Katholische Entwicklungslehren

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Sempre
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Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Sempre »

kathpedia hat geschrieben: Die katholische Kirche hat eine Entwicklungslehre nie abgelehnt. Schon der Kirchenvater Gregor von Nyssa (Migne P. gr 44, 77 D) vertritt eine Entfaltung der Welt, genauso wie später Augustinus (De Gen. ad litt. V, 23, 45; VII, 28, 41) u.v.a. Der von der Scholastik hochgeschätzte Aristoteles sieht sogar den Menschen als vernünftiges Lebewesen und vergleicht das vegetative und sensitive Leben in der Pflanzen- und Tierwelt mit bestimmten Fähigkeiten des Menschen. So liegt es auch der Scholastik fern den Menschen aus seiner Erdgebundenheit zu isolieren. Niemals jedoch wäre es irgendeinem philosophisch gebildeten Autoren eingefallen, dass höhere Formen OHNE Einwirken einer Ursache aus niederen entstanden seien.
Das Thema wurde andernorts am Rande angeschnitten:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Lioba hat geschrieben:Aber Demut, Liebe, Gehorsam etc. die haben dem Neandertaler wahrscheinlich genausoviel Mühe gemacht wie uns.
Bloos als Duftmarke am Rande: ich tendire darzu, dem „Neanderthaler“ das Mensch?ein rundweg abzu?prechen.
Getürkt oder Affe?
Wenn es im Schöpfungsbericht heißt, daß Gott Adam aus Lehm formte, muß man nicht unbedingt an eine Töpferwerkstatt denken. ER nahm etwas von dem, was sich nach seinem Schöpfungswort entwickelt hatte - da krauchte so manches menschenvorläufergeeignete durch die Savanne - und hauchte ihm … die menschliche Seele ein. Das andere, die anderen, blieben, was sie waren.
So ungefähr. :ja: Als wahrscheinlichste Möglichkeit.
Marion hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:und hauchte ihm (individuell oder vielleicht eher im Sippenverband) die menschliche Seele ein
Geht das als Katholisch durch, oder bist de im Banne wenn de so etwas sagst?
Solche Sicht des Schöpfungsberichts galt schon s. Augustino für katholisch.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Mir geht es um "eher im Sippenverband". Lehre ist, daß Adam eine Person ist und daß die Ursünde eine Sünde ist, die durch Fortpflanzung übertragen wird. Es muss also "individuell" sein.
Oha, das hatte ich überlesen. Danke, daß du aufgepaßt hast. Nein, »im Sippenverband«, das geht nicht. Das ist auch nicht bloß kirchlich verurteilt, sondern mit der Geschichte der Ursünde logisch absolut unvereinbar. Entweder kein Polygenismus oder keine Ursünde. (Aber damit lassen wir’s hier lieber, ist nicht das Strangthema. Bei Bedarf können wir in einem passenden Strang weitermachen.)
Bernado hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Entweder kein Polygenismus oder keine Ursünde. (Aber damit lassen wir’s hier lieber, ist nicht das Strangthema. Bei Bedarf können wir in einem passenden Strang weitermachen.)[/color][/blocksatz]
Vielleicht mag ja ein Moderatur hieraus den Anfang eines neuen Fadens machen.

"Polygenismus" wäre die Annahme der Entstehung des Menschengeschlechtes aus verschiedenen getrennten Stämmen an verschiedenen Orten und womöglich auch noch zu verschiener Zeit. Davon habe ich aber nicht gesprochen. Die (vorsichtige) Vermutung daß "Adam" ("der Mensch") kein Individuum war, sondern ein Sippenverband, schließt auch - wenn man sich ein wenig mit Leben und Gewohnheiten früher Menschen beschäftigt - nicht aus, daß ein solcher "Adam" auch einer Sünde fähig war. Tatsächlich läßt schon der Schöpfungsbericht keinen Zweifel daran, daß da (mindestens) Zwei zusammenwirkten, um das Gebot Gottes zu übertreten. Die Vorstellung, Gott habe den Menschen nach dem Bild der Kleinfamilie erschaffen , erscheint mir wenig überzeugend.

@Robert Ketelhohn
Liegt Deiner Einschätzung zum Neanderthaler die Überlegung zu grunde, wenn Adam gemäß dem jüdischen Kalender ein paar tausend Jahre alt ist und die Datierung des Neandertalers stimmt, dann war der Neandertaler kein Mensch, sondern ein Tier?


@Bernado
Die Canones des Konzils von Trient verurteilen Deine Vermutung nicht, jedenfalls nicht explizit. Aber der Text zeigt doch klar, dass vorausgesetzt wird, dass Adam ein Individuum ist und nicht als Sippe interpretiert werden kann.
Ut fides nostra catholica hat geschrieben:1. Wenn jemand nicht bekennt, dass er erste Mensch Adam, nachdem er das Gebot im Paradiese übertreten hatte, sogleich die Heiligkeit und Gerechtigkeit, in welche er eingesetzt war, verloren habe, und durch die Versündigung dieser Übertretung dem Zorne und dem Widerwillen Gottes, und somit dem Tode, welchen Gott (Gen 3,3) ihm vorher angedroht hatte, und mit dem Tode der Gefangenschaft unter der Gewalt dessen, der sonach (Hebr 2,14) die Herrschaft des Todes inne hatte, das ist, des Teufels, anheimgefallen, und dass der ganze Adam durch jede Übertretungs-Versündigung, dem Leide und der Seele nach, zum Bösen umgeändert worden sei, der sei im Banne.

