Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Protasius
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Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Protasius »

Ich bin nach der Osternacht auf den Auszug aus Ägypten angesprochen worden. In Ex 14,25 erkennen die Ägypter Jahwe als Gott an, der auf Seiten der Israeliter kämpft; dennoch müssen sie im Wasser sterben. Da kam dann die Frage auf, ob das nicht ungerecht wäre und die Diskussion entwickelte sich in Richtung Manichäismus und Markionismus, weil Gott im AT ja häufiger sehr massiv zuungunsten der Feinde Israels eingreife.

Ich habe gestern nach der Messe unseren Vikar gefragt, der mir eine schöne bildliche Auslegung gegeben hat (die Ägypter = Sklaventreiber halten die Israeliten gefangen wie wir von unseren Sünden gefangen gehalten werden -> Vordeutung der Taufe und des Hinwegspülens der Sünde); aber eine historische Betrachtung würde mir doch mehr helfen.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Salmantizenser
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Salmantizenser »

Eine einfache Beantwortung der Frage könnte Augustinus mit seiner Darlegung von Psalm 106 geben: "Und das Wasser bedeckte ihre Bedränger; nicht einer von ihnen blieb übrig; nicht alle Ägypter, sondern jene, welche die fliehenden Israeliten verfolgten, begierig sie zu fangen oder zu töten."

Ferner kann man das menschliche Verständnis von Gerechtigkeit etc. nicht passenderweise auf Gott applizieren. So schreibt Thomas von Aquin (STh Ia, q. 94 a. 5): "Alle Menschen, sowohl schuldig wie unschuldig, sterben den Tod der Natur: dieser Tod der Natur wird durch die Kraft Gottes aufgrund der Erbschuld zugefügt, nach 1. Könige 2,6: 'Der Herr tötet und macht lebendig.' Demzufolge kann der Tod, auf Befehl Gottes, jedem Menschen zugefügt werden, schuldig oder unschuldig, ohne jegliche Ungerechtigkeit."

Außerdem Sth Ia, q. 108 a. 1 über die Vergeltung: "Wenn die ganze Masse sündigt, muss es ihnen vergolten werden [...], so wurden die Ägypter im Roten Meer ertränkt, während sie die Kinder Israels verfolgten."

Eine tiefere Betrachtung der Theologie des vernachlässigten Alten Testaments wäre sicher nicht schlecht. Pater Augustinus Kurt Fenz, OCist, hat darüber vor kurzem ein ganz interessantes Buch geschrieben: "Liebe findet kein Ende".

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Robert Ketelhohn
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Hubertus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Hubertus »

Protasius hat geschrieben:In Ex 14,25 erkennen die Ägypter Jahwe als Gott an, der auf Seiten der Israeliter kämpft; dennoch müssen sie im Wasser sterben.
Er erkennt an, daß jener Gott, den das Volk der Israeliter verehrt,
sich wirkmächtig gegen Ägypten erweist. Daß dies eine Art Be-
kehrung zu Jahwe sein soll, sehe ich so im Text nicht angelegt.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Pilgerer
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Protasius hat geschrieben:Da kam dann die Frage auf, ob das nicht ungerecht wäre
Was Gott tut, ist ausnahmslos stets gut und gerecht! Bei ihm ist "keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis." (Jakobus 1,17). Wir können darüber diskutieren, worin das gerechte Handeln Gottes in dieser oder jener Situation besteht, aber nicht ob er gerecht/gut handelt.

Das alte Israel ist ein Vorbild des himmlischen Volkes. Darum hat Gott dies Volk gegen seine Feinde (Sinnbilder für die Dämonen) mit dem Schwert beschützt, aber auch streng über jene Israeliten gerichtet, die des Himmels unwürdig lebten. Israel war das Licht der Welt und bereitete das Kommen des HERRN in Jesus Christus vor.
Protasius hat geschrieben:In Ex 14,25 erkennen die Ägypter Jahwe als Gott an, der auf Seiten der Israeliter kämpft; dennoch müssen sie im Wasser sterben
Sie erkennen ihn, aber ohne umzukehren. Denn wenn sie zu Gott umkehren würden, würden sie sich Israel anschließen als "gottesfürchtige Heiden", die es im Lauf der Geschichte des alten Israels immer wieder gab. Indem die Ägypter vor Israel und seinem Gott fliehen, handeln sie wie Adam, der nach dem Sündenfall sich vor Gott versteckt. Dagegen ist es besser, das Angesicht Gottes auch dann mit ganzem Herzen, ganzer Seele und aller Kraft zu suchen, wenn Er Seine allmächtige Majestät offenbart. Gottes Gegenwart kann die Kräfte unserer Seele überfordern, aber Er kann uns wieder beleben, wie Er es bei Daniel (8,18) und Johannes (Offenbarung 1,17) tat.
Die Ägypter haben falsch gehandelt und in Kurzform das daraus folgende Gericht erlebt. Ob sie dennoch später Gnade fanden, als Jesus ins Totenreich einging, ist schwer zu sagen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Reinhard
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Reinhard »

Diese ganzen Rachemaßnahmen Gottes im AT sind schon ein Problem ....

