Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Christoph95
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Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Christoph95 »

Prof. Robert Spaemann ist der Erfinder des Gottesbeweis aus dem Futur 2 , dem „Letzten Gottesbeweis“, wie das Buch heißt, indem er diesen entwickelt.

Wenn es keinen Gott gibt, dann ist die Aussage >Ich werde gegessen haben< und damit auch >Ich werde in 1 000 mio Jahren gegessen haben< irrational. „Das Gegenwärtige bleibt als Vergangenheit des künftig Gegenwärtigen immer wirklich. Aber von welcher Art ist diese Wirklichkeit? Man könnte sagen: in den Spuren, die sie durch ihre kausale Einwirkung hinterlässt. Aber diese Spuren werden schwächer und schwächer. Und Spuren sind sie nur, solange das, was sie hinterlassen hat, als es selbst erinnert wird. Solange Vergangenes erinnert wird, ist es nicht schwer, die Frage nach seiner Seinsart zu beantworten. Es hat seine Wirklichkeit eben im Erinnertwerden. Aber die Erinnerung hört irgendwann auf, und irgendwann wird es keine Menschen mehr auf der Erde geben. Schließlich wird die Erde selbst verschwinden. Da zur Vergangenheit immer eine Gegenwart gehört, deren Vergangenheit sie ist, müssten wir also sagen: mit der bewussten Gegenwart - und Gegenwart ist immer nur als bewusste – verschwindet auch die Vergangenheit, und das Futurum exactum verliert seinen Sinn.“ (1)
Daher muss man ein ewiges, absolutes Bewusstsein denken in dem alles aufgehoben ist, also Gott.

(1) Warum wir, wenn es Gott nicht gibt, überhaupt nichts denken können, in DIE WELT 26.03.2005

Was haltet Ihr von diesem konkreten Gottesbeweis?
„Herr, erneuere deine Kirche und fang bei mir an!“ Sl. John Henry Newman

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lifestylekatholik
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von lifestylekatholik »

Christoph95 hat geschrieben:Und Spuren sind sie nur, solange das, was sie hinterlassen hat, als es selbst erinnert wird.
Dazu müsste »Spur« aber sehr eingeschränkt definiert werden. Jeder Archäologe, jeder Paläontologe würde sich doch erstmal am Kopf kratzen.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Fragesteller
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Fragesteller »

Wenn es kein Bewusstsein geben wird, der sich an die Vergangenheit erinnert, dann "gibt" es die Vergangenheit nicht mehr, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie wir sie kennen, da hat Spaemann recht. Aber wer sagt denn, dass es immer eine Vergangenheit geben muss? Uns scheint das natürlich evident, aber wir haben ja auch ein Bewusstsein. Eine Welt außerhalb dieses Bewusstseins können wir gar nicht denken.

Hier mit dem Futur 2 zu argumentieren, dass auch der Zukunft nach uns eine Vergangenheitsperspektive unterstellt, ist unsauber: Das Futur 2 sagt nicht, dass es aus der Sicht der Zukunft eine Vergangenheit gibt, sondern nur, dass aus unserer (gegenwärtigen) Sicht die Zukunft nur mit Vergangenheit denkbar ist.
Von der Sinnhaftigkeit des Futur 2 können wir demnach nur darauf schließen, dass es ein Bewusstsein gibt, nämlich unseres. Auf ein ewiges Bewusstsein hingegen können wir nicht schließen.

Raphael

Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Raphael »

Fragesteller hat geschrieben:Auf ein ewiges Bewusstsein hingegen können wir nicht schließen.
Können wir doch! :)

Wir können auf ein ewiges Bewußtsein schließen, weil das Handeln dieses ewigen Bewußtseins in der Schöpfung sichtbar war, ist und sein wird. Siehe auch: Römer 1,20! :doktor:

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Reinhard
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Reinhard »

Christoph95 hat geschrieben:Was haltet Ihr von diesem konkreten Gottesbeweis?
Nichts !

Hier gibt es eine ganz gute Besprechung dieses "Beweises". (immerhin habe ich das Buch nicht gelesen, und habe das auch nicht vor. Von daher stütze ich mich auf die Zusammenfassung dort und auf den Welt-Artikel)

Als pastoraler Text ist der Artikel durchaus lesenswert. Sehr bedenkenswert und treffend sind auch seine Bemerkungen zum "kümmerlichen Menschen", für den die Gottesfrage egal ist. Denn das ist ja sehr wohl in Breite ja das aufklärerisch- humanistische Elend, das bei uns als "Konsens" hoch gehalten und vorausgesetzt wird, aber in der Sache menschenwidrig ist !