2. Wenn jemand behauptet, die Übertretung Adams habe ihm allein, und nicht (Röm 5,12 und 1 Kor 15,22) auch seiner Nachkommenschaft geschadet, und er habe die von Gott erhaltene Heiligkeit und Gerechtigkeit, die er verlor, allein für sich, und nicht auch für uns verloren, oder er habe, befleckt durch die Sünde des Ungehorsams, nur den Tod und die Leibesstrafen in das ganze menschliche Geschlecht hinübergegossen, nicht aber auch die Sünde, welche der Tod der Seele ist, der sei im Banne, sintemal er dem Apostel widerspricht, welcher sagt (Röm 5,12): „Durch einen Menschen kam die Sünde in die Welt, und durch die Sünde der Tod; und so ging der Tod in alle Menschen über, weil alle in jenem gesündigt haben.“

3. Wenn jemand behauptet, diese Sünde Adams, welche in dem Ursprunge eine ist, und durch Fortpflanzung, nicht durch Nachahmung, in alle ergossen, jeglichem eigen innehaftet, könne entweder durch die Kräfte der Natur, oder durch ein anderes Mittel getilgt werden, als durch das Verdienst des einen Mittlers, unseres Herrn Jesu Christi, welcher (Kol 1,20) uns mit Gott wieder versöhnte in seinem Blute, und uns (1 Kor 1,30) zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung geworden ist, oder leugnet, dass das Verdienst Jesu Christi selber, durch das, nach der Vorschrift der Kirche, ordentlich mitgeteilte Sakrament der Taufe, sowohl den Erwachsenen, als den Kindern angeeignet werde, der sei im Banne; weil unter dem Himmel den Menschen (Apg 4,12) kein anderer Name gegeben ist, durch welchen wir selig werden können. Daher jene Stimme (Joh 1,29): „Siehe das Lamm Gottes; siehe den, der da hinnimmt die Sünden der Welt.“ Und jene (Gal 3,27): „Ihr alle, die ihr getauft seid, habet Christum angezogen.“
Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Zu diesem Thema ist auch nicht unwichtig, was Papst Pius XII. in "Humani generis" gelehrt hat:
Biologische und anthropologische Fragen

36 Aus diesem Grund verbietet das Lehramt der Kirche nicht, dass in Übereinstimmung mit dem augenblicklichen Stand der menschlichen Wissenschaften und der Theologie die Entwicklungslehre Gegenstand der Untersuchungen und Besprechungen der Fachleute beider Gebiete sei, insoweit sie Forschungen anstellt über den Ursprung des menschlichen Körpers aus einer bereits bestehenden, lebenden Materie, während der katholische Glaube uns verpflichtet, daran festzuhalten, dass die Seelen unmittelbar von Gott geschaffen sind. Es sollen diese Verhandlungen in der Weise geschehen, dass die Gründe für beide Ansichten, also dieser, die der Entwicklungslehre zustimmt, wie jener, die ihr entgegensteht, mit nötigen Ernst abgewogen und beurteilt, vorausgesetzt, dass alle bereit sind, das Urteil der Kirche anzunehmen, der Christus das Amt anvertraut hat, die Heilige Schrift authentisch zu erklären und die Grundsätze des Glaubens zu schützen. Einige überschreiten nun verwegen diese Freiheit der Meinungsäußerung, da sie so tun, als sei der Ursprung des menschlichen Körpers aus einer bereits bestehenden und lebenden Materie durch bis jetzt gefundene Hinweise und durch Schlussfolgerungen aus diesen bereits mit vollständiger Sicherheit bewiesen; ebenso tun sie, als ob aus den Quellen der Offenbarung kein Grund vorliege, der auf diesem Gebiet nicht die allergrößte Mäßigung und Vorsicht geböte.

37 Wenn es sich aber um eine andere Hypothese handelt, den so genannten Polygenismus, lässt die Kirche nicht die gleiche Freiheit. Darum können Gläubige sich nicht der Meinung anschließen, nach der es entweder nach Adam hier auf Erden wirkliche Menschen gegeben habe, die nicht von ihm, als dem Stammvater aller auf natürliche Weise abstammen, oder dass Adam eine Menge von Stammvätern bezeichne, weil auf keine Weise klar wird, wie diese Ansicht in Übereinstimmung gebracht werden kann mit dem, was die Quellen der Offenbarung und die Akten des kirchlichen Lehramts über die Erbsünde sagen; diese geht hervor aus der wirklich begangenen Sünde Adams, die durch die Geburt auf alle überging und jedem einzelnen zu eigen ist.

