War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
gc-148
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von gc-148 »

ad_hoc hat geschrieben:Bitte unterlasst dieses Billigdenken, dass Jesus von Thomas trotz seiner Aufforderung nicht berührt worden ist, nur weil dies nicht in der Bibel steht.
Ich lasse mir mein Billigdenken von dir nicht verbieten!
1. der Auferstandene nimmt die Fragen des Thomas ernst.
2. der Auferstandene lädt Thomas ein, seine Bedingungen einzulösen.
3. Thomas ist von der Begegnung überwältigt - und lässt seine Bedingungen fallen.
4. Das Entscheidende aber ist die Rückkehr in die Gemeinschaft der anderen Apostel ... in dieser Gemeinschaft kann der Glaube an die Auferstehung bzw an den Auferstandenen wachsen und reifen "Mein Herr und mein Gott".
5. Als Solo-Tänzer stellt Thomas seinen Intellekt in den Vordergrund - als Mitglied der Gemeinschaft sein Herz!

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Pit
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pit »

gc-148 hat geschrieben: 1. der Auferstandene nimmt die Fragen des Thomas ernst.
2. der Auferstandene lädt Thomas ein, seine Bedingungen einzulösen.
4. Das Entscheidende aber ist die Rückkehr in die Gemeinschaft der anderen Apostel ... in dieser Gemeinschaft kann der Glaube an die Auferstehung bzw an den Auferstandenen wachsen und reifen "Mein Herr und mein Gott".
Ich habe die wichtigsten Aspekte hervorgehoben.
Elementar ist,dass Jesus die Zweifel von Thomas ernstnahm.
Elementar ist,dass Thomas genau deswegen zum Glauben an den Auferstandenen finden konnte.
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Niels
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Niels »

gc-148 hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:Bitte unterlasst dieses Billigdenken, dass Jesus von Thomas trotz seiner Aufforderung nicht berührt worden ist, nur weil dies nicht in der Bibel steht.
Ich lasse mir mein Billigdenken von dir nicht verbieten!
1. der Auferstandene nimmt die Fragen des Thomas ernst.
2. der Auferstandene lädt Thomas ein, seine Bedingungen einzulösen.
3. Thomas ist von der Begegnung überwältigt - und lässt seine Bedingungen fallen.
4. Das Entscheidende aber ist die Rückkehr in die Gemeinschaft der anderen Apostel ... in dieser Gemeinschaft kann der Glaube an die Auferstehung bzw an den Auferstandenen wachsen und reifen "Mein Herr und mein Gott".
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Pit
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pit »

Vorschlag zur Güte:
Kann jemand hier Griechisch und mal sagen,was im Original steht?
Und selbst wenn nicht
Fakt ist dass Thomas letzlich zum Glauben an den Auferstandenen gefunden hat,wenn auch über einen kleinen Umweg.
Aber ich nehme es mir nicht heraus Thomas zu verurteilen,weil er nach dieser Niederlage - und so muss er den Tod Jesu am Kreuz enpfunden haben - nicht ausschliesslich (!) weil die anderen es ihm erzählten plötzlich sagte:
"Toll,Jesus ist von den Toten auferstanden!"
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Bibelleser
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Bibelleser »

Pit hat geschrieben:Vorschlag zur Güte:
Kann jemand hier Griechisch und mal sagen,was im Original steht?
Ich konnte mich erinnern, dass es vor ein paar Jahren eine Koineanalyse eines Sprachwissenschaftlers zu der Frage gab. Einen Link zur Fachpublikation kann ich allerdings erst beisteuern, wenn ich wieder in der Uni-Bibliothek bin.
Ich ging vom Sprachlichen immer davon aus, dass der Verfasser des Johannesevangeliums grammatikalisch KEINE Berührung gemeint hatte.

Glenn Mosts Buch ist auf Deutsch auch im C.H. Beck-Verlag erhältlich:

http://www.beck-shop.de/Most-W-Finger-W ... duct=18496

Thomas_de_Austria
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Pit hat geschrieben:Kann jemand hier Griechisch und mal sagen,was im Original steht?
Dort steht auch nichts anderes, d. h. nichts, woran man ausmachen könnte, ob der Apostel
tatsächlich die Wundmale berührt hat. Dass er es dann tatsächlich getan hat, steht dort nicht, er
wird nur aufgefordert, es zu tun.

