Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Haiduk
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Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Haiduk »

Die folgenden Beiträge entstammen diesem Strang in der Sakramentskapelle: viewtopic.php?f=2&t=1174&start=
Niels, Mod.
Sempre hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Antimodernisteneid hat geschrieben:Erstens: Ich bekenne, dass Gott, der Ursprung und das Ende aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der Vernunft durch das, was geschaffen ist, d. h. durch die sichtbaren Werke der Schöpfung, als Ursache mittels der Wirkung, mit Sicherheit erkannt und auch bewiesen werden kann.
Wenn Du das nicht glaubst, müssten wir zunächst eine grundsätzlichere Debatte führen, bevor wir uns weiter mit Ratzinger/Benedikt beschäftigen.
Den Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage hast Du selbst vorgezeigt, indem Du im ersten Teil deines Postings feststelltest, daß das, was sich heute als "Aufklärung" darstellt, Obskurantismus der übelsten Sorte ist.
Jein. Einerseits lehnt Robert die Verdunklung der heutigen Aufklärung ab, andererseits aber meint er, die traditionellen Beweise der Vernünftigkeit der christlichen Grundannahme zögen nicht mehr. Ziehen die nun nicht mehr, weil beim Hörer die Ohren auf Durchzug gestellt sind, oder ziehen sie aus sich selbst heraus nicht mehr, weil sie heute nicht mehr vernünftig sind? Das will ich von Robert wissen.

-------------
Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält. In dem im letzten Kapitel dieses Buches wiedergegebenen Text des "Frankfurters" wird das "natürliche" Licht als scharfer Gegensatz des "göttlichen" Lichtes dargestellt. Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet, die Liebe dieses Lichtes suche "nicht Gott, sondern sich selbst". Eine Hoffnung auf dieses Licht könne man nur haben, wenn dieses Licht das Kreuz geschmeckt hat. Gerade vor der Bitternis des Kreuzes flieht dieses Licht aber; „es will nicht Christus sein, sonden es will Gott sein in seiner Ewigkeit.“

PS: Tut mir leid für dieses geschrottete Format. Habe zur Zeit keinen Laptop, so daß ich auf meinen Hosentaschenrechner zurückgreifen mußte.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

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Sempre
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Sempre »

Haiduk hat geschrieben:Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält.
Das tut der Antimodernisteneid zu recht. Dafür gibt es nicht nur natürliche Vernunftgründe, sondern Gott hat uns das auch explizit offenbart:
Der hl. Paulus, [url=http://alt.bibelwerk.de/bibel/nt/roem001.htm]Röm 1,18ff[/url], hat geschrieben:Der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten. Denn was man von Gott erkennen kann, ist ihnen offenbar; Gott hat es ihnen offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar. Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.
(Meine Hervorhebung)

Haiduk hat geschrieben:In dem im letzten Kapitel dieses Buches wiedergegebenen Text des "Frankfurters" wird das "natürliche" Licht als scharfer Gegensatz des "göttlichen" Lichtes dargestellt. Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet, die Liebe dieses Lichtes suche "nicht Gott, sondern sich selbst".
Das ist eine Auffassung, die klar im Gegensatz zu den Ausführungen des Apostels steht. Auch wären diejenigen, die er anklagt, unschuldig, wenn Gott uns Menschen mit einer nicht nur mangelhaften sondern ganz und gar verqueren Vernunft begabt hätte, die uns direkt in den Egoismus führte.

Nein, die natürliche Vernunft ist eine gute Gabe Gottes (, die nicht frei davon ist, durch Sünde verdunkelt zu werden). „Fides et Ratio“ sind orthodox.

Gruß
Sempre

P.S.: Eine Diskussion dazu gehört wohl eher in die Sakristei (Orthodox), jedenfalls nicht in die Sakramentskapelle (orthodox).
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Raphael

Re: FSSPX & Rom: Auf dem Weg zur Einheit?

Beitrag von Raphael »

Haiduk hat geschrieben:Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält.
Das hat auch noch - neben dem von sempre bereits genannten - einen weiteren Grund:
Auf dem Vaticanum I war lehramtlich festgelegt worden, daß Gott mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkannt werden kann. Diese Festlegung richtete sich insbesondere gegen Obskurantismus und Fideismus.

Ein paar Jahre später hätte man diese Festlegungen ja negieren müssen, wenn man im Antimodernisteneid auf die Gotteserkenntnis mithilfe des natürlichen Lichts der Vernunft verzichtet hätte.
Zuletzt geändert von Raphael am Mittwoch 26. Mai 2010, 07:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Haiduk
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Haiduk »

Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält.
Das tut der Antimodernisteneid zu recht. Dafür gibt es nicht nur natürliche Vernunftgründe, sondern Gott hat uns das auch explizit offenbart:
Der hl. Paulus, [url=http://alt.bibelwerk.de/bibel/nt/roem001.htm]Röm 1,18ff[/url], hat geschrieben:Der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten. Denn was man von Gott erkennen kann, ist ihnen offenbar; Gott hat es ihnen offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar. Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.
(Meine Hervorhebung)

Haiduk hat geschrieben:In dem im letzten Kapitel dieses Buches wiedergegebenen Text des "Frankfurters" wird das "natürliche" Licht als scharfer Gegensatz des "göttlichen" Lichtes dargestellt. Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet, die Liebe dieses Lichtes suche "nicht Gott, sondern sich selbst".
Das ist eine Auffassung, die klar im Gegensatz zu den Ausführungen des Apostels steht. Auch wären diejenigen, die er anklagt, unschuldig, wenn Gott uns Menschen mit einer nicht nur mangelhaften sondern ganz und gar verqueren Vernunft begabt hätte, die uns direkt in den Egoismus führte.

Nein, die natürliche Vernunft ist eine gute Gabe Gottes (, die nicht frei davon ist, durch Sünde verdunkelt zu werden). „Fides et Ratio“ sind orthodox.

