Kephas = Edelstein ?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

Was haltet ihr von der These, dass der Name, den Jesus dem Apostel Petrus gegeben hat: Kephas, eigentlich nicht mit "Fels" (=petros) sondern mit "Edelstein" zu übersetzen wäre? Die These kommt wohl ursprünglich von Pesch (?). (Nebenbei: das Argument bereitet dann die These vor, dass Mt 16,18 nachösterlich bzw. sekundär durch Gemeindekreise entstanden sein soll.) Ich halte das für Quatsch, da...

1. In Jer 4,29 + Ijob 30,6 kepha definitiv mit "Fels(en)" zu übersetzen ist.
2. Gal 2,7f auch petros überliefert. (Aber warum hat Gal dann auch Kephas?)
(3. Joh 1 ausdrücklich Kephas mit petros übersetzt.)
(4. "ekklesiologische Baumetaphorik" nicht unbedingt spät sein muss, vgl. 1 Kor 3)

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

Super! Besten Dank!

- Wobei es noch gut wäre, wenn ein Hebräisch-/Aramäisch Fachmann dazu was schreiben könnte. Also, ist in "Kephas" die Bedeutung "Felsen" mit drin bzw. leitend? (Dass petros/petra mit Felsen zu übersetzen ist, ist gekauft. Aber ist die Wiedergabe von "Kephas" mit petros/petra angemessen?)

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Esperanto »

Bin zwar kein Experte, mein Wörterbuch Deutsch-Aramäisch (von Sabo Hanna und Aziz Bulut) bestätigt die These aber insofern, als es für den modernen Aramäisch-Gebrauch tatsächlich kîfô nur für "Stein" und nicht für "Fels" angibt.x
Und auch für das klassische Aramäisch gibt BROCKELMANN in seinem Lexicon syriacum S. 315a für kêpâ die Übersetzung "lapis". "Lapis" heißt zwar nie "Fels", das ist richtig, aber es heißt sehr viel öfter "Stein" als "Edelstein" (etwa Lapislazuli).
Es geht Jesus bei dem vielleicht etwas derberen Petrus ja gerade nicht darum, dessen feine und edlen Charakterzüge hervorzuheben, sondern er will gerade Petri solide Art lobend herausstellen, da man auf einen solchen Mann seine Gemeinde oder Kirche aufbauen kann.

Pilgerer
Beiträge: 2697
Registriert: Freitag 3. Juni 2011, 00:45

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Pilgerer »

In der Offenbarung heißt es zu den zwölf Aposteln:
"die Mauer der Stadt hatte zwölf Grundsteine und auf ihnen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes." (Kapitel 21,14)

Welches Wort wird hier im griechischen Urtext für "Grundstein" verwendet?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Benutzeravatar
Niels
Beiträge: 24027
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 11:13

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Niels »

θεμέλιος (themélios).

Das Wort findet sich sechzehnmal im NT: http://biblesuite.com/greek/strongs_231.htm
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

Danke Esperanto. Die Frage wäre halt, ob in der zeitgenössischen aramäischen Literatur kepa auch für "Fels" verwandt wurde. In den o.g. AT-Stellen hat die hebräische Form diese Bedeutung noch gehabt.

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Esperanto »

Ja, ich habe dann später auch noch im hebräischen Wörterbuch nachgesehen, wo kêp nur mit "Fels" wiedergegeben wird. Aber ich sehe das nicht problematisch, ob nun Stein oder Fels, Jesus meinte auf jeden Fall etwas Solides aus Stein und sicher keinen Edelstein. Das geht doch ganz klar aus dem Kontext hervor.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