εἶτα λέγει τῷ Θωμᾷ, Φέρε τὸν δάκτυλόν σου ὧδε καὶ ἴδε τὰς χεῖράς μου, καὶ φέρε τὴν χεῖρά σου
καὶ βάλε εἰς τὴν πλευράν μου, καὶ μὴ γίνου ἄπιστος ἀλλὰ πιστός.

ἀπεκρίθη Θωμᾶς καὶ εἶπεν αὐτῷ, Ὁ κύριός μου καὶ ὁ θεός μου.
“ (Io XX,27f)

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Pit
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pit »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Pit hat geschrieben:Kann jemand hier Griechisch und mal sagen,was im Original steht?
Dort steht auch nichts anderes, d. h. nichts, woran man ausmachen könnte, ob der Apostel
tatsächlich die Wundmale berührt hat. Dass er es dann tatsächlich getan hat, steht dort nicht, er
wird nur aufgefordert, es zu tun
.

εἶτα λέγει τῷ Θωμᾷ, Φέρε τὸν δάκτυλόν σου ὧδε καὶ ἴδε τὰς χεῖράς μου, καὶ φέρε τὴν χεῖρά σου
καὶ βάλε εἰς τὴν πλευράν μου, καὶ μὴ γίνου ἄπιστος ἀλλὰ πιστός.

ἀπεκρίθη Θωμᾶς καὶ εἶπεν αὐτῷ, Ὁ κύριός μου καὶ ὁ θεός μου.
“ (Io XX,27f)
Danke Thomas (ich habe einige Aspekte in Deinem Beitrag hervorgehoben!),also dürfte diese Debatte beendet sein.
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gc-148
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von gc-148 »

Niels hat geschrieben:
gc-148 hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:Bitte unterlasst dieses Billigdenken, dass Jesus von Thomas trotz seiner Aufforderung nicht berührt worden ist, nur weil dies nicht in der Bibel steht.
Ich lasse mir mein Billigdenken von dir nicht verbieten!
1. der Auferstandene nimmt die Fragen des Thomas ernst.
2. der Auferstandene lädt Thomas ein, seine Bedingungen einzulösen.
3. Thomas ist von der Begegnung überwältigt - und lässt seine Bedingungen fallen.
4. Das Entscheidende aber ist die Rückkehr in die Gemeinschaft der anderen Apostel ... in dieser Gemeinschaft kann der Glaube an die Auferstehung bzw an den Auferstandenen wachsen und reifen "Mein Herr und mein Gott".
5. Als Solo-Tänzer stellt Thomas seinen Intellekt in den Vordergrund - als Mitglied der Gemeinschaft sein Herz!
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:kugel:
[Punkt]

ad_hoc
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von ad_hoc »

Die Frage bleibt, was wohl wahrscheinlicher ist, das Thomas der Aufforderung Jesu folgt - oder dass er der Aufforderung Jesu nicht Folge leistet.
Meine Auffassung habe ich dargelegt: Wahrscheinlicher ist: Thomas folgte der Aufforderung Jesu.

Ansonsten. Wenn gc-148 und Pit zusammen etwas meinen wollen, dann wird's mir anders.
Ich hoffe, man verlangt von mir keine Begründung dafür......
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Thomas_de_Austria
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

ad_hoc hat geschrieben:Die Frage bleibt, was wohl wahrscheinlicher ist, das Thomas der Aufforderung Jesu folgt - oder dass er der Aufforderung Jesu nicht Folge leistet.
Meine Auffassung habe ich dargelegt: Wahrscheinlicher ist: Thomas folgte der Aufforderung Jesu.
Das ist ungefähr das, was man rauslesen kann: *klick*

Und so habe ich es mir persönlich immer vorgestellt: *klick*

Sicher steht im Evangelium ebenso wenig, was genau
sich zwischen Aufforderung und Antwort abspielte. Das
ist m. E. dann eine Frage der Tradition. Stellen wie die,
aus dem Augustin'schen Traktat vorhin, sind dabei
hilfreich. Zumindest gibt es keinen Widerspruch zwischen,
dem, was im Evangelium geschrieben steht, und der Annahme,
dass der Apostel der Aufforderung nachgekommen ist.