Gruß
Sempre

P.S.: Eine Diskussion dazu gehört wohl eher in die Sakristei (Orthodox), jedenfalls nicht in die Sakramentskapelle (orthodox).
Ich sage aber doch nicht, daß das natürliche Licht der Vernunft Gott überhaupt nicht erkennen könne. Was ich sage ist, daß mir die besondere Hoffnung darauf kühn erscheint. Auch Paulus spricht an der Stelle durchaus nicht davon, daß Gott Selbst an den Werken Seiner Schöpfung erkannt werden könnte, weil er ja einschränkend schreibt "was man von Gott erkennen kann"! Auf eine vollständige Erkenntnis vermittels des natürlichen Lichtes der Vernunft zu beharren scheint mir eher wie eine trotzige Vereinnahmung des Rationalismus der Protestanten, der Versuch den Rationalismus auf seinem ureigensten Gebiet schlagen zu wollen: ein verbissen anmutendes Unterfangen, auf das "Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden" (Röm. 1, 22) passen würde. Es gibt schließlich etliche Menschen, die beim Staunen über die Wunder der Schöpfung zugeben, daß es "irgendetwas wie Gott" geben müsse, aber das führt sie nicht automatisch zum dreieinigen Gott. Für manche ist das nicht viel mehr als eine Metapher und andere entwickeln sich in eine theosophische Richtung, bei der Gott und die Welt in eins gesetzt wird. Gerade im Neuheidentum der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das recht weit verbreitet. Eine Ahnung von Gottes "ewiger Kraft" (Röm. 1,20) hatten die durchaus, aber diese Ahnung allein genügt eben nicht.
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Sempre
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Sempre »

Haiduk hat geschrieben:Ich sage aber doch nicht, daß das natürliche Licht der Vernunft Gott überhaupt nicht erkennen könne. Was ich sage ist, daß mir die besondere Hoffnung darauf kühn erscheint.
Du formuliertest bzw. zitiertest ein negatives Verständnis der natürlichen Vernunft. Wesentliches Merkmal sei, dass sie zum Egoismus verleite.

Aber das gehört wirklich nicht hierher. Mach einen Strang sonstwo auf! (Hier geht es um die Theologie des heutigen Heiligen Vaters im Lichte der Tradition der Kirche. Nicht um eine Debatte derselben Tradition. Die hiesigen Regeln.)

Gruß
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Haiduk
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Re: FSSPX & Rom: Auf dem Weg zur Einheit?

Beitrag von Haiduk »

Raphael hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält.
Das hat auch noch - neben dem von sempre bereits genannten - einen weiteren Grund:
Auf dem Vaticanum I war lehramtlich festgelegt worden, daß Gott mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkannt werden kann. Diese Festlegung richtete sich insbesondere gegen Obskurantismus und Fideismus.

Ein paar Jahre später hätte man diese Festlegungen ja negieren müssen, wenn man im Antimodernisteneid auf die Gotteserkenntnis mithilfe des natürlichen Lichts der Vernunft verzichtet hätte.
Auf das mit dem Fideismus war ich bei meinen Recherchen auch gestoßen. Ich hatte mich auch gefragt, ob ich quasi Fideist bin. Es scheint mir dabei aber um etwas anderes gegangen zu sein, als die Sache, um die es mir feht. Näher daran ist die Kontroverse von Palamas/Barlaam im 14. Jahrhundert. Das war etwa zur gleichen Zeit, als dieser "Frankfurter" sein "Büchlein vom vollkommenen Leben" geschrieben hatte, in dem er zwischen dem falschen und dem wahren, dem natürlichen und dem göttlichen Licht, unterschieden hatte. Auch Luther hatte sich mit diesem "Frankfurter" befaßt, aber es will mir so scheinen, daß er ihn nicht wirklich verstanden hatte und stattdessen genau in die Falle hineingetappt ist, vor der der "Frankfurter" hatte warnen wollen. Ich wüßte jedenfalls nicht, was der Unterschied zwischen dem damals aufkommenden Rationalismus und der Hoffnung auf das natürliche Licht des Verstandes sein sollte. Mir erscheinen sie deckungsgleich.
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Haiduk »

Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich sage aber doch nicht, daß das natürliche Licht der Vernunft Gott überhaupt nicht erkennen könne. Was ich sage ist, daß mir die besondere Hoffnung darauf kühn erscheint.
Du formuliertest bzw. zitiertest ein negatives Verständnis der natürlichen Vernunft. Wesentliches Merkmal sei, dass sie zum Egoismus verleite.

Aber das gehört wirklich nicht hierher. Mach einen Strang sonstwo auf! (Hier geht es um die Theologie des heutigen Heiligen Vaters im Lichte der Tradition der Kirche. Nicht um eine Debatte derselben Tradition. Die hiesigen Regeln.)
Ich würde eher von einem realistischen Verständnis sprechen. Und daß es zum Egoismus verleiet habe ich weder geschrieben noch als Zitat wiedergegeben. Es ist eher so, daß das natürliche Licht der Vernunft vom Eigensinn gespeist wird. Um so höher diese Vernunft, desto stärker der Eigensinn.

Sehe ich ein. Vielleicht findet sich ja ein Moderator, der die fraglichen Beiträge in einen entsprechenden Strang verschiebt. Möglicherweise würde es hier dazu passen.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
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Robert Ketelhohn
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält.
Das tut der Antimodernisteneid zu recht. Dafür gibt es nicht nur natürliche Vernunftgründe, sondern Gott hat uns das auch explizit offenbart:
Der hl. Paulus, [url=http://alt.bibelwerk.de/bibel/nt/roem001.htm]Röm 1,18ff[/url], hat geschrieben:Der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten. Denn was man von Gott erkennen kann, ist ihnen offenbar; Gott hat es ihnen offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar. Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.
(Meine Hervorhebung)
:klatsch: :ikb_thumbup:
Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:In dem im letzten Kapitel dieses Buches wiedergegebenen Text des "Frankfurters" wird das "natürliche" Licht als scharfer Gegensatz des "göttlichen" Lichtes dargestellt. Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet, die Liebe dieses Lichtes suche "nicht Gott, sondern sich selbst".
Das ist eine Auffassung, die klar im Gegensatz zu den Ausführungen des Apostels steht. Auch wären diejenigen, die er anklagt, unschuldig, wenn Gott uns Menschen mit einer nicht nur mangelhaften sondern ganz und gar verqueren Vernunft begabt hätte, die uns direkt in den Egoismus führte.

