max72 hat geschrieben:Ob Zen dem Christentum entgegen laeuft ist eine gute Frage. Ich habe mich lange mit Zen beschaeftigt. Zen versucht alles wegzulassne was man weglassen kann. Im Zen lernt man selten etwas konkret buddhistisches, viele Zenlehrer zitieren christliche mystiker wie auch buddhistische Meister. Im Zen geht es, ganz grob gesagt, darum wirklich gegenwaertig zu sein. Das allein ist mit dem Christentum vereinbar, christlich koennte man sagen, Gott ist gegenwaertig, aber wir sind nicht wach genug, nicht gegenwaertig genug um dies zu erkennen. Wir sind in Tagtraeumen usw.
Den fernöstlichen Meditationstechniken liegt ja das Ziel zugrunde, das eigene Ich aufzugeben, um an den Urgrund des eigenen Seins zu gelangen (wie immer man das ausdrücken will), diese Erfahrung ist sehr beglückend, aber sie ist menschengemacht, durch eine Technik hervorgerufen, sozusagen eine natürliche, menschengemachte Mystik. Die christliche Meditation aber hat eine Begegnung mit Gott zum Ziel. Für diese Begegnung braucht man ein "ich" und ein "du", genau dieses versuchen aber die fernöstlichen Meditationstechniken zu überwinden. In christlicher Meditation gibt es zwar auch dan asketischen Bereich, aber dieser ist nur eine Hilfe, keine Technik. Letztendlich übernimmt Gott die Initiative und die Begegnung mit ihm wird unverdient geschenkt (man kann sie nicht durch eine Technik erarbeiten). Die Erfahrungen nicht menschengemacht, sondern Geschenk, eine echte Mystik. Deshalb können vom Grundsatz her schon die fernöstlichen Meditationstechniken nicht zu Gott hinführen, sondern sie verhindern eine Begegnung mit Gott.
Allerdings: Eine ganze Menge Christen haben Zen praktiziert und ich muss sagen, dass eine ganze Menge dadurch den christlichen Glauben verloren oder zur Unkenntlichkeit relativiert haben. Willigis Jaeger ist ein Beispiel. Ebenfalls der Jesuit Nikolaus Brantschen, der ein Buch mit dem Untertitel "Als Christ Buddhist" schrieb. Komischerweise kommt dann in dem Buch gar nichts chrisliches vor, sondern es ist rein buddhistisch. In der Richtung gibt es viele Beispiele.
Was mich wundert: Das was ein Christ konkret bei Kontemplation "tut" und das was ein Buddhist konkret bei Zen "tut", ist sehr aehnlich. Die Anweisung zu Gebet, Kontemplation und Zen sind wirklich sehr aehnlich. Aber allein diese Praxis reicht nicht, bei beiden kommt ein Glaube dazu, der nun eben unterschiedlich ist.
Gruss
Max
Christliche Meditation hat immer einen Gegenstand (Schriftwort etc.) zur Grundlage. Bei Teresa von Avila kann man Warnungen vor einer "leeren" Meditation lesen. Die Gefahr besteht, dass man nur sich selber findet, nicht aber Gott. Und diese Gefahr besteht daher auch bei den Meditationstechniken, selbst wenn man sie nur zur Entspannung benutzt (die ja prinzipiell für das Gebet förderlich ist) - man setzt sich der Gefahr aus, dass die Erfahrungen dann letztendlich menschengemacht (durch Technik) sind und nicht durch eine Begegnung mit Gott hervorgerufen sind. Neben der Reise nach Innen muss bei christlicher Meditation auch das Erheben der Seele zu Gott kommen - bei Meditationstechniken bleibt man mehr oder weniger bei sich selbst - eigentlich ein rein narzistisches Vergnügen. Die Folgen für den Glauben kann man sich leicht ausmalen.
Ein anderer Punkt ist, dass bei christlicher Meditation eben nicht die Erfahrung zählt.
Ich kenne Zen jetzt nicht genau, deswegen habe ich eher allgemein über fernöstliche Meditation gesprochen. Aber viele Zenlehrer sind ja der Ansicht, dass Zen eine Rückkehr zum eigentlichen Buddhismus ist, in dem er den ganzen Ballast abwirft, der im Laufe der Zeit dazugekommen ist.
Interessant wäre auch eine Betrachtung des Unterschieds zwischen dem Jesusgebet und einem Mantra...
Ich habe das jetzt in Eile geschrieben, weil hier im Hintergrund gerade ein Seminar für Chemie für Mediziner läuft - aber ich hoffe dass das jetzt nicht zu verwirrt rübergebracht ist.