Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Edi
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Edi »

Heinrich hat geschrieben: Dagegen habe ich mich dafür ausgesprochen, die Selbstwahrnehmung nicht auf die Sündhaftigkeit einzuengen, weil wir in guter Tradition des Paulus ein "Tempel Gottes" sind, "und der ist heilig". Denn Gott hat uns mit der christlichen Lehre wertvolle Ratschläge gegeben, in uns nach Gott zu spüren.
Der Tempel Gottes kommt doch erst zum Vorschein nach der Umkehr und Buße, nämlich als Folge dieser. Wir sind doch nicht wie Luther in dem Zustand wie er lange war, dass wir uns unsere Sünden lange Zeit vorwerfen müssen, weil wir sie nicht los werden, indem wir Gott ausser Acht lassen und im übrigen ist auch der bekehrte, im Stande der Gnade seiende Sünder auch noch Sünder. Man darf nur nicht einem falschen Schuldgefühl nachgeben wie auch ad hoc ausführt.

Der Kirchenchrist aber, der die Gnade gar nicht erfasst hat, wird dauernd mit Schuldgefühlen leben, die sich mal so, mal anders auswirken. Andere freuen sich ihr Leben nicht mehr mit alter unvergebener Schuld leben zu müssen. Das heisst aber nicht, dass jeder begadete Sünder nicht erneut In Sünde fallen kann und dafür die Vergebung Gottes neu erfahren muss.
Es ist also immer wieder neu beides gültig, nämlich sündig als auch Tempel Gottes zu sein, mal das eine zu empfinden, mal das andere.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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Edi
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Edi »

Sempre hat geschrieben:
Heinrich hat geschrieben:Dagegen habe ich mich dafür ausgesprochen, die Selbstwahrnehmung nicht auf die Sündhaftigkeit einzuengen, weil wir in guter Tradition des Paulus ein "Tempel Gottes" sind, "und der ist heilig". Denn Gott hat uns mit der christlichen Lehre wertvolle Ratschläge gegeben, in uns nach Gott zu spüren.
Gemäß Paulus ist die Gemeinde, die Kirche, der Tempel Gottes, nicht etwa der Einzelne. Weder das einzelne Gemeindemitglied noch der einzelne Mensch. Die Kirche ist der Leib Christi und der ersetzt das, was bei den Juden der Tempel war.
Tempel Gottes ist aber auch lt. Paulus der Leib des Menschen, Der Begriff Tempel wird in verschiedenem Sinne in der Schrift gebraucht.

1. Korinther 6,19: Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, welchen ihr habt von Gott, und seid nicht euer selbst.
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Heinrich
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Heinrich »

Sempre hat geschrieben:Gemäß Paulus ist die Gemeinde, die Kirche, der Tempel Gottes, nicht etwa der Einzelne. Weder das einzelne Gemeindemitglied noch der einzelne Mensch. Die Kirche ist der Leib Christi und der ersetzt das, was bei den Juden der Tempel war.
Nach Paulus deutet die Tempelmetapher auf die Gemeinde und auf den Leib des Einzelnen. Die Kirchenväter haben dagegen fast uni sono das Herz des Christen als diesen Tempel bezeichnet.

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Sempre
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Sempre »

@Heinrich

Ja, Paulus bezeichnet an anderer Stelle auch unseren Leib als Tempel Gottes. Aber auch dort ist nicht etwa gesagt, dass wir heilig seien, weil unser Leib Tempel Gottes ist. Im Gegenteil, unser Leib soll Wohnstätte Gottes sein, weswegen wir ihn nicht verunreinigen sollen, ebenso wie wir auch nicht die Gemeinde/Kirche verunreinigen sollen.

Beides ist Mahnung, unserer Sünden zu bereuen und davon Abstand zu nehmen, und nicht etwa Aufforderung, uns heilig oder göttlich zu fühlen.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Heinrich
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Heinrich »