Vor ½ Stunde habe ich noch etwas zu Gottes unverbrüchlicher Liebe geschrieben, und jetzt in der Osteroktav bete ich in den Laudes Ps. 149:
In festlichem Glanz sollen die Frommen frohlocken, / auf ihren Lagern jauchzen:
Loblieder auf Gott in ihrem Mund, / ein zweischneidiges Schwert in der Hand,
um die Vergeltung zu vollziehn an den Völkern, ...


... da kracht es schon in meinen Gefühlen !

Aber die Lösung finden wir nur, wenn wir auch im AT bedenken, dass das Menschenleben nicht mit seinem Tod endet.
(auch wenn die Alten das damals noch nicht wussten !)
Gottes Gerechtigkeit "funktioniert" nur dann, wenn das auch für diese Ägypter noch nicht alles war, mit dem Tod im Meer.
Auch sie haben ein ewiges Leben, wo ihnen auch der leiseste Funken ihres Glaubens belohnt wird, auch ihnen hat Christus im Totenreich die ganze Wahrheit verkündet, vor Seiner Auferstehung.

Anders kommt die Kuh nicht vom Eis, als dass wir ganz real das jenseitige Leben mit einkalkulieren.

Bruder Petrus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Bruder Petrus »

Bruder bedenke auch, dass Christus einmal für die Gnade gekommen ist und einmal für das Gericht kommen wird! Unser Gott ist die Liebe, es ist aber eine heilige Liebe, die keinen Platz lässt für Sünde und Rebellion gegen ihn, nur in der Hölle!

Seit Christus wächst das Unkraut ungehindert, die Sonne geht auf über Guten und Bösen, aber das Gericht wird nicht ausbleiben wie uns der Herr durch den Apostel Johannes offenbart hat. Im Alten Bund strafte Gott eben noch direkter und unmittelbarer, die gegen ihn aufbegehren, dabei sind Rachemaßnahmen ein falsches Wort, das ist denke ich zu vermenschlichend Gott gegenüber gedacht...

Außerdem geht es hierbei auch immer um eine selbst verschuldet gefallene Menschheit die ohne die Gnade Gottes sowieso keine Hoffnung mehr hat und der Herr durch den Bund mit Abraham und seinen Nachkommen durch seine Gnade überhaupt erst wieder erste Schritte zu ihrer Errettung einleitete!


Das zumindest war für mich persönlich eine wichtige Erkenntnis bezüglich des Handelns Gottes im AT und NT verglichen zueinander.

Dazu kommen evtl. noch grausam anmutende Handlungen der Israeliten, die nicht explizit dem Willen Gottes entsprachen.

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ChrisCross
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von ChrisCross »

Bei solchen Passagen sollte man sich doch einmal von der im Hintergrund vielleicht mitklingenden Idee vom Recht auf Leben deutlich verabschieden: Bedenken wir den Sündenfall, wissen wir, dass wir ohnehin alle den Tod zur Strafe erleiden müssen, bedenken wir die ewigen Höllenstrafen und die Qual des Fegefeuers, dann sind die Ägypter entweder früher vor ihren Richter gekommen, um anzutreten, was sie sich verdient hatten, oder sie hatten Glück und mussten nicht ganz so lange auf den Himmel warten. Gerecht hat der Herr an ihnen gehandelt und ein Recht auf seine Gnade gibt es nicht.
Der Apostel Paulus, Brief an die Hebräer, Kapitel 10, hat geschrieben:26 Denn wenn wir vorsätzlich sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, gibt es für diese Sünden kein Opfer mehr,
27 sondern nur die Erwartung des furchtbaren Gerichts und ein wütendes Feuer, das die Gegner verzehren wird.
28 Wer das Gesetz des Mose verwirft, muss ohne Erbarmen auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin sterben.
29 Meint ihr nicht, dass eine noch viel härtere Strafe der verdient, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten, das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, verachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat?
30 Wir kennen doch den, der gesagt hat: Mein ist die Rache, ich werde vergelten, und ferner: Der Herr wird sein Volk richten.
31 Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

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Maurus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Protasius hat geschrieben:Ich bin nach der Osternacht auf den Auszug aus Ägypten angesprochen worden. In Ex 14,25 erkennen die Ägypter Jahwe als Gott an, der auf Seiten der Israeliter kämpft; dennoch müssen sie im Wasser sterben. Da kam dann die Frage auf, ob das nicht ungerecht wäre und die Diskussion entwickelte sich in Richtung Manichäismus und Markionismus, weil Gott im AT ja häufiger sehr massiv zuungunsten der Feinde Israels eingreife.

