christian12 hat geschrieben:es stellt sich dann des Weiteren auch die Frage, warum, wenn für Nizäa eine solche Zweitheirat auch nach Scheidung möglich war, es heute für die rkK nicht mehr möglich ist.
Ah, jetzt habe ich deine vorige Frage verstanden. Der Kanon geht nicht auf die Frage ein, wie die erste Ehe ihr Ende fand. Die Frage, auf welche Weisen eine bestehende Ehe beendet werden kann, ist gar nicht Gegenstand des Kanons. Klar ist nur, es geht um ein
nacheinander, nicht um ein
nebeneinander.
Die Ehescheidung hat die Kirche immer verworfen. Eine Zweitheirat
nach Scheidung ist nicht möglich, weil eine Ehescheidung gar nicht möglich ist.
Vielleicht hilft hier der Artikel »Zweite Ehe« aus dem W&W-Kirchenlexikon weiter:
Wetzer und Welte hat geschrieben:Ehe, zweite (polygamia successiva), die Wiederverheiratung einer verwittweten Person. Der hohe Werth, welchen die Kirche von jeher auf die Enthaltsamkeit von den Werken des Fleisches legt, die tiefe Ehrfurcht, welche sie zugleich dem einmal begründeten ehelichen Bande zollt, und die Strenge, womit sie das Gebot der Unauflöslichkeit desselben und der ausschließlichen Treue unter den Gatten auffaßt, haben nothwendig dahin geführt, daß sie die Wiederverehelichung derjenigen, deren Ehe einmal durch den Tod getrennt worden, mit ungünstigen Augen ansehen muß. Die Mißbilligung ging in den ersten Jahrhunderten so weit, daß nicht nur die zur zweiten Ehe Schreitenden einer Kirchenbuße sich unterwerfen mußten, und ein Priester bei der Eingehung einer solchen Ehe gar nicht erscheinen durfte, sondern daß Männer, wie Athenagoras und Irenäus, die zweite Ehe geradezu nur für einen beschönigten Ehebruch erklärten (Athenagor. Legatio § 28; Iren. Haer. 3, 17, 2). In der morgenländischen Kirche wurde mit immer steigendem Eifer gegen wiederholte Verehelichungen gewirkt, so daß selbst die weltlichen Gesetze durch Strafen denselben entgegentreten zu müssen glaubten, und daß über die vierte Ehe des Kaisers Leo des Philosophen heftige Bewegungen ausbrachen, welche die Nichtigkeitserklärung dieser Ehe zur Folge hatten (Basil. Maced. et Leon. Philos. Nov. 90; Baron. ad a. 921, n. 1 sq.). Die abendländische Kirche faßte, nach dem Vorgange des hl. Augustinus und nach dem Sinne des Canon 8 der Kirchenversammlung zu Nicäa, die Sache in milderem Lichte auf und wollte der wiederholten Verehelichung wenigstens nicht äußere Gewalt, sondern nur die Macht der Überredung, nicht unbedingte Verdammung, sondern nur die Erwägung der aus der Enthaltsamkeit hervorgehenden Vortheile entgegengesetzt wissen (August., De bono viduitatis c. 12). Daher sind hier durch die Praxis die alten Bußvorschriften für Wiederverheiratung abrogirt, und die Kirche gibt ihre Abneigung gegen die zweite oder wiederholte Ehe nur dadurch zu erkennen, daß bei derselben die Einsegnung unterbleibt (c. 1. 3, X De secund. nupt. 4, 21). Selbst dieses ist aber in manchen Diöcesen auf den Fall beschränkt, wenn die Braut eine Wittwe ist (Berg, Über die Erforderlichkeit der priesterlichen Eheeinsegnung zum Sacrament der Ehe, Breslau 1836, 32; v. Mox, Gesch. des christl. Eherechts 112. 224. 338). Es versteht sich übrigens, daß zur zweiten oder folgenden Ehe nicht geschritten werden darf, bevor nicht der Beweis vom Tode des vorigen Gatten beigebracht ist. Gemäß einer vom heiligen Officium am 12. Juni 1822 erlassenen Instruction kommen beim Beweisverfahren zunächst authentische Urkunden und Zeugenaussagen in Betracht; jedoch ist der Richter auch befugt, Präsumtionen und Conjecturen zum Ergänzungsbeweis zuzulassen; er darf sich sogar der Aussagen solcher Personen bedienen, welche nicht auf Grund eigener Wahrnehmung, sondern nach Mittheilungen Dritter, deren Vernehmung unmöglich ist, ihre Dispositionen machen. Bloße langwierige Abwesenheit oder Gefangenschaft reichen nicht zum Beweise hin, obwohl daraus in Verbindung mit anderen Umständen eine hinreichende Präsumtion des Todes allerdings entstehen kann (c. 19, X De sponsal. 4, 1; c. 2, X De secund. nupt. 4, 21; vgl. Walter, Kirchenr., 14. Aufl., § 323, Note 11). Im Falle eines Irrthums muß die Ehe mit dem todtgeglaubten Ehegatten wieder hergestellt werden (c. 2, C. XXXIV, q. 1; c. 1 eod.; c. 2, X De secund. nupt. 4, 21; Archiv f. kath. K.-R. XXII, 186). (Vgl. Cotelerii Not. in Hermae Pastorem 2, 4, 4; in Const. Apost. 3, 2; Ballerinorum dissert. II in opp. S. Zenonis, ed. Migne, PP. lat. XI, 129; Klee, De secundis nupt., Bonnae 1830; Binterim, Denkwürdigkeiten VI, 1, 329 ff.; Hefele, Beiträge I, 39 ff.)
[(v. Moy) Bellesheim.]
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«