Um etwas mehr Klarheit über das Tempelgleichnis zu liefern, zitiere ich mal ein paar Aussagen der frühen Kirchenväter:
Irenäus, Contra Haereses hat geschrieben:Daher nennt er auch das körperliche Gebilde einen Tempel Gottes. 'Wisset ihr nicht', sagt er, 'daß ihr ein Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes schändet, den wird Gott verderben. Denn der Tempel Gottes ist heilig, und das seid ihr'. Also nennt er deutlich den Körper einen Tempel, in welchem der Geist wohnt.
Clemens von Alexandria, Protrepticus hat geschrieben:Der göttliche Logos aber, der von David stammt und doch vor ihm war, verschmähte Lyra und Harfe, die leblosen Instrumente, erfüllte durch den Heiligen Geist diese Welt und dazu auch die Welt im Kleinen, den Menschen, seine Seele und seinen Leib, mit Harmonie und preist Gott mit diesem vielstimmigen Instrument und singt zu dem Instrument, dem Menschen. 'Denn du bist mir Harfe und Flöte und Tempel', Harfe wegen der Harmonie, Flöte wegen des Geistes, Tempel wegen des Logos, damit die Harmonie die Harfe schlage, der Geist die Flöte blase, der Tempel den Herrn aufnehme.
Tatian, Oratio ad Graecos hat geschrieben:Nehmen wir nun an, dieser so gestaltete (aus Fleisch und Seele bestehende) Organismus gleiche einem Tempel, so will Gott in ihm wohnen durch den Geist, seinen Abgesandten; ist er aber kein solches Heiligtum, so ist der Mensch den Tieren nur durch seine artikulierte Stimme überlegen und, da seine anderen Lebensäußerungen durchaus den tierischen gleichen, auch kein 'Gleichnis Gottes'.
Laktanz, De ira Dei hat geschrieben:Für uns sei nicht in Tempeln, sondern in unseren Herzen Gottes heilige Stätte; denn zerstörbar ist alles, was Hände schaffen. Reinigen wir diesen Tempel, den nicht Rauch und Staub, sondern böse Gedanken beschmutzen, der nicht vom Schimmer der Kerzen, sondern vom Glänze Gottes und dem Lichte der Weisheit erhellt wird.
Laktanz, Epitome divinarum institutionum hat geschrieben:Der bedarf nicht des Tempels, dessen Wohnstätte das Weltall ist; der bedarf nicht des Bildes, der für Auge und für Geist unerfaßbar ist; der bedarf nicht des Glanzes irdischer Lichter, der die Sonne samt den Gestirnen für den Dienst des Menschen hat aufleuchten lassen. Was verlangt also Gott vom Menschen anders als den Dienst des Herzens, der rein und heilig ist? Was Hände fertigen, was zu den Gütern der Außenwelt gehört, das ist ungeeignet, hinfällig und unwillkommen.

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overkott
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von overkott »

Wenn ein Gläubiger etwas spürt, lautet die Grundfrage: Ist es von Gott oder vom Bösen? Im Zweifel ist es vom Höchsten.

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Johannes22101988
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Johannes22101988 »

overkott hat geschrieben:Wenn ein Gläubiger etwas spürt, lautet die Grundfrage: Ist es von Gott oder vom Bösen? Im Zweifel ist es vom Höchsten.
tja wenn´s Friede und liebe ist, dann kann es nur von Gott kommen. :breitgrins:
Wer die kirche nicht als mutter sieht, kann GOTT nicht als VATER sehen.

Raimund J.
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Raimund J. »

overkott hat geschrieben:Wenn ein Gläubiger etwas spürt, lautet die Grundfrage: Ist es von Gott oder vom Bösen?
Literaturtipp:

Scaramelli, Johannes B., Regeln zur Unterscheidung der Geister.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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overkott
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von overkott »

Johannes22101988 hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wenn ein Gläubiger etwas spürt, lautet die Grundfrage: Ist es von Gott oder vom Bösen? Im Zweifel ist es vom Höchsten.
tja wenn´s Friede und liebe ist, dann kann es nur von Gott kommen. :breitgrins:
:daumen-rauf:

Aquinat
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Aquinat »

Es ist unmöglich Gott zu spüren, zu erfahren, zu riechen oder sonstwas (denn Gott ist unbegreiflich und fällt nicht mit der Welt unter einen gemeinsamen Begriff). Wenn man von Gotteserfahrungen spricht, dann kann damit immer nur eine Erfahrung mit der Welt (!) gemeint sein, die im Glauben zu einem Gleichnis (zu einem Bild) für die Gemeinschaft mit Gott wird. Dies können ganz alltägliche Dinge sein. Außerhalb des Glaubens sind sie nur weltliche Dinge, die vergehen und letztlich zu Ende gehen. Im Glauben ist es die selbe Wirklichkeit, die jetzt aber auf die unvergänglichen Güter verweist.

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Johannes22101988
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Johannes22101988 »

Aquinat hat geschrieben:Es ist unmöglich Gott zu spüren, zu erfahren, zu riechen oder sonstwas (denn Gott ist unbegreiflich und fällt nicht mit der Welt unter einen gemeinsamen Begriff). Wenn man von Gotteserfahrungen spricht, dann kann damit immer nur eine Erfahrung mit der Welt (!) gemeint sein, die im Glauben zu einem Gleichnis (zu einem Bild) für die Gemeinschaft mit Gott wird. Dies können ganz alltägliche Dinge sein. Außerhalb des Glaubens sind sie nur weltliche Dinge, die vergehen und letztlich zu Ende gehen. Im Glauben ist es die selbe Wirklichkeit, die jetzt aber auf die unvergänglichen Güter verweist.
nun ja die Gotteserfahrung selbst ist ein mysterium, das man so nicht beschreiben kann. Es wird oft genug, wie schon erwähnt, bildlich gedichtet, weil der menschliche verstand begrenzt ist.