Ich habe gestern nach der Messe unseren Vikar gefragt, der mir eine schöne bildliche Auslegung gegeben hat (die Ägypter = Sklaventreiber halten die Israeliten gefangen wie wir von unseren Sünden gefangen gehalten werden -> Vordeutung der Taufe und des Hinwegspülens der Sünde); aber eine historische Betrachtung würde mir doch mehr helfen.
Mit einer rein historischen Betrachtung ist das Problem der unterschiedlichen Gottesbilder meines Erachtens kaum lösbar. Schon Origenes hat sich daher um eine allegorische Deutung bemüht. Das liegt meines Erachtens auch näher, denn rein geschichtliche Deutungen produzieren neben der beschriebenen Gewalt eine Fülle an weiteren Problemen: das von Gott verhärtete Herz des Pharao; Gott, der auf einen angemalten Türsturz angewiesen ist, um die Kinder seines Volkes zu identifizieren; das Volk, das nach machtvollen Erweisen der Herrlichkeit Gottes dennoch sogleich(!) wieder abfällt.

Pilgerer
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Bruder Petrus hat geschrieben:Unser Gott ist die Liebe, es ist aber eine heilige Liebe, die keinen Platz lässt für Sünde und Rebellion gegen ihn, nur in der Hölle!
Ich würde es so formulieren: Überzeugte Sünder sind die härtesten Richter für sich selbst. Sie lieben das Böse viel mehr als das Gute. Das Böse ist Zerstörung, auch die Zerstörung der eigenen Seele. Sie werden daher ihre eigenen Sünden als Anlass nehmen, sich der heilsamen Würde Gottes als unwürdig zu richten.
Gottes Gnade ist gewaltig, ebenso seine Liebe. Beide sind grundsätzlich bedingungslos. Es sind eher die Seelen selbst, die sich im Zweifelsfall negativ richten. Das tun sie schon hier auf der Erde, wenn sie die Gegenwart des erlösenden Gottes meiden.
Bruder Petrus hat geschrieben:Im Alten Bund strafte Gott eben noch direkter und unmittelbarer, die gegen ihn aufbegehren, dabei sind Rachemaßnahmen ein falsches Wort, das ist denke ich zu vermenschlichend Gott gegenüber gedacht...
Das alte Israel war auch ein Vorbild für die vollendete Kirche (die das Ziel der Pilgerschaft erreicht hat). Diese ist äußerst rein und duldet keine noch so kleine Unreinheit. Darum ein strenges Aussortieren von Bösen ("Du sollst das Böse aus deiner Mitte forttun"), und darum auch Gottes gewaltiges Eingreifen gegen die Armee der Ägypter. Zwar liebte Gott die Ägypter als Menschen, aber da sie im Dienste von bösen Gedanken und Geistern standen, war ihr Krieg gegen Israel wie der Krieg der Dämonen gegen die vollendete Kirche. Gott schützt Seine Kirche immer und bedingungslos gegen jeden Feind. Darauf können auch wir setzen, wenn uns hartnäckige Leidenschaften oder zerstörerische Gedanken/Neigungen plagen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Maurus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Bist du Donatist?
Pilgerer hat geschrieben:Zwar liebte Gott die Ägypter als Menschen, aber da sie im Dienste von bösen Gedanken und Geistern standen
So?
Ex 14,4: "Ich will das Herz des Pharao verhärten, so dass er ihnen nachjagt..."
Ex 14,8: "Der Herr verhärtete das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, so daß er den Israeliten nachjagte..."

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ChrisCross
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von ChrisCross »

Maurus hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Ich bin nach der Osternacht auf den Auszug aus Ägypten angesprochen worden. In Ex 14,25 erkennen die Ägypter Jahwe als Gott an, der auf Seiten der Israeliter kämpft; dennoch müssen sie im Wasser sterben. Da kam dann die Frage auf, ob das nicht ungerecht wäre und die Diskussion entwickelte sich in Richtung Manichäismus und Markionismus, weil Gott im AT ja häufiger sehr massiv zuungunsten der Feinde Israels eingreife.

Ich habe gestern nach der Messe unseren Vikar gefragt, der mir eine schöne bildliche Auslegung gegeben hat (die Ägypter = Sklaventreiber halten die Israeliten gefangen wie wir von unseren Sünden gefangen gehalten werden -> Vordeutung der Taufe und des Hinwegspülens der Sünde); aber eine historische Betrachtung würde mir doch mehr helfen.
Mit einer rein historischen Betrachtung ist das Problem der unterschiedlichen Gottesbilder meines Erachtens kaum lösbar. Schon Origenes hat sich daher um eine allegorische Deutung bemüht. Das liegt meines Erachtens auch näher, denn rein geschichtliche Deutungen produzieren neben der beschriebenen Gewalt eine Fülle an weiteren Problemen: das von Gott verhärtete Herz des Pharao; Gott, der auf einen angemalten Türsturz angewiesen ist, um die Kinder seines Volkes zu identifizieren; das Volk, das nach machtvollen Erweisen der Herrlichkeit Gottes dennoch sogleich(!) wieder abfällt.
Die angesprochenen Punkte sehe ich folgendermaßen:

