Gebete der Kinder

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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pierre10
cum angelis psallat Domino
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Gebete der Kinder

Beitrag von pierre10 »

Der kleine Junge und Gott.

Die Mutter betete mit ihm, schon als kleines Kind, kaum konnte er sprechen, lernte er die alten Kindergebete .... mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.... zum Beispiel. Natürlich verstand er zunächst nichts, aber mit der Mutter zusammen waren es schöne, ganz innige Momente.

Später lernte er auch, Gott zu bitten. Meist ging es um ganz prosaische Dinge, die neue Eisenbahn zu Weihnachten, der schicke Schulranzen zum nächsten Schulanfang.
„Mama, sag mir, warum erfüllt Gott meine Gebete nicht?“
Mutter erklärte, dass Gott unendlich viele Gebete der Menschen hört und einfach nicht alle erhören kann.

Er war acht Jahre alt, als sein kleiner Hund schwer erkrankte. Verzweifelt betete er immer wieder um Heilung für Charly, aber leider starb er. Es war sein Drama. Er haderte mit diesem unmenschlichen Gott, der seinen kleinen Charly sterben ließ.

Zweifel nisteten sich ein, die Gebete wurden seltener, auch der Religionsunterricht änderte nicht viel. Mutter wurde krank, er begann wieder um Genesung zu beten, aber es half nichts, seine Mutter kränkelte viele Jahre vor sich hin.

So weit die ganz alltägliche Geschichte.

Frage: Wie können Eltern mit ihren Kindern beten, ihnen das Eigentlich-Göttliche erklären, vorausgesetzt, sie kennen es selbst.

Sind vorgegebene Gebete richtig, verführen sie nicht zur Routine, zum nur Sprechen? Wie aber können Gebete anders sein?

Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Ich könnte einem Kind nur das sagen, was ich selber denke: Gott hört jedes Gebet. Wenn wir nicht das bekommen, was wir wollen, dann nur, weil Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat. Auch, wenn es aus unserer Sicht nicht schön erscheint.
Was die vorgegebenen Gebete angeht: Ich selbst entdecke in regelmäßig wiederholten Worten immer wieder Neues. Wenn ich immer wieder den 50. Psalm singe, sind es die selben Worte, aber immer wieder neue Gedanken:
Zmiłuj się nade mną Boże w łaskawości swojej—w ogromnie swej litości zgładź moją nieprawosc. Obmyj mnie zupełnie z mojej winy — i oczyść mnie z grzechu mojego...
Und so ähnlich sehe ich gereimte Gebete, wie sie gerne Kindern beigebracht werden, so wie Więrzę w Ciebie, Boże żywy oder Święty Józefie, ratuj nas...
Tausendmal gebetet, sind sie mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ich könnte sie auf dem Kopf stehend mit drei Promille beten.
Und trotzdem werden sie für mich nie sinnlos.
Das, was mir wertvoll ist…wieso sollte ich das nicht auch meinen Kindern weitergeben?
???

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Das schöne ist ja,dass uns Gott auch in unseren Zweifeln ernst nimmt.Das Gebet:"Herr lehre mich beten" ist ein gutes,da demütiges Gebet.Scheinbar nicht erfüllte Bitten erweisen sich nach Jahren oft als doch-nur eben ganz anders und viel besser erfüllt als in unserer ursprünglichen Vorstellung
.Vorgefertigte,auswendig gelernte Gebete sind Sicherheitshaken,an denen wir uns in der Verzweiflung und der Erschöpfung festklammern können- wenn die eigenen Worte versagen-und andererseits ist es wirklich so,dass man auch nach Jahren immer wieder tieferen Sinn in ihnen findet.Das tiefste Gebet ist wortlose Anbetung und Sich-Beschenken -Lassen vom unfassbaren Mysterium Seiner Nähe.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

incarnata hat geschrieben:Scheinbar nicht erfüllte Bitten erweisen sich nach Jahren oft als doch-nur eben ganz anders und viel besser erfüllt als in unserer ursprünglichen Vorstellung
Ich kenne einige Beispiele aus meinem Leben, wo ich das Gefühl habe, Gott hat mich vor etwas bewahrt, was mich vielleicht mein ganzes Leben lang traurig gemacht hätte…
???