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Robert Ketelhohn
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bernado hat geschrieben:"Polygenismus" wäre die Annahme der Entstehung des Menschengeschlechtes aus verschiedenen getrennten Stämmen an verschiedenen Orten und womöglich auch noch zu verschiener Zeit. Davon habe ich aber nicht gesprochen. Die (vorsichtige) Vermutung daß "Adam" ("der Mensch") kein Individuum war, sondern ein Sippenverband ….
Diese Unterscheidung ist für den Einwand, daß die Ursünde einen individuellen Urvater erfordert, ohne Belang, ganz abgesehen vom eindeutigen Schriftbefund von der Genesis bis Paulus. Daher verurteilt Pius XII. in Humani generis auch in dem allgemeinen Sinn, wie ich es in Reaktion auf deinen Beitrag meinte:
Pius pp. XII hat geschrieben:Cum vero de alia coniecturali opinione agitur, videlicet de polygenismo, quem vocant, tum Ecclesiae filii ejusmodi libertate minime fruuntur. Non enim christifideles eam sententiam amplecti possunt, quam qui retinent asseverant vel post Adam hisce in terris veros homines exstitisse, qui non ab eodem prouti omnium protoparente, naturali generatione originem duxerint, vel Adam significare multitudinem quandam protoparentum; cum nequaquam appareat quomodo hujusmodi sententia componi queat cum iis quæ fontes revelatæ veritatis et acta Magisterii Ecclesiæ proponunt de peccato originali, quod procedit ex peccato vere commisso ab uno Adamo, quodque generatione in omnes transfusum, inest unicuique proprium.
Bernado hat geschrieben:Die (vorsichtige) Vermutung daß "Adam" ("der Mensch") kein Individuum war, sondern ein Sippenverband, schließt auch - wenn man sich ein wenig mit Leben und Gewohnheiten früher Menschen beschäftigt - nicht aus, daß ein solcher "Adam" auch einer Sünde fähig war.
Sünde ist immer individuell.
Sempre hat geschrieben:Liegt Deiner Einschätzung zum Neanderthaler die Überlegung zugrunde, wenn Adam gemäß dem jüdischen Kalender ein paar tausend Jahre alt ist und die Datierung des Neandertalers stimmt, dann war der Neandertaler kein Mensch, sondern ein Tier?
Etwas vereinfacht, aber so könnte man’s sagen. Jedenfalls kein geistbegabtes, nach dem Bilde Gottes geschaffenes Wesen.
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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Argumente für die Abstammung von einem Menschenpaar bietet auch die Naturwissenschaft. Dazu ist vor längerer Zeit ein Artikel in der FAZ erschienen, anhand dessen man sich sicher neuere Informationen im Netz suchen kann.

Der kurze FAZ-Artikel ist hier nachzulesen: http://www.urgeschichte.org/DieBeweise/ ... mensch.htm
(Den Rest der Website und deren Qualität kenne ich nicht.)

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Robert Ketelhohn
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gamaliel hat geschrieben:Zu diesem Thema ist auch nicht unwichtig, was Papst Pius XII. in "Humani generis" gelehrt hat
Ach, da warste schneller. Segen des Zölibats … ;D Ich mußte, während ich den Beitrag schrieb, mit meinem Weibe kommunizieren …

Was ich da auf Latein zitiere, ist Nr. 37.
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Robert Ketelhohn
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gamaliel hat geschrieben:Argumente für die Abstammung von einem Menschenpaar bietet auch die Naturwissenschaft. Dazu ist vor längerer Zeit ein Artikel in der FAZ erschienen, anhand dessen man sich sicher neuere Informationen im Netz suchen kann.

Der kurze FAZ-Artikel ist hier nachzulesen: http://www.urgeschichte.org/DieBeweise/ ... mensch.htm
(Den Rest der Website und deren Qualität kenne ich nicht.)
Ja, der Polygenismus ist keineswegs herrschende Meinung der Naturwissenschaftler. Die gehen derzeit überwiegend von einer (einzigen) „Urmutter“ aus, wie’s halt so im Zug der Zeit liegt …
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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Liegt Deiner Einschätzung zum Neanderthaler die Überlegung zugrunde, wenn Adam gemäß dem jüdischen Kalender ein paar tausend Jahre alt ist und die Datierung des Neandertalers stimmt, dann war der Neandertaler kein Mensch, sondern ein Tier?
Etwas vereinfacht, aber so könnte man’s sagen. Jedenfalls kein geistbegabtes, nach dem Bilde Gottes geschaffenes Wesen.
Für meinen Teil, bin ich mir in der Beurteilung des Neandertalers nicht absolut sicher.

Naturwissenschaftliche Untersuchungen (an diversen Funden) haben offenbar ergeben, daß die verschiedenen Menschenformen (z.B. Homo habilis, Homo erectus, Neandertaler, Homo sapiens sapiens) eigentlich nicht nacheinander auftreten, sondern weitgehend parallel.

Jede dieser Formen bildet durch die Zeiten hindurch einen recht konstanten Typus ohne eindeutige Entwicklung auf den Menschen hin. Der Eindruck einer klaren zeitlichen Staffelung entsteht weitgehend durch eine gewisse Auswahl unter den Funden nach den Kriterien einer vorgefaßten Evolutionstheorie.