Das verhärtete Herz des Pharaos deutet entweder an, dass Gott dem Pharao seine Gnade nicht mehr schenkte, oder ist ein Hinweis auf die Willensdekrete oder gar beides.
Der angemalte Türsturz begegnet uns auch gewissermaßen bei Abraham, als Gott erkennt, dass Abraham ihn wirklich liebt. Hier verweisen die Exegeten seit jeher darauf, dass damit im Grunde eine umgekehrte Erkenntnis ausgedrückt wird: Der Mensch erkennt und es scheint, als wüsste Gott erst dann, was Sache ist. So ist auch das Anmalen mehr für Israel dar, damit es sich in Werken vor Gott wirklich ihm zugehörig erweist.
Das Volk, das sogleich wieder abfällt, ist nur ein großes Beispiel dafür, was mit einem jden passiert, wenn die Gnade Gottes nicht angenommen wird bzw. der Erweis der Notwendigkeit der Gnade für den Glaubensakt. Noch so viele Wunder können an Israel geschehen und dennoch vermögen wir ohne Gnade nicht den kleinsten Glaubensakt zu vollbringen.
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Augustinus Conf. I. 1

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Maurus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

ChrisCross hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Ich bin nach der Osternacht auf den Auszug aus Ägypten angesprochen worden. In Ex 14,25 erkennen die Ägypter Jahwe als Gott an, der auf Seiten der Israeliter kämpft; dennoch müssen sie im Wasser sterben. Da kam dann die Frage auf, ob das nicht ungerecht wäre und die Diskussion entwickelte sich in Richtung Manichäismus und Markionismus, weil Gott im AT ja häufiger sehr massiv zuungunsten der Feinde Israels eingreife.

Ich habe gestern nach der Messe unseren Vikar gefragt, der mir eine schöne bildliche Auslegung gegeben hat (die Ägypter = Sklaventreiber halten die Israeliten gefangen wie wir von unseren Sünden gefangen gehalten werden -> Vordeutung der Taufe und des Hinwegspülens der Sünde); aber eine historische Betrachtung würde mir doch mehr helfen.
Mit einer rein historischen Betrachtung ist das Problem der unterschiedlichen Gottesbilder meines Erachtens kaum lösbar. Schon Origenes hat sich daher um eine allegorische Deutung bemüht. Das liegt meines Erachtens auch näher, denn rein geschichtliche Deutungen produzieren neben der beschriebenen Gewalt eine Fülle an weiteren Problemen: das von Gott verhärtete Herz des Pharao; Gott, der auf einen angemalten Türsturz angewiesen ist, um die Kinder seines Volkes zu identifizieren; das Volk, das nach machtvollen Erweisen der Herrlichkeit Gottes dennoch sogleich(!) wieder abfällt.
Die angesprochenen Punkte sehe ich folgendermaßen:

Das verhärtete Herz des Pharaos deutet entweder an, dass Gott dem Pharao seine Gnade nicht mehr schenkte, oder ist ein Hinweis auf die Willensdekrete oder gar beides.
Der angemalte Türsturz begegnet uns auch gewissermaßen bei Abraham, als Gott erkennt, dass Abraham ihn wirklich liebt. Hier verweisen die Exegeten seit jeher darauf, dass damit im Grunde eine umgekehrte Erkenntnis ausgedrückt wird: Der Mensch erkennt und es scheint, als wüsste Gott erst dann, was Sache ist. So ist auch das Anmalen mehr für Israel dar, damit es sich in Werken vor Gott wirklich ihm zugehörig erweist.
Das Volk, das sogleich wieder abfällt, ist nur ein großes Beispiel dafür, was mit einem jden passiert, wenn die Gnade Gottes nicht angenommen wird bzw. der Erweis der Notwendigkeit der Gnade für den Glaubensakt. Noch so viele Wunder können an Israel geschehen und dennoch vermögen wir ohne Gnade nicht den kleinsten Glaubensakt zu vollbringen.
Mögliche Erklärungen, wohl wahr. Aber das zeigt eben, dass diese historischen Geschichten mit Hilfe interpretationsbedürftiger Bilder erzählt werden. Das paränetische Motiv, das Volk vor einem Abfall von JHWH zu warnen ist dabei besonders auffällig und kommt auch in der ganzen Prophetenliteratur immer wieder vor.

Man sollte auch nicht übersehen, dass die Auszugsberichte nicht von Gott diktiert wurden und auch keine Aufzeichnungen von Zeitgenossen sind. Sie bilden gleichwohl eine Wahrheit ab, denn Gott wollte seinem Volk durch seine Taten ja etwas mitteilen. Aber er hat diese Mitteilungen Propheten überlassen und somit deren "Brille" sowohl in Kauf genommen als auch gebilligt (schließlich kann es ja nicht unbeachtlich sein, welche der vielen damaligen Propheten sich durchgesetzt haben). Das ändert aber nichts daran, dass es dadurch keine ungefilterten Berichte mehr sind.

