Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Dieter
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Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Dieter »

Ich habe als Nichttheologe eine Frage an die Fachleute:

In Wikipedia finde ich unter dem Stichwort "Glaube" u.a. die folgende Aussage:

"Ein wesentlicher Streitpunkt unter den christlichen Konfessionen ist seit der Reformation die Frage, ob der Mensch vor Gott durch seinen Glauben allein gerechtfertigt werde, wie Martin Luther es betont hat, oder ob dazu auch die guten Werke nötig seien, weil Glaube ohne Werke tot sei, wie es im Katholizismus unterstrichen wird. Nach allgemein christlicher Überzeugung ist der Glaube die persönliche Antwort auf Gottes bzw. Jesu Wort. Dabei geschieht diese Antwort immer in der Gemeinschaft aller Glaubenden und stellvertretend für alle Menschen.
Uneinigkeit besteht in der Frage, ob die volle Wirklichkeit des Glaubens sich im Herzen des Einzelnen vollzieht (so die meisten protestantischen Denominationen oder ob der Glaube der Kirche ontologische Priorität hat (so die katholische Lehre)."


Mich interesiert vor allem der letzte Satz:

Was bedeutet es, dass "der Glaube der Kirche ontologische Priorität hat"?

Bedeutet es, dass Mitglieder der Kirche, die keinen Glauben haben oder mehr haben, durch die Kirche als Ganzes vor Gott gerechtfertigt sind?

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Senensis
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Senensis »

Hm... wie ich es verstanden habe, eigentlich nicht. Ich bin mir eh nicht ganz sicher, was diese Aussage praktisch nützen soll bzw. ob ich sie unterschreiben würde. Wenn Du etwas Gutes über den Glaubensbegriff als solchen lesen willst, katholischerseits meine ich, dann lies doch Josef Pieper. Ist ein ziemlich schmales, aber gut lesbares Bändchen.
et nos credidimus caritati

Dieter
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stellvertretender Glaube?

Beitrag von Dieter »

Markus 2,4-5: "Und da sie nicht konnten zu ihm kommen vor dem Volk, deckten sie das Dach auf, da er war, und gruben's auf und liessen das Bett hernieder, da der Gichtbrüchige innen lag. Da aber Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben."



Kann der Glaube eines Christen einen anderen Menschen, der nicht glauben kann, retten?

Die Protestanten beantworten diese Frage mit einem klaren Nein. Ihrer Meinung nach kann nur jeder selbst für sich glauben und muss sich auch jeder selbst vor Gott verantworten.

Lehrt die katholischen Kirche in diesem Punkt etwas anderes?

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lifestylekatholik
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Re: stellvertretender Glaube?

Beitrag von lifestylekatholik »

Dieter hat geschrieben:Kann der Glaube eines Christen einen anderen Menschen, der nicht glauben kann, retten?
Die Frage unterstellt, dass es diesem anderen Menschen unmöglich sei, zu glauben. Meiner Ansicht nach kann aber jeder Mensch zum Glauben kommen, wenn er will.

Der Glaube eines Christen kann unter Umständen einen anderen Menschen, der nicht glaubt, zum Glauben führen und so retten.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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ChrisCross
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von ChrisCross »

Man vergesse übrigens auch die Säuglinge und Kleinkinder nicht, die ja vom Glauben der Eltern oder Bevollmächtigten abhängig sind.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Raphael

Re: stellvertretender Glaube?

Beitrag von Raphael »

Dieter hat geschrieben:Kann der Glaube eines Christen einen anderen Menschen, der nicht glauben kann, retten?

Die Protestanten beantworten diese Frage mit einem klaren Nein. Ihrer Meinung nach kann nur jeder selbst für sich glauben und muss sich auch jeder selbst vor Gott verantworten.
Dös iss ja des Depperte bei de Protestantens! :pirat:

Die vereinzeln den Menschen bis auf die Knochen und lassen in dann in dieser seiner Singularität alleene sitzen, bis de liebe Gott kommt und ihn wieder daraus holt.
Zuletzt geändert von Raphael am Montag 30. Juli 2012, 18:43, insgesamt 1-mal geändert.

Dieter
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Dieter »

Können die Theologen hier im Forum sagen, ob es eine offizielle Aussage der RKK zu dieser Frage gibt?

Dieter
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Re: stellvertretender Glaube?

