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Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Montag 17. Dezember 2012, 20:24
von Fragesteller
Nassos hat irgendwo davon gesprochen, dass die Septuaginta inspiriert sei (finde es gerade nicht mehr). Ich vermute mal, dass Orthodoxe in einer so wichtigen Frage keine Sonderposition einnehmen. Daher die generelle Frage:
Gibt es generell kirchliche Lehren über die Inspiration von Bibelübersetzungen und -überlieferungen? Auf welche Übersetzungen/Textfassungen beziehen sie sich? Was bedeutet das konkret (Irrtumsfreiheit oder besonderer Rang trotz Irrtumsmöglichkeit)? Und was folgt daraus für die Erlaubtheit editorischer Eingriffe anhand eines angenommenen Urtexts (es kann ja m. E. weder darum gehen, jeden sich eingeschlichen habenden Fehler abzupinseln, noch darum, ganze Textpassagen auszuscheiden)?

Re: Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Dienstag 18. Dezember 2012, 00:02
von Robert Ketelhohn
Fragesteller hat geschrieben:Ich vermute mal, dass Orthodoxe in einer so wichtigen Frage keine Sonderposition einnehmen.
Nein, aber die LXX.

Re: Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Dienstag 18. Dezember 2012, 00:21
von Fragesteller
Das heißt, alle anderen Übersetzungen sind nach rein wissenschaftlichen Maßstäben zu messen?

Re: Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Dienstag 18. Dezember 2012, 03:48
von Bernhard
Fragesteller hat geschrieben: Gibt es generell kirchliche Lehren über die Inspiration von Bibelübersetzungen und -überlieferungen? Auf welche Übersetzungen/Textfassungen beziehen sie sich? Was bedeutet das konkret (Irrtumsfreiheit oder besonderer Rang trotz Irrtumsmöglichkeit)? Und was folgt daraus für die Erlaubtheit editorischer Eingriffe anhand eines angenommenen Urtexts (es kann ja m. E. weder darum gehen, jeden sich eingeschlichen habenden Fehler abzupinseln, noch darum, ganze Textpassagen auszuscheiden)?

Die Vulgata ist seit dem Tridentinischen Konzil für alle Zeiten als der authentische Text der Hl. Schrift festgelegt worden. Wo die Inspiration durch den Hl. Geist beim Hl. Hieronymus dogmatisiert o.ä, ist, weiß ich nicht, aber das ergibt sich daraus dann recht logisch :)

PS.: Niemals die moderne "Vulgata" :angewidert: , sondern immer die iuxta vulgatam versionem benutzen

Re: Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2012, 07:36
von Robert Ketelhohn
Ja, in die Novam Vulgatam ist vielfach derselbe Ungeist hineingelesen
worden wie in die meisten andern modernen Übersetzung, oder was
sich so nennt. „Einheizvulgata“, sozusagen.

Re: Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2012, 10:19
von kephas
Bernhard hat geschrieben:Die Vulgata ist seit dem Tridentinischen Konzil für alle Zeiten als der authentische Text der Hl. Schrift festgelegt worden. Wo die Inspiration durch den Hl. Geist beim Hl. Hieronymus dogmatisiert o.ä, ist, weiß ich nicht, aber das ergibt sich daraus dann recht logisch :)
Das heißt aber nicht, dass die Vulgata eine fehlerfreie Übersetzung wäre. Man denke z.B. an die Hörner des Mose.

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Re: Inspiration von Übersetzungen

Verfasst: Dienstag 25. Dezember 2012, 13:29
von Robert Ketelhohn
Bernhard hat geschrieben:Die Vulgata ist seit dem Tridentinischen Konzil für alle Zeiten als der authentische Text der Hl. Schrift festgelegt worden. Wo die Inspiration durch den Hl. Geist beim Hl. Hieronymus dogmatisiert o.ä, ist, weiß ich nicht, aber das ergibt sich daraus dann recht logisch :)
Die Vulgata ist natürlich nicht als inspiriert anzusehen. Das erhellt auch schon aus der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte. Die tridentinische Entscheidung ist formal disziplinarischer Art, inhaltlich eine Bekräftigung der Entscheidung Karls und Alkuins (einschließlich deren Korrekturen am überlieferten hieronymianischen Text). Übrigens hat ausgerechnet das römische Lehramt selbst die damalige Entscheidung ja mittlerweile wieder über Bord geworfen: ein wohl noch unglücklicher Akt als die vergurkte posttridentinische Erstausgabe der Vulgata.

An der Übersetzungsmethode des Hieronymus ist durchaus manche Kritik erlaubt, ja angebracht, wie sie beispielshalber schon der heilige Augustinus vorgetragen hat. Das betrifft z. B. den vielfachen (wenngleich nicht durchgehenden) Rückgriff auf den Pharisäertext fürs AT anstelle der LXX. Aber selbst die LXX muß man natürlich textkritisch behandeln, denn den LXX-Text schlechthin gibt es ja auch nicht, sondern eine vielgestaltige Überlieferungs- und Redaktionsgeschichte.

Die Kirche hat kein vom Himmel ihr auf den Deetz gefallenes Goldenes Buch wie die Mormonen und keinen auf Diktiergerät gesprochenen Text wie die Muslime.