Nein, die natürliche Vernunft ist eine gute Gabe Gottes (, die nicht frei davon ist, durch Sünde verdunkelt zu werden).
Richtig. Dieser „Frankfurter“ verwechselt das natürliche (von Gotte geschaffene und also gute) Licht mit dem falschen Flackerschein des Fürsten dieser Welt. Indem Schneider dem folgt, fällt er in obskurantistischen und zum Manichäertum neigenden Irrtum.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Raphael

Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Indem Schneider dem folgt, fällt er in obskurantistischen und zum Manichäertum neigenden Irrtum.
Wie kommst Du darauf, daß (Reinhold) Schneider dem gefolgt sei? :hmm:

In seinem Buch "Die Heimkehr des deutschen Geistes" schreibt er:
Wir möchten uns ein Herz fassen, einen Trost suchen und blicken weit zurück und fragen, ob der deutsche Geist wohl irgend einmal zu Hause war. Etwa im 15. oder im ausgehenden 14. Jahrhundert, als vielleicht die Phase begann, die jetzt überwunden werden muß, unterschied der „Frankfurter“ in seinem Büchlein vom vollkommenen Leben, auf dessen Titel die heiligen Namen: Jesus, Maria, Johannes standen, zwischen dem wahren und falschen göttlichen und natürlichen Licht, das wieder eine wahre und falsche Liebe erweckt. Im wahren Lichte offenbart sich Gott, und die von diesem Lichte „gelehrte, geleitete“ Liebe „folgt ihm und vollbringt sein Gebot“. Es ist Gottes Wille, daß das Göttliche, das in ihm „wesentlich und ursprünglich“ besteht, auch ohne Kreatur, „getan und hervorgebracht“ werde, und das geschieht durch die Kreatur. Das falsche Licht aber ist auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet; seine Liebe sucht nicht Gott, sondern sich selbst, obgleich sie wähnt „Gott und die lautere einfältige Wahrheit“ zu erkennen. „Und dies geschieht am allermeisten da, wo hohe natürliche Vernunft ist; denn sie steigt so hoch in ihrem eigenen Licht und in sich selbst, daß sie zuletzt selber meint, sie sei das ewige wahre Licht, und gibt sich dafür aus und ist also selbst betrogen und betrügt die Leute mit sich, die nichts Besseres wissen und auch dazu geneigt sind.“ In der Schilderung des falschen Lichtes hat der Fromme zu Frankfurt alles vorweggenommen, was von Faust und seinen Nachfahren zu sagen wäre: es hat „die sonderliche Eigenschaft, kann und hat groß Vergnügen, Freude und Prangen in seinem Wissen und Erkennen. Darum begehrt es auch allzeit mehr und mehr zu wissen und kommt darin nimmer zur Ruhe und Begnügung … Es hält die Erkenntnis für das Beste und Köstlichste, und so lehrt es denn auch die Liebe, sie solle das Erkennen und Wissen liebhaben als das Beste und Köstlichste. Sieh, da wird das Erkennen und Wissen mehr geliebt als das, was erkannt wird.“ Selbst wenn es möglich wäre, daß das falsche, natürliche Licht „Gott und die einige Wahrheit ganz recht erkennte, so ließe es dennoch nicht vom Eigentum, nämlich von sich selbst und von dem Seinen“. Der Grund ist, daß das falsche Licht hinaus zu sein glaubt über Christus und das „Christusleben“. Sein Eigenwille müßte gestorben sein am Kreuz. Denn das „Kreuz ist nichts anderes als das Christusleben“, es ist ein bitteres Kreuz für alle Natur. Aber das falsche Licht liebt doch nur „sich in sich selber“. Dies ist sein Wesen, sein furchtbares Verhängnis: „Es will nicht Christus sein, sonden es will Gott sein in seiner Ewigkeit.“

Dieses Licht, das nicht Christus sein will, ist gleichwohl Licht; es vermag mit gewaltigem Glanze Jahrhunderte zu überblenden. Wir aber gelangen mit diesen Worten vor die äußerste Möglichkeit der Unterscheidung und Entscheidung, der Verantwortung im geistigen Leben der Welt: Wir müssen das Licht fragen, ob es Christus sein will. Dieser Wille des Lichtes kann nicht verborgen bleiben; er kann auch nicht täuschen. Das Prisma der Wahrheit macht ihn offenbar. Im Lichte des Christuslebens sah der Fromme die Kreaturen als eine „Weisung und einen Weg zu Gott“, die Zeit und Zeitlichkeit schon als eine selige „Vorburg und Vorstadt der Ewigkeit“, die Welt war ihm offen, das Geschaffene alles eine Botschaft Gottes, die Erde ein Garten, in dem nur der eine Baum verboten war: der Wille, der nicht sterben will am Kreuze, nicht Christus sein will.

Die Geschichte kennt keine Rückkehr, keine Wiederkunft im wörtlichen Sinne. Aber auch sie ist eine „Weisung und ein Weg zu Gott“. Durch das Erfahrene hindurch und die ganze Not der Erfahrung — nicht etwa durch die Verleugnung der Not — führt der Weg zu Christus, führt Christus, der Herr der Geschichte, die Menschheit und mit ihr die Kreatur und alles Geschaffene heim zu Gott. Wo das Kreuz steht, ist der Geist gefragt, ob er Christus sein will. Wider seinen Willen, unter der Gewalt der Gnade, hat der Geist mitgeholfen an der Errichtung des ungeheuren Kreuzes dieser Jahre. Nun frägt ihn das Kreuz, das er aufgerichtet hat, ob er Christus sein will.
Es fällt mir schwer, diese Aussagen einem manichäistischen Denker zuzuschreiben ........