Esperanto hat geschrieben:Ja, ich habe dann später auch noch im hebräischen Wörterbuch nachgesehen, wo kêp nur mit "Fels" wiedergegeben wird. Aber ich sehe das nicht problematisch, ob nun Stein oder Fels, Jesus meinte auf jeden Fall etwas Solides aus Stein und sicher keinen Edelstein. Das geht doch ganz klar aus dem Kontext hervor.
Das Problem ist aber, dass man den Kontext als unjesuanisch und sekundär annimmt, weil der ursprüngliche Wortsinn von Kephas hier Edelstein sein. Der Kontext sei also gerade das, was von der Wahrheit wegführe.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nun ist das aber völlig unbegründeter Schwachsinn. Mit solchen Leuten kannst du nicht
argumentieren. Sag einfach, du seist nach intensiver Meditation darüber zu der Einsicht
gelangt, Jesus habe ursprünglich μαργαρῖτές μου zu Petrus gesagt („meine Perle“), und
erst viel später habe die böse, sodophobe Kirche da einen „Petrus“ hineingefälscht.

Wenn du Glück hast, erkennt er die Verarsche; wahrscheinlich aber nicht.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Esperanto »

Und sowas nennt sich dann auch noch moderne Theologie...die glauben das doch wohl selber nicht - hoffentlich!

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

Esperanto hat geschrieben:Und sowas nennt sich dann auch noch moderne Theologie...die glauben das doch wohl selber nicht - hoffentlich!
Zwei weit verbreitete Lexika (LThK³, 8, 91 und TRE, 26, 268) bringen das.

Benutzeravatar
Hubertus
Beiträge: 15232
Registriert: Montag 3. Mai 2010, 20:08

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Hubertus »

christian12 hat geschrieben:LThK³, 8, 91
Dort unter Hinweis auf "Pesch, Simon-P.", d.i.:
Rudolf Pesch, Simon-Petrus. Geschichte und geschichtliche Bedeutung des ersten Jüngers Jesu Christi (Päpste und Papsttum, Bd. 15), Stuttgart 1980. - Hat das jemand?
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

christian12 hat geschrieben:
Esperanto hat geschrieben:Und sowas nennt sich dann auch noch moderne Theologie...die glauben das doch wohl selber nicht - hoffentlich!
Zwei weit verbreitete Lexika (LThK³, 8, 91 und TRE, 26, 268) bringen das.
LThK war schon in der zweiten Bearbeitung mehr als dürftig und praktisch un-
brauchbar. Die dritte kannst du vergessen, solchen Schrott braucht keiner. Die
TRE dagegen ist ungemein wertvoll und für wissenschaftliche Theologie unver-
zichtbar.

Man muß sie freilich zu nutzen verstehen und ggf. gegen den Strich lesen. Sie
steht auf dem ideologisierten Fundament der zeitgenössischen theologischen
Universitätslehre, welche wiederum auf völlig verkehrten Voraussetzungen ba-
siert.

Es ist dies ein in sich geschlossenes System von einer gewissen scheinbaren
Schlüssigkeit, ähnlich der Hohlerdentheorie.

Wenn man dagegen argumentieren will, muß man das ganze System aufbre-
chen und zerlegen. In vielen einzelnen Schritten haben wir das hier im Kreuz-
gang über die Jahre hin auch durchaus getan. Man kann das aber nicht ad hoc
kurz und bündig darstellen.

Was dein konkretes Einzelbeispiel betrifft, müßte man zunächst darlegen, wes-
halb die ganze Bibelfledderei Mumpitz ist. Man hat da z. B. bei der WBG allen
Ernstes eine »Logienquelle Q« herausgegeben. Herausgegeben! Ediert, heißt das,
also diesen Schelmenstreich völlig ernstgemeint als Quellenedition veranstaltet.

Das hat mit seriöser Wissenschaft nichts zu tun, sondern ist blanke Ideologie.
Aber es ist, wie gesagt, ein geschlossenes System, und dessen Adepten sind
Gläubige – und sei’s nur, weil sie davon leben.