Pilgerer
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Maurus hat geschrieben:So?
Ex 14,4: "Ich will das Herz des Pharao verhärten, so dass er ihnen nachjagt..."
Ex 14,8: "Der Herr verhärtete das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, so daß er den Israeliten nachjagte..."
Gott kann nicht zum Bösen versucht werden und versucht selbst niemanden. Wenn sich das Herz des Pharaos verhärtet, dann verhärten sich seine gottlosen Einstellungen, die ihn zur Feindschaft gegenüber dem Volk Gottes bewegen. Gott verschärft die Verhärtung des Herzens des Pharaos dadurch, dass er durch Mose und die 10 wundersamen Plagen ein Zeichen seiner Existenz offenbart. Der Pharao wird vor die Wahl gestellt, die Macht des israelitischen Gottes anzuerkennen oder sein Herz zu verhärten. Er verschloss sich vor der Wahrheit, die offensichtlich war, und vertiefte die Gefolgschaft gegenüber der Lüge.
In ähnlicher Weise geschieht seit der Menschwerdung des Logos das Gericht: "19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse." (Johannes 3,19)
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Paulus Minor
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Paulus Minor »

Wenn Gott niemanden versucht, warum beten wir dann im Vaterunser: "und führe uns nicht in Versuchung"?

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Maurus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:So?
Ex 14,4: "Ich will das Herz des Pharao verhärten, so dass er ihnen nachjagt..."
Ex 14,8: "Der Herr verhärtete das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, so daß er den Israeliten nachjagte..."
Gott kann nicht zum Bösen versucht werden und versucht selbst niemanden. Wenn sich das Herz des Pharaos verhärtet, dann verhärten sich seine gottlosen Einstellungen, die ihn zur Feindschaft gegenüber dem Volk Gottes bewegen. Gott verschärft die Verhärtung des Herzens des Pharaos dadurch, dass er durch Mose und die 10 wundersamen Plagen ein Zeichen seiner Existenz offenbart. Der Pharao wird vor die Wahl gestellt, die Macht des israelitischen Gottes anzuerkennen oder sein Herz zu verhärten. Er verschloss sich vor der Wahrheit, die offensichtlich war, und vertiefte die Gefolgschaft gegenüber der Lüge.
In ähnlicher Weise geschieht seit der Menschwerdung des Logos das Gericht: "19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse." (Johannes 3,19)
Entschuldige, aber diese Auslegung geht am Wortlaut vorbei. Da steht nichts von eienr Verschärfung der Verhärtung durch Gott, auch nicht, dass der Pharao durch sein Verhalten die Verhärtung selbst vornimmt. Da steht klipp und klar, dass Gott das Herz des Pharao verhärtete, damit er den Israeliten nachjagt. Daraus ergibt sich als Umkehrschluss, dass der Pharao das nicht getan hätte, wenn Gott nicht sein Herz verhärtet hätte.

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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Maurus hat geschrieben:Entschuldige, aber diese Auslegung geht am Wortlaut vorbei. Da steht nichts von eienr Verschärfung der Verhärtung durch Gott, auch nicht, dass der Pharao durch sein Verhalten die Verhärtung selbst vornimmt. Da steht klipp und klar, dass Gott das Herz des Pharao verhärtete, damit er den Israeliten nachjagt. Daraus ergibt sich als Umkehrschluss, dass der Pharao das nicht getan hätte, wenn Gott nicht sein Herz verhärtet hätte.
Wenn dort steht, dass Gott das Herz das Pharaos verhärtete, dann gehe ich davon aus, dass dies indirekt geschah. Im Kontext der ganzen Bibel (insbesondere dem Jakobus-Brief 1,13) halte ich es für undenkbar, dass Gott aktiv zu etwas Bösem (und das ist die Verhärtung des Herzens) führt. Ansonsten würde die Bibelstelle in 2. Mose 14 im Widerspruch zum Jakobus-Brief und ähnlichen Bibelstellen (z.B. Sirach 15,11-12) stehen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Maurus
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Entschuldige, aber diese Auslegung geht am Wortlaut vorbei. Da steht nichts von eienr Verschärfung der Verhärtung durch Gott, auch nicht, dass der Pharao durch sein Verhalten die Verhärtung selbst vornimmt. Da steht klipp und klar, dass Gott das Herz des Pharao verhärtete, damit er den Israeliten nachjagt. Daraus ergibt sich als Umkehrschluss, dass der Pharao das nicht getan hätte, wenn Gott nicht sein Herz verhärtet hätte.
Wenn dort steht, dass Gott das Herz das Pharaos verhärtete, dann gehe ich davon aus, dass dies indirekt geschah.
Und warum?
Pilgerer hat geschrieben:Im Kontext der ganzen Bibel (insbesondere dem Jakobus-Brief 1,13) halte ich es für undenkbar, dass Gott aktiv zu etwas Bösem (und das ist die Verhärtung des Herzens) führt. Ansonsten würde die Bibelstelle in 2. Mose 14 im Widerspruch zum Jakobus-Brief und ähnlichen Bibelstellen (z.B. Sirach 15,11-12) stehen.
Dieser Meinung bin ich auch. Nur kann man deshalb nicht den Wortlaut der Bibelstellen umdeuten. Man muss diese Erzählungen schlicht in ihrem Wortlaut deuten, sich also fragen, was die Geschichte uns und was sie dem Volk Israel sagen soll. Es ist eben erzählte Geschichte, die immer schon mit Hinblick auf einen bestimmten Zweck gewisse Bilder verwendet.