Beitrag von Dieter »

Raphael hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:Kann der Glaube eines Christen einen anderen Menschen, der nicht glauben kann, retten?

Die Protestanten beantworten diese Frage mit einem klaren Nein. Ihrer Meinung nach kann nur jeder selbst für sich glauben und muss sich auch jeder selbst vor Gott verantworten.
Dös iss ja des Depperte bei de Protestantens! :pirat:

Die vereinzeln den Menschen bis auf die Knochen und lassen in dann in dieser seiner Singularität alleene sitzen, bis de liebe Gott kommt und in wieder daraus holt.


Ja, so ist es bei den Protestanten wohl - leider!

Pilgerer
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Pilgerer »

Ich würde es anders sehen: Nicht der Glaube oder die Werke retten, sondern Gott! Aufgrund der Sünde ist der Mensch von Natur aus derartig von Gott getrennt, dass Er den Menschen nicht retten kann. In Jesus hat Gott diese Trennung überwunden. Er ist jetzt hier, inmitten der sündigen Menschen, und ER ist es, der rettet: von der Macht des Satans, vom schlechten Gewissen, von Sünde, von Schuld, von bösen Neigungen, vom schriftlichen Gesetz.

Darum: alle Ehre sei Gott!
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Dieter
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Dieter »

Pilgerer hat geschrieben:Ich würde es anders sehen: Nicht der Glaube oder die Werke retten, sondern Gott! Aufgrund der Sünde ist der Mensch von Natur aus derartig von Gott getrennt, dass Er den Menschen nicht retten kann. In Jesus hat Gott diese Trennung überwunden. Er ist jetzt hier, inmitten der sündigen Menschen, und ER ist es, der rettet: von der Macht des Satans, vom schlechten Gewissen, von Sünde, von Schuld, von bösen Neigungen, vom schriftlichen Gesetz.

Darum: alle Ehre sei Gott!


Also: Allversöhnung?

Pilgerer
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Pilgerer »

Dieter hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Ich würde es anders sehen: Nicht der Glaube oder die Werke retten, sondern Gott! Aufgrund der Sünde ist der Mensch von Natur aus derartig von Gott getrennt, dass Er den Menschen nicht retten kann. In Jesus hat Gott diese Trennung überwunden. Er ist jetzt hier, inmitten der sündigen Menschen, und ER ist es, der rettet: von der Macht des Satans, vom schlechten Gewissen, von Sünde, von Schuld, von bösen Neigungen, vom schriftlichen Gesetz.

Darum: alle Ehre sei Gott!


Also: Allversöhnung?
Nein, du hast da etwas falsch verstanden. Der Name "Jesus" bedeutet "Gott rettet", und darum ist es die Mission Jesu, dass in und durch ihn Gott die Menschen rettet - und dass ohne ihn niemand gerettet werden kann. Die große Heilstat ist also Gottes Aufgabe, und hier ist die Souveränität Gottes bedeutsam, auf die die Reformation verwies. Weil im Menschen Jesus die Fülle der Gottheit enthalten ist, rettet Gott durch die Gegenwart Jesu in der Kirche und im Herzen der Menschen beide. Wie kommt nun diese Gegenwart Jesu in der Kirche und im Menschen (als Glied der Kirche) zustande? Darauf wirst du sicher viele Antworten finden. Die katholische Kirche betont die leibliche Gegenwart Jesu im Kirchengebäude, während es im Protestantismus hauptsächlich um Jesus im Menschen geht, was in der katholischen Kirche aber vermutlich auch eine Rolle spielt (da kenne ich mich nicht aus). Alles, was dazu beiträgt, Jesus in die Menschen hinein zu bringen, dient insgesamt der Rettung. Glaube rettet also dann, wenn er Jesus die Tür ins Innere des Menschen öffnet. Solange die Tür geschlossen bleibt, rettet auch der Glaube nicht. Denn es kommt darauf an, dass Gott dort drinnen ankommt.