Als Beispiel für die Methode, mit solchen Systemideologen umzugehen, ver-
weise ich auf einige etwas ältere Darlegungen aus meiner Feder zum Thema
der Briefe Pauli: viewtopic.php?p=21366#p21366
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

@Hubert
Hab das Buch von Pesch grad vorliegen. Die Seiten 25-34 sind entscheidend. Pesch meint, dass für kefa und petros "Fels" nur eine Nebenbedeutung ist. (Er blendet Jer 4,29 + Ijob 30,6 ganz aus. Warum? Keine Ahnung. Vermutlich weils hebräisch und nicht aramäisch ist.) Eigentlich meine beides zunächst nur "Stein". Kefa im Sinne von "Fels" käme nur in den Targumin vor. Petra habe aber als Hauptbedeutung "Felsen". Dann meint er: "Die metaphorische Bedeutung des "Edelsteins" als einer bedeutenden Person ist in jüdischer Überlieferung zureichend belegt." und verweist auf einen Aufsatz von J. Massingberd Ford (in BZ NF 11, 109ff). M.a.W.: "Das gabs damals öfters, dass einer Kephas hieß und darunter verstand man meist "Edelstein" ". Konkrete Belege liefert Pesch also nicht, sondern er verweist auf Sekundärliteratur und baut darauf dann weiter auf. Ford´s Belege und Argumentation schau ich mir später an.

@Robert
Ich kann alles, was Du geschrieben hast, unterschreiben. Aber es nutzt alles nichts: man muss sich mit diesen Theorien auseinandersetzen und öffentlich widerlegen. Es reicht nicht, zu sagen: das ist alles Ideologie.

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Esperanto »

Ah OK, dann muss ich doch konzilianter sein: es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass es damals vielleicht öfter diesen Namen Kephas als Vorname gab, mit der Bedeutung "Edelstein" - denn genau so verhält es sich doch mit dem gar nicht mal so seltenen muslimischen Vornamen DSCHAUHAR "Edelstein" (etwa Dschochar Dudajew, ein tschetschenischer Präsident der 90-er, hieß so)!
Dann hätte der hl. Petrus tatsächlich von Geburt an "Kephas" gehießen, und sein Name wäre von Jesus nur zu "Fels" umgedeutet worden, weil er seine Gemeinschaft/Kirche auf ihn (also auf festen Grund) bauen wollte.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Er hieß nun aber Simone Barionini, oder so ähnlich …
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Esperanto »

Richtig, ist mir auch gerade aufgefallen: Kephas war nur ein Beiname/Spitzname, von Geburt her hieß er Simon. Also geht das auch nicht.

al-Muschrik
Beiträge: 86
Registriert: Freitag 9. November 2012, 08:09
Wohnort: prospektiver Exulant von Kosmopolis

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von al-Muschrik »

Die Grundbedeutung der sem. Wurzel *k(j)p ist sicherlich „Fels“. Dafür spricht das Hebräische, siehe Gesenius, 358: כֵּף „Fels“, das Akkadische, siehe von Soden, Akkadisches Handwörterbuch p445 kāpu „Felsen“ und ganz eindeutig das Aramäische der Zeitenwende, siehe Jastrow, A Dictionary of the Targumim, Talmud Bavli Yerushalmi and Midrashic Literature p634: (hebr. כֵּיף , כֵּף „[ball,] rock“,) aram. כֵּיף , כֵּיפָא „rock, stone, ball“ – nur in Zusammensetzungen wie ככפי טבתא auch „jewels, pearls“. In den Targumim kann es auch für hebr. סֶלָע stehen, also sogar ganze Felsformationen bezeichnen.
Im Syro-Aramäischen überwiegt die Bedeutung „Stein“, siehe Payne-Smith, Thesaurus Syriacus I c1663: ܟܻܦ , ܟܻܦܳܐ in der Regel „lapis“, aber neben „gemma“ auch πέτρα in Hex. Jud. XIII 19. Diese lapides können auch ganz ordentliche Ausmaße haben, so z.B. der „lapis niger in templo Meccano“ (ursprünglich immerhin mit einem Durchmesser von 30 cm).
Vgl. auch Beyer, Die aramäischen Texte vom Roten Meer p608: als PN schon im 9. Jhd. v. Chr. keilschriftlich Ki-pi-na „Felsen“ und Verweis auf J.A. Fitzmyer in Festschrift M. Black p122-132 zu כיפא als Männername.
níĝ-ge-na-da a-ba in-da-sá nam-ti ì-ù-tu
אין שלום לרשעים
πᾶν γὰρ ἑρπετὸν πληγῇ νέμεται
ad hoc sacramentum adacti sumus, ferre mortalia nec perturbari iis quae vitare non est nostrae potestatis. In regno nati sumus: deo parere libertas est.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