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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Maurus hat geschrieben:Und warum?
Wenn Gott das Herz des Pharaos direkt (ohne dass dieser einen freien Willen darin gehabt hätte) verhärtet, dann würde Gott ihn zu bösem Handeln gegenüber dem Volk Gottes drängen oder gar zwingen. Es ist durchaus möglich, dass Gott den Feinden seines Volkes Freiraum lässt, ihren Willen zu tun, sei es um es zu züchtigen (wie im Fall Nebukadnezars) oder um seine starke Hand zu offenbaren (wie an den Ägyptern). Im Fall Hiob sehen wir, wie Gott dem Satan erlaubt, Hiob Schaden zuzufügen. Das Böse kommt hier nicht von Gott, sondern Gott lässt es zu - weil Seine göttliche Vorhersehung etwas Gutes daraus erwachsen sieht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott Böses anordnet.
Maurus hat geschrieben:Dieser Meinung bin ich auch. Nur kann man deshalb nicht den Wortlaut der Bibelstellen umdeuten. Man muss diese Erzählungen schlicht in ihrem Wortlaut deuten, sich also fragen, was die Geschichte uns und was sie dem Volk Israel sagen soll. Es ist eben erzählte Geschichte, die immer schon mit Hinblick auf einen bestimmten Zweck gewisse Bilder verwendet.
Wie deutest du die Geschichte?
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Und warum?
Wenn Gott das Herz des Pharaos direkt (ohne dass dieser einen freien Willen darin gehabt hätte) verhärtet, dann würde Gott ihn zu bösem Handeln gegenüber dem Volk Gottes drängen oder gar zwingen.
Eben. Genau darauf zielt der Wortlaut. Entweder, wir definieren das jetzt irgendwie wolkig um, oder wir schauen mal, was mit dieser Geschichte gesagt werden sollte, auf die Gefahr hin, das ganze ein stückweit zu enthistorisieren. Das war ja schon das Problem bei Origenes.
Pilgerer hat geschrieben:Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott Böses anordnet.
Tut er auch nicht, denn Gott ist absolut gut. Dann aber wird es schwierig, das Exodusbuch oder auch Josua als ein reines Geschichtsbuch aufzufassen.
Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Dieser Meinung bin ich auch. Nur kann man deshalb nicht den Wortlaut der Bibelstellen umdeuten. Man muss diese Erzählungen schlicht in ihrem Wortlaut deuten, sich also fragen, was die Geschichte uns und was sie dem Volk Israel sagen soll. Es ist eben erzählte Geschichte, die immer schon mit Hinblick auf einen bestimmten Zweck gewisse Bilder verwendet.
Wie deutest du die Geschichte?
Ich bin bei meinen Überlegungen noch zu keinem vorläufigen Ergebnis gelangt. Für meine Begriffe hat die Position des Origenes etwas, auch die Deutung des Durchzugs als Taufmotiv halte ich für schlüssig. Dennoch bin ich skeptisch, was reine Bildersprache angeht. So leicht kann man sich das mE nicht machen, ohne historischen Gehalt sind die Geschichten für meine Begriffe ohne Belang. Der historische Gehalt kann bei unserem Gottesbild aber nicht die Geschichte in allen Einzelheiten umfassen. Ein Anhaltspunkt dafür ist auch, dass die Geschichte offenbar von einem allwissenden Erzähler erzählt wird, der aber weder von einem göttlichen Diktat berichtet noch sonst irgendeine göttliche Beauftragung für sich in Anspruch nimmt. Vom Textgenus her ist das mE mit den Berichten aus den Evangelien und der Apostelgeschichte nicht zu vergleichen.

