einen auch tatsächlich benennt und bekennt (i. S. v. "kennen, erfahren haben"), ist so nichts–sagend und abgedroschen – kaum auszuhalten. Geht es doch darum, IHM das Lob und die Ehre zu bringen!
Ich bin jetzt über deine Frage weit hinausgeschossen, sieh es mir nach!

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Vinzenz Ferrer
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:00
Und ist das irgendwie wichtig?
Natürlich ist der Name Gottes wichtig!
Marion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:20
Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:00
Mit alledem als Hintergrund, wenn ich zur Inkarnation der zweiten Person Gottes bete, wie sollte ich ihn dann anreden? Und ist das irgendwie wichtig?
Du brauchst dich nicht in zu Gott versetzen um rauszufinden wie er es vielleicht gerne hätte angesprochen zu werden, weil du das vielleicht gerne so hättest. Bete die Gebete so wie die Kirche sie immer gebetet hat, und nicht selbstausgedachte Sachen. Dann ist die Wortwahl auf jeden Fall Gott wohlgefällig ;)
Zustimmung von meiner Seite. :ja:
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 14:18
Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:00
Mit alledem als Hintergrund, wenn ich zur Inkarnation der zweiten Person Gottes bete, wie sollte ich ihn dann anreden? Und ist das irgendwie wichtig?
Fragst du dich, ob Jesus „Yeshua“ ausgesprochen werden müsste? Zielt deine Frage auf dieses Thema ab?
So ungefähr... mal abgesehen von der Frage ob es für Deutsche Sinn macht englische Transliterationen zu benutzen (Jeschua?). Aber das war ja nun eine interessante Zeit und Gegend, und mir ist nicht wirklich klar bei welchen Namen sich Jesus direkt angesprochen gefühlt hätte. Also, als Minimum sind da ja nun Aramäisch, Hebräisch, Griechisch und Latein im Spiel... und mir ist z.B. nicht klar inwiefern die im Alltag ihre eigenen Namensversionen ins Spiel gebracht hätten, oder lautmalerisch den Namen aus einer anderen Sprache übernommen hätten. Ich nenne meinen englischen Kollegen "John" ja auch nicht deutsch "Johannes" (und die Aussprache unterscheidet sich noch mehr als die Schrift), selbst wenn ich in Deutsch über ihn rede. Aber zunächst ist da mal die Frage Hebräisch oder Aramäisch, und ob das irgendwas bzgl. des Namens ausmacht (wenigstens bzgl. der Aussprache)? Außerdem könnte es durchaus sein, daß die Besatzer eine Benennung der Bevölkerung in ihrer eigenen Sprache (Griechisch oder Lateinisch?) durchgezogen haben. Und eventuell wurde das als eine Art "Amtsname" dann auch angenommen, jedenfalls in dem Sinne daß der Namensträger auf diesen Namen reagiert hätte. Ich nehme an dafür könnte man Beispiele aus der Kolonialzeit finden. Andererseits gibt es auch durchaus freiwilliges Annehmen fremder Namen der Einfachheit halber. So geben sich z.B. viele Chinesen selbst einen englischen Namen um im Westen einfacher unterwegs sein zu können. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß es komplett normal war auch einen griechischen oder lateinischen Namen zu führen, jedenfalls wenn man viel mit "Ausländern" zu tun hatte.

Ich würde gerne wissen was der Stand der historisch-linguistischen Forschung ist, wenn es um die Frage geht bei welchen Namen (vermutlich plural?) sich Jesus in seiner Umgebung angesprochen gefühlt hätte. Und dann ist die weiter Frage anzuschließen, inwiefern das gleich ist mit dem was dann in der Niederschrift und Übersetzung der Heiligen Schrift passierte? Ist die Variante des Namens im griechischen NT gleich dem, was ein Grieche benutzt hätte um Jesus anzureden, oder ein bewußter Versuch das für "Griechen" besser lesbar zu machen? Und dann gibt es ja noch so einige Zwischenschritte bis wir bei meinem Namen "Jesus" ankommen. Wobei für mich persönlich das auch noch leicht schizophren ist, weil "Jesus" auf Deutsch nun nicht gerade gleich "Jesus" auf Englisch ist (im Englischen ist das meist mehr ein "Tschises").