Es gibt dagegen offenbar sehr alte Funde von menschlichen Skelettresten, die denen moderner Menschen weitgehend gleichen. Vor dem Neandertaler findet man ganz modern aussehende Menschen wie etwa der Mensch von Heidelberg oder Swanscombe. Analog dazu findet man vor dem Homo erectus den modern aussehenden Homo habilis (KNM-ER 1407). Lange Zeit neigte man dazu, solche modern aussehenden Funde zu ignorieren, weil sie nicht in das Modell einer allmählichen Entwicklung hineinpassen.

Vielleicht handelt es sich beim Neandertaler teilweise um eine degenerierte Form des Menschen, weshalb er auch ausgestorben ist. Nach verschiedenen Forschern soll er an degenerativer Akromegalie, einem krankhaften Knochenwachstum gelitten haben. Das ist eine Erkrankung der Hypophyse, die zur übermäßigen Bildung von Wachstumshormonen (STH) führt. Dies führt zunächst zur Vergrößerung von Unterkiefer, Nase und Augenwülste, aber auch der Gelenke und der Lippen. Immerhin war das Gehirn (Schädelkapazität) des Neandertalers sogar (fallweise) etwas größer als das moderner Menschen.

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Bernado
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Bernado »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Sünde ist immer individuell.
Das überzeugt mich so nicht. Die Überlieferung von der Ursünde zeichnet ein plastisches Bild davon, wie hier Zwei gemeinsam sündigten - auch wenn dabei jeder seine eigene Sünde beging. Und auch das Konzept der Ur- oder Erbsünde zeigt, daß Sünde einen überindividuellen Aspekt hat. Was der Verantwortung des Einzelnen nichts wegnehmen kann.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Robert Ketelhohn
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gamaliel hat geschrieben:Für meinen Teil, bin ich mir in der Beurteilung des Neandertalers nicht absolut sicher.
Ich auch nicht. Ich sagte ja, ich „tendierte“ dazu etc.
Gamaliel hat geschrieben:Jede dieser Formen bildet durch die Zeiten hindurch einen recht konstanten Typus ohne eindeutige Entwicklung auf den Menschen hin. Der Eindruck einer klaren zeitlichen Staffelung entsteht weitgehend durch eine gewisse Auswahl unter den Funden nach den Kriterien einer vorgefaßten Evolutionstheorie.

Es gibt dagegen offenbar sehr alte Funde von menschlichen Skelettresten, die denen moderner Menschen weitgehend gleichen. Vor dem Neandertaler findet man ganz modern aussehende Menschen wie etwa der Mensch von Heidelberg oder Swanscombe. Analog dazu findet man vor dem Homo erectus den modern aussehenden Homo habilis (KNM-ER 1407). Lange Zeit neigte man dazu, solche modern aussehenden Funde zu ignorieren, weil sie nicht in das Modell einer allmählichen Entwicklung hineinpassen.
Hinsichtlich der zeitlichen Einordnung gibt es ohnehin viel Unsicherheit. Es gibt sogar recht gute Argumente für eine sehr viel kürzere (Erd- und) Menschheitsgeschichte, als gemeinhin angenommen (aber auch triftige Argumente dagegen).

Wie auch immer, die eigentliche Menschwerdung läßt sich mit den Methoden des Paläoanthropologen nicht feststellen noch datieren.
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Bernado
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Bernado »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wie auch immer, die eigentliche Menschwerdung läßt sich mit den Methoden des Paläoanthropologen nicht feststellen noch datieren.
Das sehe ich auch so. Aber meine Frage richtet sich zunächst darauf, was das denn für ein Mensch war, der da durch Gottes Schöpferwort aus dem nicht-menschlichem "Rohstoff" geschaffen wurde, und da geht meine Neugier insbesondere auf den sozialen Aspekt, der zum Wesen des Menschen gehört.

Die Bibel weiß das auch, wenn sie schreibt: "Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei". Die exklusive Deutung dieser Wendung auf Eva hin leuchtet mir nicht ein: Daß zum Leben bzw. zum Weiterleben durch Vermehrung Männlein und Weiblein gehören, mußte man den semitischen Hirtenvölkern Palästinas nicht umständlich offenbaren.

Lertztlich richten sich meine Überlegungen aber weniger auf den Vorgang der Menschwerdung als solchen, sondern eher auf den unerhörten Vorgang der Ursünde, durch den sich der Mensch, kaum ins Sein gerufen, schon wieder von seinem wertvollsten Erbe lossagte.
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Berolinensis
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Berolinensis »

Bernado,

es fällt uns allen schwer, eigene Aussagen zurückzunehmen, aber ich fürchte, hier wirst du nicht umhinkönnen. Pius XII. lehrt glasklar:
Darum können Gläubige sich nicht der Meinung anschließen, .... dass Adam eine Menge von Stammvätern bezeichne.
Das läßt für irgendwelche Sippenhypothesen weder für die Menschwerdung noch für die Ursünde Raum.