Also: ohne Gott ist keine Rettung möglich. Darum sind die, die ohne Jesus sind, auch ohne Rettung. Allerdings gibt es dann noch das Jüngste Gericht, in dem nach den Worten der Offenbarung und der Gleichnisreden Jesu die Werke zählen. Doch auch dort bedeutet der Himmel das Leben mit Gott. Jedes Paradies ohne Gott wäre die Hölle.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Thomas_de_Austria
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Dieter hat geschrieben:Bedeutet es, dass Mitglieder der Kirche, die keinen Glauben haben oder mehr haben, durch die Kirche als Ganzes vor Gott gerechtfertigt sind?
Na das wär’ doch 'mal gut …
L. Ott, [i]Grundriss der Dogmatik[/i], Viertes Hauptstück, Teil I, Zweiter Abschnitt, § 18, 2 hat geschrieben: 2. Glaube und Rechtfertigung

Ohne Glauben ist die Rechtfertigung eine Erwachsenen nicht möglich. De fide.
Nach der Lehre de Konzils von Trient ist der Glaube „der Anfang de menschlichen Heiles, die Grundlage und die Wurzel aller Rechtfertigung“: per fidem iustificari dicimur, quia fide est humanae salutis initium, fundamentum et radix omnis iustificationis. DH 1532. Vgl. DH 1528: sine qua (c. fide) nulli unquam contigit iustificatio; ebeno DH 3012.
Was den Inhalt de rechtfertigenden Glauben betrifft, o genügt nicht der sogenannte Fiduzialglaube, vielmehr ist der theologische oder dogmatische Glaube (Bekenntnisglaube) erforderlich, der in dem Fürwahrhalten der göttlichen Offenbarungswahrheiten um der Autorität des offenbarenden Gottes willen besteht. Das Tridentinum erklärt: Si quis dixerit, fidem iustificationem nihil aliud esse quam fiduciam divinae misericordiae…, A. S. DH 1562. Vgl DH 1526f: credentes vera esse, quae divinitus revelata et promissa sunt; DH 3008 (Glaubensdefinition).
Nach dem Zeugnis der Hl. Schrift ist der Glaube, und zwar der dogmatische Glaube, die unerlässliche Vorbedingung für die Erlangung des ewigen Heiles. Mk16,16: „Verkündet das Evangelium jedem Geschöpf! Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“ Jo 20,51: „Dieses ist geschrieben damit ihr glaubet, daß Jesus der Messias, der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch den Glauben das Leben habet in seinem Namen.“ Hebr 11,6: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer zu Gott hinzutritt, muß glauben, daß er ist und daß er denen, die ihn suchen, ein Vergelter ist.“ Vgl. Mk 1,15; Jo 3,14ff; 8,24; 11,26; Röm 10,8ff.

Die von den Gegnern angeführten Stellten, die das Moment des Vertrauen stark betonen (Röm 4,3ff; Mt 9,2; Lk 17,19; 7,50; Hebr 11,1), schließen den dogmatischen Glauben nicht aus; denn da Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit ist eine notwendige Folge des Glaubens an die Wahrheit der göttlichen Offenbarung.
Ein patristischer Realbeweis für die Notwendigkeit des dogmatischen Glaubens für die Rechtfertigung ist die Unterweisung der Katechumenen in den christlichen Glaubenswahrheiten und die Ablegung de Glaubensbekenntnisses vor dem Empfang der Taufe. Tertullian bezeichnet die Taufe als Besiegelung des vor dem Empfang der Taufe bekannten Glaubens (obsignatio fidei, signaculum fidei; De paenit. 6; De spect. 24). Augustin sagt: „Der Anfang des guten Lebens, dem auch das ewige Leben gebührt, ist der rechte Glaube“ (Sermo 43,1,1).

Kirchenjahr
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Kirchenjahr »

Die Fußnote bei Ott weist die richtige Richtung.

Credere = Cor dar. Sein Herz weggeben, das ist Glauben. Ich habe deshalb auch nie verstanden, warum Luther immer vom Glauben sprach, statt von der Hoffnung. Den Begriff Fiduzialglaube halte ich daher auch für unangebracht. Auch habe ich mich schon oft gefragt, warum Luther den Glauben (meiner Meinung nach richtig die Hoffnung) als allein seelig machend propagiert. Denn der Glaube ist nicht nur ohne die Werke leer, sondern Paulus fortdert Glaube, Hoffnung und Liebe.

Dieter
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Dieter »

Wenn Gott die Liebe ist, ist jeder, der aufrichtig seinen Nächsten liebt, ein Glaubender, auch wenn er sich selbst als "Agnostiker" sieht.
Richtig?