al-Muschrik hat geschrieben:Die Grundbedeutung der sem. Wurzel *k(j)p ist sicherlich „Fels“. Dafür spricht das Hebräische, siehe Gesenius, 358: כֵּף „Fels“, das Akkadische, siehe von Soden, Akkadisches Handwörterbuch p445 kāpu „Felsen“ und ganz eindeutig das Aramäische der Zeitenwende, siehe Jastrow, A Dictionary of the Targumim, Talmud Bavli Yerushalmi and Midrashic Literature p634: (hebr. כֵּיף , כֵּף „[ball,] rock“,) aram. כֵּיף , כֵּיפָא „rock, stone, ball“ – nur in Zusammensetzungen wie ככפי טבתא auch „jewels, pearls“. In den Targumim kann es auch für hebr. סֶלָע stehen, also sogar ganze Felsformationen bezeichnen.
Im Syro-Aramäischen überwiegt die Bedeutung „Stein“, siehe Payne-Smith, Thesaurus Syriacus I c1663: ܟܻܦ , ܟܻܦܳܐ in der Regel „lapis“, aber neben „gemma“ auch πέτρα in Hex. Jud. XIII 19. Diese lapides können auch ganz ordentliche Ausmaße haben, so z.B. der „lapis niger in templo Meccano“ (ursprünglich immerhin mit einem Durchmesser von 30 cm).
Vgl. auch Beyer, Die aramäischen Texte vom Roten Meer p608: als PN schon im 9. Jhd. v. Chr. keilschriftlich Ki-pi-na „Felsen“ und Verweis auf J.A. Fitzmyer in Festschrift M. Black p122-132 zu כיפא als Männername.
:daumen-rauf: [Punkt]

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

christian12 hat geschrieben:Kefa im Sinne von "Fels" käme nur in den Targumin vor.
Das ist damit also widerlegt. Aber auch so wäre das „nur“ in diesem Zusammenhang ganz verfehlt. Die Targumin sind doch nicht irgendwas, sie bilden gerade den zeitgenössischen kulturellen Hintergrund ab.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

al-Muschrik
Beiträge: 86
Registriert: Freitag 9. November 2012, 08:09
Wohnort: prospektiver Exulant von Kosmopolis

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von al-Muschrik »

Es freut mich, wenn ich etwas habe helfen können. Schon während meines Orientalistik-Studiums, habe ich für die hysterisch-hypokritische Anthropo-Theologie nur Verachtung empfunden, seit meiner Umkehr hat sich Haß dazugesellt. Sie ist in der Regel ein böses rationalistisches Spiel und nützliche Idiotie originalitätssüchtiger, wahrheits- und gottunfähiger Funktionäre der Abwicklungsgesellschaft Christentum.