Pilgerer
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pilgerer »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:Die Frage bleibt, was wohl wahrscheinlicher ist, das Thomas der Aufforderung Jesu folgt - oder dass er der Aufforderung Jesu nicht Folge leistet.
Meine Auffassung habe ich dargelegt: Wahrscheinlicher ist: Thomas folgte der Aufforderung Jesu.
Das ist ungefähr das, was man rauslesen kann: *klick*

Und so habe ich es mir persönlich immer vorgestellt: *klick*

Sicher steht im Evangelium ebenso wenig, was genau
sich zwischen Aufforderung und Antwort abspielte. Das
ist m. E. dann eine Frage der Tradition. Stellen wie die,
aus dem Augustin'schen Traktat vorhin, sind dabei
hilfreich. Zumindest gibt es keinen Widerspruch zwischen,
dem, was im Evangelium geschrieben steht, und der Annahme,
dass der Apostel der Aufforderung nachgekommen ist.
Es ist durchaus möglich, dass Thomas Jesus tatsächlich angerührt hat. Die Bibel schafft hier keine eindeutige Klarheit, und so sind alternative Interpretationen möglich. Ich würde zu große Ehrfurcht vor dem frisch auferstandenen Herrn empfinden, die mich davon abhalten würde, ihn anrühren zu wollen. Daher kann ich es mir nicht vorstellen, dass Thomas oder ein anderer Apostel das tat.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

ad_hoc
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von ad_hoc »

Ich würde zu große Ehrfurcht vor dem frisch auferstandenen Herrn empfinden, die mich davon abhalten würde, ihn anrühren zu wollen.......
Das ist mit Sicherheit richtig. Man muss ohnehin davon ausgehen, dass die Verehrung Jesu durch die Jünger ganz besonders nach dessen Auferstehung und dessen 'Verklärung' infolge der dadurch vermittelten Gotteserfahrung auf einer höheren Ebene durch größere Scheu und Ehrfurcht vor der Erhabenheit Jesu Christi geprägt war.

Thomas, allein durch die Umstände des 'Erscheinens' Jesu vor Ort, von der Auferstehung Jesu und dessen Gottheit schon überzeugt, hätte ganz sicher unter keinen Umständen es gewagt, die Wundmale Jesu zu berühren. Deshalb auch die Aufforderung Jesu an ihn, eben diese Wundmale zu berühren.

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von overkott »

Natürlich wäre Thomas unrein geworden, hätte er die Wunden berührt. Aber als Sünder wäre ihm dieser Gedanke vielleicht gar nicht gekommen. Doch nachdem er gesehen hatte, schämte er sich zutiefst für seinen Zweifel. Deshalb dürfen wir glauben, das Thomas bestürzt stammelte: Mein Herr und mein Gott. Und Jesus sagte zu ihm: Jetzt machst du Augen. Selig, die nicht mit den Augen glauben. Die nicht mit den Augen glauben, sind wir. Wir können nur ein Stück Brot schauen.

ad_hoc
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von ad_hoc »

Overkott. Bevor Du weiterhin rumkrampfst:
Welches Gefühl war für Thomas erschütternder:
Die Scham wegen seines Unglaubens, oder die Gewalt des unmittelbaren Bewusstwerdens der sichtbaren, hörbaren und fühlbaren Präsenz Gottes?

Thomas konnte in diesem Moment keine geordnete Entschuldigung abgeben. Wer kann ausschließen, dass Jesus auch noch die Hand des Thomas zu den Wundmalen führen mußte?, nachdem Thomas sicher den Willen hatte, der Aufforderung Jesu Folge zu leisten, gleichzeitig wohl aber wie gelähmt war? Denn wenn Jesus sagt, "Lege Deine Finger in meine Wunden!" dann weil Er es so wollte. Er konnte danach nur noch beten: "Mein Herr und mein Gott!"