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Protasius
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Protasius »

Dieter hat geschrieben:Wenn Gott die Liebe ist, ist jeder, der aufrichtig seinen Nächsten liebt, ein Glaubender, auch wenn er sich selbst als "Agnostiker" sieht.
Richtig?
Äh, nein. Derjenige mag ein guter Mensch sein, aber zum Glauben gehört mehr, nämlich eine bewußte Entscheidung.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Pilgerer
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Pilgerer »

Dieter hat geschrieben:Wenn Gott die Liebe ist, ist jeder, der aufrichtig seinen Nächsten liebt, ein Glaubender, auch wenn er sich selbst als "Agnostiker" sieht.
Richtig?
Erst wer seinen Nächsten so liebt, wie Jesus seine Nächsten liebt, ist vollkommen. Gott ist der Maßstab für die Nächstenliebe, denn der Mensch ist Ebenbild Gottes (sowohl im Lieben als auch im Geliebtwerden). Doch woher soll man wissen, wie Jesus seine Mitmenschen liebt(e)? Dazu gibt es einmal die Zeugnisse der Bibel, und daneben den im Gebet erfahrbaren Jesus. Wie wirkt Jesus auf deine Seele? Wie behandelt Er dich als seinen Mitmenschen?

Die vollkommene Nächstenliebe ist von der Erkenntnis der Menschen geleitet. Paulus spricht davon, dass in der Vollendung "werde ich erkennen, wie ich erkannt bin." (1. Korinther 13,12). Wenn wir Jesus klar sehen werden von Angesicht zu Angesicht, wie es Johannes in der Offenbarung geschah oder einst im neuen Leben geschehen wird, dann werden wir vollständig erkennen, wie Gott uns sieht. Je mehr wir uns Gott zuwenden, desto näher können wir jetzt schon diesem Zustand kommen.

Wie sieht Gott die Menschen? Gott ist der Schöpfer der Menschen, er weiß zu welchem Ziel er sie geschaffen hat und wie sie sind, wenn sie vollkommen sind. Gott kennt das vollkommene Wesen eines jeden Menschen und sieht dies auch. Der Mensch, der in der Sünde (oder Lüge) lebt, kennt sich selbst nicht. Er ist in seiner Wahrnehmung gefangen, schaut nur noch auf sein Weltbild. Sobald er aber das Angesicht Gottes findet, findet er auch zur Wahrheit: die Wahrheit aller Dinge und seiner eigenen Person. Wenn er den Blick auf das Angesicht Gottes gerichtet hält, kann die Wahrheit die Lüge verdrängen. Es offenbart sich das Wesen des Menschen. Darum heißt es im hohenpriesterlichen Segen: "25 der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; 26 der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden." (4. Mose 6,25); und im Psalm heißt es: "8 Mein Herz hält dir vor dein Wort: / »Ihr sollt mein Antlitz suchen.« Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz." (27,8).
Die vollkommene Nächstenliebe ist von dieser Erkenntnis des Menschen geprägt. Sie ahmt Gottes Blick auf die Menschen nach und hilft ihnen dadurch, sich geliebt zu fühlen, seelisch gesünder und moralisch besser zu werden.
Die Erbsünde verhindert es, dass wir so vollkommen wie Jesus lieben können. Durch den Glauben etc. haben wir Zugang zum Angesicht Gottes in Jesus und können den Weg zur Vollkommenheit beschreiten. Dazu haben wir den Glauben, aufgrund dessen Gott uns die Vollkommenheit Christi zurechnet (im lutherischen Sinn), selbst wenn wir noch nicht so vollkommen lieben und leben können, wie es oben beschrieben ist.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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ChrisCross
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von ChrisCross »

Kirchenjahr hat geschrieben:Die Fußnote bei Ott weist die richtige Richtung.

Credere = Cor dar. Sein Herz weggeben, das ist Glauben. Ich habe deshalb auch nie verstanden, warum Luther immer vom Glauben sprach, statt von der Hoffnung. Den Begriff Fiduzialglaube halte ich daher auch für unangebracht. Auch habe ich mich schon oft gefragt, warum Luther den Glauben (meiner Meinung nach richtig die Hoffnung) als allein seelig machend propagiert. Denn der Glaube ist nicht nur ohne die Werke leer, sondern Paulus fortdert Glaube, Hoffnung und Liebe.
Der Fiduzialglaube entstammt vor allem Luthers imensem Bedürfnis nach Heilsgewissheit. Und wie könnte man die leichter erreichen, als einfach zu sagen, man sei gerettet, wenn man es nur glaube.
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Pilgerer
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Pilgerer »