Pilgerer
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Maurus hat geschrieben:Tut er auch nicht, denn Gott ist absolut gut. Dann aber wird es schwierig, das Exodusbuch oder auch Josua als ein reines Geschichtsbuch aufzufassen.
Das stimmt. Ich würde es auch nicht als reines Geschichtsbuch ansehen, aber dennoch als Wort Gottes, das mit Seiner Autorität in die Bibel Eingang fand (nicht von Gott diktiert, aber gewollt).
Maurus hat geschrieben:Ich bin bei meinen Überlegungen noch zu keinem vorläufigen Ergebnis gelangt. Für meine Begriffe hat die Position des Origenes etwas, auch die Deutung des Durchzugs als Taufmotiv halte ich für schlüssig. Dennoch bin ich skeptisch, was reine Bildersprache angeht. So leicht kann man sich das mE nicht machen, ohne historischen Gehalt sind die Geschichten für meine Begriffe ohne Belang. Der historische Gehalt kann bei unserem Gottesbild aber nicht die Geschichte in allen Einzelheiten umfassen. Ein Anhaltspunkt dafür ist auch, dass die Geschichte offenbar von einem allwissenden Erzähler erzählt wird, der aber weder von einem göttlichen Diktat berichtet noch sonst irgendeine göttliche Beauftragung für sich in Anspruch nimmt. Vom Textgenus her ist das mE mit den Berichten aus den Evangelien und der Apostelgeschichte nicht zu vergleichen.
Gab es nicht mal eine theologische Tradition, in Schriftworten mehrere Bedeutungs-Ebenen zu erkennen? Lässt sich diese Methodik hier anwenden?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Tut er auch nicht, denn Gott ist absolut gut. Dann aber wird es schwierig, das Exodusbuch oder auch Josua als ein reines Geschichtsbuch aufzufassen.
Das stimmt. Ich würde es auch nicht als reines Geschichtsbuch ansehen, aber dennoch als Wort Gottes, das mit Seiner Autorität in die Bibel Eingang fand (nicht von Gott diktiert, aber gewollt).
Maurus hat geschrieben:Ich bin bei meinen Überlegungen noch zu keinem vorläufigen Ergebnis gelangt. Für meine Begriffe hat die Position des Origenes etwas, auch die Deutung des Durchzugs als Taufmotiv halte ich für schlüssig. Dennoch bin ich skeptisch, was reine Bildersprache angeht. So leicht kann man sich das mE nicht machen, ohne historischen Gehalt sind die Geschichten für meine Begriffe ohne Belang. Der historische Gehalt kann bei unserem Gottesbild aber nicht die Geschichte in allen Einzelheiten umfassen. Ein Anhaltspunkt dafür ist auch, dass die Geschichte offenbar von einem allwissenden Erzähler erzählt wird, der aber weder von einem göttlichen Diktat berichtet noch sonst irgendeine göttliche Beauftragung für sich in Anspruch nimmt. Vom Textgenus her ist das mE mit den Berichten aus den Evangelien und der Apostelgeschichte nicht zu vergleichen.
Gab es nicht mal eine theologische Tradition, in Schriftworten mehrere Bedeutungs-Ebenen zu erkennen? Lässt sich diese Methodik hier anwenden?
Die gibt es sicher auch weiterhin. Und natürlich ist so etwas auch hier anwendbar. Man kann das überall anwenden, die Frage kann hier und da halt sein, ob die Ergebnisse auch plausibel sind. In diesem Fall finde ich aber keine Schwierigkeit. Die Bedeutungsebene einer paränetischen Erzählung ist ja offenkundig, das Motiv, auf Gott zu vertrauen oder im Gegenzug unterzugehen durchzieht das ganze AT. Auch Petrus kann davon ein Liedchen singen, sogar wortwörtlich :D.

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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Maurus hat geschrieben:Die gibt es sicher auch weiterhin. Und natürlich ist so etwas auch hier anwendbar. Man kann das überall anwenden, die Frage kann hier und da halt sein, ob die Ergebnisse auch plausibel sind. In diesem Fall finde ich aber keine Schwierigkeit. Die Bedeutungsebene einer paränetischen Erzählung ist ja offenkundig, das Motiv, auf Gott zu vertrauen oder im Gegenzug unterzugehen durchzieht das ganze AT. Auch Petrus kann davon ein Liedchen singen, sogar wortwörtlich :D.
Das stimmt. Offenbar haben die Kirchenväter die traditionelle Methodik in Teilen hier angewendet. Gibt es auch für Laien einen Leitfaden zum Auslegen der Heiligen Schrift, wenn sie gerade keine professionelle Begleit-Literatur zur Verfügung haben?

Um nochmal zur Verhärtung des Pharaos zu kommen:
Ich gehe im Sinn der Offenbarungen im Neuen Testament davon aus, dass Gott aus eigener Entscheidung gegenüber jedem gnädig und liebevoll eingestellt ist, und dass nur die Trennung von Gott die Menschen im "Zorn Gottes" verweilen lässt. Jesus Christus ist der Mittler, der die Gnade und Liebe Gottes übermittelt, indem er uns mit Gott verbindet. Solange die Verbindung zu Gott nicht besteht, ist die Wahrnehmung Gottes durch Menschen verzerrt. Sie haben ein falsches Bild vom Gott Israels. Das muss auch beim ägyptischen Pharao zugetroffen haben. Er sah bei den 10 Plagen ganz klar die Macht des Gottes Israels. Indem er diesen Gott nicht annahm, sondern wider besseres Wissen verwarf, musste sich sein Herz verhärten. Insofern würde ich sagen, dass Gott durch Seine Offenbarung bewirkte, dass sich das Herz des Pharaos verhärtete, obwohl Gott den Pharao am liebsten erlöst hätte. Das ist freilich eine spekulative Auslegung.
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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Maurus »

Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Die gibt es sicher auch weiterhin. Und natürlich ist so etwas auch hier anwendbar. Man kann das überall anwenden, die Frage kann hier und da halt sein, ob die Ergebnisse auch plausibel sind. In diesem Fall finde ich aber keine Schwierigkeit. Die Bedeutungsebene einer paränetischen Erzählung ist ja offenkundig, das Motiv, auf Gott zu vertrauen oder im Gegenzug unterzugehen durchzieht das ganze AT. Auch Petrus kann davon ein Liedchen singen, sogar wortwörtlich :D.
Das stimmt. Offenbar haben die Kirchenväter die traditionelle Methodik in Teilen hier angewendet. Gibt es auch für Laien einen Leitfaden zum Auslegen der Heiligen Schrift, wenn sie gerade keine professionelle Begleit-Literatur zur Verfügung haben?