Aber hoffen wir doch das uns GOTT gnädig ist. :blinker:

MfG

Johannes
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Edi
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Edi »

Aquinat hat geschrieben:Es ist unmöglich Gott zu spüren, zu erfahren, zu riechen oder sonstwas (denn Gott ist unbegreiflich und fällt nicht mit der Welt unter einen gemeinsamen Begriff). Wenn man von Gotteserfahrungen spricht, dann kann damit immer nur eine Erfahrung mit der Welt (!) gemeint sein, die im Glauben zu einem Gleichnis (zu einem Bild) für die Gemeinschaft mit Gott wird. Dies .
Genau das glaube ich eben nicht, abgesehen vom Riechen. Es gibt übernatürliche Dinge, die man spüren kann, und die aus Gott kommen. Ob man das nun ein Spüren Gottes nennt oder ein Spüren seiner Kraft, sei dahingestellt. Nicht umsonst aber hat der Herr gesagt, er sende uns den hlg. Geist als Tröster. Wie soll der denn wirken? Wir können ihn ja nicht sehen, aber Trost kann man auch spüren z.B. im Gebet oder beim Singen geistlicher Lieder. Klar kann der Trost auch über eine irdische Änderung gehen, denn auch Besserung einer Situation kann eine Gebetserhörung sein und von Gott kommen. Wenn der hlg. Geist im Menschen Wohnung nimmt, die Bibel sagt auch Jesus nimmt Wohnung im Herzen des Menschen, dann ist das doch auch spürbar, mindestens anfänglich, aber auch sonst mal, auch wenn man nicht davon ausgehen kann, dass das ein Dauerzustand sein müsse wie es die ahnungslosen Pfingstler oft meinen, dass es so sein müsse. Es kommt nämlich ganz anders. Die anfängliche Freude versackt.

Viele Christen erfahren doch bei ihrer Bekehrung eine bisher nie gekannte innere Freude, die kein Psychologe erkären kann und/oder auch eine Freude beim Gebet. Das kann man doch nicht einfach leugnen. Nachher aber kommt, wie ich schon hier geschrieben habe, zwangsläufig eine geistliche Dürre und Trockenheit, die auch in der geistlichen Literatur beschrieben ist, selbst die grossen Heiligen mussten da hindurch bis sie schliesslich nach und nach eine noch grössere Freude, man kann sie auch Seligkeit nennen erreichten, aber immer wieder auch unterbrochen von schweren Anfechtungen. Der normale, durchschnittliche Christ wird diese tiefste Freude am Herrn nicht zu Lebzeiten erreichen, weil ihm hierzu die Vorrausetzungen fehlen.
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Thomas_de_Austria
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Irgendwie interessant wäre in diesem Zusammenhang (wenn es nicht so komplex wäre), die Frage der ungeschaffenen Energien Gottes bei den "Ostkirchlern" ... - Das man Gott resp. Seine Gnade resp. Seine unerschaffenen Energien "spüren" (das müsste man jetzt genauer klären) kann, nehme ich auch an ...

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overkott
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von overkott »

Wichtig im katholischen Glauben ist, dass er die ganze Schöpfung und damit auch den ganzen Menschen meint: mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all seinen Gedanken. Gefühle gehören also auch dazu. Gott spüren heißt, das Gute spüren, Verantwortung spüren, ein moralisches Feingefühl entwickeln.

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overkott
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von overkott »

Wir machen jetzt mal eine Übung, besonders Frauen sind auch herzlich eingeladen, indem wir die Augen schließen, tief durchatmen und dabei denken: Atme mich, Heiliger Geist.

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taddeo
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von taddeo »

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:hmm: :achselzuck:

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overkott
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von overkott »

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Johannes22101988
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Johannes22101988 »

overkott hat geschrieben:Wir machen jetzt mal eine Übung, besonders Frauen sind auch herzlich eingeladen, indem wir die Augen schließen, tief durchatmen und dabei denken: Atme mich, Heiliger Geist.
Das JESUSGEBET ist auch sehr sehr gut ;D
Wer die kirche nicht als mutter sieht, kann GOTT nicht als VATER sehen.

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overkott
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von overkott »

Johannes22101988 hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir machen jetzt mal eine Übung, besonders Frauen sind auch herzlich eingeladen, indem wir die Augen schließen, tief durchatmen und dabei denken: Atme mich, Heiliger Geist.
Das JESUSGEBET ist auch sehr sehr gut ;D
Kann ich jedem Orthodoxen nur empfehlen.