Am besten lassen wir mal Luther selbst zum Thema Glauben sprechen. Aus dem Großen Katechismus zum 1. Gebot der 1 Gebote:
Darum ist nun die Meinung dieses Gebots, dass es fordert rechten Glauben und Zuversicht des Herzens, welche den rechten einigen Gott treffe und an ihm allein hange. Und will so viel gesagt haben: siehe zu und lasse mich allein deinen Gott sein und suche ja keinen andern; das ist was dir mangelt an Gutem, des versieh dich zu mir und suche es bei mir, und wo du Unglück und Not leidest, kriech und halte dich zu mir. Ich, ich will dir genug geben und aus aller Not helfen, lass nur dein Herz an keinem andern hangen noch ruhen.
Das Besondere ist, dass Luther das Vertrauen streng an Gott festklammern will. Er macht Gott zum Nothelfer der Christen. Luther predigt hier das Vertrauen in Gott auch in den alltäglichen Nöten.
Ein paar Absätze weiter kritisiert er in bekannt polemischer Weise bestimmte Formen des katholischen Glaubens:
siehe, was wir bisher getrieben und getan haben in der Blindheit unter dem Papsttum: wenn jemand ein Zahn weh tat, der fastete und feierte S. Apollonia; fürchtete er sich vor Feuersnot, so machte er S. Lorenz zum Nothelfer; fürchtete er sich vor Pestilenz, so gelobte er sich zu S. Sebastian oder Rochius, und des Greuels unzählig viel mehr, da ein jeglicher seinen Heiligen wählt, anbetet und anruft in Nöten zu helfen. Hierher gehören auch, die es gar zu grob treiben und mit dem Teufel einen Bund machen, dass er ihnen Geld genug gebe oder zur Buhlschaft helfe, ihr Vieh bewahre, verlorenes Gut wiederschaffe usw., wie die Zauberer und Schwarzkünstler. Denn diese alle setzen ihr Herz und Vertrauen anderswo denn auf den wahrhaftigen Gott, versehen sich kein Gutes von ihm, suchens auch nicht bei ihm.
http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... atechismus
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Pilgerer
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Pilgerer »

Wir haben bei der Wirkung des Glaubens zwei Aspekte: 1. Rechtfertigung und 2. Gerechtigkeit.
Das erste bedeutet, dass die Unschuld des Gotteslammes uns zuteil wird - ohne eigenen Verdienst. Das zweite bedeutet, dass der Glaube uns (wie Abraham etc.) gerechter macht, sodass wir Gottes Recht kennen und befolgen. In der Reformation ging es vorrangig um die Rechtfertigung. Was sagt Paulus dazu?

Paulus nennt Abrahams als Vorbild für die Gerechtigkeit, die Gott auch im Neuen Bund für die Christen vorsieht. Wenn wir ins Alte Testament schauen, dann gab es für Abraham keine geschriebenen Gesetze. Er lebte aus dem Glauben an Gott und erkannte daraus, was der Wille Gottes ist. Dies hat den Vorteil, dass der göttliche Wille "abgerundet" erkannt werden kann. Die Erkenntnis des göttlichen Gesetzes durch den Glauben ist stärker als die Erkenntnis des Gesetzes durch Schriftenstudium und Diskussionen. Es ist ja auch für eine Ehe besser, wenn beide aus der Beziehung leben als wenn sie sich ellenlange Regeln machen, wie sie miteinander umgehen.

Es müsste eigentlich beides zusammen gehören, wie zwei Seiten einer Medaille: Rechtfertigung und Gerechtigkeit. Denn die Rechtfertigung nützt nur etwas, wenn sie die Seele grundauf verändert, ja von neuem gebiert. Diese Neubildung ist nötig, um moralisch besser zu werden. Die Veränderung der Seele durch den Glauben geht in der Praxis mühsamer als die Taufe. Darum ist der Prozess der Wiedergeburt und Rechtfertigung ein lebenslanger Prozess - und daran ist der Fortschritt darin, gerechter zu werden, gekoppelt. Bei Gott ist die Rechtfertigung für alle Menschen schon da, aber erst wenn sie uns erreicht, kann sie uns etwas nützen. Das Gleiche gilt für die göttliche Gerechtigkeit.
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civilisation
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von civilisation »

Bitte beim Thema bleiben und keine persönlichen Befindlichkeiten austauschen!!