3 Punkte noch:
1. Das von Beyer, Die aramäischen Texte ... zitierte keilschriftliche Ki-pi-na ist kein PN, sondern ein ON.
2. In ככפי טבתא hat sich ein Fehler eingeschlichen, es muß natürlich כיפי טבתא heißen.
3. Wie schon angedeutet, kommt die Bedeutung "gemme, jewel, pearl" für כֵּיף ,כֵּיפָא ohne irgendein Attribut bei Jastrow nur selten vor. Bei Payne-Smith hat ܟܻܦ , ܟܻܦܳܐ alleine sogar nur ein einziges Mal die Bedeutung "gemmae" (Ephr. III 582), ansonsten nur in Zusammensetzungen mit genitivischem oder adjektivischem Attribut, wie ܟܺܐܦܳܐ ܕܒܶܪܽܘܠܴܐ "beryllus" oder ܟܺܐܦ ܕܰܗܒܳܐ χρυσόλιθος.
níĝ-ge-na-da a-ba in-da-sá nam-ti ì-ù-tu
אין שלום לרשעים
πᾶν γὰρ ἑρπετὸν πληγῇ νέμεται
ad hoc sacramentum adacti sumus, ferre mortalia nec perturbari iis quae vitare non est nostrae potestatis. In regno nati sumus: deo parere libertas est.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

al-Muschrik hat geschrieben:3. Wie schon angedeutet, kommt die Bedeutung "gemme, jewel, pearl" für כֵּיף ,כֵּיפָא ohne irgendein Attribut bei Jastrow nur selten vor. Bei Payne-Smith hat ܟܻܦ , ܟܻܦܳܐ alleine sogar nur ein einziges Mal die Bedeutung "gemmae" (Ephr. III 582), ansonsten nur in Zusammensetzungen mit genitivischem oder adjektivischem Attribut, wie ܟܺܐܦܳܐ ܕܒܶܪܽܘܠܴܐ "beryllus" oder ܟܺܐܦ ܕܰܗܒܳܐ χρυσόλιθος.
Mir scheint, das sei ganz ähnlich, wie wir auch im Deutschen gelegentlich einfach „Stein“ für „Edelstein“ sagen können. – Geht Atze zum Juwelier: »Morgen hab’ ich Hochzeitstag. Ich brauch’ ’nen Ring für meine Olle. Aber einen mit ’nem Stein.«
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

al-Muschrik
Beiträge: 86
Registriert: Freitag 9. November 2012, 08:09
Wohnort: prospektiver Exulant von Kosmopolis

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von al-Muschrik »

Mir scheint, das sei ganz ähnlich, wie wir auch im Deutschen gelegentlich einfach „Stein“ für „Edelstein“ sagen können. – Geht Atze zum Juwelier: »Morgen hab’ ich Hochzeitstag. Ich brauch’ ’nen Ring für meine Olle. Aber einen mit ’nem Stein.«
Genau denselben Gedanken, verehrter Herr Ketelhohn, hatte ich auch schon, "Edelstein" scheint mir eine sekundäre Bedeutung zu sein.
Dafür spricht sowohl die Etymologie:
Ursem. *k(j)p "Fels" > aram. *kīp "Fels" > "Stein" (> "Edelstein, Perle")
als auch die Häufigkeitsverteilung (in allen Dialekten und Perioden):
"Stein" > "Fels" (> "Edelstein, Perle")
(in den Targumim (und älter) wahrscheinlich):
"Fels" > "Stein" (> "Edelstein, Perle").
Entweder könnte man die Bedeutung "Edelstein", so wie Sie vorschlagen, unter ein ganz generisches "Stein" subsumieren, wofür die Tatsache spricht, daß z.B. ܟܻܦ , ܟܻܦܳܐ auch für vasa saxea, columna, idolum stehen kann.
Oder aber man kann eine elliptische Verwendung des von Jastrow genannten כיפי טבתא „jewels, pearls“ annehmen, das wörtlich nichts anderes als "gute (= wertvolle) Steine" bedeutet.
Bevor ich dies allerdings als Faktum, statt als starke Hypothese, behaupten wollte, müßte ich die entsprechenden Belege im Kontext überprüfen, was mir derzeit nicht möglich ist, da ich zu den meisten Publikationen derzeit keinen Zugang habe.
níĝ-ge-na-da a-ba in-da-sá nam-ti ì-ù-tu
אין שלום לרשעים
πᾶν γὰρ ἑρπετὸν πληγῇ νέμεται
ad hoc sacramentum adacti sumus, ferre mortalia nec perturbari iis quae vitare non est nostrae potestatis. In regno nati sumus: deo parere libertas est.