Gruß, ad_hoc
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Pit
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pit »

Letzlich wissen (!) wir es schlichtweg nicht wie Thomas gehandelt hat und im Ergebnis ist es auch recht unwichtig,denn das Wesentliche (!) ist,dass er den Auferstandenen erkannte.
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martin v. tours
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von martin v. tours »

Das wäre doch ein schöner Schluss für diesen Strang?
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

Pilgerer
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pilgerer »

Pit hat geschrieben:Letzlich wissen (!) wir es schlichtweg nicht wie Thomas gehandelt hat und im Ergebnis ist es auch recht unwichtig,denn das Wesentliche (!) ist,dass er den Auferstandenen erkannte.
Es gibt noch die Möglichkeit, Jesus selbst zu fragen. Da bekomme ich den gegenteiligen Eindruck zu meiner vorherigen Meinung. Thomas hat doch Jesus angerührt und gleichzeitig die Freundlichkeit des Herrn erfahren.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Thomas_de_Austria
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Die Tendenz hin zur Berührung gibt es schon (aus der „Catena aurea“ genommen):
Theophylactus hat geschrieben:Er, der vorher ungläubig gewesen war, erweist sich nach der Berührung der Seite als ausgezeichneter Theologe: denn er tat die zwei Naturen und die eine Person Christi durch seinen Ausspruch kund: Indem er ihn "mein Herr" nannte, bekannte er die menschliche Natur, mit den Worten "mein Gott" die göttliche, und er bekannte ein und denselben als Herrn und Gott.
Bei St. Augustinus geht es auch irgendwo in diese Richtung, wenn das „Berühren“ in diesem Fall auch anders aufgefasst werden mag („Er sagt nicht: du hast mich berührt, sondern: "du hast mich gesehen", weil das Gesicht gewissermaßen ein allgemeiner Sinn ist.“):
[i]Tractatus in Iohannis Euangelium[/i], CXXI,5 hat geschrieben:Dann sagte er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände, und reiche deine Hand und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott." Er sah und berührte den Menschen, und er bekannte Gott, den er nicht sah und nicht berührte; aber durch das, was er sah und berührte glaubte er nun nach Beseitigung des Zweifels auch jenes.

Bibelleser
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Bibelleser »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:[
Theophylactus hat geschrieben:Er, der vorher ungläubig gewesen war, erweist sich nach der Berührung der Seite als ausgezeichneter Theologe: denn er tat die zwei Naturen und die eine Person Christi durch seinen Ausspruch kund: Indem er ihn "mein Herr" nannte, bekannte er die menschliche Natur, mit den Worten "mein Gott" die göttliche, und er bekannte ein und denselben als Herrn und Gott.
Aus dem griechischen Text lässt sich diese Behauptung des Theophylactus nicht herleiten.
Es ist eine, wie üblich in dieser Zeit, herbeigebogene Interpretation. Mehr nicht.

Thomas_de_Austria
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Bibelleser hat geschrieben: Aus dem griechischen Text lässt sich diese Behauptung des Theophylactus nicht herleiten.
Es ist eine, wie üblich in dieser Zeit, herbeigebogene Interpretation. Mehr nicht.
<--- Katholik, damit nix sola scriptura, ungefähr verstanden? Daher ist die Aussage auch eher nix.

Was direkt im griech. Text steht, muss man mir übrigens nicht erläutern, das weiß ich schon selbst sehr
genau, aber darum geht's mir mit Obigem gerade auch nicht.

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Pit
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pit »

@ all
Ich spreche weder Griechisch noch Hebräisch,folglich weiss ich auch nicht,was exakt im Original steht,aber wenn ich hier manche Debatte verfolge weiss ich wieder,warum ich die alte fromme Frau so schätze,die ohne irgendwelche theologischen Kenntnisse den Rosenkranz betrachtet und auf diese schlichte aber demütig-liebevolle Weise wahrscheinlich Jesus näher ist als mancher noch so gelehrte Theologe.
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Thomas_de_Austria
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Pit hat geschrieben:Ich spreche weder Griechisch noch Hebräisch,folglich weiss ich auch nicht,was exakt im Original steht
Das ist sehr eindeutig, darüber besteht wohl ohnehin Konsens. Das schließt aber Weiteres nicht aus, von daher kann man
damit beginnen, die Tradition auszuwerten, was Protestantens nicht so recht zuzusagen scheint. Da das aber kein Kriterium
für irgendetwas ist, kann man damit ruhig fortfahren.

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Pit
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pit »

Wie bereits erwähnt - und nun mögen mich die anwesenden Exegeten verbal lynchen :blinker: - für mich und meinen Glauben spielt es letzlich keine Rolle, ob Thomas die Wundmale Jesu berührte oder nicht,denn wesentlich (!!) ist,dass er zum Glauben an den Auferstandenen gefunden hatte.
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overkott
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von overkott »

Das sagen alle Thomas-Kritiker.