:dudu:

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Haiduk
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Haiduk »

Kirchenjahr hat geschrieben:Die Fußnote bei Ott weist die richtige Richtung.

Credere = Cor dar. Sein Herz weggeben, das ist Glauben. Ich habe deshalb auch nie verstanden, warum Luther immer vom Glauben sprach, statt von der Hoffnung. Den Begriff Fiduzialglaube halte ich daher auch für unangebracht. Auch habe ich mich schon oft gefragt, warum Luther den Glauben (meiner Meinung nach richtig die Hoffnung) als allein seelig machend propagiert. Denn der Glaube ist nicht nur ohne die Werke leer, sondern Paulus fortdert Glaube, Hoffnung und Liebe.
Naja, da gab es ja noch Sola Gratia. Die Wikipedia faßt das so zusammen:

"Er drückt die Überzeugung aus, dass der Mensch allein dank der Gnade Gottes das Heil bzw. das ewige Leben erlangt."

Die Erlangung des ewigen Lebens ist deutlich mehr als nur der Glaube. Der "alte Adam" wird ja nicht automatisch überwunden, nur weil einer getauft ist und an Gott glaubt. Hierfür bedarf es der Vergöttlichung ("Theosis" in der Orthodoxie) des Menschen.

Dazu die Wikipedia:

"Der theologische Gedanke einer sola gratia soll die höhere Stellung Gottes zur Geltung bringen und explizit Gläubigen bewusst machen, dass sie nicht „Punkte“ sammeln können, um sich einen Platz im Jenseits zu sichern. Die Gnade Gottes ist weder willkürlich noch beschreibbar. Luther lässt die Frage über die Vorgehensweise für eine durch Gott gegebene Rettung offen, da er vergleichbare Ideen nicht durch die Bibel erkennen kann (sola scriptura). Er äußert sich nur in der Hinsicht, dass Gott auf das Herz des Einzelnen schauen wird und dass dessen Glaube das Vordergründige für Gott darstellt und darstellen wird (sola fide)."

Also gar keine Rettung und nix Erlösung, weil der Herr Dr. Bibelübersetzer die heilige Schrift nicht verstanden hat :unbeteiligttu:

Luther hatte keinen Plan. Wenn er einen hatte, dann hat er sich viel Mühe gegeben ihn zu verbergen.

Luther hätte seriöserweise nicht mal von "Erlöser" sprechen dürfen, weil er keinen Weg beschreiben konnte, der zur Erlösung durch Christus führt.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von San Marco »

Haiduk hat geschrieben: Luther hatte keinen Plan. Wenn er einen hatte, dann hat er sich viel Mühe gegeben ihn zu verbergen.

Luther hätte seriöserweise nicht mal von "Erlöser" sprechen dürfen, weil er keinen Weg beschreiben konnte, der zur Erlösung durch Christus führt.

Wer sich seriös und tiefgehend mit diesem absonderlichen Machtmenschen und Dreinprügler beschäftigen möchte, dem sei die Neuerscheinung bei C.H. Beck empfohlen.

http://www.chbeck.de/Schilling-Martin-L ... t=12511

Natürlich hatte er keinen Plan. Ab 1525 (grauenhaftes Abschlachten der Bauern) galt er selbst Anhängern als völlig gebrochener Mann ohne weiteres Lebensglück.

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overkott
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von overkott »

Sichtwechsel. Was ist am evangelischen Glauben falsch? Was ist richtig?

San Marco
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von San Marco »

overkott hat geschrieben:Sichtwechsel. Was ist am evangelischen Glauben falsch? Was ist richtig?
Falsch:

Die Konzentration auf die Rechtfertigung allein aus dem Glauben. Ein Fehlverständnis der Schriften des heiligen Paulus.

Der Grundsatz "sola scriptura". Dieser mag aufgrund des historischen Wissensstandes im 16.Jahrhunderts gerade noch nachvollziehbar sein. Hätten die Herren Luther, Zwingli, Bullinger und Calvin den Forschungsstand von heute gekannt, hätte es diesen Grundsatz nie gegeben.