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Robert Ketelhohn
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Schneider hat geschrieben:das falsche, natürliche Licht
Das ist der Knackpunkt. Er verurteilt die Schöpfung als schlecht und damit ihren Schöpfer als unfähig.
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Haiduk
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Haiduk »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Ich frage mich, weshalb der Antimodernisteneid hier ausgerechnet die Hoffnung auf das "natürliche Licht der Vernunft" hochhält.
Das tut der Antimodernisteneid zu recht. Dafür gibt es nicht nur natürliche Vernunftgründe, sondern Gott hat uns das auch explizit offenbart:
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Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:In dem im letzten Kapitel dieses Buches wiedergegebenen Text des "Frankfurters" wird das "natürliche" Licht als scharfer Gegensatz des "göttlichen" Lichtes dargestellt. Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet, die Liebe dieses Lichtes suche "nicht Gott, sondern sich selbst".
Das ist eine Auffassung, die klar im Gegensatz zu den Ausführungen des Apostels steht. Auch wären diejenigen, die er anklagt, unschuldig, wenn Gott uns Menschen mit einer nicht nur mangelhaften sondern ganz und gar verqueren Vernunft begabt hätte, die uns direkt in den Egoismus führte.

Nein, die natürliche Vernunft ist eine gute Gabe Gottes (, die nicht frei davon ist, durch Sünde verdunkelt zu werden).
Richtig. Dieser „Frankfurter“ verwechselt das natürliche (von Gotte geschaffene und also gute) Licht mit dem falschen Flackerschein des Fürsten dieser Welt. Indem Schneider dem folgt, fällt er in obskurantistischen und zum Manichäertum neigenden Irrtum.
Was macht Dich so sicher, daß dieses "natürliche Licht" nicht das finstere Licht des Fürsten dieser Welt ist?

"Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!" (Mt. 6,22-23)

Auch Luzifer wurde von Gott dem HERRN geschaffen und dennoch streitet er wider Ihn.

Und war es nicht der Baum der Erkenntnis, mit dessen Frucht die Schlange die Eva und den Adam verführte, was dann zur Verteibung aus dem Garten Eden führte und ihnen den Fluch Gottes einbrachte?

Und muß nicht dieser "alte Adam" sterben, bevor der Mensch in Wasser und Geist wiedergeboren werden kann?
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
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Raphael

Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Schneider hat geschrieben:das falsche, natürliche Licht
Das ist der Knackpunkt. Er verurteilt die Schöpfung als schlecht und damit ihren Schöpfer als unfähig.
Aber an dieser Stelle meint Schneider doch das falsche, natürliche Licht der Selbstüberhöhung, die Überheblichkeit des deutschen Geistes; nicht aber das natürliche Licht der Vernunft, welche gemäß der göttlichen Weisung eingesetzt wird.

Das humane Licht, welches sich nur selber Licht ist, ohne Licht für andere zu werden, dies ist nach Reinhold Schneiders Ansicht verwerflich. Und insbesondere dann verwerflich, wenn es gegen Gott eingesetzt wird, wie es in weiten Teilen des deutschen Geisteslebens im 19. Jahrhundert getan wurde.
Reinhold Schneider hat dann persönlich unter den schrecklichen Ausläufern dieses irren Geistes gelitten. Wie kannst Du ihn da zum Manichäer abstempeln? :hae?:

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Sempre
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Sempre »

Haiduk hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Du formuliertest bzw. zitiertest ein negatives Verständnis der natürlichen Vernunft. Wesentliches Merkmal sei, dass sie zum Egoismus verleite.
Ich würde eher von einem realistischen Verständnis sprechen. Und daß es zum Egoismus verleiet habe ich weder geschrieben noch als Zitat wiedergegeben.
Doch, genau das hast Du geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet
Gruß
Sempre
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:Aber an dieser Stelle meint Schneider doch das falsche, natürliche Licht der Selbstüberhöhung, die Überheblichkeit des deutschen Geistes; nicht aber das natürliche Licht der Vernunft, welche gemäß der göttlichen Weisung eingesetzt wird.
Selbstüberhöhung und Überheblichkeit des menschlichen Geistes sind Finsternis, kein Licht, Abwesenheit natürlicher Vernunft.

Gruß
Sempre
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Genau.
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Haiduk »

Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Du formuliertest bzw. zitiertest ein negatives Verständnis der natürlichen Vernunft. Wesentliches Merkmal sei, dass sie zum Egoismus verleite.
Ich würde eher von einem realistischen Verständnis sprechen. Und daß es zum Egoismus verleiet habe ich weder geschrieben noch als Zitat wiedergegeben.
Doch, genau das hast Du geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet
Habe ich nicht. Die Wendung des "natürlichen Lichts" auf das "Ich, Mein, Mich" bringt eine Geisteshaltung zum Ausdruck, die sich nicht unbedingt in plumpem Egoismus niederschlägt. Nimm z.B. mal die Strömungen des Deutschen Idealismus: Gemeinschaftssinn hat es da allemal gegeben, aber das Grundmotiv der Denker dieser Richtungen war eben der Eigensinn: das "natürliche Licht" dem es vor dem Kreuz graust! Einen Namen wollten sie sich machen mit ihren himmelstürmerischen Philosophiegebäuden! Das ist es, worum es Schneider und dem "Frankfurter" gegangen war. Dies ernst zu nehmen und berücksichtigt sehen zu wollen, ist nicht häretisch, sondern Evangelium sine glossa, d.h. ohne aufgesetzte Deutung.
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Raphael

Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Raphael »

Sempre hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Aber an dieser Stelle meint Schneider doch das falsche, natürliche Licht der Selbstüberhöhung, die Überheblichkeit des deutschen Geistes; nicht aber das natürliche Licht der Vernunft, welche gemäß der göttlichen Weisung eingesetzt wird.
Selbstüberhöhung und Überheblichkeit des menschlichen Geistes sind Finsternis, kein Licht, Abwesenheit natürlicher Vernunft.