Und wenn man einmal damit anfängt, wird es auch anderweitig interessant. So ist z.B. "Matthäus" sicher nicht der ursprüngliche Name des Evangelisten (sondern "Matityahu"?). Andererseits ist "Lukas" vermutlich nahe dran...

Jedenfalls stellt sich für mich durchaus die Frage, ob es nicht vielleicht besser wäre die Bibel getreuer den "echten" Namen zu übersetzen? Und für das persönlich Beten eben, ob es nicht vielleicht angebrachter wäre Jesus so anzureden, wie er eben angeredet wurde als er auf Erden weilte. Sicherlich ist das nicht irgendwie eine Glaubensnotwendigkeit, sondern mehr ein Glaubensschnörkel. Andererseits, warum nicht?

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Vinzenz Ferrer
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 15:18
Andererseits, warum nicht?
Die katholische Antwort auf diese Frage lautet: Das ist nicht die Tradition der Kirche. Die Sprache ist nur das Medium des Gebets; das Wesentliche des Gebets ist „übersprachlich“ – Gott sei´s gedankt!
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 14:53
Marion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:20
Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 13:00
Mit alledem als Hintergrund, wenn ich zur Inkarnation der zweiten Person Gottes bete, wie sollte ich ihn dann anreden? Und ist das irgendwie wichtig?
Du brauchst dich nicht in zu Gott versetzen um rauszufinden wie er es vielleicht gerne hätte angesprochen zu werden, weil du das vielleicht gerne so hättest. Bete die Gebete so wie die Kirche sie immer gebetet hat, und nicht selbstausgedachte Sachen. Dann ist die Wortwahl auf jeden Fall Gott wohlgefällig ;)
Zustimmung von meiner Seite. :ja:
Wirklich? Für mich macht Marions Kommentar Sinn nur dank des humorvollen Zwinker-Smilies. Erstens finde ich es sowieso theologisch äußerst bedenklich Beten auf das Nachsprechen "offizieller" Gebete zu beschränken! :nein: Zweitens, gibt es überhaupt ein Gebet, daß die Kirche "immer" (seit ihrer Gründung) schon spricht, jedenfalls wenn man Übersetzungen eben nicht einfach als "dasselbe" betrachtet? Es geht bei der Frage nach dem rechten Name für Jesus ja zum großen Teil auch um die Sprache / Kultur in der gesprochen wird...

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Marion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Marion »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 16:09
dank des humorvollen Zwinker-Smilies
Mein Beitrag ist ernst und freundlich, aber nicht humorvoll gemeint.
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Trisagion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Vinzenz Ferrer hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 15:27
Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 15:18
Andererseits, warum nicht?
Die katholische Antwort auf diese Frage lautet: Das ist nicht die Tradition der Kirche. Die Sprache ist nur das Medium des Gebets; das Wesentliche des Gebets ist „übersprachlich“ – Gott sei´s gedankt!
Ein Name ist kein Konzept und somit von Natur aus nicht "übersprachlich" sondern eben gerade ein festes sprachliches Identifikationsgeräusch für eine bestimmte Person (oder auch ein bestimmtes Tier). Namen werden in der Regel nicht übersetzt.

Die christliche "Tradition" bzgl. Jesus, soweit man daß überhaupt sagen kann, scheint im Wesentlichen in einer ungefähren Transliteration zu bestehen, die dann jeweils auf einen vorherigen Schritt zugreift, quasi "Stille Post" mit ungenauer Lautmalerei: Aramäisch / Hebräisch -> Griechisch -> Latein -> moderne Sprachen -> andere moderne Sprachen. Jedenfalls scheint mir das so zu sein, ich lasse mich da gerne korrigieren.

Muß man das ablehnen? Nein. Muß man das als gottgewollte Tradition begreifen? Meines Erachtens, nein. Kann man also darüber nachdenken ob es nicht besser wäre "Jesus" so anzureden wie er nunmal zu Lebzeiten angeredet wurde? Ich denke das ist legitim.