Nahumiah
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Nahumiah »

San Marco hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Sichtwechsel. Was ist am evangelischen Glauben falsch? Was ist richtig?
Falsch:

Die Konzentration auf die Rechtfertigung allein aus dem Glauben. Ein Fehlverständnis der Schriften des heiligen Paulus.
Warum Fehlverständnis ? Würde es "Überspitzung" nicht besser treffen ?

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lifestylekatholik
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von lifestylekatholik »

Nahumiah hat geschrieben:Würde es "Überspitzung" nicht besser treffen ?
Nein.
Nahumiah hat geschrieben:Warum Fehlverständnis?
Weil die Bibel explizit widerspricht: Jac. 2, 24: Videtis, quoniam ex operibus justificatur homo & non ex fide tantum? (Sehet ihr, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus dem Glauben allein?)
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Nahumiah
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Nahumiah »

lifestylekatholik hat geschrieben:Weil die Bibel explizit widerspricht: Jac. 2, 24:
Sorry, aber wir sprachen von den paulinischen Schriften.

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ChrisCross
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von ChrisCross »

Der heilige geist muss schon mächtig versagt haben, wenn man nun nicht einmal mehr der anderen Apostel Worte, die uns überliefert sind, glauben darf.

Mal im Ernst: Die Kirche unter den Aposteln wird ein Herz und eine Seele genannt. Da zu behaupten, die Apostel hätten verschiedene Lehren, die einander widersprechen gepredigt, und dass auch zugleich der Heilige Geist sowohl bei den Aposteln als auch in der Kirche bei der festlegung des kanons wahrer Schriften gefehlt hätte, ist bei den Verheißungen Christi reichlich absurd und lässt uns der Schrift kein einziges Wort glauben. Allenfalls galuben wir uns dann selbst, aber das hat man ja schon den Stammeltern versprochen, dass sie sein würden wie Gott, von dem der wahre Glaube tatsächlich kommt. Wenn also ein inspirierter Konsens zwischen Paulus und Jacobus bestehen muss, warum dann nicht einfach zugeben, dass Luther bei Paulus ständig fehlinterpretiert?

Vielleicht sollte man bei paulus nicht einfach "Werk" lesen, sondern auch daran denken, dass er sich gegen die Werke des Gesetzes richtet, sofern sie die Gnade zu überdecken versuchen. Er schreibt ständig, keiner sei durch seine Werke gerecht geworden und denkt dabei doch an das Gesetz und seine Werke, die beide nicht rechtfertigen.
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Nahumiah
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Nahumiah »

ChrisCross hat geschrieben:Der heilige geist muss schon mächtig versagt haben, wenn man nun nicht einmal mehr der anderen Apostel Worte, die uns überliefert sind, glauben darf.
Mal 8) bleiben und kurz entspannen. ;)

Unser Eingangsthema war Luthers "allein durch den Glauben" und seine Bezogenheit auf den Hl. Paulus.

Was ihr sagt, mag komplett richtig sein, geht aber gleichermaßen komplett am Thema vorbei, daher mein höflicher Hinweis. Wenn ihr das Thema wechseln wollt, solls mir auch recht sein.

EDIT
ChrisCross hat geschrieben:Vielleicht sollte man bei paulus nicht einfach "Werk" lesen, sondern auch daran denken, dass er sich gegen die Werke des Gesetzes richtet, sofern sie die Gnade zu überdecken versuchen. Er schreibt ständig, keiner sei durch seine Werke gerecht geworden und denkt dabei doch an das Gesetz und seine Werke, die beide nicht rechtfertigen.
Aus diesem Grund schlug ich ja auch "Überspitzung" vor. Nach meinem Verständnis sieht Paulus allerdings den Glauben auch als wichtigsten Punkt an und hebt ihn deutlich hervor, Luther überspitzt ihn zu "allein".

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ChrisCross
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von ChrisCross »

Unser Eingangsthema war nicht allein Luthers crude Idee, sondern das, was hier mit "Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht" zusammengefasst wird, was es mir auch sehr gut ermöglicht hier einmal darzustellen, wie die katholische Meinung dazu aussieht, die man ohnehin bei Luther allein auch hätte vorbringen müssen, da es sich um ernsthafte Kritik an seinem Irrtum handelt.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

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lifestylekatholik
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von lifestylekatholik »

Nahumiah hat geschrieben:Unser Eingangsthema war Luthers "allein durch den Glauben" und seine Bezogenheit auf den Hl. Paulus.