Pilgerer
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Pilgerer »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Pit hat geschrieben:Ich spreche weder Griechisch noch Hebräisch,folglich weiss ich auch nicht,was exakt im Original steht
Das ist sehr eindeutig, darüber besteht wohl ohnehin Konsens. Das schließt aber Weiteres nicht aus, von daher kann man
damit beginnen, die Tradition auszuwerten, was Protestantens nicht so recht zuzusagen scheint. Da das aber kein Kriterium
für irgendetwas ist, kann man damit ruhig fortfahren.
Bei der institutionellen christlichen Bibelexegese sollte die Tradition maßgeblich sein. Eigentlich gehört aber auch die Beratung durch den Heiligen Geist dazu.
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overkott
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von overkott »

Pilgerer hat geschrieben:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Pit hat geschrieben:Ich spreche weder Griechisch noch Hebräisch,folglich weiss ich auch nicht,was exakt im Original steht
Das ist sehr eindeutig, darüber besteht wohl ohnehin Konsens. Das schließt aber Weiteres nicht aus, von daher kann man
damit beginnen, die Tradition auszuwerten, was Protestantens nicht so recht zuzusagen scheint. Da das aber kein Kriterium
für irgendetwas ist, kann man damit ruhig fortfahren.
Bei der institutionellen christlichen Bibelexegese sollte die Tradition maßgeblich sein. Eigentlich gehört aber auch die Beratung durch den Heiligen Geist dazu.
Die Tradition steht Thomas kritisch gegenüber. Für die weisheitliche Tradition gilt das sowieso, weil für die weisheitlichen Theologen Glaube kein Wunderspektakel ist. Wundertäter sind traditionell alle, die Gutes tun. Religiös bedeutet nicht das superstitiöse Wörtlichnehmen des Absurden, sondern das Befolgen von vernünftigen Lebensregeln ( Gottes- und Nächstenliebe ).

ad_hoc
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von ad_hoc »

Die Tradition steht Thomas kritisch gegenüber
Was veranlasst Dich zu dieser Feststellung? Meines Erachtens tritt Thomas, was die zweifelhaften Verhaltensweisen der Jünger anbelangt, nicht sonderlich unter diesen heraus.
Was er der Tradition hinterlassen hat, ist das Zeugnis eines Zweiflers, der 'bekehrt' und durch Jesus selbst "überzeugt" worden ist und unter allen Zeugen der Auferstehung ein außerordentliches Zeugnis der Nachwelt hinterlassen hat.

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von overkott »

ad_hoc hat geschrieben:
Die Tradition steht Thomas kritisch gegenüber
Was veranlasst Dich zu dieser Feststellung? Meines Erachtens tritt Thomas, was die zweifelhaften Verhaltensweisen der Jünger anbelangt, nicht sonderlich unter diesen heraus.
Was er der Tradition hinterlassen hat, ist das Zeugnis eines Zweiflers, der 'bekehrt' und durch Jesus selbst "überzeugt" worden ist und unter allen Zeugen der Auferstehung ein außerordentliches Zeugnis der Nachwelt hinterlassen hat.

Gruß, ad_hoc
Die Tradition unterstellt Thomas auch den Zweifel an Mariä Himmelfahrt. Das ist eigentlich nur möglich, wenn man Thomas typologisch und nicht nur historisch positiv versteht, wie dies auch schon Paulus mit Adam getan hat.

Exkurs: Der historische Positivismus, also das horizontale Denken, nach dem wahr oder echt nur das offen Sichtliche ist, ist ein Problem auch unserer Zeit und Kennzeichen mangelnder Reflexion.