Trisagion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Marion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 16:21
Mein Beitrag ist ernst und freundlich, aber nicht humorvoll gemeint.
Du lehnst "selbstausgedachtes" Beten ernsthaft ab?! :hmm:

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Marion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Marion »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 16:50
Marion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 16:21
Mein Beitrag ist ernst und freundlich, aber nicht humorvoll gemeint.
Du lehnst "selbstausgedachtes" Beten ernsthaft ab?! :hmm:
Ja, du überlegst ja hier auch wie es wohl am besten ist Gott anzusprechen, wie es ihm wohl am besten gefällt (Mit deinem Vergleich, wie du angesprochen werden magst, hast du ja darauf verwiesen). Wie gesagt, die Kirche weiß es wohl am besten wie man Gott anzusprechen hat, daß es Ihm auch wohlgefällt. Auch wie man ihn bitten soll, worum man ihn bitten soll, wofür man ihm danken soll etc. Es gibt massig Gebete der Kirche, sodaß es da eigentlich nichts Selbstausgedachtes braucht (wenn man sich da allein die alten Ablassgebete anschaut, oder die Kirchengebete im Brevier). Und wie man hier ja nun deutlich sieht gibt es bei Selbstausgedachtem ja schon Probleme allein mit der Ansprache des Herrn. Ich riskiere da nichts, ich halte mich an die Kirche.
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Tinius
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Tinius »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 15:18


Ich würde gerne wissen was der Stand der historisch-linguistischen Forschung ist, wenn es um die Frage geht bei welchen Namen (vermutlich plural?) sich Jesus in seiner Umgebung angesprochen gefühlt hätte.
Plural nicht. Als Galiläer "Jeschu". Gute Zusammenfassung bei David Flusser: Jesus

Trisagion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Marion hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 17:05
Es gibt massig Gebete der Kirche, sodaß es da eigentlich nichts Selbstausgedachtes braucht (wenn man sich da allein die alten Ablassgebete anschaut, oder die Kirchengebete im Brevier). Und wie man hier ja nun deutlich sieht gibt es bei Selbstausgedachtem ja schon Probleme allein mit der Ansprache des Herrn.
Ein besonderes Problem ist die Angelegenheit für mich nicht. Ich habe auch kein Problem damit wenn die meisten Engländer meinen Nachnamen falsch aussprechen. Das ist weder böse gemeint noch kommt es dadurch zum Zweifel ob meiner Identität. Aber wenn ich persönlich einen Kollegen treffe, der einen "fremdsprachigen" Namen hat, dann frage ich in der Regel nach wie man den denn "richtig" ausspricht und versuche das dann auch zu tun (soweit mir möglich). Das ist für mich eine Form der Höflichkeit / Freundlichkeit im Umgang miteinander. Ich habe z.B. eine irische Kollegin des Namens "Ciara" und habe das spontan Pseudo-Italienisch ausgeprochen, also "Tschiara". Ist aber richtig "Kira" und seit ich das weiß sage ich es halt richig.

Was Deine Einstellung zu persönlichen Gebeten angeht, ist meine Einstellung doch anders. Ich sehe durchaus die Notwendigkeit und in der Tat Schönheit eines gemeinschaftlichen und einheitlichen Gebetes in der Liturgie. (Und auch im Stundengebet wo das ein Ausdruck einer einheitlichen, spirituellen Praxis auch in physischer Trennung voneinander ist.) Ich habe auch nichts gegen die spirituelle Inspiration durch vorgefertigte Gebete, oder dem "sich Verlieren" in solchen Gebeten (einige mystische Praktiken etwa beruhen auf der Wiederholung von gegebenen Gebetstexten). Aber so ganz ohne persönliches Wort zu Gott geht es m.E. dann auch wieder nicht... :hae?:

Trisagion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Tinius hat geschrieben:
Dienstag 7. Juli 2020, 17:28
Plural nicht. Als Galiläer "Jeschu". Gute Zusammenfassung bei David Flusser: Jesus
Danke, interessant ist das Fehlen des "a" am Ende im Vergleich mit dem Hebräischen. Aber heißt das nun z.B., daß sowohl der Römer Pontius Pilatus als auch der Hohepriester Kajaphas als auch der vermutliche Grieche Lukas Jesus alle als "Jeschu" anredeten? Oder führte er einen anderen Namen in anderen Umständen?

Will sagen, war "Jeschu" als galiläischer Name mehr so wie ein bayrischer "Schorsch", der von Amts wegen aber "Georg" heißt?