Was ihr sagt, mag komplett richtig sein, geht aber gleichermaßen komplett am Thema vorbei, daher mein höflicher Hinweis. Wenn ihr das Thema wechseln wollt, solls mir auch recht sein.

EDIT
ChrisCross hat geschrieben:Vielleicht sollte man bei paulus nicht einfach "Werk" lesen, sondern auch daran denken, dass er sich gegen die Werke des Gesetzes richtet, sofern sie die Gnade zu überdecken versuchen. Er schreibt ständig, keiner sei durch seine Werke gerecht geworden und denkt dabei doch an das Gesetz und seine Werke, die beide nicht rechtfertigen.
Aus diesem Grund schlug ich ja auch "Überspitzung" vor. Nach meinem Verständnis sieht Paulus allerdings den Glauben auch als wichtigsten Punkt an und hebt ihn deutlich hervor, Luther überspitzt ihn zu "allein".
Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Apostel bekennen einen Glauben, nicht zwölf verschiedene. Der Glaube des Paulus ist derselbe wie der des Jakobus. Eine einzelne Schrift der Bibel so zu interpretieren, dass sie einer anderen Schrift der Bibel widerspricht, ist ein von vornherein unzulässiges Vorgehen.

Der Apostel Jakobus wendet sich in dem Brief doch genau gegen solche einseitigen Interpretationen der Schriften des Pauli. Er weist darauf hin, wie Paulus richtig verstanden werden muss. Insofern kann man seitdem in keinem Falle mehr von »Überspitzung« reden, sondern muss es ganz klar konstatieren: Es ist ein fehlerhaftes Verständnis, das sogar in der Bibel ganz explizit als solches gerügt wird. Viel eindeutiger geht’s doch gar nicht mehr.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Nahumiah
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Re: Glaube aus katholischer und aus evangelischer Sicht

Beitrag von Nahumiah »

lifestylekatholik hat geschrieben:Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Apostel bekennen einen Glauben, nicht zwölf verschiedene. Der Glaube des Paulus ist derselbe wie der des Jakobus. Eine einzelne Schrift der Bibel so zu interpretieren, dass sie einer anderen Schrift der Bibel widerspricht, ist ein von vornherein unzulässiges Vorgehen.

Der Apostel Jakobus wendet sich in dem Brief doch genau gegen solche einseitigen Interpretationen der Schriften des Pauli. Er weist darauf hin, wie Paulus richtig verstanden werden muss. Insofern kann man seitdem in keinem Falle mehr von »Überspitzung« reden, sondern muss es ganz klar konstatieren: Es ist ein fehlerhaftes Verständnis, das sogar in der Bibel ganz explizit als solches gerügt wird. Viel eindeutiger geht’s doch gar nicht mehr.
Ich muss gestehen, dass ich Dich wegen der Form dieser katholischen Sichtweise einfach beneide. 8) Wenn es für mich an der Vielfalt des heutigen evangelischen-lutherischen Glaubens etwas auszusetzen gibt, dann dass er aktuell unfähig ist, für viele Laien eine "sichere Glaubensbank" bereitzuhalten und wir uns einen dornenreichen Weg :fluegelverlier: zwischen Biblizismus, historisch-kritischer Auslegung, Gemeindefrömmigkeit und unserem alten Luther bahnen müssen. :roll:

Ich hab dazu noch zwei Fragen. Ist die fettierte Aussage, die ja auch evangelisch vertreten werden kann, katholischerseits absolut ? Gibt es also von vornherein nicht nur nicht Widersprüche, sondern auch keine Unterschiede zwischen z.B. Paulus und Jakobus, so dass katholischerseits eigentlich überhaupt nicht von "Paulus" und "Jakobus" als eigenen Sichtweisen gesprochen werden kann ? Wenn dem so wäre, wäre ja jede Verständigung von speziell uns beiden darüber sowieso müßig.

Falls ja, wie wird eurerseits mit Bibelstellen umgegangen, die nur beschreibend, jedoch abweichend voneinander sind, nehmen wir z.B. mal die Tempelreinigung, die bei Johannes chronologisch anders stattgefunden hat als bei den Synoptikern (falls mein Beispiel unglücklich sein sollte, nimm ein anderes). Ist da Unterschied in der Überlieferung oder nur scheinbarer, den es aufzulösen gilt ?

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