Raphaela
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Re: Gebete der Kinder

Beitrag von Raphaela »

pierre10 hat geschrieben:Der kleine Junge und Gott.
Frage: Wie können Eltern mit ihren Kindern beten, ihnen das Eigentlich-Göttliche erklären, vorausgesetzt, sie kennen es selbst.

Sind vorgegebene Gebete richtig, verführen sie nicht zur Routine, zum nur Sprechen? Wie aber können Gebete anders sein?

Pierre
Zu den vorgegebenen Gebeten: Wenn diese immer wieder gesprochen werden, werden sie auch dann nicht vergessen, wenn man sonst nicht weiß, wie und was man beten soll. Später, dann im hohen Alter können manche Menschen nur noch auf diese Art und Weise mit Gott sprechen, z. B. wenn sie dement sind. Die Gebete haben sie nicht vergessen. Das kann ich bei meiner Arbeit immer wieder feststellen.

Zum Kind das zweifelt: Warum sollten Eltern dem Kind nicht einfach sagen, dass es so ist, wie bei den leiblichen Eltern: Sie können dem Kind nicht jeden Wunsch erfüllen, weil nicht alles gut für das Kind ist.


Aber bei dem Beispiel mit dem Hund ist das wirklich nicht so leicht: Vielleicht erklären, dass der Hund schon alt war, dass es vielleicht schlimmer gewesen wäre, wenn er noch weitergelebt hätte, weil man ihm nicht helfen kann....

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Mein Kleinster betet am Liebsten:

Komm Herr Jesus, sei unser Gast
und segne, was du uns bescheret hast.

:jump:
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

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Linus
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Beitrag von Linus »

Gerhard hat geschrieben:Mein Kleinster betet am Liebsten:

Komm Herr Jesus, sei unser Gast
und segne, was du uns bescheret hast.

:jump:
(Off Topic) ist der ein Gourmand oder ein Gourmet?
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Nochmal OT: Ich wünsche mir, er wäre ein Gourmet.
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Gerhard hat geschrieben:Mein Kleinster betet am Liebsten:

Komm Herr Jesus, sei unser Gast
und segne, was du uns bescheret hast.

:jump:
Würde er das auch beten, wenn sein Hund gestorben ist?
*wegbin*
???

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Mein Sohn ist kein Chinese. :shock:
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

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Linus
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Beitrag von Linus »

Hunsdefleisch soll aber ganz gut sein. Ein Maturakollege war ein Jahr lang in Jakarta (oder so)
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"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Raimund J.
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Re: Gebete der Kinder

Beitrag von Raimund J. »

Raphaela hat geschrieben:[
z. B. wenn sie dement sind. Die Gebete haben sie nicht vergessen. Das kann ich bei meiner Arbeit immer wieder feststellen.
Ja, das ist so. Wurde auch neurologisch nachgewiesen. Besonders auch Musik und das Singen bekannter Kirchenlieder lassen Demenzkranken die damit aufgewachsen sind, ungeahnte Momente von Wachheit erleben. Ich bereue heutzutage, daß mir dies damals nicht bekannt war, als meine Großmutter mit Alzheimer in ihren letzten Lebensjahren dahin dämmern musste.

Mir wurde auch erzählt, daß meine Großmutter als zum Sakrament der Krankensalbung (aka "letzte Ölung") der Pfarrer ans Bett kam, von ihr dann ganz unerwartet die Gebete (u. Kreuzzeichen u.s.w.) sehr wach mitgebetet wurden. Als der Priester kam und sich vorstellte, hat sie ihm damals zurückgefragt, ob er denn der Pfarrer aus ... (eine evangelische Ortschaft!) sei. Jahre später ist mir dann plötzlich klar geworden warum sie zu dieser Annahme kam. Der katholische Pfarrer kam im Anzug und meine Großmutter lebte aufgrund der schweren Alzheimer Erkrankung in der Gedankenwelt ihrer Kindheit oder Jugend, einen katholischen Priester hätte sie da wohl nur im Talar erkannt!
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Hallo Raimund,

dieses Phänomen gibt es aber auch bei anderen Liedern aus der Kindheit.