Dieser Mangel mag fromm daherkommen oder auch profan wie bei Jürgen Wiebicke. Radiophilosoph Wiebicke tut sich schwer mit Gott als Inbegriff des Zusammenhangs. Sein Ersatzwort der Würde wackelt auf entsprechend schwachen Füßen. So stolpert er von Zielchen zu Zielchen, ohne eben einen >über<geordneten Zusammenhang zu erkennen oder benennen zu wollen. Das hindert ihn jedoch nicht, dogmatisch zu formulieren mit Redewendungen wie "Fest steht". Fest steht für ihn zum Beispiel, "dass das alte System unserer moralischen Überzeugungen nicht mehr funktioniert." Warum sollte das fest stehen? Nach welchen übergeordneten Kriterien ( Überzeugungen ) will er das beurteilen? Gibt es eine Metamoral, also eine Überzeugung im wörtlichen Sinn, nach denen "unsere moralischen Überzeugungen", die dann eigentlich keine Überzeugungen, sondern Unterstellungen sind, einer kritischen Revision unterzieht? Ist diese Metamoral nicht Gottes- und Nächstenliebe? Ist Gottesliebe als Liebe zum Guten nicht der Nächstenliebe noch übergeordnet, um zu verhindern seinen Nächsten genauso wenig zu lieben wie sich selbst? Wiebicke fehlt es hier an Reflexion im Allgemeinen und an Sprachreflexion im Besonderen. Die Frage nach der Wahrheit ist für ihn auch eine politische und damit eine relative als "Wasser auf Mühlen" irgendwelcher Gruppen. Immerhin gibt Horizontalphilosoph Wiebicke Denkanstöße.

Lacrimosa
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von Lacrimosa »

overkott hat geschrieben:Die Tradition unterstellt Thomas auch den Zweifel an Mariä Himmelfahrt. Das ist eigentlich nur möglich, wenn man Thomas typologisch und nicht nur historisch positiv versteht, wie dies auch schon Paulus mit Adam getan hat.

Exkurs: Der historische Positivismus, also das horizontale Denken, nach dem wahr oder echt nur das offen Sichtliche ist, ist ein Problem auch unserer Zeit und Kennzeichen mangelnder Reflexion.

Dieser Mangel mag fromm daherkommen oder auch profan wie bei Jürgen Wiebicke. Radiophilosoph Wiebicke tut sich schwer mit Gott als Inbegriff des Zusammenhangs. Sein Ersatzwort der Würde wackelt auf entsprechend schwachen Füßen. So stolpert er von Zielchen zu Zielchen, ohne eben einen >über<geordneten Zusammenhang zu erkennen oder benennen zu wollen. Das hindert ihn jedoch nicht, dogmatisch zu formulieren mit Redewendungen wie "Fest steht". Fest steht für ihn zum Beispiel, "dass das alte System unserer moralischen Überzeugungen nicht mehr funktioniert." Warum sollte das fest stehen? Nach welchen übergeordneten Kriterien ( Überzeugungen ) will er das beurteilen? Gibt es eine Metamoral, also eine Überzeugung im wörtlichen Sinn, nach denen "unsere moralischen Überzeugungen", die dann eigentlich keine Überzeugungen, sondern Unterstellungen sind, einer kritischen Revision unterzieht? Ist diese Metamoral nicht Gottes- und Nächstenliebe? Ist Gottesliebe als Liebe zum Guten nicht der Nächstenliebe noch übergeordnet, um zu verhindern seinen Nächsten genauso wenig zu lieben wie sich selbst? Wiebicke fehlt es hier an Reflexion im Allgemeinen und an Sprachreflexion im Besonderen. Die Frage nach der Wahrheit ist für ihn auch eine politische und damit eine relative als "Wasser auf Mühlen" irgendwelcher Gruppen. Immerhin gibt Horizontalphilosoph Wiebicke Denkanstöße.
Für mich jedenfalls ein Denkanstoß, der mich an das Kreuzsymbol denken lässt, das vollkommener nicht sein könnte: Von der Horizontalen kann das horizontale Denken abgeleitet werden, das eine Zeit kennzeichnet, in der sich Menschen hauptsächlich in die Breite ausdehnen oder auch zerstreuen, wie durch Konsum, Unterhaltung, Arbeits- und Freizeitstress. Analog dazu nehmen Produkte und Angebote quantitativ zu (Stichwort Produktdiversifikation), aber nicht qualitativ. Horizontales Denken betrifft in diesem Sinne auch (Berufs-)Intellektuelle, deren konsumhafte, vom Geldverdienen und den Medien abhängige Wissensanhäufung und -absonderung nicht zwangsläufig zu einem tieferen Verstehen führt.