Sein "Gottesbeweis" taugt dagegen überhaupt nicht.
Sehr treffend ist, was er zum Gottesbeweis an sich sagt: "Gottesbeweise (sind) Beweise ad hominem, das heißt sie setzen immer schon einen bestimmten Menschen und bestimmte Voraussetzungen als zugestanden voraus.", gleitet aber dann später selber in eine Art Kognostizimus ab.

Warum "(ist) Gegenwart immer nur als bewusste Gegenwart zu verstehen" ??
- das ist, auch von der Physik her, durchaus nicht so ! Zwei Himmelskörper werden immer noch umeinander kreisen, auch wenn niemand mehr hinguckt. Und die Sonne wird noch scheinen, wenn es keine Menschen mehr gibt. (selbst, wenn es keine Ewigkeit gäbe, wäre das ja wohl so !)
Da folgt er im Grunde hemmungslos der Hybris der Aufklärung, die "Wirklichkeit" nur an dem Erkanntwerden (durch Menschen) fest macht. Womit der Mensch mit seiner Vernunft automatisch zum letzten Maßstab erhoben wird, an Gottes Statt. (ganz heimlich und implizit !)

Warum heißt "Von etwas sagen, es sei jetzt, ist gleichbedeutend damit zu sagen, es sei in Zukunft gewesen." ??
Da tut er ja gerade so, als sei Kausalität einfach umkehrbar ! Natürlich wird jedes "Jetzt" in der Zukunft Vergangenheit sein, aber die Umkehrung gilt doch nicht automatisch ? Nicht jede zukünftige Vergangenheit ist auch "jetzt" ! Der gestrige Tag wird sehr wohl auch in Zukunft Vergangenheit sein, aber "jetzt" ist er deshalb noch lange nicht. Sorry, da gehen mit dem Mann seine frei flottierenden Gedanken durch, und er verliert sich in logischer Beliebigkeit.

So geht es dann ja auch weiter: "Und Spuren sind sie nur, solange das, was sie hinterlassen hat, als es selbst erinnert wird." - warum sollten Spuren an die Erinnerung gebunden sein ??
Jeder Astronom weiß da Anderes, er beobachtet Spuren vergangener Jahrmillionen, die überhaupt nicht in der "Erinnerung" (also einem Bewusstsein !) gespeichert sind, sondern in elektromagnetischen Signalen.

Mit der Gültigkeit der Voraussetzungen fällt die Beweiskraft seiner Ausführungen.
"Beweis" ist er wohl nur für solche Menschen, denen man jedes X für ein U vormachen kann, Menschen, für die jeder Feuilletontext "wahr" ist.

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Hubertus
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Hubertus »

Hinweis der Moderation:

Bitte auch diesen Strang beachten:
viewtopic.php?p=79108#p79108.
Diskutiert mal ruhig erst hier weiter; vmtl. werden die Stränge aber
noch vereinigt bzw. neu aufgedröselt.
Hubertus als Mod.
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HeGe
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von HeGe »

Reinhard hat geschrieben:Hier gibt es eine ganz gute Besprechung dieses "Beweises". (immerhin habe ich das Buch nicht gelesen, und habe das auch nicht vor.
Ich habe das Buch vor einiger Zeit mal gelesen. Als Nichttheologe fand ich es jedenfalls dadurch sehr interessant, als das Buch am Anfang eine recht gut verständliche Übersicht über einige andere "klassische" Gottesbeweise gibt. So konnte ich mich in das Thema mal ein wenig einlesen. Den anschließenden Gottesbeweis Spaemanns fand ich, soweit ich ihn richtig verstanden habe, aber auch nicht hundertprozentig überzeugend.
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Hubertus
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Hubertus »

Spaemanns Beweis liegt vor allem darin aufzuzeigen, daß der Mensch nicht anders kann als zu denken, daß Gegenwärtiges auch in der Zukunft immer gewesen ist. Er schreibt (ich zitiere aus oben verlinktem Welt-Artikel):
Da zur Vergangenheit immer eine Gegenwart gehört, deren Vergangenheit sie ist, müßten wir also sagen: mit der bewußten Gegenwart - und Gegenwart ist immer nur als bewußte - verschwindet auch die Vergangenheit, und das Futurum exactum verliert seinen Sinn. Aber genau dies können wir nicht denken. Der Satz: "In ferner Zukunft wird es nicht mehr wahr sein, daß wir heute abend hier zusammen waren" ist Unsinn. Er läßt sich nicht denken.
(Hervorhebungen von mir.)

Was Spaemann dem ganzen aber zugrundelegt, sind zwei Dinge:
Erstens: es gibt so etwas wie eine "ewige Wahrheit" (ein ewiges "Bewußtsein"), das Voraussetzung ist für die Tatsache, daß auch in Zukunft das, was gegenwärtig ist, auch wirklich gewesen sein wird.
Und zweitens: Wir Menschen können dies, eben über unser Denken, auch erkennen. D.h. wir haben über unser Denken Zugang zu dieser ewigen Wahrheit.

Beide Voraussetzungen sind aber heute nicht mehr unumstritten. In diesem Sinne erscheint seine Argumentation natürlich angreifbar.
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Reinhard
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Reinhard »

Was ist das für ein eigenartiger Gebrauch des Begriffs "Bewusstsein" ??
- Bewusstsein ist doch immer untrennbar an den Träger dieses Bewusstseins gebunden !? - und nur diesem zugänglich !
(Du kannst gar nicht wissen, was mir bewusst ist ! - Du wirst nur das erfahren, was ich Dir mitteile.)

Was ist dann hier "Bewusstsein" anderes als verbale Beliebigkeit ?
Oder, ist es nur ein Zirkelschluss: weil es ein ewiges Bewusstsein gebe, müsse es auch einen ewigen Träger geben, der dieses Bewusstsein trage ...?? - eine These, die sich am Ende mit sich selbst beweist.
Weshalb muss es ein ewiges Bewusstsein geben ??

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Hubertus
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Hubertus »

Ich hätte den Begriff auch nicht so verwendet. Deswegen habe ich oben lieber ewige Wahrheit geschrieben.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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lifestylekatholik
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von lifestylekatholik »

Hubertus hat geschrieben:Ich hätte den Begriff auch nicht so verwendet. Deswegen habe ich oben lieber ewige Wahrheit geschrieben.
Aber Spaemann verknüpft es mit dem Bewusstsein. Das ist es, was ich nicht verstehe.

Beispiel: Das Nördlinger Ries ist eine Landschaft, die – nach heutigem Kenntnisstand – durch einen Meteoriteneinschlag geschaffen wurde, der sich vor ca. 16 Millionen Jahren ereignete, also zu einer Zeit, zu der es keine Menschen gab, die das erleben und als Erinnerung weitergeben konnten. Trotzdem bereitet es keine Probleme, dieses Ereignis heute als wahr zu erkennen. Es hat sich in vorbewusster Zeit abgespielt, ist aber dennoch wahr. Es wird auch weiter wahr bleiben, unabhängig von der Existenz von Menschen mit Bewusstsein.

»Es hat seine Wirklichkeit eben im Erinnertwerden.« – Interessant wäre, wie er zu dieser Auffassung gekommen ist.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Raphael

Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Raphael »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Ich hätte den Begriff auch nicht so verwendet. Deswegen habe ich oben lieber ewige Wahrheit geschrieben.
Aber Spaemann verknüpft es mit dem Bewusstsein. Das ist es, was ich nicht verstehe.
Weil »Bewußtsein« ein Schlüsselbegriff in der Erkenntnistheorie ist!
Nur das Bewußtsein kann erkennen und der ungläubige Erkenntnistheoretiker schließt dann daraus, daß nichts mehr sein wird, wenn nichts mehr erkannt wird.

Ich schreib's noch mal anders: Nur das Bewußtsein des Menschen kann erkennen und der ungläubige Erkenntnistheoretiker schließt dann daraus, daß nichts mehr sein wird, wenn nichts mehr vom Menschen erkannt wird.

Der Gläubige wiederum glaubt sich in der Hand Gottes aufgehoben, unabhängig davon, ob der Gläubige selber erkennt oder nicht erkennt. Denn er weiß sich bereits von Gott erkannt.
Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt.
(Jeremia 1, 5)
..... Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.
(Jesaja 43, 1)

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Sempre
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Sempre »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:Ich hätte den Begriff auch nicht so verwendet. Deswegen habe ich oben lieber ewige Wahrheit geschrieben.
Aber Spaemann verknüpft es mit dem Bewusstsein. Das ist es, was ich nicht verstehe.

Beispiel: Das Nördlinger Ries ist eine Landschaft, die – nach heutigem Kenntnisstand – durch einen Meteoriteneinschlag geschaffen wurde, der sich vor ca. 16 Millionen Jahren ereignete, also zu einer Zeit, zu der es keine Menschen gab, die das erleben und als Erinnerung weitergeben konnten. Trotzdem bereitet es keine Probleme, dieses Ereignis heute als wahr zu erkennen. Es hat sich in vorbewusster Zeit abgespielt, ist aber dennoch wahr. Es wird auch weiter wahr bleiben, unabhängig von der Existenz von Menschen mit Bewusstsein.

»Es hat seine Wirklichkeit eben im Erinnertwerden.« – Interessant wäre, wie er zu dieser Auffassung gekommen ist.
Spaemann nennt seinen Gottesbeweis einen nietzschefesten Gottesbeweis. Voraussetzung dabei ist die verwirrte Idee Kants, dass der Mensch die objektive Wirklichkeit nicht erkennen könne. Es gibt dann nur subjektiv bzw. intersubjektiv konstruierte, erdachte, erlebte "Wirklichkeit". Nichts ist wirklich, außer jemand hält es subjektiv für wirklich oder ein paar Leute halten es intersubjektiv für wirklich. In diesem Szenario garantiert der alles sehende und erinnernde ewige Gott die Dauerhaftigkeit erinnerbarer Wirklichkeit.

ad_hoc
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von ad_hoc »

Einen derart arabesk-abstrakten Gottesbeweis hätte, meines Erachtens, Prof. Spaemann zu seiner aktiveren Zeit nie erstellt.
Aus der Warte eines Beobachters, frei von allen zeitlichen und räumlichen Begrenzungen, gäbe es einen Gottesbeweis dieser Art nicht (einmal vom in diesem Fall absolutenWissen der Existenz Gottes her und zum anderen aus dem Grund, weil dann ersichtlich sein sollte, dass eine solche Beweisführung unter Zuhilfenahme subjektiver Vorstellungen über zeitliche Bedingungen unmöglich ist; so stelle ich es mir jedenfalls vor).

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Juergen
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Juergen »

OBJECTION

There was a young man who said, "God
Must think it exceedingly odd
If he finds that this tree
continues to be
when there's no one about in the Quad."


REPLY

Dear Sir: Your astonishment's odd
I am always about in the Quad.
And that's why the tree
will continue to be,
Since observed by Yours faithfully, GOD.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Raphael

Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Raphael »

Juergen hat geschrieben:OBJECTION

There was a young man who said, "God
Must think it exceedingly odd
If he finds that this tree
continues to be
when there's no one about in the Quad."


REPLY

Dear Sir: Your astonishment's odd
I am always about in the Quad.
And that's why the tree
will continue to be,
Since observed by Yours faithfully, GOD.
So'n Theologie-Studium muß was Feines sein, denn dann kann man auf vielfache Weise sagen: Credo, quia absurdum! :patsch:

Thomas_de_Austria
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Um mich einmal wieder kurz einzuschalten ( :huhu: ):

Sempre hat geschrieben:
Spaemann nennt seinen Gottesbeweis einen nietzschefesten Gottesbeweis. Voraussetzung dabei ist die verwirrte Idee Kants, dass der Mensch die objektive Wirklichkeit nicht erkennen könne. Es gibt dann nur subjektiv bzw. intersubjektiv konstruierte, erdachte, erlebte "Wirklichkeit". Nichts ist wirklich, außer jemand hält es subjektiv für wirklich oder ein paar Leute halten es intersubjektiv für wirklich. In diesem Szenario garantiert der alles sehende und erinnernde ewige Gott die Dauerhaftigkeit erinnerbarer Wirklichkeit.
Der Hinweis auf die Voraussetzung, die Spaemann für diesen Gottesbeweis macht, dürfte treffend sein. Generell liegt, wie allgemein bekannt, spätestens seit dem sog. „Deutschen Idealismus“ mehr als bloß eine Konzeption von Wahrheit vor (also mit der Zeit kam zur Korrespondenz die Kohärenz, der Konsens, die Performanz, die Pragamtik, dann diverse Spielarten des Deflationismus im Gefolge von Tarski, Heideggers „Unverborgenheit“ etc. hinzu). Als Beispiel für eine der gängigsten und m. E. sogar noch eine der sinnvolleren, da sie sich immerhin noch um irgendeine Form von Wahrheit bemüht, Theorien (samt Konsequenzen) aus der Analytischen Philosophie (semantische Wahrheitstheorie(n)) sei Peter Janich, der selbst zum Erlanger Konstruktivismus zählt, zitiert:
P. Janich, [i]Was ist Wahrheit? Eine philosophische Einführung[/i], C. H. Beck, S. 29 hat geschrieben:
Es liegt auf der Hand, daß Wahrheit im Gefolge der linguistischen Wende nur noch als Satzwahrheit, nicht mehr als Seinswahrheit begriffen wurde. Tatsächlich spricht ja auch alles dafür, daß sich seinswahrheitliche Rede immer inhaltsgleich übersetzen läßt in die Wahrheit von Aussagen […].
Eine weitreichende (und beklagenswerte) Folge der linguistischen Wende ist, daß nicht nur traditionelle Metaphysik, sondern auch die Ethik, also die Moralphilosophie oder Philosophie des sittlichen Handelns, dem Verdikt des sprachanalytischen enttarnten Scheinproblems verfiel. Heute ist es – nicht zuletzt unter dem Einfluß des linguistic turn – zur Mehrheitsüberzeugung geworden, daß verläßliches, objektives Wissen nur in den empirischen Wissenschaften und in der Mathematik möglich sei, in Moral und Politik dagegen das Chaos herrsche, vom geschmäcklerischen Individualismus bis zum Faustrecht des Stärkeren. Die damit favorisierte Trennung von wahr und gut, von sein und sollen, von beschreiben und vorschreiben, von begründen und rechtfertigen, wirkt bis heute in Bereich der Philosophie, der Wissenschaften und des täglichen Lebens nach.
Eine der früheren Formulierungen dessen stammt eben von Ludwig Wittgenstein:
L. Wittgenstein, [i]Tractatus[/i], 4.021 hat geschrieben:Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage, wenn ich den Satz verstehe.
Die bekannte sog. „Abbildtheorie“. Man muss nicht extra hinzufügen, dass sie so ihre ganz eigenen Schwierigkeiten hat, abgesehen liegt hier auch ein gewisser Subjektivismus vor, nur eben über die Sprache. Wenn Wahrheit nur eine Art Funktion von Sätzen ist, dann setzt Wahrheit letztlich eine Klasse von Sätzen voraus, die man als „wahr oder „falsch bewerten kann voraus, nämlich Aussagesätze. Es gibt hier also keine Wahrheit, wenn es nicht zumindest ein Wesen gibt, das dazu in der Lage ist, solche zu generieren.
Bei Kant eben:
Enders, M., J. Szaif (Hrsg.), [i]Die Geschichte des philosophischen Begriffs der Wahrheit[/i], de Gruyter, S. 248 hat geschrieben:
Es besteht [lt. Kant] also eine zwischen den Kategorien gestiftete Korrespondenz zwischen ihnen und den Daten der Anschauung. Die Korrespondenz wird also durch Kants transzendentalphilosophische Wende in das erkennende Subjekt verlagert, dessen kategoriale Formung des Anschauungsmaterials den Grund der Wahrheit darstellt.
L. B. Puntel, [i]Struktur und Sein[/i], Mohr Siebeck, S. 146 & 148 hat geschrieben:»Erkenntnis« bei Kant ist, servitas servandis, mit [Timothy] Williamsons Konzeption vergleichbar […], vor allem in der Hinsicht, dass Kants »Erkenntnis« mit so etwas wie »Glauben« und »Rechtfertigung« im Gettierschen Sinne nichts zu tun hat (bzw. haben kann). Kants Erkenntnis hat vielmehr einen Bezug zum Kantischen Begriff der Wahrheit; mann [im Original] muss sogar sagen, dass Kants »Erkenntnis« sich fast vollständig mit diesem letzten Begriff deckt. Darin unterscheidet sich Kant ganz deutlich von Williamson, der seinen Wahrheitsbegriff zwar nicht im einzelnen expliziert, ihn aber eindeutig nicht im transzendentalen Sinne Kants versteht. […] »Erkenntnis« bei Kant (in der Kritik der reinen Vernunft) und die von ihm transzendental (um)gedeutete »Nominaldefinition« von Wahrheit stellen sich als äquivalent heraus. Wenn oben Erkenntnis bei Kant mit der Formulierung »die voll-endete theoretische Strukturiertheit der Subjektivität« umschrieben wurde, so wäre diese Formulierung auch eine Umschreibung des transzendental (um)gedeuteten Wahrheitsbegriffs.
Also kurz gesagt das, was Sempre oben schrieb.

Zur Kontrastierung hier einmal zwei Kirchenlehrer:
St. Augustinus von Hippo, [i]Soliloquia[/i] II, 8,5 hat geschrieben:nam verum mihi videtur esse id quod est.
(Allerdings finden sich, wie bei allen noch Genannten, natürlich noch wesentlich weitreichendere und komplexere Überlegungen zur Sache, aber darum geht es momentan nicht.)
St. Thomas von Aquin, [i]Quaestiones disputatae de veritate[/i], q. 1, a. 1 hat geschrieben: Convenientiam vero entis ad intellectum exprimit hoc nomen verum.
Man erkennt hier schon den Unterschied: Wahrheit als Korrespondenz bzw. Seinswahrheit, die Wahrheit als Sein hinsichtlich der Erkennbarkeit. Interessant in diesem Zusammenhang hier, finde ich allerdings St. Anselm von Canterbury, die "Seinswahrheit" von Gott her begründet (nur ein Auszug, damit man sich was vorstellen kann:
St. Anselm von Canterbury, [i]De Veritate[/i] Cap. VII hat geschrieben:M. Iam considera an praeter summam veritatem in aliquid re veritas sit intelligenda, exceptis iis quae supra conspecta sunt.
D. Quid illud esse potest?
M. An putas aliquid esse aliquando aut alicubi quod non sit in summa veritate, et quod inde non acceperit quod est inquantum est, aut quod possit aliud esse quam quod ibi est?
D. Non est putandum.
M. Quidquid igitur est, vere est, inquantum est hoc quod ibi est.
D. Absolute concludere potes quia omne quod est vere est, quoniam non est aliud quam quod ibi est.
M. Est igitur veritas in omnium quae sunt essentia, quia hoc sunt quod in summa veritate sunt.
D. Video ita ibi esse veritatem, ut nulla ibi possit esse falsitas; quoniam quod falso est, non est.
[…]
M. Si ergo et veritas et rectitudo [zentraler Begriff in St. Anselms Wahrheitstheorie] idcirco sunt in rerum essentia, quia hoc sunt in summa veritate […].

Die Darstellung Robert Spaemanns Beweis selbst (nach Guido Kreis, cf. Gottesbeweise von Anselm bis Gödel, IV: Alternativen zu den klassischen Gottesbeweisen):

Grundbedingung ist eben, dass es einen wahren Satz p gibt, also gilt:

Es gibt wenigstens einen wahren Satz p, sodass gilt: p ist wahr.
Das wird für gewöhnlich nicht bestritten. Man hat also irgendeinen wahren Satz p, von dem sich das Futur II bilden lässt, also ein neuer Satz in dieser Form p’, also:
(1) p ist wahr.
(2) Wenn p wahr ist, dann ist auch p’ wahr.
(3) Wenn p wahr ist, dann besteht der Sachverhalt, der durch p ausgedrückt wird, ewig.
(4) Das Fortbestehen eines Sachverhaltes ist sein Erinnert-werden.
(5) Wenn p ewig wahr ist, dann wird p zu jedem Zeitpunkt erinnert.
(6) c. Wenn p wahr ist, dann gibt es zu jedem Zeitpunkt ein Bewusstsein, das p erinnert.
(7) Es wird einmal kein endliches Bewusstsein mehr geben.
(8) Es gibt kein unendliches Bewusstsein.
(9) Es wird einmal kein Bewusstsein mehr geben, das p erinnert.
(10) Es ist nicht der Fall, dass es zu jedem Zeitpunkt ein Bewusstsein gibt, das p erinnert.
(11) p ist nicht wahr.
(12) Es ist nicht der Fall, dass es kein unendliches Bewusstsein gibt.
(13) c. Es gibt ein unendliches Bewusstsein.
(14) c. Es existiert ein göttliches Wesen.
Das Argument ist zwar gültig, aber die Prämissen sind klarerweise unter gewöhnlichen, realistischen Bedingungen sehr problematisch, vor allem dass das Fortbestehen des Sachverhalts sein Erinnert-werden sein soll, also praktisch die ontische Abhängigkeit von Sachverhalten von einem Subjekt, ja sogar von einer speziellen kognitiven Leistung eines Subjekts. Wenn man allerdings berücksichtigt, dass das Argument ja laut Spaemann quasi an eine "bestimmte Adresse" gerichtet ist, also ein, wie hier schon erwähnt wurde, absichtlich„argumentum ad hominem“ darstellt, und man sieht, was das genau für eine Adresse ist, dann versteht man eigentlich schon sehr gut, was das alles soll …
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Raphael

Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von Raphael »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:Als Beispiel für eine der gängigsten und m. E. sogar noch eine der sinnvolleren, da sie sich immerhin noch um irgendeine Form von Wahrheit bemüht, Theorien (samt Konsequenzen) aus der Analytischen Philosophie (semantische Wahrheitstheorie(n)) sei Peter Janich, der selbst zum Erlanger Konstruktivismus zählt, zitiert:
P. Janich, [i]Was ist Wahrheit? Eine philosophische Einführung[/i], C. H. Beck, S. 29 hat geschrieben:
Es liegt auf der Hand, daß Wahrheit im Gefolge der linguistischen Wende nur noch als Satzwahrheit, nicht mehr als Seinswahrheit begriffen wurde. Tatsächlich spricht ja auch alles dafür, daß sich seinswahrheitliche Rede immer inhaltsgleich übersetzen läßt in die Wahrheit von Aussagen […].
Eine weitreichende (und beklagenswerte) Folge der linguistischen Wende ist, daß nicht nur traditionelle Metaphysik, sondern auch die Ethik, also die Moralphilosophie oder Philosophie des sittlichen Handelns, dem Verdikt des sprachanalytischen enttarnten Scheinproblems verfiel. Heute ist es – nicht zuletzt unter dem Einfluß des linguistic turn – zur Mehrheitsüberzeugung geworden, daß verläßliches, objektives Wissen nur in den empirischen Wissenschaften und in der Mathematik möglich sei, in Moral und Politik dagegen das Chaos herrsche, vom geschmäcklerischen Individualismus bis zum Faustrecht des Stärkeren. Die damit favorisierte Trennung von wahr und gut, von sein und sollen, von beschreiben und vorschreiben, von begründen und rechtfertigen, wirkt bis heute in Bereich der Philosophie, der Wissenschaften und des täglichen Lebens nach.
Dieser linguistic turn ist IMHO einer der maßgeblichen Gründe für die Verwirrung in der derzeitigen Gesellschaft!

Dort, wo Bezeichner und Bezeichnetes so eklatant auseinanderklaffen wie in der Aufgeregtheit der gesellschaftlichen Debatten, kommt beim Empfänger ein mehr oder weniger diffuses Rauschen an, welches ihn folgerichtig dazu veranlaßt in die Beliebigkeit abzudriften. Diese Beliebigkeitkeit wird mancherorten in hochgestochener Weise auch "moralische Autonomie" genannt, zu der sich der Mensch erst emporkämpfen müsse, um dann wirklich frei sein zu können. Ein Irrtum par excellence ..............

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overkott
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von overkott »

Wenn man denn Spaemann etwas an seinem Beweis zugute halten möchte, dann seine Sprachorientierung. Dagegen war Nietzsche kein Philosoph im eigentlichen Sinn. Er hatte einfach nichts zu sagen. Jede Philosophie aber setzt eine absolute Wahrheit voraus, also ein Prinzip. Spaemanns Aufgabe wäre es gewesen, nachzuweisen, warum Gott das Prinzip der Prinzipien ist. Damit fängt er im Futur 2 allerdings deutlich zu spät an.

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overkott
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Re: Gottesbeweis aus dem Futur 2 (Spaemann)

Beitrag von overkott »

Sicher geht es um das richtige Verständnis des Futur 2. Die Vergangenheit der Zukunft ist nicht einfach die Vergangenheit. Zwar besteht zwischen den Zeiten ein Zusammenhang, den wir Ewigkeit nennen. Aber die Fülle der Zeit ist noch nicht Gott, der nicht nur die Zeit transzendiert.

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