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Lioba
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Lioba »

Ich bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass der Neanderthaler, der ja gleichzeitig mit unseren direkten Vorfahren lebte, einfach eine Rasse darstellt, die dann später ausgestorben ist. Also ein mutierter Nachfahre Adams, nicht dessen Vorfahre.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
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Bernado
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben:Bernado,

es fällt uns allen schwer, eigene Aussagen zurückzunehmen, aber ich fürchte, hier wirst du nicht umhinkönnen. Pius XII. lehrt glasklar:
Darum können Gläubige sich nicht der Meinung anschließen, .... dass Adam eine Menge von Stammvätern bezeichne.
Das läßt für irgendwelche Sippenhypothesen weder für die Menschwerdung noch für die Ursünde Raum.
An eine "Lehre" würde ich schon etwas höhere Anforderungen stellen als an eine diese Aussage von Pius XII. Sie steht nämlich in einemganz anderen Zusammenhang als in dem von mir behandelten - sie bezieht sich auf die Ablehnung des "Polygenismus", also die Vorstellung, daß das Menschengeschlecht aus einer Vielzahl voneinander unabhängiger Stämme entstanden sei.

Letztlich geht es hier Pius XII. um die Auseinandersetzung mit einem grenzüberschreitenden Evolutionismus, der tatsächliche oder vermeintliche Einsichten der Naturwissenschaft anführt, um die Geschöpflichkeit des Menschen zu bezweifeln.

Das ist aber gar nicht meine Baustelle. Mein Denkansatz ist aber soziologischer und auch theologischer Art, auch exegetischer: Kann "der Mensch" als Kleinfamilie geschaffen worden sein, und von wem redet Kain, wenn er sagt: jeder der mich sieht, wird mich töten? Gott zumindest antwortet nicht: Nu reg dich mal ab, das sind doch alles deine Brüder und Schwestern.

Mehr Widerspruch gegen meine Überlegungen vermutete ich schon bei Paulus, der im 1. Brief an die Korinther schreibt: Durch einen Menschen kam der Tod in die Welt, und durch einen Menschen die Auferstehung. Das "einer" ist hier aber ein unbestimmter Artikel, im Lateinsichen und Griechischen fehlt er denn auch.
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Berolinensis
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Berolinensis »

Du würdest an eine Lehre also höhere Anforderungen stellen, als daß ein Papst in einer Enzyklika sagt, Gläubige dürften eine Meinung nicht vertreten? Ich bin gespannt, dafür eine Begründung zu hören.

Mit dem Begründungsmuster "damit will der Papst/die Kirche/das Konzil ja auf etwas ganz anderes hinaus" entgegen dem klaren Wortlaut begibt man sich auf eine gefährliche Bahn (und natürlich in sehr ungute Gesellschaft).

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Marion
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Marion »

Adam war vor der Ursünde unsterblich.

Wie kriegt ihr das in eine solche Entwicklungslehre rein?
Da müsste Adam ja sterbliche Tiere als Eltern haben und somit die Sterblichkeit auf jeden Fall mitgeerbt.
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overkott
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von overkott »

Bernado hat geschrieben:Lertztlich richten sich meine Überlegungen aber weniger auf den Vorgang der Menschwerdung als solchen, sondern eher auf den unerhörten Vorgang der Ursünde, durch den sich der Mensch, kaum ins Sein gerufen, schon wieder von seinem wertvollsten Erbe lossagte.
Die Frage nach der Ursünde geht eigentlich der Frage nach dem Baum der Erkenntnis voraus. Die Schöpfungsgeschichte erzählt die Geschichte der ersten Menschen und der ersten Sünde. Ethymologisch kann man Sünde von sinden, brennen herleiten, aber auch von absondern. Im Lateinischen meint peccare straucheln, fehltreten, fallen, vom Weg abkommen, abweichen. Adam und Eva sind also vom Guten abgewichen, als sie gegen den Rat des Guten dem Widerwort Glauben schenkten, sie würden nicht sterben. Leider hatte die Schlange gelogen. Denn die Folge der Erkenntnis von gut und böse war: Schluss mit Paradies. Damit kam der Tod in die Welt. Peccato! Es tut mir leid, es tut mir weh. Das ist der Anfang der Bekehrung, der Ursprung der Taufe.

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Robert Ketelhohn
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.
Wo steht das? :)
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.
Wo steht das? :)
Genesis 3.4. 17. -19.

Ist das eine persönliche falsche Schriftinterpretation von mir, daß Adam eben vor der Sünde hat weder schwitzen müssen noch Disteln fressen und auch nicht wieder zu Staub werden, sondern das dies alles Folge und Strafe der Sünde ist?
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von overkott »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.
Wo steht das? :)
Gott sprach in Gen 2,17 ex eo morte morieris wirst du aus diesem Tod sterben, vorher war Adam... unsterblich.
Zuletzt geändert von overkott am Freitag 2. Juli 2010, 18:27, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das steht da nicht.
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von overkott »

Also, doch sterblich?

