Fragen zur Exegese

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Edi
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Beitrag von Edi »

Hier mal ein Link zu verschiedenen Arten der Exegese, worunter auch die historisch-kritische verlinkt ist, mit Unterlinks.

http://www.net-lexikon.de/Biblische-Exegese.html

Dazu ein weiterer Link aus dem Vatican

Unter A. Historisch-kritische Methode Punkt 4. steht folgendes:

"Wenn diese Methode auf objektive Weise angewendet wird, schließt sie kein Apriori in sich. Wenn solche Apriori ihre Anwendung bestimmen, so kommt dies nicht von der Methode her, sondern von hermeneutischen Optionen, die die Auslegung bestimmen und tendenziös sein können."

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Robert Ketelhohn
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Re: Umgang im Kreuzgang

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Nur: Vor den modernen Theologen, die alles in der heiligen Schrift "entmythologisieren" (welch Unwort!) wollen, sollte man nicht mehr Respekt haben, als sie es verdienen. Es sind moderne Phariäser, die in allem ein Haar in der Suppe finden, und am Wesentlichen vorbeigehen.
Übrigens hat der Rat dahin zu gehen, wo wahrer Glaube noch erfahren werden kann, schon einigen Gottesleugnern geholfen.
Jeder Mensch, ich betone fett und groß, JEDER, verdient uneingeschränkten Respekt. Wer meint, diese Regel in diesem Forum nicht beachten zu müssen, soll sich einen anderen Platz zum wasauchimmer suchen!
Nö, Ralf. Verdienen können wir eh nichts. Am wenigsten ich und du. Was ich soll, das ist: den andern lieben. Auch und gerade, wenn er es nicht verdient hat. Respekt schulde ich gar keinem, und schon gar nicht dem Mist, den er verzapft.

(Wahrscheinlich merkst du, daß wir hier unterschiedliche Begriffsverständnisse anwenden. Bezieh das mal auch auf Edi. Und dann zieh die Keule bitte wieder ein.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Übrigens:
Es wird auch gebetet (nicht nur von mir) für jene Theologen, dass Gott ihnen die Gnade schenken möge, dass sie Jesus in ihr Herz aufnehmen, was ja das Wichtigste ist.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer gläubigen Frau, das sie mit mir vor einigen Jahrzehnten hatte, als ich mich mit Glaubensfragen etwas beschäftigte. Sie sagte, das muss alles vom Kopf 30 cm tiefer gehen, nämlich ins Herz. Damals habe ich das noch nicht verstanden, aber später erkannte ich und heute erst recht , wie richtig sie lag.

Ein bekannter Gottesmann sagte einmal: in den Büchern sucht man Gott, aber im Gebet findet man ihn.

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Literaturtipp:
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"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Geronimo hat geschrieben:»Du meinst sicher auch den Brief, den Justus Martyr an Kaiser Antonius Pius ca. 150 n. Chr. schrieb. Dort heißt es:
"Die Worte aber: >>Sie haben meine Hände und Füße durchbohrt<< deuten auf Nägel hin, die am Kreuze durch Hände und Füße getrieben wurden. Und nachdem sie ihn gekreuzigt hatten, warfen die, welche ihn gekreuzigt hatten, über seine Kleidung das Los und teilten sie untereinander. Daß das so geschehen ist, könnt ihr aus Pontius Pilatus‘ angefertigten Akten ersehen.“"

Es ist anzunehmen, daß Justus es kaum gewagt hätte, diesen Brief an Kaiser Antonius zu schreiben, wenn Pilatus‘ Akten dem Kaiser nicht zugänglich gewesen wären. Es wäre äußerst ungehörig dem Kaiser gegenüber gewesen. Deswegen gilt die zitierte Stelle auch allgemein als ein zuverlässiger historischer (außerbiblischer!) Beleg für die Kreuzigung Jesus Christus und die Tatsache, daß um seine Kleidung gespielt wurde (und damit sich eine alte Prophezeiung erfüllte).

Von Justus Martyr gibt es auch die Stelle (die du sicher auch kennst):

„Nun da ist ein Dorf im Lande der Juden, 35 Stadien entfernt von Jerusalem, in welchem Jesus Christus geboren wurde, dessen du dich auch vergewissern kannst aus den Aufzeichnungen der Volkszählung, durchgeführt unter Cyrenius, dein erster Prokurator in Judäa.“ ... Justus Martyr, Brief an Kaiser Antonius Pius (ca. 150 n.Chr.) Tja.«
Geronimo, in der Tendenz bin ich ja auf deiner Seite. Aber man muß historisch sauber arbeiten. Daran mangelt es deinem Gewährsmann (Zöller-Greer, nicht wahr?) doch ein wenig. Darum noch ein paar Anmerkungen:

1. Der Mann, von dem obige Zitate stammen, hieß Justinus (Ἰουστῖνος) und nicht etwa Justus; zubenannt „Martyr“ (ὁ Μάρτυς – der Märtyrer), weil er das Martyrium erlitt. (Darum darf man in den Fußnoten auch um Gottes willen nicht »Martyr, Just‹in›us« schreiben; Märtyrer ist doch kein Familienname. An solchen Peinlichkeiten erweist sich der Physiker Zöller-Greer leider doch als nicht hinreichend mit der Materie bekannt.)