Ralf

Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Ralf »

Vielleicht ist auch der Vokativ damit gemeint.

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Protasius
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Protasius »

Ich bete normalerweise zum Herrn bzw. spreche ihn so an, wenn ich mich nicht feststehender Gebete bediene.
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Tinius
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Tinius »

Ralf hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 09:48
Vielleicht ist auch der Vokativ damit gemeint.
https://auslegungssache.at/7751/abba-he ... ber-vater/

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Lycobates
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Lycobates »

Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 09:59
Ich bete normalerweise zum Herrn bzw. spreche ihn so an, wenn ich mich nicht feststehender Gebete bediene.
Ja, Herr Jesu, Domine Jesu, oder gar Jezulátko, wie die Prager sagen.
;)

(Schon merkwürdig die Idee, Gott hätte es nötig, mit einem gewissen Namen angesprochen zu werden, um auf uns aufmerksam zu werden, wo doch keiner unserer Gedanken Ihm unbekannt bleibt)
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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Trisagion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 09:59
Ich bete normalerweise zum Herrn bzw. spreche ihn so an, wenn ich mich nicht feststehender Gebete bediene.
Ja, ich übrigens auch... Aber den Namen "Jesus" habe ich doch sowohl bei einigen feststehenden Gebeten auf den Lippen (Ave Maria, Fatima-Gebet, ...) als auch gelegentlich im eigenen Beten.

Es geht mir auch nicht darum, nun "Jesus" aus allem Sprachgebrauch zu verdammen. Im wesentlichen habe ich ein paar israelischen / jüdischen Christen auf YouTube zugehört, die halt die ganze Zeit "Jeschua" sagten, und mich dann gefragt warum genau ich nun eigentlich immer "Jesus" sage. Schien mir jedenfalls bedenkenswert und eine Diskussion wert.

Trisagion
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 10:29
Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 09:59
Ich bete normalerweise zum Herrn bzw. spreche ihn so an, wenn ich mich nicht feststehender Gebete bediene.
Ja, Herr Jesu, Domine Jesu, oder gar Jezulátko, wie die Prager sagen. ;)

(Schon merkwürdig die Idee, Gott hätte es nötig, mit einem gewissen Namen angesprochen zu werden, um auf uns aufmerksam zu werden, wo doch keiner unserer Gedanken Ihm unbekannt bleibt)
Also, Du sprichst ihn aber gerade selber mit einem gewissen Namen an? :achselzuck: Oder wäre für Dich
"Herr Franz, Domine Franciscu oder gar Franzlátko"
genauso angebracht, weil Gott ja in Deinen Gedanken lesen kann wen Du wirklich damit meinst? :hae?:

Die Merkwürdigkeit ist das wir hier einerseits sehr wohl einen ganz bestimmten Namen eines ganz bestimmten Mannes verwenden, andererseits diesen Name aber recht frei durch Sprache und Kultur variieren lassen.

Es scheint mir der ursprüngliche Eigenname ist hier mehr zu einer Art Titel geworden, und dann haben wir ähnliche Variationen wie "Caesar" nach "Kaiser" und "Zar".

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Lycobates
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 10:53
Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 09:59
Ich bete normalerweise zum Herrn bzw. spreche ihn so an, wenn ich mich nicht feststehender Gebete bediene.
Ja, ich übrigens auch... Aber den Namen "Jesus" habe ich doch sowohl bei einigen feststehenden Gebeten auf den Lippen (Ave Maria, Fatima-Gebet, ...) als auch gelegentlich im eigenen Beten.