Vertikales Denken hieße demnach, das Leben ganzheitlich zu begreifen: das Spannungsfeld zwischen der Vertikalen und der Horizontalen im eigenen Leben wahrzunehmen, um es dann zugunsten der Vertikalen auszurichten, welche die transzendente Ebene „wie im Himmel so auf Erden“ umfasst. Hier findet sich die Metamoral der Gottes- und Nächstenliebe. Sich darauf einzulassen bedeutet, die Horizontale als zunehmend abhängig machend und selbstentfremdend zu erkennen. Dafür ist Reflexion die Grundvoraussetzung, die aber wiederum ein entsprechendes Bewusstsein erfordert; horizontales Denken läuft tieferer Erkenntnis zuwider. Das drückt u. a. für mich die simple Redewendung im Kreuz ist Heil aus.
Lasst in eurem Miteinander Platz, dass der Hauch des Himmels zwischen euch spielen kann. (Khalil Gibran)

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asderrix
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von asderrix »

Dass Thomas an Mariä Himmelfahrt zweifelt zeigt das er Realist war, dass er an Christi Auferstehung zweifelte ist der Grund dafür, dass Christus sich so deutlich zeigte, dass jeder der die Bibel ernst nimmt, heute nicht mehr zweifeln kann, da diese Entwicklung vom Zweifler zum Anbeter dort beschrieben ist.
Überhaupt bin ich dankbar für alle Fragenden in der Bibel, da uns dadurch große geistliche Wahrheiten gesagt wurden, z.B.: Nikodemus.
Jedes Gedächtnismahl sagt: Das Beste kommt noch!

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overkott
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von overkott »

Lacrimosa hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Die Tradition unterstellt Thomas auch den Zweifel an Mariä Himmelfahrt. Das ist eigentlich nur möglich, wenn man Thomas typologisch und nicht nur historisch positiv versteht, wie dies auch schon Paulus mit Adam getan hat.

Exkurs: Der historische Positivismus, also das horizontale Denken, nach dem wahr oder echt nur das offen Sichtliche ist, ist ein Problem auch unserer Zeit und Kennzeichen mangelnder Reflexion.

Dieser Mangel mag fromm daherkommen oder auch profan wie bei Jürgen Wiebicke. Radiophilosoph Wiebicke tut sich schwer mit Gott als Inbegriff des Zusammenhangs. Sein Ersatzwort der Würde wackelt auf entsprechend schwachen Füßen. So stolpert er von Zielchen zu Zielchen, ohne eben einen >über<geordneten Zusammenhang zu erkennen oder benennen zu wollen. Das hindert ihn jedoch nicht, dogmatisch zu formulieren mit Redewendungen wie "Fest steht". Fest steht für ihn zum Beispiel, "dass das alte System unserer moralischen Überzeugungen nicht mehr funktioniert." Warum sollte das fest stehen? Nach welchen übergeordneten Kriterien ( Überzeugungen ) will er das beurteilen? Gibt es eine Metamoral, also eine Überzeugung im wörtlichen Sinn, nach denen "unsere moralischen Überzeugungen", die dann eigentlich keine Überzeugungen, sondern Unterstellungen sind, einer kritischen Revision unterzieht? Ist diese Metamoral nicht Gottes- und Nächstenliebe? Ist Gottesliebe als Liebe zum Guten nicht der Nächstenliebe noch übergeordnet, um zu verhindern seinen Nächsten genauso wenig zu lieben wie sich selbst? Wiebicke fehlt es hier an Reflexion im Allgemeinen und an Sprachreflexion im Besonderen. Die Frage nach der Wahrheit ist für ihn auch eine politische und damit eine relative als "Wasser auf Mühlen" irgendwelcher Gruppen. Immerhin gibt Horizontalphilosoph Wiebicke Denkanstöße.
Für mich jedenfalls ein Denkanstoß, der mich an das Kreuzsymbol denken lässt, das vollkommener nicht sein könnte: Von der Horizontalen kann das horizontale Denken abgeleitet werden, das eine Zeit kennzeichnet, in der sich Menschen hauptsächlich in die Breite ausdehnen oder auch zerstreuen, wie durch Konsum, Unterhaltung, Arbeits- und Freizeitstress. Analog dazu nehmen Produkte und Angebote quantitativ zu (Stichwort Produktdiversifikation), aber nicht qualitativ. Horizontales Denken betrifft in diesem Sinne auch (Berufs-)Intellektuelle, deren konsumhafte, vom Geldverdienen und den Medien abhängige Wissensanhäufung und -absonderung nicht zwangsläufig zu einem tieferen Verstehen führt.