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Marion
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das steht da nicht.
Dann musst du Adam aber konsequenterweise den freien Willen absprechen ;)
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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.
Wo steht das? :)
Wenn Du nicht auf die haarfeine Unterscheidung zwischen "posse non mori" (Adam) und "non posse mori" (der Zustand nach der Auferstehung der Leiber) anspielst, dann wüßte ich nicht, was an Marions Bemerkung auszusetzen wäre. :achselzuck:

Daß der Mensch im Urzustand von der natürlichen Notwendigkeit zu sterben befreit war ("donum immortalitatis" - Gabe der Unsterblichkeit), wurde immerhin von der Kirche dogmatisiert.

Synode von Karthago, a.418 hat geschrieben:"Jeder, der sagt, Adam, der erste Mensch, sei sterblich gebildet worden, so daß er dem Leibe nach sterben mußte, ob er nun sündigte oder nicht, d.h., daß er aus dem Leben scheiden mußte, nicht zur Strafe für seine Sünden, sondern aus Naturnotwendigkeit, der sei ausgeschlossen" (DH 222).

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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.

Wie kriegt ihr das in eine solche Entwicklungslehre rein?
Da müsste Adam ja sterbliche Tiere als Eltern haben und somit die Sterblichkeit auf jeden Fall mitgeerbt.
Warum glaubst Du das oder woraus schließt Du das?



Was ein mögliches Zurückgreifen Gottes auf einen tierischen Körper betrifft:

1. Der Mensch wird erst durch den Besitz einer unsterblichen Geistseele konstituiert, die ihm von Gott einerschaffen wird (sobald die Körpermaterie für die Entwicklung eines Menschen hinreichend vorbereitet ist).

2. Alle Menschen stammen von Adam und Eva ab, den zwei ersten Menschen, die durch Gott erschaffen wurden, indem er dem Leib, den er vorbereitet hat, eine Geistseele einerschuf.

3. Nach der katholischen Theologie gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten für die Bildung dieses menschlichen Leibes:

a) Der Leib wurde von Gott direkt "aus Lehm" gebildet, wie es der unmittelbare Sinn der Heiligen Schrift aussagt.

b) Die andere Möglichkeit, die aber nur mit hinreichender naturwissenschaftlicher Begründung festgehalten werden kann, besteht darin, daß Gott den Leib des Menschen evolutionär entstehen ließ. Aber auch in diesem Fall wählte Gott den Leib für das erste Menschenpaar aus, dem er eine geistige Seele einsenkte. Erst dadurch wurden sie zu Menschen und zu den Ahnen aller späteren Menschen.
Selbst wenn der menschliche Leib von tierischen Vorfahren möglich ist, dann aber nicht auf darwinistische Art.
Der menschliche Leib ist (dem Gehirn nach) viel höher stehend als tierische Körper und er konnte daher nach dem Prinzip "agere sequitur esse" nicht ohne göttlichen Eingriff aus tierischen Körpern entstehen.
Übrigens zeigen auch das Wachsen des Fötus, das jugendliche Wachstum und die Lebensdauer nach der Geschlechtsreife beim Menschen auffällige Verschiedenheiten von den entsprechenden Phasen der höheren Säugetiere und insbesondere der Affen (A. Portmann).

4. Die Beobachtung zeigt, daß der Mensch bei aller Ähnlichkeit mit gewissen Tierarten dennoch in seiner Gesamtkonstitution tiefe Unterschiede zeigt, die mit seinen geistige Fähigkeiten (bzw. seiner Geistseele) zusammenhängen. Eine solche Eigenart des menschlichen Leibes wird auch von der Philosophie verlangt, die daran festhalten muß, daß der menschliche Leib auf seine Seele hingeordnet ist. Die Geistigkeit der menschlichen Seele verlangt einen wesentlich anders disponierten Leib als bei einem Tier.

5. Fazit: Ob sich der Leib des ersten Menschen durch eine punktualistische Evolution (unter göttlichem Eingriff) aus den höheren Primaten entwickelt hat, oder ob sein Leib von Gott direkt erschaffen wurde, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Beide Möglichkeiten sind vertretbar.

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overkott
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von overkott »

Gamaliel hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.
Wo steht das? :)
Wenn Du nicht auf die haarfeine Unterscheidung zwischen "posse non mori" (Adam) und "non posse mori" (der Zustand nach der Auferstehung der Leiber) anspielst, dann wüßte ich nicht, was an Marions Bemerkung auszusetzen wäre. :achselzuck:

Daß der Mensch im Urzustand von der natürlichen Notwendigkeit zu sterben befreit war ("donum immortalitatis" - Gabe der Unsterblichkeit), wurde immerhin von der Kirche dogmatisiert.