Es geht mir auch nicht darum, nun "Jesus" aus allem Sprachgebrauch zu verdammen. Im wesentlichen habe ich ein paar israelischen / jüdischen Christen auf YouTube zugehört, die halt die ganze Zeit "Jeschua" sagten, und mich dann gefragt warum genau ich nun eigentlich immer "Jesus" sage. Schien mir jedenfalls bedenkenswert und eine Diskussion wert.
Wenn man auf Hebräisch beten sollte, betet man die Namen in ihrer hebräischen Form.
Auf Latein, Griechisch, Deutsch, sonst was, in der jeweiligen Form des Namens in dieser Sprache.
Das scheint mir doch selbstverständlich.
Vornamen werden oft abgewandelt, und nicht nur dann, wenn sie dekliniert werden, wie es in einigen Sprachen der Fall ist.
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 11:07
Vornamen werden oft abgewandelt, und nicht nur dann, wenn sie dekliniert werden, wie es in einigen Sprachen der Fall ist.
Mit "oft" meinst Du wohl "sehr selten". Ich kann mich nicht erinnern den Vornamen eines anderen je selbst abgewandelt zu haben, im Alltag, wenn man jetzt mal von Spitznamen absieht (was eine völlig andere Sache ist!). Es gab ein paar Gelegenheiten, wo jemand einen für mich praktisch unaussprechlichen Namen hatte. Aber in diesen Fällen haben mir dann immer diese Leute selber gesagt, wie ich sie stattdessen anreden sollte, meist in einer vereinfachten Kurzform ihre Namens.

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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Protasius »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 11:30
Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 11:07
Vornamen werden oft abgewandelt, und nicht nur dann, wenn sie dekliniert werden, wie es in einigen Sprachen der Fall ist.
Mit "oft" meinst Du wohl "sehr selten". Ich kann mich nicht erinnern den Vornamen eines anderen je selbst abgewandelt zu haben, im Alltag, wenn man jetzt mal von Spitznamen absieht (was eine völlig andere Sache ist!). Es gab ein paar Gelegenheiten, wo jemand einen für mich praktisch unaussprechlichen Namen hatte. Aber in diesen Fällen haben mir dann immer diese Leute selber gesagt, wie ich sie stattdessen anreden sollte, meist in einer vereinfachten Kurzform ihre Namens.
Zumindest in Bezug auf historische Personen ist das tatsächlich recht oft der Fall. Wenn wir bspw. die Apostelfürsten nehmen, sind Petrus et Paulus, Peter und Paul, Peter and Paul, Pierre et Paul, Piotr i Paweł, Pietro e Paolo die üblichen Varianten auf Latein, Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch und Italienisch. Für die Evangelisten ergeben sich Matthæus, Marcus, Lucas, Joannes; Matthäus, Markus, Lukas, Johannes; Matthew, Mark, Luke, John; Mathieu, Marc, Luc, Jean; Mateusz, Marek, Łukasz, Jan; Matteo, Marco, Luca, Giovanni. Und der Kirchenvater Hilarius von Poitiers wird je nach Kontext als Hilarius, Hilary, Hilaire etc. bezeichnet.

Und das gleiche Spiel kann man mit Königen treiben. Der Sonnenkönig wird je nach Umgebungssprache als Ludwig XVI., Louis XVI, Ludwik XVI, Ludovico XVI bezeichnet; der Gründer von St. Petersburg als Peter der Große, Peter the Great, Piotr Wiełki, etc.

Und das vllt. offensichtlichste Beispiel ist der Papstname: Johannes Paul, John Paul, Jean Paul, Jan Pawel, Giovanni Paolo; Benedikt, Benedict, Benoît, Benedetto; Franziskus, Francis, François, Franciszek, Francesco.
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Da hast Du recht, Protasius. Aber warum und wann ist das so?

Weder Barack Obama noch Vladimir Putin werden eingedeutscht. Brad Pitt und Lionel Messi behalten ihre Namen international. Und selbst wenn die Aussprache falsch ist, Johann Sebastian Bach heißt überall gleich, genau wie auch die Pet Shop Boys (Tierhandlungsjungen! :klatsch:).

Ist es einfach der zeitliche Abstand? Oder ist da noch etwas anderes im Spiel?

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Lycobates
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 11:30
Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 11:07
Vornamen werden oft abgewandelt, und nicht nur dann, wenn sie dekliniert werden, wie es in einigen Sprachen der Fall ist.
Mit "oft" meinst Du wohl "sehr selten". Ich kann mich nicht erinnern den Vornamen eines anderen je selbst abgewandelt zu haben, im Alltag, wenn man jetzt mal von Spitznamen absieht (was eine völlig andere Sache ist!). Es gab ein paar Gelegenheiten, wo jemand einen für mich praktisch unaussprechlichen Namen hatte. Aber in diesen Fällen haben mir dann immer diese Leute selber gesagt, wie ich sie stattdessen anreden sollte, meist in einer vereinfachten Kurzform ihre Namens.
Mein Vorname etwa wird und wurde, in Sprachen, die Eigennamen deklinieren, aber nicht nur in diesen, manchmal bis zur Unkenntlichkeit abgewandelt.
Das war manchmal sehr lustig.