Das ist nicht auf Kirchenlieder beschränkt.
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

In guten Heimen und Alzheimer Wohngruppen nutzt man das mittlerweile und es ist immer wieder erstaunlich, wieviele Strophen von alten Volksliedern, Schlagern und Gedichten die Dementen recitieren können,auch wenn sie sonst kaum noch eien Ton sagen.Man müsste auch entsprechende religiöse Stunden abhalten und dazu die alten Gebet-und Gesangbücher einsetzen.
Raimunds Beispiel zeigt mal wieder,warum Soutane Tragen gut ist.Dazu gibts´ einen Riesenstrang hier im Kreuzgang !
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

incarnata hat geschrieben:warum Soutane Tragen gut ist.
Aber nur, wenn man kein Praktikant ist. ;D ;D
???

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

anneke6 hat geschrieben:
incarnata hat geschrieben:warum Soutane Tragen gut ist.
Aber nur, wenn man kein Praktikant ist. ;D ;D
Der scheint es Dir ja angetan haben!
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

Tja-der Typ auf den Du da immer wieder anspielst muss schon sehr nervig gewesen sein ! :roll:
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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Eine nervige Frage von ihm war auch immer: "Sind kleine Ministranten da?" Ich machte ihn darauf aufmerksam, daß einige unserer Meßdiener das Gymnasium abgeschlossen und zwei Köpfe größer sind als ich…
Jedes Mal, wenn jemand meine Kenntnisse in modernen Fremdsprachen lobte, sagte er: "Ja, meine Fremdsprachen sind Hebräisch, Griechisch und Latein."
"Aramäisch auch?" fragte ich, während Leszek (mein Ex) bald die Kinnlade runterfiel. "Nein…aber das kommt eigentlich auch nicht vor." — "Naja, einige Fragmente im Buch Daniel und im Buch Esra…"
Leszek fragte dann: "Aber schwer ist, Latenisch, äh, lehren, lernen, Latenisch?" Der Praktikant bejahte, ich verneinte. Ich sagte: "Grundsätzlich ist lateinisch sehr konsequent aufgebaut, und man braucht nicht viele Wörter, um einfache Texte lesen zu können. Zum Sprechen bräuchte man doch mehr Wortschatz.
Leszek: "Du sprechen auch Lateinisch?"
Praktikant: "Nein, das kann eigentlich niemand."
anneke6: "Franz Josef Strauß konnte das."
Schließlich brachte der Praktikant den Knaller des Tages:
"Naja, einige lateinische Wörter kennt ja jeder, so wie Telefon zum Beispiel."
Leszek staunte mit offenem Mund, und ich fragte mich, wo dieser Herr wohl klassische Philologie studiert hat.
Auf jeden Fall hätte der mal lieber bei Kindergebeten bleiben sollen:
Ich bin klein,
mein Herz ist rein
und in die Soutane darf ich noch nicht rein.
???

regina 32
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Beitrag von regina 32 »

Anneke, Du bist immer wieder ein Vergnügen zu lesen :D

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

anneke6 hat geschrieben: Leszek: "Du sprechen auch Lateinisch?"
Praktikant: "Nein, das kann eigentlich niemand."
anneke6: "Franz Josef Strauß konnte das."
Schließlich brachte der Praktikant den Knaller des Tages:
"Naja, einige lateinische Wörter kennt ja jeder, so wie Telefon zum Beispiel."
:D Einmalig! :D :D

Sic transit gloria mundi
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overkott
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Beitrag von overkott »

Raimund Josef H. hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben: Leszek: "Du sprechen auch Lateinisch?"
Praktikant: "Nein, das kann eigentlich niemand."
anneke6: "Franz Josef Strauß konnte das."
Schließlich brachte der Praktikant den Knaller des Tages:
"Naja, einige lateinische Wörter kennt ja jeder, so wie Telefon zum Beispiel."
:D Einmalig! :D :D

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iustus
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Re: Gebete der Kinder

Beitrag von iustus »

Klasse Kindergebetbuch für 1 €: http://www.kath.net/news/477. :)
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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