Gruß
Sempre
Die im 19. Jahrhundert in den verschiedenen philosophischen Systemen zu Tage getretenen Haltungen sind jedoch exakt der gegenteiligen Ansicht gewesen!

Das fing an mit dem feuerbach'schen "Gott ist ein Geschöpf des Menschen!" und endete nicht zuletzt beim nietzscheanischen "Der Mensch kommt aus dem Nichts und geht wieder in das Nichts!". Auch ein steiner'sches Goutieren des Lichtbringes Lucifer gehört in diese Geisteswelt.

Um diese Haltungen, die sich in verschiedenen philosophischen Systemen intellektuelle Fundierung zu verschaffen suchte, zu durchschauen, braucht es schon die kollektive Erfahrung einer 2000 Jahre alten Kirche, denn die subjektive Eitelkeit hält natürlich (sic!) das selbstentwickelte philosophische System für absolut überlegen.

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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Sempre »

Haiduk hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Du formuliertest bzw. zitiertest ein negatives Verständnis der natürlichen Vernunft. Wesentliches Merkmal sei, dass sie zum Egoismus verleite.
Ich würde eher von einem realistischen Verständnis sprechen. Und daß es zum Egoismus verleiet habe ich weder geschrieben noch als Zitat wiedergegeben.
Doch, genau das hast Du geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet
Habe ich nicht. Die Wendung des "natürlichen Lichts" auf das "Ich, Mein, Mich" bringt eine Geisteshaltung zum Ausdruck, die sich nicht unbedingt in plumpem Egoismus niederschlägt.
Tut mir Leid, aber dem kann ich beim besten Willen nicht folgen. Wer seine Vernunft auf das "Ich, Mein, Mich" lenkt, der ist Egoist.
Haiduk hat geschrieben:Nimm z.B. mal die Strömungen des Deutschen Idealismus: Gemeinschaftssinn hat es da allemal gegeben, aber das Grundmotiv der Denker dieser Richtungen war eben der Eigensinn: das "natürliche Licht" dem es vor dem Kreuz graust!
Jetzt lenkst Du ab. Wieso behauptest Du, dass dort, wo es Gemeinschaftssinn gibt, das Denken auf das "Ich, Mein, Mich" gelenkt sei? Wo es Gemeinschaftssinn gibt, ist das Denken auf das "Wir, unser, uns" gerichtet und nicht auf das "Ich, Mein, Mich". Letzteres ist Egoismus.

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Sempre
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Aber an dieser Stelle meint Schneider doch das falsche, natürliche Licht der Selbstüberhöhung, die Überheblichkeit des deutschen Geistes; nicht aber das natürliche Licht der Vernunft, welche gemäß der göttlichen Weisung eingesetzt wird.
Selbstüberhöhung und Überheblichkeit des menschlichen Geistes sind Finsternis, kein Licht, Abwesenheit natürlicher Vernunft.
Die im 19. Jahrhundert in den verschiedenen philosophischen Systemen zu Tage getretenen Haltungen sind jedoch exakt der gegenteiligen Ansicht gewesen!
Ja und? Sind die im 19. Jahrhundert in den verschiedenen philosophischen Systemen zu Tage getretenen Haltungen denn vernünftig? Nein, sind sie nicht! Selbstüberhöhung und Überheblichkeit sind nicht vernünftig. Das Naturrecht bzw. die 10 Gebote sind im Licht der natürlichen Vernunft erkennbar. Damit ist Selbstüberhöhung und Überheblichkeit gegenüber Gott und gegenüber dem Nächsten aus Vernunftgründen verboten.

Raphael hat geschrieben:Das fing an mit dem feuerbach'schen "Gott ist ein Geschöpf des Menschen!" und endete nicht zuletzt beim nietzscheanischen "Der Mensch kommt aus dem Nichts und geht wieder in das Nichts!". Auch ein steiner'sches Goutieren des Lichtbringes Lucifer gehört in diese Geisteswelt.
Willst Du sagen, dass in solchen Geisteswelten die natürliche Fähigkeit des Menschen, zu unterscheiden und zu erkennen, zum Ausdruck kommt? Nein, ganz im Gegenteil: Diese Geister sehen den Menschen dazu nicht imstande, bzw. die Wirklichkeit als solche nicht als erkennbar oder gar nicht als gegeben an. Sie ertasten in ihrer Finsternis rein gar nichts. Über sie spricht der Apostel in Röm 1,18ff.

Raphael hat geschrieben:Um diese Haltungen, die sich in verschiedenen philosophischen Systemen intellektuelle Fundierung zu verschaffen suchte, zu durchschauen, braucht es schon die kollektive Erfahrung einer 2000 Jahre alten Kirche, denn die subjektive Eitelkeit hält natürlich (sic!) das selbstentwickelte philosophische System für absolut überlegen.
Das trifft nicht zu. Nicht 2000, sondern maximal 20 Jahre. Wenn nicht gar in vorkirchlichen Zeiten solche Haltungen von vernunftbegabten Leuten verworfen wurden. Den Apostel Paulus hatte ich zitiert. Auch die Väter, z.B. der hl. Augustinus, waren bereits sehr spitz, was solche Haltungen angeht.


Ich verstehe Deinen Gedankengang nicht. Erst präsentierst Du wirre Ideen jüngerer Philosphen als Einwand. Dann erklärst diesen Einwand als eitel und durchschaut. Warum erwähnst Du all dies überhaupt, wenn Du doch selbst erkennst, dass Selbstüberhöhung und Überheblichkeit des menschlichen Geistes Finsternis sind und kein Licht, Abwesenheit der natürlichen Vernunft.

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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Raphael »

Sempre hat geschrieben:Ich verstehe Deinen Gedankengang nicht.
Der Gedankengang entwickelte sich aus robert'schen Verurteilung des Reinhold Schneider, dieser sei einem manichäischem Weltbild aufgesessen. Dabei hatte sich Reinhold Schneider explizit gegen die im 19. Jahrhundert entwickelten philosophischen Systeme des "deutschen Geistes" ausgesprochen.