Synode von Karthago, a.418 hat geschrieben:"Jeder, der sagt, Adam, der erste Mensch, sei sterblich gebildet worden, so daß er dem Leibe nach sterben mußte, ob er nun sündigte oder nicht, d.h., daß er aus dem Leben scheiden mußte, nicht zur Strafe für seine Sünden, sondern aus Naturnotwendigkeit, der sei ausgeschlossen" (DH 222).
Eigentlich erstaunt die Schärfe der Formulierung, die durch ihre Dualität etwas gnostisch wirkt, zumal sie einen Gegensatz herstellt zwischen Gott und Natur. Denn indem Gott Licht machte, schuf er die Zeit, die Vergänglichkeit, den Tod. Dass erkannte der Mensch, als er die Frucht nahm. Und als dann Ende im Gelände war, fragte er sich: Wie komme ich wieder ins Paradies der Kindheit? Und Jesus sagt: Ja, ohne dass ihr wieder vertrauensvoll werdet wie die Kinder geht das nicht. Ich will euch mal eine Geschichte erzählen: Da war mal ein Vater, der hatte zwei Söhne. Der eine blieb zu Hause, der andere ging weg und verjubelte sein Hab und Gut. Dann saß er im Dreck. Schitte, dachte er. Zu Hause hatte ich es besser. Und dann ging er wieder nach Hause. Und sagte: Peccato! Sorrow. Mir tut alles weh. Jetzt kommt der Punkt, erzählt Jesus weiter: Mein Vater freut sich. Ok, der Bruder... Aber das bekommt der Vater schon hin. Wer also glaubt, dass im Prinzip alles gut war und wieder gut wird, der lebt im Guten für immer.
Zuletzt geändert von overkott am Freitag 2. Juli 2010, 16:40, insgesamt 1-mal geändert.

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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

@overkott

Overkott, bitte nicht mit sachfremden oder sachfernen Bemerkungen den Thread unlesbar machen. Hier sind nur substantielle Beiträge zur kathol. Entwicklungslehre gern gesehen.

Danke! :huhu:

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overkott
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von overkott »

Wohlwollend kann man DH 222 als Hinweis lesen, die Schöpfungsgeschichte nicht naturwissenschaftlich falsch zu verstehen, sondern als geistliche Geschichte: Mangelndes Gottvertrauen führt zum geistlichen Tod. :huhu:

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overkott
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von overkott »

overkott hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Adam war vor der Ursünde unsterblich.
Wo steht das? :)
Gott sprach in Gen 2,17 ex eo morte morieris wirst du aus diesem Tod sterben, vorher war Adam... unsterblich.
Man kann auch übersetzen "aus diesem (den) Tod sterben" oder "aus diesem (durch den) Tod sterben". Die tautologische Form kann auch als Bekräftigung verstanden werden. Also, es bleibt dabei... (geistlich) unsterblich.

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Marion
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Marion »

Gamaliel hat geschrieben:Selbst wenn der menschliche Leib von tierischen Vorfahren möglich ist, dann aber nicht auf darwinistische Art.
Der menschliche Leib ist (dem Gehirn nach) viel höher stehend als tierische Körper und er konnte daher nach dem Prinzip "agere sequitur esse" nicht ohne göttlichen Eingriff aus tierischen Körpern entstehen.
So ähnlich wie bei der Unbefleckte Empfängnis Mariens? Dort hat er ja die naturgemäß weiterzugebende Ursünde "weggemacht". (Also in den uns bekannten natürlichen Verlauf eingegriffen)
Und bei der Zeugung Adams hat er dann ein "Unsterblichkeitsgen" (welches nach der Ursünde kaputt ging) und auch sonst alles was höher steht als beim tierischen Körper dazugegeben? Soll man sich das dann so in etwa vorstellen?
Ich würde gerne wissen, wie sich diese These (Adam wurde von Tieren gezeugt) Katholisch vorgestellt wird.

Ähnliches muss ja dann auch passiert sein, gemacht worden sein, als Erde/Ton zu einer lebendigen Pflanze wurde und sie dann zum Tier (halt ohne die eingehauchte Menschseele)
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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:So ähnlich wie bei der Unbefleckte Empfängnis Mariens? Dort hat er ja die naturgemäß weiterzugebende Ursünde "weggemacht". (Also in den uns bekannten natürlichen Verlauf eingegriffen)
Ich sehe eigentlich keinen Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen im Hinblick auf unser Thema, aber wenn Du diesen über den jeweils notwendigen göttlichen Eingriff herstellen möchtest, dann ja, beidemale hat Gott eingegriffen.
Marion hat geschrieben:Und bei der Zeugung Adams hat er dann ein "Unsterblichkeitsgen" (welches nach der Ursünde kaputt ging) und auch sonst alles was höher steht als beim tierischen Körper dazugegeben? Soll man sich das dann so in etwa vorstellen?
Ich glaube, da liegt ein Denkfehler vor. Die Unsterblichkeit ist nichts Genetisches oder Leibliches. Für den Menschen besteht der Tod in der Trennung von Leib und Seele. Die leibliche Natur des Menschen drängt auf diese Auflösung hin. Bei den Stammeltern wurde nun die Seele mit einer besonderen Kraft ausgestattet, durch die sie den Leib in der Unvergänglichkeit hätte erhalten können, wenn es nicht zum Sündenfall gekommen wäre.