2. Das Werk, um das es geht, ist die sogenannte Apologia I (die Apologia II wurde nur überlieferungsgeschichtlich von ihr getrennt und dürfte ursprünglich den Schluß gebildet haben). Es handelt sich um eine der ersten großen Verteidigungsschriften des Christentums, gerichtet an den Imperator Antoninus Pius und dessen Sohn (und späteren Nachfolger) Marcus Aurelius.

Von einem »Brief« kann man keinesfalls sprechen. Ob Justin versucht hat, das Werk dem Kaiser tatsächlich zuzustellen – und falls ja, mit welchem Resultat – ist völlig unbekannt.

3. Worauf Justin sich an den von dir zitierten Stellen beruft, ist gleichfalls unklar. Klar ist nur, daß Justin hinsichtlich der Volkszählung unter Quirinius die Existenz entsprechender Unterlagen in Rom als gewiß annimmt. (Der Stolperstein »dein erster Prokurator« – was ja nun überhaupt nicht stimmen kann – ist übrigens bloß eine Fehlübersetzung aus dem Englischen »your first …«; im Original, das ich leider nicht zur Hand habe, kann dort natürlich nur der Plural gestanden haben, was die englische Version ja ohnehin nahelegt.)

Positive Kenntnis solcher Census-Unterlagen in Rom kann Justin damals nicht gehabt haben, doch muß der Tatbestand immerhin so unumstritten gewesen sein, daß Justin sich ohne Gefahr einer Blöße soweit aus dem Fenster lehnen konnte. Insofern also durchaus ein wichtiges – wenn auch indirektes – Zeugnis, keine Frage.

Bei den »Acta Pilati« denkt man natürlich sofort an die unter diesem Namen bekannten apokryphen Schriften. Darauf kann Justin sich jedoch nicht beziehen, denn jene Pilatusakten, die einen Teil des sogenannten Nicodemus-Evangeliums bilden, dürften erst aus dem 4. Jht. stammen; später wurden sie immer weiter ausgeschmückt.

Allerdings ist in den apokryphen Acta Petri et Pauli ein Brief des Pilatus an den Kaiser Claudius enthalten, der zwar von der Forschung allgemein als apokryph angesehen wird, jedoch immerhin auch für das frühest überlieferte Pilatus-Apokryphon gehalten und auf die zweite Hälfte des zweiten Jht.s datiert wird.

Das Stück enthält zwar einige mir verdächtige Passagen, doch könnten die auch auf einen Redaktor zurückgehen, der es in jene apokryphen Akten eingefügt hat. Insgesamt hat es meines Erachtens aber ein Gepräge, das es durchaus echt erscheinen lassen könnte. Freilich könnte Pilatus dann nicht, wie es die Mehrheit der Forschung heute als wahrscheinlichste Variante annimmt, gegen das Jahr 39 Selbstmord begangen haben, denn da war Claudius noch nicht Kaiser. Doch dies Datum und überhaupt die Selbstmordvariante sind ohnehin sehr unsicher.

Wenn man diesen Brief des Pilatus ins Jahr 41 oder 42 datiert und im Zusammenhang mit der Absetzung des einstigen Prokurators sieht, möglicherweise mit weiteren Vorwürfen oder Anklagen, dann könnte die Sache durchaus Sinn ergeben. Zumindest sehe ich nichts, was diese Hypothese unmöglich machte. Dem Justin könnten durchaus noch weitere Dokumente bekannt gewesen sein, die womöglich gesammelt im Umlauf gewesen sein könnten, jedoch bis auf jenen einen Brief verloren wären.

Das ist freilich Spekulation, und es bezieht sich nur auf Vorgänge gut ein Jahrzehnt nach der Kreuzigung Jesu, also längst nach der Absetzung des Pilatus. Ob auch aus seiner Zeit als Statthalter Roms – während der Regierung des Tiberius – Dokumente im Umlauf waren, darüber läßt sich noch weniger sagen. Die überlieferten apokryphen Berichte sind ja noch um einiges jünger.

Zumindest kann man davon ausgehen, daß irgendwelche Dokumente des Pilatus oder unter dessen Namen im Umlauf und daß sie Justin bekannt waren. Und gewiß hielt er – und nicht er allein – sie für echt, denn andernfalls hätte er nicht in der Weise, wie er es tat, auf solche Akten verweisen können, ohne für seine Leser unglaubwürdig zu werden.

Die Vermutung, daß dem Justinus echte Dokumente vorlagen, wird im übrigen auch von dem gleichfalls in der Apologie überlieferten Reskript Hadrians an Minucius Fundanus gestützt, der 124-125 Proconsul von Asia war. Dieses Reskript ist allgemein als echt anerkannt, freilich auch fast ein Jahrhundert jünger als mögliche Akten des Pilatus.

Wie auch immer, wir bewegen uns hier auf sehr spekulativem Terrain. Es lohnt sich, die Sache näher zu untersuchen. Aber historisch geben einstweilen andere Quellen für die Ausgangsfrage doch mehr her, meine ich: so die Berichte des Tacitus und des Flavius Josephus (mit dem arabischen Exzerpt) und die Korrespondenz zwischen Plinius und Trajan.
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