Schneider's Verurteilung dieser philosophischen Systeme des "deutschen Geistes" wiederum, resultiert nicht aus einer Verwerfung der menschlichen Vernunft an sich, sondern aus einer Verwerfung der hybriden Auswüchse dieser menschlichen Vernunft. Um diese hybriden Auswüchse der menschlichen Vernunft festzustellen, bedarf es - auch meiner Ansicht nach - jedoch mehr als der menschlichen Vernunft alleine. Schneider setzt im letzten Abschnitt seines Buches "Die Heimkehr des deutschen Geistes" der menschlichen Hybris die Frage nach dem Kreuz entgegen. Hier ist des "Pudels Kern"; der Maßstab nach dem es sich zu richten gilt.

Gegenüber Nietenolaf äußerte ich bereits einmal die Ansicht, daß es die vornehmste Aufgabe der Theologie sei, die Philosophie zu korrigieren und damit in ihre Schranken zu verweisen. Dies ist jedoch - wie auch schon Fides et Ratio - feststellt, keine leichte Aufgabe, bei der jedes philosophische System, welches sich als neu verkaufen möchte, nach oberflächlicher Prüfung - gleichsam prima facie - in die Rundablage der Geschichte entsorgt werden kann.
Sempre hat geschrieben:Warum erwähnst Du all dies überhaupt, wenn Du doch selbst erkennst, dass Selbstüberhöhung und Überheblichkeit des menschlichen Geistes Finsternis sind und kein Licht, Abwesenheit der natürlichen Vernunft.
Niemand ist nutzlos, sempre, auch die Philosophen des 19. Jahrhunderts nicht.
Wie sie sich in den göttlichen Plan einfügen, habe ich nicht zu entscheiden.

Was jedoch die Überheblichkeit anbetrifft, richtet sich die Frage auch an theologische Systeme, denn (fast) nichts ist schlimmer als theologischer Hochmut. Insbesondere dann, wenn man meint, daß Wohl und Wehe der katholischen Kirche hinge von den eigenen Aktivitäten ab.

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Robert Ketelhohn
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphael hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Aber an dieser Stelle meint Schneider doch das falsche, natürliche Licht der Selbstüberhöhung, die Überheblichkeit des deutschen Geistes; nicht aber das natürliche Licht der Vernunft, welche gemäß der göttlichen Weisung eingesetzt wird.
Selbstüberhöhung und Überheblichkeit des menschlichen Geistes sind Finsternis, kein Licht, Abwesenheit natürlicher Vernunft.
Die im 19. Jahrhundert in den verschiedenen philosophischen Systemen zu Tage getretenen Haltungen sind jedoch exakt der gegenteiligen Ansicht gewesen!

Das fing an mit dem feuerbach'schen "Gott ist ein Geschöpf des Menschen!" und endete nicht zuletzt beim nietzscheanischen "Der Mensch kommt aus dem Nichts und geht wieder in das Nichts!"
Das hat aber nicht mit Vernunft zu tun noch mit „natürlichem Licht“, du Witzbold.

Wie kommt ihr auf den aberwitzigen Trichter, die flackernden Irrlichter, die entstehen, wenn ein Menschlein das Räderwerk seiner Eitelkeiten funkensprühend in Gang setzt, mit dem „natürlichen Licht der Vernunft“ zu verwechseln? Was könnte denn unvernünftiger sein als jener zitierte feuerbachsche und nietzschesche Gedankenschrott?
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Robert Ketelhohn
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphael hat geschrieben:Der Gedankengang entwickelte sich aus robert'schen Verurteilung des Reinhold Schneider, dieser sei einem manichäischem Weltbild aufgesessen.
Ich habe nicht Schneider verurteilt, sondern ein konkretes Zitat beurteilt. Und zwar zutreffend.
Raphael hat geschrieben:Schneider's Verurteilung dieser philosophischen Systeme des "deutschen Geistes" wiederum resultiert nicht aus einer Verwerfung der menschlichen Vernunft an sich, sondern aus einer Verwerfung der hybriden Auswüchse dieser menschlichen Vernunft.
Die Hybris wächst nicht aus der Vernunft, sondern aus verkehrtem Willen, wie auch der Totschlag nicht aus der Hand wächst, mit welcher ich ihn begehe.
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Haiduk
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Re: Die Theologie von Joseph Ratzinger im Lichte der Tradition

Beitrag von Haiduk »

Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Du formuliertest bzw. zitiertest ein negatives Verständnis der natürlichen Vernunft. Wesentliches Merkmal sei, dass sie zum Egoismus verleite.
Ich würde eher von einem realistischen Verständnis sprechen. Und daß es zum Egoismus verleiet habe ich weder geschrieben noch als Zitat wiedergegeben.
Doch, genau das hast Du geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Vom "natürlichen Licht" heißt es, es sei auf das „Ich, Mein oder Mich“ gewendet
Habe ich nicht. Die Wendung des "natürlichen Lichts" auf das "Ich, Mein, Mich" bringt eine Geisteshaltung zum Ausdruck, die sich nicht unbedingt in plumpem Egoismus niederschlägt.
Tut mir Leid, aber dem kann ich beim besten Willen nicht folgen. Wer seine Vernunft auf das "Ich, Mein, Mich" lenkt, der ist Egoist.
Haiduk hat geschrieben:Nimm z.B. mal die Strömungen des Deutschen Idealismus: Gemeinschaftssinn hat es da allemal gegeben, aber das Grundmotiv der Denker dieser Richtungen war eben der Eigensinn: das "natürliche Licht" dem es vor dem Kreuz graust!
Jetzt lenkst Du ab. Wieso behauptest Du, dass dort, wo es Gemeinschaftssinn gibt, das Denken auf das "Ich, Mein, Mich" gelenkt sei? Wo es Gemeinschaftssinn gibt, ist das Denken auf das "Wir, unser, uns" gerichtet und nicht auf das "Ich, Mein, Mich". Letzteres ist Egoismus.
Wenn ich mich mühe den Unterschied darzulegen, dann ist das kein Ablenkungsmanöver, sondern eine Richtigstelllung. Dumm nur, daß Dich das gar nicht interessiert. Dir geht es nur darum, mir Aussagen zu unterstellen, die ich so nie gemacht habe und nie machen werde. Wenn ich mich gegen den Begriff "Egoist" wende, dann deshalb, weil Du den Sachverhalt damit bewußt übersimplifizert, um Dir einen Strohmann zu bastelnt, den Du dann in gewohnter Manier abfackeln kannst. Von "Egoismus" habe ich deshalb nie gesprochen, weil das auf die falsche Fährte führt und daher falsch ist: nicht wenige treibt ihr maßloser Eigensinn dazu, sich mit ihrem natürlichen Licht großartige philosophische Gebäude auszudenken, die den Egoismus selbst auf's Schärfste verdammen und Gemeinschaftssinn predigen. Das ist auch keine Finte, sondern tatsächlich ernst gemeint. Nur haben die dann halt ein recht eigensinniges Verständnis von Gemeinschaft, weil sie statt des guten Hirten einen Mietling haben. Der Marxismus ist so ein Fall. Gemeinschaftssinn haben die dort allemal, aber es ist der Gemeinschaftssinn einer Räuberbande.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Haiduk »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wie kommt ihr auf den aberwitzigen Trichter, die flackernden Irrlichter, die entstehen, wenn ein Menschlein das Räderwerk seiner Eitelkeiten funkensprühend in Gang setzt, mit dem „natürlichen Licht der Vernunft“ zu verwechseln? Was könnte denn unvernünftiger sein als jener zitierte feuerbachsche und nietzschesche Gedankenschrott?
Das ist nicht unsere Idee. Der Antimodernisteneid lehrt es, wenn er sagt, daß das natürliche Licht der Vernunft die Existenz Gottes beweisen können müsse. Das geht aber nicht. Der Glaube an Gott ist freilich vernünftig, aber es ist doch Wahnsinn, all seine Hoffnung auf das natürliche Licht der Vernunft zu setzen, wenn die Geschichte gezeigt hat, wohin der Glaube in die Vernunft führt. Ich verstehe ja auch durchaus worum es Dir geht. Aber wo im Antimodernisteneid vom "natürlichen Licht der Vernunft" die Rede ist, hätte besser "die vom göttlichen Licht geläuterte Vernunft des Menschen" gestanden. Das wäre eindeutig gewesen, weil hier niemand auf die Idee kommen kann, daß es um die eitle menschliche Vernunft geht. Genau diese eitle menschliche Vernunft wird aber mit solchen Diskussionen über Gottesbeweise angestoßen. Sieh Dir doch an, was für unsinnige Debatten sich um Richard Dawkins entzünden. Dieser Mann strahlt derart vom "natürlichen Licht der Vernunft", daß er ganz verstrahlt ist. Selbst wenn man es schaffte, dem seine Argumente zu widerlegen, würde damit aber doch niemand zum Glauben an den dreieinigen Gott gebracht. Grund ist, daß diese Debatte all denen zur Bühne wird, die mit ihrem natürlichen Licht glänzen wollen.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
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Raphael

Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Raphael »

Haiduk hat geschrieben:Der Antimodernisteneid lehrt es, wenn er sagt, daß das natürliche Licht der Vernunft die Existenz Gottes beweisen können müsse.
Zunächst einmal lehrt der Antimodernisteneid selber gar nichts, sondern er bekräftigt die Lehre der katholischen Kirche. Der Eid dient also einerseits der Sicherstellung der Authentizität innerhalb der Verkündigung und entfaltet andererseits eine Verpflichtung beim Eidleistenden.

Woher Du jetzt aber die zitierte Aussage nimmst, ist mir schleierhaft. Zwischen Erkennen und Beweisen ist doch noch eine Unterschied, oder?
Zuletzt geändert von Raphael am Donnerstag 27. Mai 2010, 13:32, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von lifestylekatholik »

Haiduk hat geschrieben:[Richard Dawkins] strahlt derart vom "natürlichen Licht der Vernunft"
Nein, eben nicht.
Haiduk hat geschrieben:Selbst wenn man es schaffte, dem seine Argumente zu widerlegen, würde damit aber doch niemand zum Glauben an den dreieinigen Gott gebracht.
Natürlich nicht. Hat aber auch niemand behauptet. Hier bist du es, der sich einen Strohmann bastelt.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Robert Ketelhohn
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:[Richard Dawkins] strahlt derart vom "natürlichen Licht der Vernunft"
Nein, eben nicht.
:!: :!: :!: :!: :!: :!: :!:
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Niels »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:[Richard Dawkins] strahlt derart vom "natürlichen Licht der Vernunft"
Nein, eben nicht.
:!: :!: :!: :!: :!: :!: :!:
Darauf kann man nicht oft genug hinweisen!
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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Kirchenjahr »

Vatikanum I hat geschrieben:Deum, rerum omnium principium et finem, naturali humanae rationis lumine e rebus creatis certo cognosci posse
Haiduk hat geschrieben:Aber wo im Antimodernisteneid vom "natürlichen Licht der Vernunft" die Rede ist, hätte besser "die vom göttlichen Licht geläuterte Vernunft des Menschen" gestanden. Das wäre eindeutig gewesen, weil hier niemand auf die Idee kommen kann, daß es um die eitle menschliche Vernunft geht.
Ich stimme Dir zu, Haiduk.

Die Lehraussage lese ich abgekürzt so, dass Gott mit der menschlichen Vernuft erkannt werden könne. Man muss eben nicht nur so einige Verlautbarungen des 2. Vatikanums anhand der Tradition auslegen, sondern leider auch diese Passage des 1. Vatikanums. Der so häufig beschriebene paradiesische Urzustand der menschlichen Vernunft hatte zwischenzeitlich arg gelitten und selbst seit Christi Erlösungstat wird diese Vernunft erst durch den Heiligen Geist wieder erneuert. Die Anfeindungen des Widersachers und der eigene Stolz der Menschen vertrüben oder vernebeln jedoch auch heute munter weiter.