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incarnata
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von incarnata »

Mystische Erlebnisse,zutiefst berührende,auch körperlich spürbare Erfahrungen von Gottes Nähe sind mögliche,jedoch nicht notwendige Stufen des Wachstums im katholischen Glauben.Menschen,die mit einer solchen Erfahrung beschenkt wurden,vielleicht dadurch zu tieferer "Gotteserkenntnis" gelangten sind nicht wertvoller als andere Katholiken,die geduldig mit den Kräften des Verstandes unter der Führung des Hl. Geistes um Gotteserkenntnis ringen; vielleicht hatten sie´s sogar nötig eine solche Erfahrung zu machen,da ihr Glaube sonst verflacht wäre.
Die Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit , Schwäche und Erlösungsbedürftigkeit bei gleichzeitiger Freude über die unbegreifliche vergebende Güte Gottes.Wenn das Erlebte dauerhaft dazu führt,dass die Liebe zu Jesus Christus sich vertieft,der Mensch versucht im täglichen Leben seine Nachfolge anzutreten, eigene Sünden vom Gedanken,dummen Geschwätz bis zur Tat sofort einen inneren Seismographen anschlagen lassen und der Gedanke an das Erlebnis auch nach Jahren noch mithilft in Zeiten der Dürre beharrlich am Glauben-und Gebetsweg festzuhalten,dann war´s wohl echt.
Nicht zu verwechseln sind solche Erlebnisse mit den oberflächlichen Gefühlen,die durch laute Musik,gemeinsames Tanzen und Singen etc in Massenveranstaltungen künstlich erzeugt werden.
Letztere finden sich wohl auch eher in den Zelten kommerzialisierter Erweckungsprediger mit meist protestantischem Hintergrund. Die Früchte nach Jahren zeigen schliesslich,wo nur Strohfeuer erzeugt wurden.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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Melody
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Melody »

Ich greife mal diesen älteren Strang wieder auf.
Gamaliel am 28. Oktober 21 hat geschrieben:Leider fehlt mir gerade die Zeit, um ausführlicher auf das Threadthema einzugehen. So manches wäre zu sagen, um den wahren Glauben und das rechte Glaubensleben von sentimentaler Gefühlsduselei aber auch gefährlichem Modernismus zu unterscheiden.


Ein Tip:

Wichtige Bemerkungen zu diesem Thema finden sich bei einem großen Meister des geistlichen Lebens, nämlich dem hl. Ignatius von Loyola. In seinen Exerzitien, die sich höchster kirchlicher Anerkennung und Empfehlung erfreuen dürfen, gibt er wichtige Grundlagen an, die die "Gefühle" des (gläubigen) Menschen betreffen. Er unterscheidet klar zwichen Trost und Trostlosigkeit, zeigt wie wir sie erkennen und recht beurteilen und gibt schließlich Winke, wie wir uns in der jeweiligen Lage angemessen verhalten. (Diese kurzen Regeln bedürfen natürlich der Erklärung, sie dienen ja eigentlich dem Exerzitienprediger als Hilfe. Doch wenn man ein bißchen nachdenkt, dann erlangt man ein gewisses Verständnis auch ohne Erklärung.)

Wer interessiert ist möge die an Umfang kurzen, aber inhaltlich sehr tiefen Ausführungen selber nachlesen. Zum Glück gibt es das Exerzitienbüchlein online als pdf-Datei.

Nachzulesen ist im Abschnitt (Adobe Seite 56ff): REGELN, UM EINIGERMASSEN DIE VERSCHIEDENEN BEWEGUNGEN ZU ERKLÄREN UND ZU ERSPÜREN, DIE IN DER SEELE SICH VERURSACHEN; DIE GUTEN, UM SIE AUFZUNEHMEN, DIE SCHLECHTEN, UM SIE ZU VERWERFEN.
Der Link scheint nicht mehr zu funktionieren, aber ich habe das Büchlein unter folgendem Link gefunden: http://ia63.us.archive.org/1/items/ ... ucmf_5.pdf (S. 159 ist der erwähnte Absatz)


Das mit dem "Spüren" empfinde ich auch immer so als Zwang, als würde ich nicht "richtig" glauben, wenn ich nichts spüre.
Ich kann mich erinnern, dass meine damalige Pfarrei kurz nach meiner Konversion damit begann, regelmäßig stille Anbetung zu halten, 45 Minuten lang einfach "nur" Stille. Ein sehr frommer alter Diakon meinte damals einmal, wir müssten die Anwesenheit Gottes im Herzen spüren können, und ich hatte mich damals einige Zeit damit gequält, dass ich aber nichts spürte.

Später hielt ich es mehr mit dem Bauern, von dem der Hl. Pfarrer von Ars erzählt hat, der einfach nur Gott anschaute. Der Pfarrer fragt ihn: „Was tust Du denn hier die ganze Zeit über?“ Die Antwort: „Ich schaue Ihn an, und Er schaut mich an. Das ist genug.“

Auch ist es nun ungefähr ein Jahr her, dass ich mich mal mit jemandem darüber unterhielt, dass ich es halt schade fände, dass Gott uns nicht wirklich und wahrhaftig spürbar "umarmen" könne. Ein Priester hatte vor ein paar Jahren auf Exerzitien dann mal Eucharistischen Einzelsegen gespendet und dazu wortwörtlich gesagt, das wäre quasi wie eine Umarmung Gottes.
In dem persönlichen Gespräch, auf das ich mich jetzt beziehe, hatte mir mein Gesprächspartner dann sinngemäß gesagt, er/sie würde das bei jeder einzelnen heiligen Kommunion so empfinden.