Um nochmal zur Verhärtung des Pharaos zu kommen:
Ich gehe im Sinn der Offenbarungen im Neuen Testament davon aus, dass Gott aus eigener Entscheidung gegenüber jedem gnädig und liebevoll eingestellt ist, und dass nur die Trennung von Gott die Menschen im "Zorn Gottes" verweilen lässt. Jesus Christus ist der Mittler, der die Gnade und Liebe Gottes übermittelt, indem er uns mit Gott verbindet. Solange die Verbindung zu Gott nicht besteht, ist die Wahrnehmung Gottes durch Menschen verzerrt. Sie haben ein falsches Bild vom Gott Israels. Das muss auch beim ägyptischen Pharao zugetroffen haben. Er sah bei den 10 Plagen ganz klar die Macht des Gottes Israels. Indem er diesen Gott nicht annahm, sondern wider besseres Wissen verwarf, musste sich sein Herz verhärten. Insofern würde ich sagen, dass Gott durch Seine Offenbarung bewirkte, dass sich das Herz des Pharaos verhärtete, obwohl Gott den Pharao am liebsten erlöst hätte. Das ist freilich eine spekulative Auslegung.
Man kann da auch ruhig mal spekulieren. Ich halte die Verhärtung des Herzens für eine Beschreibung, die dem damaligen Gottesbild ansprach. Die Offenbarung hatte ja erst begonnen.

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Re: Moralische Bewertung von Ex 14,15 - 15,1

Beitrag von Pilgerer »

Maurus hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Die gibt es sicher auch weiterhin. Und natürlich ist so etwas auch hier anwendbar. Man kann das überall anwenden, die Frage kann hier und da halt sein, ob die Ergebnisse auch plausibel sind. In diesem Fall finde ich aber keine Schwierigkeit. Die Bedeutungsebene einer paränetischen Erzählung ist ja offenkundig, das Motiv, auf Gott zu vertrauen oder im Gegenzug unterzugehen durchzieht das ganze AT. Auch Petrus kann davon ein Liedchen singen, sogar wortwörtlich :D.
Das stimmt. Offenbar haben die Kirchenväter die traditionelle Methodik in Teilen hier angewendet. Gibt es auch für Laien einen Leitfaden zum Auslegen der Heiligen Schrift, wenn sie gerade keine professionelle Begleit-Literatur zur Verfügung haben?

Um nochmal zur Verhärtung des Pharaos zu kommen:
Ich gehe im Sinn der Offenbarungen im Neuen Testament davon aus, dass Gott aus eigener Entscheidung gegenüber jedem gnädig und liebevoll eingestellt ist, und dass nur die Trennung von Gott die Menschen im "Zorn Gottes" verweilen lässt. Jesus Christus ist der Mittler, der die Gnade und Liebe Gottes übermittelt, indem er uns mit Gott verbindet. Solange die Verbindung zu Gott nicht besteht, ist die Wahrnehmung Gottes durch Menschen verzerrt. Sie haben ein falsches Bild vom Gott Israels. Das muss auch beim ägyptischen Pharao zugetroffen haben. Er sah bei den 10 Plagen ganz klar die Macht des Gottes Israels. Indem er diesen Gott nicht annahm, sondern wider besseres Wissen verwarf, musste sich sein Herz verhärten. Insofern würde ich sagen, dass Gott durch Seine Offenbarung bewirkte, dass sich das Herz des Pharaos verhärtete, obwohl Gott den Pharao am liebsten erlöst hätte. Das ist freilich eine spekulative Auslegung.
Man kann da auch ruhig mal spekulieren. Ich halte die Verhärtung des Herzens für eine Beschreibung, die dem damaligen Gottesbild ansprach. Die Offenbarung hatte ja erst begonnen.
Die fünf Bücher Mose, besonders das Exodus bis Numeri, durchzieht ganz stark die Heiligkeit Gottes und die gewaltige Ehrfurcht vor Ihm, wenn der Boden des Sinais zittert und Feuer und Rauch über dem Berg zu sehen sind. Darum - so vermute ich - nahm die göttliche Vorsehung das Verhalten des Pharaos zum Anlass, um die göttliche Majestät in der Weltgeschichte einmal mit viel Getöse zu demonstrieren. Aus Sicht Israels, das vor Gott bebte, war es deshalb vermutlich logisch, dass der gewaltige Gott zum Zweck Seiner Verherrlichung auch den Pharao beeinflusste.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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