Die Wichtigkeit der Lehraussage für die Gläubigen stufe ich als eher gering ein. Die Kirche hat die Aufgabe der Nachfolge Christi und der Verkündung des Evangeliums. Gott (und zwar der Dreifaltige, der sich den Menschen offenbart hat) ist die Antwort auf jede in der Philosophie jemals gestellte Frage. Der abstrakten Frage des Pilatus setzt Jesus sich selbst als Wahrheit entgegen. Da irritiert ein "abstrakter" Gott der Lehraussage des 1. Vatikanums. Im übrigen, was wissen wir schon von Gott? Wir sollten da nicht zu viel mutmaßen und mit unserer simplen Logik hausieren gehen. Wer das meint zu können, der stelle sich einen Wald mit unendlich vielen Bäumen vor bis er damit fertig ist (ein Forenmitglied weniger ;)).

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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Sempre »

Raphael hat geschrieben:[@Haiduk]
Woher Du jetzt aber die zitierte Aussage nimmst, ist mir schleierhaft. Zwischen Erkennen und Beweisen ist doch noch eine Unterschied, oder?
Antimodernisteneid hat geschrieben:Erstens: Ich bekenne, dass Gott, der Ursprung und das Ende aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der Vernunft durch das, was geschaffen ist, d. h. durch die sichtbaren Werke der Schöpfung, als Ursache mittels der Wirkung, mit Sicherheit erkannt und auch bewiesen werden kann.
(Meine Hervorhebung)

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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Offensichtlich kommt man hier bald beim Fideismus an ...

Es wirkt außerdem so, als ob die natürliche Gotteserkenntnis, mit der Irrlehre des Ontologismus verwechselt werden würde. Dass die natürliche Gotteserkenntnis niemals cognitio propria, sondern immer cognitio analoga ist, ist ja auch allen klar, eigentlich. Unbeschadet dessen, ist das Dasein des Absoluten durch die natürliche Vernunft aus dem Geschaffenen zu erkennen (nicht aber, was es "eigentlich", in seinem Wesen ist oder auch nicht, dass es dreieinig etc. ist).

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Re: Antimodernisteneid und "natürliches Licht der Vernunft"

Beitrag von Sempre »

Haiduk hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wie kommt ihr auf den aberwitzigen Trichter, die flackernden Irrlichter, die entstehen, wenn ein Menschlein das Räderwerk seiner Eitelkeiten funkensprühend in Gang setzt, mit dem „natürlichen Licht der Vernunft“ zu verwechseln? Was könnte denn unvernünftiger sein als jener zitierte feuerbachsche und nietzschesche Gedankenschrott?
Das ist nicht unsere Idee. Der Antimodernisteneid lehrt es, wenn er sagt, daß das natürliche Licht der Vernunft die Existenz Gottes beweisen können müsse. Das geht aber nicht.
Doch, selbstverständlich kann die Existenz Gottes mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkannt und bewiesen werden. Es gibt zahlreiche geeignete Beweise. Einer davon: es wird wohl kein vernünftiger Mensch leugnen, dass die Wirklichkeit ein kausales Geschehen aus Ursache-Wirkungs-Ketten ist. Daraus leiten Aristoteles sowie der hl. Thomas die Existenz Gottes her. Falls Du Fragen dazu hast, hier der entsprechende Strang.

Für Deine offenbar falsche Behauptung, die Existenz Gottes sei nicht beweisbar, gibt es hingegen keinen Beweis. Es handelt sich dabei um eine fixe Idee. Ich empfehle aber, wenn Du das tatsächlich für wahr hältst, Dich einmal an einem Beweis zu versuchen.

Wenn der Apostel davon spricht, dass seit Erschaffung der Welt Gottes unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen wird (Röm 1,18ff), dann ist nicht von irgendeiner Wahrnehmung, insbesondere nicht von einer bloß sinnlichen Wahrnehmung, sondern von Wahrnehmung mit der Vernunft die Rede. Was aber die Vernunft wahrnimmt, dass ist auch an andere vermittelbar - sprich: das ist beweisbar. Die Vernunft nimmt wahr, was tatsächlich wirklich ist. (Gemeint ist hier die gute, von Gott geschaffene Vernunft, und nicht eine durch Eitelkeit und Hochmut getrübte Vernunft)

Haiduk hat geschrieben:Der Glaube an Gott ist freilich vernünftig, aber es ist doch Wahnsinn, all seine Hoffnung auf das natürliche Licht der Vernunft zu setzen, wenn die Geschichte gezeigt hat, wohin der Glaube in die Vernunft führt.
Du konstruierst einen Pappdrachen. 1.) Niemand hat empfohlen, all seine Hoffnung auf das natürliche Licht der Vernunft zu setzen. Mit der allein können wir zwar Gottes Existenz erkennen, nicht aber seine Dreifaltigkeit, seine Menschwerdung, sein Opfer usf. 2.) Du verwechselst die bloße Erwähnung der Tatsache, dass die Existenz Gottes mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkennbar und beweisbar ist, mit einem Glauben an die Vernunft. Einem solchen hat hier niemand das Wort geredet.

Haiduk hat geschrieben:Ich verstehe ja auch durchaus worum es Dir geht. Aber wo im Antimodernisteneid vom "natürlichen Licht der Vernunft" die Rede ist, hätte besser "die vom göttlichen Licht geläuterte Vernunft des Menschen" gestanden.
Nein, die Vernunft braucht nicht vom göttlichen Licht geläutert werden. Gott hat sie gut erschaffen. Geläutert werden muss unser (Un-) Wille.

Haiduk hat geschrieben:Das wäre eindeutig gewesen, weil hier niemand auf die Idee kommen kann, daß es um die eitle menschliche Vernunft geht.
Der Antimodernisteneid spricht -wie auch der Apostel- davon, dass der Mensch mittels Vernunft die Existenz des Schöpfers erkennt. Dabei ist wohl klar, dass nicht die Rede von „eitler Vernunft“ ist.

Gruß
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