Da fühle ich mich dann irgendwie nicht vollwertig. Ich mache dann halt was falsch. Ich mache halt nicht genug. Ich beschäftige mich nicht genug mit Gott, dass ich nichts "empfinde".

Aber gut, ich weiß zum Glück, dass es auch schon mal anders war. Oder zumindest hab ich mir das damals "eingebildet". Ich denke, dieses "Gott spüren" ist m. E. eh eine Frage der Interpretation, denn wir können ja nicht wissen, ob wir nun wirklich Gott gespürt haben.

Ich bin eigentlich ganz froh, dass man mich auch eher vor "sentimentaler Gefühlsduselei" warnte, wie es oben Gamaliel formuliert hat, und mir eher sagte, dass Glaube eine Willensentscheidung sei, ein bewusster Akt meines Verstandes.

Bei dieser Willensentscheidung kann ich treu und fest bleiben, auch wenn ich mich in einer Zeit befinde, wo Gott mir keine "Tröstungen" schenken mag... :/
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Edi
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Edi »

Melody hat geschrieben:.... denn wir können ja nicht wissen, ob wir nun wirklich Gott gespürt haben.

Ich bin eigentlich ganz froh, dass man mich auch eher vor "sentimentaler Gefühlsduselei" warnte, wie es oben Gamaliel formuliert hat, und mir eher sagte, dass Glaube eine Willensentscheidung sei, ein bewusster Akt meines Verstandes.

Bei dieser Willensentscheidung kann ich treu und fest bleiben, auch wenn ich mich in einer Zeit befinde, wo Gott mir keine "Tröstungen" schenken mag... :/

Ich denke, man kann schon wissen, ob Gott oder vielleicht besser gesagt, der heilige Geist einen berührt (hat), denn es gibt einen Unterschied zwischen sentimentalen, menschlichen Gefühlen und der übernatürlichen Berührung. Gewisse Kreise verwechseln das allerdings oft und versuchen solche Gefühle selber zu produzieren, was eben NICHT geht, denn wir können nicht darüber nach eigenen Wünschen verfügen, sondern Gott kann diese schenken, wann und wie er will oder eben auch nicht schenken.

Selbst grosse Heilige mussten oft über lange Zeit durch geistliche Dürre und Trockenheit hindurchgehen bis sie irgendwann wieder geistliche Tröstungen erhielten.

Im Grunde ist der Glaube ohne Tröstungen zu erfahren, aber dennoch an Gott festzuhalten, wertvoller als in Tröstungen zu leben, die einem Gott auch ganz sicher wieder entziehen wird. Sie kommen aber eines tages dann wieder, wenn jemand trotzdem weiter mit Gott geht und die innere Reinigung ganz grosse Fortschritte gemacht hat. Das aber dürfte nur auf ganze wenige Christen zutreffen. Wenn ich noch richtig weiß, findet man in der geistlichen Literatur z.B. eines Johannes vom Kreuz dazu Hinweise und Erklärungen.

Was mich angeht, so kenne ich wie andere auch, beides sowohl Tröstungen und Freude im Herrn als auch Dürrezeiten. Das erste haben einige Leute an mir sogar schon gemerkt und wenn es andere merken, merke ich es selber erst recht. Die meiste Zeit aber lebt die Mehrheit der Christen, zu der ich auch gehöre, ausser Anfänger und diese auch nur kurzfristig, in der Dürre. Erst wenn jemand vom vollen Überwinder geworden ist, wie ein Gottesmann mal schrieb, wird er auch wieder grosse geistliche Tröstungen bekommen.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

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Reinhard
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Reinhard »

Melody hat geschrieben:. . .
Das mit dem "Spüren" empfinde ich auch immer so als Zwang, als würde ich nicht "richtig" glauben, wenn ich nichts spüre.
Ich kann mich erinnern, dass meine damalige Pfarrei kurz nach meiner Konversion damit begann, regelmäßig stille Anbetung zu halten, 45 Minuten lang einfach "nur" Stille. Ein sehr frommer alter Diakon meinte damals einmal, wir müssten die Anwesenheit Gottes im Herzen spüren können, und ich hatte mich damals einige Zeit damit gequält, dass ich aber nichts spürte.