Benutzeravatar
christian12
Beiträge: 596
Registriert: Freitag 13. Januar 2012, 17:44

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von christian12 »

al-Muschrik hat geschrieben:
Mir scheint, das sei ganz ähnlich, wie wir auch im Deutschen gelegentlich einfach „Stein“ für „Edelstein“ sagen können. – Geht Atze zum Juwelier: »Morgen hab’ ich Hochzeitstag. Ich brauch’ ’nen Ring für meine Olle. Aber einen mit ’nem Stein.«
Genau denselben Gedanken, verehrter Herr Ketelhohn, hatte ich auch schon, "Edelstein" scheint mir eine sekundäre Bedeutung zu sein.
Dafür spricht sowohl die Etymologie:
Ursem. *k(j)p "Fels" > aram. *kīp "Fels" > "Stein" (> "Edelstein, Perle")
als auch die Häufigkeitsverteilung (in allen Dialekten und Perioden):
"Stein" > "Fels" (> "Edelstein, Perle")
(in den Targumim (und älter) wahrscheinlich):
"Fels" > "Stein" (> "Edelstein, Perle").
Entweder könnte man die Bedeutung "Edelstein", so wie Sie vorschlagen, unter ein ganz generisches "Stein" subsumieren, wofür die Tatsache spricht, daß z.B. ܟܻܦ , ܟܻܦܳܐ auch für vasa saxea, columna, idolum stehen kann.
Oder aber man kann eine elliptische Verwendung des von Jastrow genannten כיפי טבתא „jewels, pearls“ annehmen, das wörtlich nichts anderes als "gute (= wertvolle) Steine" bedeutet.
Bevor ich dies allerdings als Faktum, statt als starke Hypothese, behaupten wollte, müßte ich die entsprechenden Belege im Kontext überprüfen, was mir derzeit nicht möglich ist, da ich zu den meisten Publikationen derzeit keinen Zugang habe.
Super, Danke Dir! - Übrigens: Willkommen im Kreuzgang!! :huhu:

Pilgerer
Beiträge: 2697
Registriert: Freitag 3. Juni 2011, 00:45

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Pilgerer »

Wird in Matthäus 7,24-25 im griechischen Original das gleiche Wort gebraucht? Dort ergibt sich aus dem Kontext zwingend, dass "petram" (Vulgata) ein haltgebender Fels sein muss. Wenn nun der Evangelist das gleiche Wort wenige Kapitel später verwendet, ist es logisch höchst wahrscheinlich, dass das Worte eine vergleichbare Bedeutung hat.

Ein möglicher sprachlicher Kompromiss wäre evtl., den Felsen als einen gigantischen "Edelfelsen" anzusehen, der zugleich der Kirche Halt gibt und aus dem Material eines Edelsteins ist.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Benutzeravatar
Esperanto
Beiträge: 735
Registriert: Dienstag 20. März 2007, 01:18

Re: Kephas = Edelstein ?

Beitrag von Esperanto »

Ah, die Stelle meinst du: "Jeder, der mein Wort hört und sich danach richtet, gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels gebaut hat". Im griechischen Original heißt es "epi tHn pétran" (und im Latein dann entsprechend "supra petram").
Daher halt das Wortspiel PETRUS/PETRA, und im Aramäisch-Hebräischen entsprechend Kepha/keph(a).
Ist natürlich aberwitzig zu übersetzen "er gleicht einem Mann, der sein Haus auf einen Edelstein baut".

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema