Beiträge zur "Analysis fidei"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Thomas_de_Austria
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Beiträge zur "Analysis fidei"

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Der Strang sollte zur Sammlung von Beiträgen, Quellen- und Literaturangeben etc. von dem, was man in der kath. Theologie als "Glaube" versteht bzw., was man sinnvoller- und rechtgläubigerweise darunter zu verstehen hat, sowie zur Klärung von Spezialfragen der Art, wie bspw. nach dem Gewissheitsgrund des Glaubens u. ä. m. dienen.

Klass. Beiträge zur "Analysis fidei" finden sich u. a. bei Francisco Suárez, Juan de Lugo, Pierre Rousselot (man erkennt hierbei schon, dass sich auffällig viele Jesuiten bzw. Vertreter der Spät-, Barock- und Neuscholastik mit dieser Frage befasst haben).
So, jetzt will ich gleich selbst beginnen:

Hier kurz aus der Ott’schen Dogmatik:
Die Theologie ist Glaubenswissenschaft. Sie setzt darum den Glauben im objektiven Sinne (fides quae creditur) und im subjektiven Sinne (fides qua creditur) voraus …
Gehört haben wir auch schon von St. Thomas (Summe II-II, 2, 9):
Glauben ist ein Akt des Verstandes, der auf Geheiß des von Gott durch die Gnade bewegten Willens der göttlichen Wahrheit beistimmt.
Dann aus dem KKK (157):
Der Glaube ist gewiß, gewisser als jede menschliche Erkenntnis, denn er gründet auf dem Wort Gottes, das nicht lügen kann. Zwar können die geoffenbarten Wahrheiten der menschlichen Vernunft und Erfahrung dunkel erscheinen, aber „die Gewißheit durch das göttliche Licht ist größer als die Gewißheit durch das Licht der natürlichen Vernunft (hl. Thomas v. A., s. th. 2 – 2, 171,5, obj. 3).
Also, "fides quae creditur" habe ich immer als den Inhalt, das "Material" des Glaubens verstanden und "fides qua creditur" ist das, was St. Thomas als einen Akt des Intellekts (also einen Erkenntnisakt?) bezeichnet, der hier allerdings aufgrund des "göttlich motivierten" Willens "erkennt"? Er erkennt also nicht, wie für gewöhnlich aus sich heraus, sondern ist von der Begnadung des Willens durch Gott abhängig?

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christian12
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Re: Beiträge zur "Analysis fidei"

Beitrag von christian12 »

Benedikt XVI. hebt die Hoffnungsdimension und die Objektivität des Glaubens hervor:
Benedikt XVI. in Spe Salvi hat geschrieben:7. Wir müssen noch einmal zum Neuen Testament zurückkehren. Im 11. Kapitel des Hebräer-Briefes (Vers 1) findet sich eine Art Definition des Glaubens, die ihn eng mit der Hoffnung verwebt. Um das zentrale Wort dieses Satzes ist seit der Reformation ein Streit der Ausleger entstanden, in dem sich in jüngster Zeit wieder der Ausweg auf ein gemeinsames Verstehen hin zu öffnen scheint. Ich lasse dieses Zentralwort zunächst unübersetzt. Dann lautet der Satz: "Glaube ist Hypostase dessen, was man hofft; der Beweis von Dingen, die man nicht sieht." Für die Väter und für die Theologen des Mittelalters war klar, daß das griechische Wort hypostasis im Lateinischen mit substantia zu übersetzen war. So lautet denn auch die in der alten Kirche entstandene lateinische Übertragung des Textes: "Est autem fides sperendarum substantia rerum, argumentum non apparentium" – der Glaube ist die "Substanz" der Dinge, die man erhofft; Beweis für nicht Sichtbares. Thomas von Aquin [4] erklärt das, indem er sich der Terminologie der philosophischen Tradition bedient, in der er steht, so: Der Glaube ist ein "habitus", das heißt eine dauernde Verfaßtheit des Geistes, durch die das ewige Leben in uns beginnt und der den Verstand dahin bringt, solchem beizustimmen, was er nicht sieht. Der Begriff der "Substanz" ist also dahin modifiziert, daß in uns durch den Glauben anfanghaft, im Keim könnten wir sagen – also der "Substanz" nach –, das schon da ist, worauf wir hoffen: das ganze, das wirkliche Leben. Und eben darum, weil die Sache selbst schon da ist, schafft diese Gegenwart des Kommenden auch Gewißheit: Dies Kommende ist noch nicht in der äußeren Welt zu sehen (es "erscheint" nicht), aber dadurch, daß wir es in uns als beginnende und dynamische Wirklichkeit tragen, entsteht schon jetzt Einsicht. Luther, dem der Hebräer-Brief an sich nicht besonders sympathisch war, konnte mit dem Begriff "Substanz" im Zusammenhang seiner Sicht von Glauben nichts anfangen. Er hat daher das Wort Hypostase/Substanz nicht im objektiven Sinn (anwesende Realität in uns), sondern im subjektiven Sinn, als Ausdruck einer Haltung verstanden und dann natürlich auch das Wort argumentum als Haltung des Subjekts verstehen müssen. Diese Auslegung hat sich – jedenfalls in Deutschland – im 20. Jahrhundert auch in der katholischen Exegese durchgesetzt, so daß die von den Bischöfen gebilligte Einheitsübersetzung des Neuen Testaments schreibt: "Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von dem, was man nicht sieht." Das ist an sich nicht falsch, entspricht aber nicht dem Sinn des Textes, denn das verwendete griechische Wort (elenchos) hat nicht die subjektive Bedeutung von "Überzeugung", sondern die objektive Wertigkeit von "Beweis". Darum ist die neuere evangelische Exegese mit Recht zu einer anderen Auffassung gelangt: "Es kann aber jetzt nicht mehr zweifelhaft sein, daß diese klassisch gewordene protestantische Auslegung unhaltbar ist".[5] Der Glaube ist nicht nur ein persönliches Ausgreifen nach Kommendem, noch ganz und gar Ausständigem; er gibt uns etwas. Er gibt uns schon jetzt etwas von der erwarteten Wirklichkeit, und diese gegenwärtige Wirklichkeit ist es, die uns ein "Beweis" für das noch nicht zu Sehende wird. Er zieht Zukunft in Gegenwart herein, so daß sie nicht mehr das reine Noch- nicht ist. Daß es diese Zukunft gibt, ändert die Gegenwart; die Gegenwart wird vom Zukünftigen berührt, und so überschreitet sich Kommendes in Jetziges und Jetziges in Kommendes hinein.

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christian12
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Re: Beiträge zur "Analysis fidei"

Beitrag von christian12 »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:Also, "fides quae creditur" habe ich immer als den Inhalt, das "Material" des Glaubens verstanden und "fides qua creditur" ist das, was St. Thomas als einen Akt des Intellekts (also einen Erkenntnisakt?) bezeichnet, der hier allerdings aufgrund des "göttlich motivierten" Willens "erkennt"? Er erkennt also nicht, wie für gewöhnlich aus sich heraus, sondern ist von der Begnadung des Willens durch Gott abhängig?
Ich meine, der fides qua müsste man auch die Bereiche "religiöser" Erfahrung und des sittlichen Handelns -und nicht nur des Intellekts und der Erkenntnis- zuordnen, habe dafür aber keinen Beleg parat.

Thomas_de_Austria
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Re: Beiträge zur "Analysis fidei"

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Das sittliche Handeln setzt auch den Intellekt voraus.

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