Später hielt ich es mehr mit dem Bauern, von dem der Hl. Pfarrer von Ars erzählt hat, der einfach nur Gott anschaute. Der Pfarrer fragt ihn: „Was tust Du denn hier die ganze Zeit über?“ Die Antwort: „Ich schaue Ihn an, und Er schaut mich an. Das ist genug.“

Auch ist es nun ungefähr ein Jahr her, dass ich mich mal mit jemandem darüber unterhielt, dass ich es halt schade fände, dass Gott uns nicht wirklich und wahrhaftig spürbar "umarmen" könne. Ein Priester hatte vor ein paar Jahren auf Exerzitien dann mal Eucharistischen Einzelsegen gespendet und dazu wortwörtlich gesagt, das wäre quasi wie eine Umarmung Gottes.
In dem persönlichen Gespräch, auf das ich mich jetzt beziehe, hatte mir mein Gesprächspartner dann sinngemäß gesagt, er/sie würde das bei jeder einzelnen heiligen Kommunion so empfinden.

Da fühle ich mich dann irgendwie nicht vollwertig. Ich mache dann halt was falsch. Ich mache halt nicht genug. Ich beschäftige mich nicht genug mit Gott, dass ich nichts "empfinde".

Aber gut, ich weiß zum Glück, dass es auch schon mal anders war. Oder zumindest hab ich mir das damals "eingebildet". Ich denke, dieses "Gott spüren" ist m. E. eh eine Frage der Interpretation, denn wir können ja nicht wissen, ob wir nun wirklich Gott gespürt haben.

Ich bin eigentlich ganz froh, dass man mich auch eher vor "sentimentaler Gefühlsduselei" warnte, wie es oben Gamaliel formuliert hat, und mir eher sagte, dass Glaube eine Willensentscheidung sei, ein bewusster Akt meines Verstandes.

Bei dieser Willensentscheidung kann ich treu und fest bleiben, auch wenn ich mich in einer Zeit befinde, wo Gott mir keine "Tröstungen" schenken mag... :/
Du hast ganz Recht: dass wir uns als Christen auf den Glauben berufen, und nicht auf das Spüren !

Unsere Gefühle schwanken, und sind kein sicherer Indikator für unsere Beziehung zu Gott. Und das sage ich ausdrücklich als jemand, der durchaus schon (auch gefühlsmäßig !) sehr intensive Begegnungen mit dem Ewigen erlebt hat.

Für mich sind die Hinweise des Hl. Ignatius von Loyola (auf die auch Gamaliel schon hingewiesen hatte) sehr wichtig, wenn er in seiner "Unterscheidung der Geister" auf "Zeiten der Trostlosigkeit" hinweist, die uns ganz sicher ereilen werden !
Und, dass wir uns gerade dann nicht von einem schwarzen Loch an Leere irreführen lassen dürfen.

Du kannst Dir ja keine Gefühle aus den Rippen schwitzen, auch keine frommen Gefühle.
Du kannst Dich nur für Gott öffnen, und Ihm erlauben, dass Er Dir alles sagen darf. Einmal als Grundhaltung, wie ich es hier schon mal formuliert hatte, aber dann auch ganz konkret in Deiner einzelnen Gebetszeit. So ähnlich, wie der Priester Eli es seinem Schüler Samuel geraten hat: "Rede Herr, Dein Knecht hört !" (... Deine Magd hört ! ;) )

Ich habe mich auch lange gefragt, warum ich nicht unmittelbar etwas von Gott hörte oder fühlte. Aber das lässt sich ja nicht erzwingen - es war "einfach noch nicht dran", denke ich mal.
Du brauchst Dir einzig und allein keine Sorgen machen, Gott weiß was Du Dir wünscht, und Er wird Dir geben was Du brauchst, allerdings zu Seiner Zeit. Bis dahin bleib einfach treu im Gebet, bleib "in Kontakt" mit dem Ewigen, und es ist gut.

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Sempre
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Sempre »

Melody hat geschrieben:Das mit dem "Spüren" empfinde ich auch immer so als Zwang, als würde ich nicht "richtig" glauben, wenn ich nichts spüre.
Heutzutage laufen viele Leute herum, die am laufenden Meter ihre "Gott Spüren"-Erlebnisse breittreten. Dabei wird oft suggeriert, der Glaube der Kirche habe etwas mit "Gott Spüren" zu tun. Die Modernisten bieten sogar Stuhlkreise an, in denen man versucht, das "einzuüben", während gleichzeitig oft geleugnet wird, dass der Herr u.a. durch Krankheiten, Naturkatastrophen und allerlei mehr vielleicht eher wenig tröstlich Erscheinendem prüft und züchtigt.

Der Glaube besteht aber gemäß Katechismus (auch KKK) darin, zu verstehen und dann mithilfe der Gnade Gottes willentlich anzunehmen, was die Kirche uns zu glauben vorlegt. Das Glaubensbekenntnis, die Dogmen, Katechismus usf.

Wer glaubt, wird natürlich sein Leben entsprechend ein- und ausrichten, dass der Glaube auch in Taten resultiert. Die Taten bestehen dabei in erster Linie darin, die Gebote einzuhalten, zur Zeit auch wieder die Fastengebote, sowie seine Standespflichten zu erfüllen. Wenn die einen nicht auslasten, kann man immer beten oder sich auf anderen Wegen im Glauben weiterbilden.