Vertikales Denken hieße demnach, das Leben ganzheitlich zu begreifen: das Spannungsfeld zwischen der Vertikalen und der Horizontalen im eigenen Leben wahrzunehmen, um es dann zugunsten der Vertikalen auszurichten, welche die transzendente Ebene „wie im Himmel so auf Erden“ umfasst. Hier findet sich die Metamoral der Gottes- und Nächstenliebe. Sich darauf einzulassen bedeutet, die Horizontale als zunehmend abhängig machend und selbstentfremdend zu erkennen. Dafür ist Reflexion die Grundvoraussetzung, die aber wiederum ein entsprechendes Bewusstsein erfordert; horizontales Denken läuft tieferer Erkenntnis zuwider. Das drückt u. a. für mich die simple Redewendung im Kreuz ist Heil aus.
Um die Begrifflichkeit von vertikal und horizontal verständlicher zu machen, sollte man sich hierarchische und egalitäre Beziehungen von Über- und Unterordnung ( hierarchisch ) und Gleichordnung ( egalitär ) anschauen. Wem das noch zu abstrakt klingt, sollte an die Beziehung vom Vater zum Sohn und die Beziehung vom Sohn zum Bruder denken.

Wer mit Jesus Christus Gott den Vater als gemeinsame Überordnung ( Gottesliebe ) versteht, betrachtet die Brüder als gleichwertig ( Nächstenliebe ). Gott ist also im Denken Jesu der Garant der Gleichwertigkeit seiner Brüder und Schwestern. Als Bruder Jesu ist folglich der Papst nicht mehr wert und hat damit auch nicht mehr Würde als der jüngste Brüder. Der jüngste Bruder sollte sich jedoch auch nicht selbst über den Papst erheben.

Ein qualitative Zunahme, also mehr Qualität, gibt es nicht. Zunahme und Häufigkeit ( mehr ) sind quantitative Erscheinungen. Aber es kann eine qualitative Aufwertung geben, wie der Aufstieg des Sohnes zum Vater, die Erhöhung zu seiner Rechten, die Teilhabe des Menschen an der Würde Gottes.

Das Hinabsteigen in die Tiefen der Details und die Niedrigkeit des Alltags sogar bis in die tiefsten Verkehrungen und Negationen der Hölle dient dem tieferen Verständnis des Zusammenhangs und dem Zusammenleben der Brüder. Wer an seinem letzten Tag beim letzten Detail angelangt ist, hat vergeblich gelebt, wenn er von Gott her den Zusammenhang nie begriffen oder aus den Augen verloren hat.

Von Gott her die Schöpfung und den Menschen sowie seine familiären Beziehungen zu denken, bedeutet tatsächlich, das Leben ganzheitlich in den Blick zu nehmen. Der Schöpfer ist das Prinzip der Schöpfung und damit im Prinzip die Schöpfung selbst. Der Himmel ist die transzendentale Ebene, die die Erde überwölbt und den grenzübergreifenden Zusammenhang herstellt. Wer sich also von Gott entfremdet, entfremdet sich zutiefst von sich selbst. Das gilt jedoch auch für diejenigen, die die Horizontale als Werk des Schöpfers verachten.

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overkott
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Re: War der ungläubige Thomas der typische Christ?

Beitrag von overkott »

asderrix hat geschrieben:Dass Thomas an Mariä Himmelfahrt zweifelt zeigt das er Realist war, dass er an Christi Auferstehung zweifelte ist der Grund dafür, dass Christus sich so deutlich zeigte, dass jeder der die Bibel ernst nimmt, heute nicht mehr zweifeln kann, da diese Entwicklung vom Zweifler zum Anbeter dort beschrieben ist.
Überhaupt bin ich dankbar für alle Fragenden in der Bibel, da uns dadurch große geistliche Wahrheiten gesagt wurden, z.B.: Nikodemus.
Der Zweifel des Thomas an Mariä Himmelfahrt bedeutet, dass er die Erlösung nicht begriffen hat. Wenn Christus nicht Maria den Weg in den Himmel eröffnet hat, wem dann?

Thomas war ein bedauernswerter, weil liebenswerter Idiot.

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