Zum zweiten Teil der Frage: Ja, Gott hat den tierischen Körper so verändern müssen, daß er geeignet war, eine Geistseele aufzunehmen.
Marion hat geschrieben:Ich würde gerne wissen, wie sich diese These (Adam wurde von Tieren gezeugt) Katholisch vorgestellt wird.
Nicht Adam wurde von den Tieren gezeugt, sondern Gott hat auf bereits vorhandene "Materie" näherhin einen tierischen Körper zurückgegriffen, um daraus einen Menschenleib zu machen aus dem dann, durch Einhauchung der Seele, Adam wurde.

Nach der scholastischen Philosophie greift Gott in die geschöpfliche Welt nur soweit in spezieller Weise ein als es nötig ist und überläßt auch bei seinem tatsächlichen Eingreifen den Geschöpfen gewöhnlich soviel an Eigentätigkeit als sie aufgrund der natürlichen Gesetze leisten können. Sein Eingreifen ist in aller Regel eine Tätigkeit, die sich harmonisch in die Natur fügt und nicht ein Willkürakt, der die Natur und ihre Gesetze aus den Fugen zu stürzen droht.
Marion hat geschrieben:Ähnliches muss ja dann auch passiert sein, gemacht worden sein, als Erde/Ton zu einer lebendigen Pflanze wurde und sie dann zum Tier (halt ohne die eingehauchte Menschseele)
Ja. Während der Darwinismus mit der katholischen Lehre völlig unvereinbar ist, ist eine Evolution (inkl. der notwendigen Eingriffe Gottes für die makroevolutionären Veränderungen) denkbar. (Glauben mußt Du das aber nicht.)

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Marion
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Marion »

Gamaliel hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Und bei der Zeugung Adams hat er dann ein "Unsterblichkeitsgen" (welches nach der Ursünde kaputt ging) und auch sonst alles was höher steht als beim tierischen Körper dazugegeben? Soll man sich das dann so in etwa vorstellen?
Ich glaube, da liegt ein Denkfehler vor. Die Unsterblichkeit ist nichts Genetisches oder Leibliches. Für den Menschen besteht der Tod in der Trennung von Leib und Seele. Die leibliche Natur des Menschen drängt auf diese Auflösung hin. Bei den Stammeltern wurde nun die Seele mit einer besonderen Kraft ausgestattet, durch die sie den Leib in der Unvergänglichkeit hätte erhalten können, wenn es nicht zum Sündenfall gekommen wäre.
Denkfehler ja - und der liegt daran:
Und zwar weil ja die Erbsünde durch Fortpflanzung (also biologisches) an die Nachkommen weitergegeben wird. Und die Seele bei jedem Einzelnen von Gott extra dazugesteuert wird. (deswegen dachte ich, daß die Sterblichkeit hier im Fleisch - in den Genen sitz) und nicht, daß wir ab der Erbsünde von Gott zerstörte Seelen eingehaucht bekommen.
Gamaliel hat geschrieben:Zum zweiten Teil der Frage: Ja, Gott hat den tierischen Körper so verändern müssen, daß er geeignet war, eine Geistseele aufzunehmen.
[...]
Nicht Adam wurde von den Tieren gezeugt, sondern Gott hat auf bereits vorhandene "Materie" näherhin einen tierischen Körper zurückgegriffen, um daraus einen Menschenleib zu machen aus dem dann, durch Einhauchung der Seele, Adam wurde.
Das hört sich nicht mehr nach Nachwuchs von Tieren an sondern eher nach basteln aus Tieren.
Gamaliel hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Ähnliches muss ja dann auch passiert sein, gemacht worden sein, als Erde/Ton zu einer lebendigen Pflanze wurde und sie dann zum Tier (halt ohne die eingehauchte Menschseele)
Ja. Während der Darwinismus mit der katholischen Lehre völlig unvereinbar ist, ist eine Evolution (inkl. der notwendigen Eingriffe Gottes für die makroevolutionären Veränderungen) denkbar. (Glauben mußt Du das aber nicht.)
Des isch a Sach! Diese Theorie hört sich arg abenteurlich an. So lang nicht sicher feststeht was da wirklich geschehen ist bleib mal lieber in der Töpferwerkstatt :)

Danke dir. Ich glaub ich habs kapiert
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Gamaliel
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Re: Katholische Entwicklungslehren

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:...und nicht, daß wir ab der Erbsünde von Gott zerstörte Seelen eingehaucht bekommen.
Diesen Punkt muß ich noch korrigieren: Wir bekommen keine "zerstörten Seelen" eingehaucht.
Die Seele ist artmäßig diegleiche wie bei Adam, nur war sie bei Adam 1.) von Anfang an mit der heiligmachenden Gnade erfüllt (bei uns nicht, erst ab Taufe) und 2.) mit den sogenannten "Gaben der Integrität" (wozu die Gabe der Unsterblichkeit gehört) ausgestattet. Dieses "Extra" erhalten wir gar nicht mehr, da es Adam für alle Nachkommen "verspielt" hat.
(Ist das verständlich? - Ein Auto mit Radio aber ohne CD-Player ist kein kaputtes Auto, sondern nur eines ohne dieses Extra.)

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