Wie der Gläubige mit den Gefühlen beim Beten, bei der Betrachtung, bei der Anbetung und überhaupt im Leben umgehen sollte, ob sie tröstend oder trostlos sein mögen, dazu helfen die Exerzitien nach dem hl. Ignatius von Loyola weiter, bzw. ggf. auch die Anleitung für die Exerzitienprediger, die Du ja oben verlinkt hast. Ansonsten sind die Exerzitien als Entscheidungshilfe für wichtigere und weniger wichtige Entscheidungen im Leben gedacht.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Raphael

Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Raphael »

Über das "Gott spüren" berichten die Mystiker in sehr eindringlicher, aber auch sehr privater Sprache.
Nur als kleines, unvollständiges Angebot:
Johannes vom Kreuz
Hildegard von Bingen
Theresa von Avila, bei ihr ist insbesondere "Die Seelenburg" zu [Punkt]

Und natürlich die Klassiker wie Ignatius von Loyola und Thomas von Kempen!

Man sollte sich übrigens von Niemandem dahingehend abdrängen lassen, das "Gott spüren" sei eine rein emotionale oder gefühlig-überspannte Angelegenheit. Gott will dem Menschen nahe sein, sehr nahe sein und ER klopft an die Türen ihrer Herzen (s.a. Offenbarung des Johannes 3, 20).

Raimund J.
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Raimund J. »

Ob und wie man Gott spürt wird bei jedem unterschiedlich sein. Und wenn, dann wird diese Erfahrung eine sehr persönliche Angelegenheit sein, über die sich auch nicht für jeden so ohne weiteres sprechen lässt. Und wenn man darüber spricht, besteht ja auch immer die Gefahr, daß so etwas leicht ins Lächerliche gezogen werden kann (ähnlich ja auch hier zu Beginn des Threads).

Auch in den Psalmen werden ja Zustände beschrieben, wo jemand vermeintlich von Gott nichts spürt
Ps22 hat geschrieben:Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; /
ich rufe bei Nacht und finde doch keine Ruhe.
bzw. jemand Gott erfährt und spürt
Ps27 hat geschrieben: Der Herr ist die Kraft meines Lebens
[...]
danach verlangt mich: Im Haus des Herrn zu wohnen /
alle Tage meines Lebens, die Freundlichkeit des Herrn zu schauen /
und nachzusinnen in seinem Tempel.

Persönlich meine ich, daß es zwei Arten geben kann, Gott zu spüren. Zum einen in der Eucharistie und in der Anbetung des Allerheiligsten, zum anderen durch den Heiligen Geist, wenn man nach einer Beichte oder auch in den dunkelsten Stunden der Verlassenheit, in Verzweiflung, … manchmal auch zeitverzögert und erst in der Rückschau erkennbar, Tröstungen dadurch erhält, daß ganz einfach plötzlich wieder der Seelenfriede in einem einkehrt.

"Sende aus Deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu", lässt sich ja auch dahingehend interpretieren, daß sich unsere Einstellung zu einer bestimmten Lebenssituation ändert. Etwas anders (gelassener, positiver, heiter) zu sehen als vorher, gehört denke ich auch mit zu dem Thema "Gott spüren".
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Pilgerer
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Pilgerer »

Wie steht es mit dem "Frieden Christi" nach dem katholischen Glauben: Ist er spürbar?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Sempre
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Sempre »

Pilgerer hat geschrieben:Wie steht es mit dem "Frieden Christi" nach dem katholischen Glauben: Ist er spürbar?
Das Wort Gottes erreicht uns durch die Ohren. Die Kirche lässt es uns hören. Es tröstet uns und bringt uns inneren Frieden, obwohl wir in diesem leidvollen Jammertal leben. Der Friede Christi lässt uns wissen, dass wir keine Furcht haben müssen, bloß vor dem, der uns das ewige Leben nehmen kann. Und der ist barmherzig, wenn wir unsere Sünden beichten und unser Kleid zu der für uns unbezahlbaren, vom Herrn am Kreuz bezahlten himmlischen Hochzeit selbst finanzieren, indem wir büßen, beten und die Tugenden üben.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Reinhard
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Reinhard »

Pilgerer hat geschrieben:Wie steht es mit dem "Frieden Christi" nach dem katholischen Glauben: Ist er spürbar?
Ja, er ist spürbar, wenn auch nicht immer, und vor allem nicht auf "Knopfdruck".

Richtig gut finde ich da den Abschnitt über die "christliche Glückseligkeit" im KKK, darüber bin ich regelrecht begeistert:

Das "Eintreten in die Ruhe Gottes" (cf. Heb. 4) kenne ich selber aus eigener Erfahrung (und auch aus Gesprächen mit Anderen) als einen inneren Frieden, ein "Wissen, dass das jetzt gut ist", wenn ich etwas vor Gott ins Reine gebracht habe.