Aber ich muß gestehen, daß ich diese Problematik gar nicht nachvollziehen kann.

Wir reden hier nicht von Menschen, mit denen wir im Alltagsgespräch sind, und die wir mit ihrem Namen korrekt anzureden versuchen.

Wir reden hier vom Herrgott und den Heiligen im Himmel. Eine grundverschiedene Dimension.

Der heilige Antonius Abt versteht mich auch, und erhört mich, wenn ich ihn nicht auf Koptisch anrede (das wäre übrigens der lateinische Vokativ).
Ebenso sein Namensvetter aus Padua, der eigentlich einen portugiesischen Vornamen hatte, obwohl er in Italien gepredigt hat, und dort Antonio hieß, was etwas anders ausgesprochen wird (auweia!).

Wenn sie mir erscheinen sollten, dann würden sie mich wohl auf Deutsch anreden, und ich sie auch, mit ihrer deutschen Namensform (Latein würde mich natürlich ehren, dann käme mein Vorname im Vokativ, abgewandelt)
Ebenso wie die Gottesmutter sich der kleinen Bernadette im provenzalischen Platt vorgestellt hat.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 12:03
Da hast Du recht, Protasius. Aber warum und wann ist das so?

Weder Barack Obama noch Vladimir Putin werden eingedeutscht. Brad Pitt und Lionel Messi behalten ihre Namen international. Und selbst wenn die Aussprache falsch ist, Johann Sebastian Bach heißt überall gleich, genau wie auch die Pet Shop Boys (Tierhandlungsjungen! :klatsch:).

Ist es einfach der zeitliche Abstand? Oder ist da noch etwas anderes im Spiel?
Die Franzosen nennen den Meister Jean-Sébastien Bach (sprich: Bak), etwa: https://fr.wikipedia.org/wiki/Jean-S%C3%A9bastien_Bach
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Protasius
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Protasius »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 12:03
Da hast Du recht, Protasius. Aber warum und wann ist das so?

Weder Barack Obama noch Vladimir Putin werden eingedeutscht. Brad Pitt und Lionel Messi behalten ihre Namen international. Und selbst wenn die Aussprache falsch ist, Johann Sebastian Bach heißt überall gleich, genau wie auch die Pet Shop Boys (Tierhandlungsjungen! :klatsch:).

Ist es einfach der zeitliche Abstand? Oder ist da noch etwas anderes im Spiel?
Bei Barack, Vladimir, Brad und Lionel gibt es zunächst mal schlicht keine gebräuchliche deutsche Form. Bei Elisabeth II. und Papst Franziskus oder auch Papst emeritus Benedikt kann man von einem zeitlichen Abstand nicht sprechen, und so weit ich beobachte, schreiben nur wenige den Namen der britischen Königin im Deutschen mit z und versuchen sich an der Aussprache eines [θ].

Im übrigen bin ich es auch aus dem neusprachlichen Schulunterricht gewohnt, daß man eine entsprechende Variante meines Namens verwendet; bei Alexander macht das nicht viel aus (bis auf die Russen, die mich Sascha nennen), aber ein Klassenkamerad wurde im Französischunterricht Mathieu genannt, wenngleich er im normalen Leben Matthias heißt; und mein Russischlehrer stammte aus Litauen, wo man ihn statt Georg Jurjes nannte, wenn ich mich recht erinnere (falls die Grammatik nicht eine deklinierte Form davon erfordert).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Lycobates »

Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 12:16
ein Klassenkamerad wurde im Französischunterricht Mathieu genannt, wenngleich er im normalen Leben Matthias heißt
Wobei Matthias eigentlich Mathias (mit einem t) wäre;
Matthieu ist Matthäus.
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Protasius hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 12:16
Im übrigen bin ich es auch aus dem neusprachlichen Schulunterricht gewohnt, daß man eine entsprechende Variante meines Namens verwendet; bei Alexander macht das nicht viel aus (bis auf die Russen, die mich Sascha nennen), aber ein Klassenkamerad wurde im Französischunterricht Mathieu genannt, wenngleich er im normalen Leben Matthias heißt; und mein Russischlehrer stammte aus Litauen, wo man ihn statt Georg Jurjes nannte, wenn ich mich recht erinnere (falls die Grammatik nicht eine deklinierte Form davon erfordert).
Das war mal Mode, im Sprachunterricht Leuten einen ähnlichen Namen aus der Fremdsprache zu geben. Das ging mir in der Tat auch mal so. Glücklicherweise ist das nicht mehr der Fall, soweit ich das jedenfalls online sehe. Und es war auch nie etwas das außerhalb des Klassenzimmers durchgezogen wurde, jedenfalls nicht meiner Erfahrung nach.

Aber die Diskussion wird hier nun anachronistisch. Weil wir in der Vergangenheit viele biblische Namen in die jeweilige Landessprache umgemodelt haben, fällt es uns heute leicht, das jeweilige Äquvialent in einer anderen Sprache zu finden. Darum wird also meinetwegen aus dem deutschen "Matthäus" der französische "Matthieu". Aber das erklärt eben erstmal nicht warum die Leute nicht durchgehend einfach bei "Matityahu" geblieben sind, in allen Sprachen.

Es ist auch klar, daß hier Lautmalerei im Spiel war. Schließlich sind die Namen eben nicht der Bedeutung nach übersetzt, was bei vielen biblischen Namen ja durchaus möglich wäre. "Jeschu(a)" ins Deutsche übersetzt wäre dann soetwas wie "Gottretter" oder "Gottbefreier" (ähnlich dem "Gotthilf" als Name gemeint). Stattdessen benutzten aber alle einen "ähnlich klingenden Namen" der soweit ich weiß in den Zielsprache vorher jeweils nicht existierte. Und der wird dann über eine Kette von Sprachen und Übersetzungen weitergegeben bis es als "Jesus" bei uns ankommt.

Aber wenn wir eben sowieso Lautmalerei betreiben, sehe ich jedenfalls bei "Jeschu(a)" keinen klaren Grund warum ich nicht einfach die ursprünglichen Laute benutzen sollte. Ist doch sehr einfach auszusprechen?

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Lycobates
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Lycobates »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 13:23
Aber das erklärt eben erstmal nicht warum die Leute nicht durchgehend einfach bei "Matityahu" geblieben sind, in allen Sprachen.
Weil immer, jedenfalls in unserem griechisch-römischen Kulturkreis, und im Orient, Namen der jeweiligen Zielsprache angepaßt wurden und werden.
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Re: Der Name des Gekreuzigten ist ...

Beitrag von Trisagion »

Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 8. Juli 2020, 13:37
Weil immer, jedenfalls in unserem griechisch-römischen Kulturkreis, und im Orient, Namen der jeweiligen Zielsprache angepaßt wurden und werden.
Bestimmte Namen, unter bestimmten Umständen, vielleicht systematisch aber nicht häufig...

Und inwiefern ist denn jetzt bitte "Jesus" der deutschen Sprache besser angepaßt als "Jeschu(a)"? Eventuell kann man argumentieren, daß Du heute "Jesus" sagst weil eine Grieche im Altertum mal Probleme mit einem "sch" Laut hatte, oder so... Aber warum bitte ist das heute für Dich noch wichtig und bindend? Du kannst als Deutscher komplett problemlos den Namen aussprechen, bei dem sich der historische, inkarnierte Gott angesprochen gefühlt hätte. Warum bei einem Namen bleiben, der durch griechische und lateinische Münder verschliffen wurde, wenn Du es heute als Deutscher besser weißt und kannst? Und in der Tat, warum bei einem Namen bleiben der zwar in Schriftform gleich ist in vielen modernen Sprachen, aber dann doch wieder klar verschieden ausgesprochen wird (z.B. Deutsch, Spanisch und Englisch)?

Nur um das nochmals zu betonen, ich halte die Namensfrage nicht für furchtbar wichtig, und schon garnicht für notwendig für den Glauben. Aber ich finde unsere Einstellung dazu schon ein wenig merkwürdig...

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