Und dann "feiern", "schauen", "lieben" ... das habe ich erst letztens wieder im "Verliebtsein in Gott" erlebt, bei Anderen und ich selber auch. Natürlich sind das Gefühle, anders geht das doch gar nicht !     (aber dann geht es weiter wie in einer guten Ehe: das wilde Verliebtsein bleibt nicht immer, und dann muss eine tiefere, stille Liebe wachsen.)

Die 1721 zeigt: Gott erkennen und Ihm dienen und Ihn lieben sind alle drei zusammen die Berufung für unser Leben.
Mir ist letzte Woche im Gebet als Antwort auf die Frage: "was bleibt von einem Menschenleben am Ende übrig ?" als Antwort aus 1.Kor. 13 speziell Vers 8 gegeben worden.
All unsere tollen Leistungen und Erkenntnisse und Fähigkeiten, und was wir sonst an intellektuellem Reichtum haben, wird vergehen !     Am Ende, bei unserem Tod bleibt nur die Liebe übrig, weiter eigentlich nichts. (ja, und der Glaube und die Hoffnung)

Dass einem die Begegnung mit Gott (bildlich gesprochen) die Füße weghaut, wie es Nr. 1722 anspricht, das habe ich nur selten erlebt. Ich glaube, das wäre auf Dauer im Alltag sonst auch zu anstrengend.

Was aber für mich über die Jahre meines Lebens mit Gott wichtig geworden ist, ist dass mein Gehorsam gegenüber Gott aus der Liebe heraus kommt, und nicht umgekehrt. Genau wie das die Abschnitte 1713 und 1724 ansprechen.

Überhaupt wird dort wunderschön auseinander gefaltet, wie das alles recht zu verstehen ist !

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Sempre
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Sempre »

Da im KKK kommt "Gott spüren" aber gar nicht vor.

Was die Frage im Titel des Strangs angeht, muss man auch besser dort im KKK nachschauen, wo die Frage behandelt wird, was Glauben im Sinne der Kirche ist. (Nummer habe ich gerade nicht parat, da geht es aber um Verstand, Wille und Gnade, und nicht um spüren.)


Die Formulierung "Gott spüren" ist unglücklich, und der KKK vermeidet sie. Aus gutem Grund. Ich habe mal im Netz mit einem Atheisten zu tun gehabt, der auf eine Empfehlung, einfach trotzdem zu beten, ungefähr so antwortete: Den Teil habe ich schon hinter mir. Das habe ich knapp 10 Jahre lang gemacht. Ich war ernsthaft bei der Sache, aber die Gotteserfahrung blieb aus.

Das mal so als Anregung, was das zeitgeistige Gerede diverser Pastoraltanten und -tantinnen von wegen "Gott spüren" bei jungen Männern anrichten kann, das wohl auf den Spruch des Modernisten Karl Rahner zurückgeht: „Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein."

Schaut man sich in der Konzilskirche (Paul VI.) um, dann findet man keine Mystiker, sondern Pastoraltanten und -tantinnen mit dem Charme einer Claudia Roth oder anderer Subspezies moderner Kindergärtnerinneninnen, so dass man lieber gar nicht wissen will, was die spüren.

Kein Wunder, dass die Konzilskirche (Paul VI.) unter Männermangel leidet.
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Linus
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Linus »

Sempre hat geschrieben: vom Herrn am Kreuz bezahlten himmlischen Hochzeit selbst finanzieren, indem wir büßen, beten und die Tugenden üben.
Aua.

wenn der Herr schon bezahlt hat, brauchen wirs nicht mehr finanzieren. (allein diese Finanzsprache ist in diesem Zusammenhang von Übel).Klar haben wir bei ihm "Kredit" aber dann im Sinne des "Credo". Seine Gnade ist kostenlos. Freilich - wenn wir auf dieses Geschenk (sic) antworten, tun wir es durch "büßen, beten und die Tugenden üben". (interesanterweise hast du "Almosen" vergessen)
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Sempre
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Re: Gehört "Gott spüren" zum katholischen Glauben

Beitrag von Sempre »

Linus hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben: vom Herrn am Kreuz bezahlten himmlischen Hochzeit selbst finanzieren, indem wir büßen, beten und die Tugenden üben.
Aua.

wenn der Herr schon bezahlt hat, brauchen wirs nicht mehr finanzieren. (allein diese Finanzsprache ist in diesem Zusammenhang von Übel).
Ohne anständige Kleidung schmeißt der Türsteher Dich raus. Es gibt zwar kostenlose Hektoliter Wein, nicht aber für jeden.
Linus hat geschrieben:Klar haben wir bei ihm "Kredit" aber dann im Sinne des "Credo". Seine Gnade ist kostenlos. Freilich - wenn wir auf dieses Geschenk (sic) antworten, tun wir es durch "büßen, beten und die Tugenden üben".
Pass auf Linus, dass Du dann nicht ohne Öl in der Lampe dastehst.
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