Juergen hat geschrieben:Um mein Geschreibsel auf ein paar Punkte zu reduzieren, um sich dran abzuarbeiten
1. Bewiesen wird z.B. der unbewegte Beweger (Thomas) oder auch das denkende Denken (Aristoteles). Aber der unbewegte Beweger ist der unbewegte Beweger und das denkende Denke ist das denkende Denken, aber es ist kein personaler Gott.
2. Die bewiesene Existenz hat kein Gesicht. Er ist ein Gott der Zweckmäßigkeit und immanent erfahrbaren Ordnung. Gott ist gleichsam der Gärtner des Lebens.
3. Jeder Weg, der im endlichen einen Aufstieg in Richtung Unendlichkeit versucht, geht einen Weg - vielleicht einen langen Weg - aber der Weg bleibt in der Endlichkeit. Ein Sprung in die Unendlichkeit und damit zu Gott ist nicht möglich. Will man den unbewegten Beweger verorten, so muß man ihn in der Endlichkeit verorten. - Das entspricht aber nichtmals dem Gott der Philosphen und schon gar nicht dem christl. Gott.
Alle Gottesbeweise (egal von wem), die von den Geschaffenen Dingen ausgehen und zu Gott aufsteigen wollen, erliegen dem Problem, daß es keinen Weg gibt der in die Unendlichkeit führt.
4. Der Hinweis in den fünf Wegen, daß ein unendlicher Regess nicht möglich ist, ist auch kein Sprung in die Unendlichkeit in der Form, daß man nun den Weg in der Endlichkeit verläßt und dann rüberspringt. Mehr noch: gerade dieses Argument fußt auf auf dem aristotelischen Verbot, daß es ein aktual Unendliches nicht gegen kann. Damit beinhaltet der Beweis gleichsam schon das Verbot eines unendlichen Gottes.
5. Hätte man tatsächlich eine Möglichkeit geschaffen, sowohl das Endliche als auch das Unendliche zu überblicken, würde der Beweisgang (und derjenige, der ihn durchführt) gleichsam ein Über-Gott sein. Nur was außerhalb von Gott ist, kann begriffen werden. Würde man den Versuch unternehmen, Gott und Welt zu betrachten würde man gleichsam von außen gucken und sehen: hier die Welt, da ist Gott, ich stehe darübe und betrachte sie beide.
6. Mit den fünf Wegen des Thomas gelangt man zu fünf Ergebnissen, die nicht zwingend notwendig auf ein und dasselbe verweisen. Man könnte sogar sagen, daß Thomas fünf "Götter" beweist.
Mit diesen ganzen Punkten zielst Du darauf ab, zu zeigen, dass der Gott der Philosophen nicht bewiesen sei. Genau damit hat sich auch Immanuel Kant (1724-1804) beschäftigt. Was aber ist nun genau der "Gott der Philosophen"? Auch Kant lässt diese Frage offen und wählt den "Gott des Philosophen Leibniz" als Gegner.
Nun hatte bereits Aristoteles vor Christus die Existenz Gottes bewiesen. Wenn Du so willst, die Existenz des "Gottes des Philosophen Aristoteles". Darauf hat der Apostel hingewiesen.
Kant argumentiert nicht gegen den "Gott des Philosophen Aristoteles" sondern gegen den "Gott des Philosophen Leibniz". Es mag richtig sein -darum geht es hier nicht- dass einiges, was diverse Philosophen im Laufe der Zeit als sichere Erkenntnis angesehen haben, nur vermeintlich sichere Erkenntnis war.
Als nun später die Kirche (Vaticanum I, 1869-1870) die Lehre von der Beweisbarkeit der Existenz und Personalität Gottes fixiert, sind ihr nun auch die Schriften von Immanuel Kant wohlbekannt. Sie deklariert nicht, dass der "Gott des Philosophen Leibniz" (der später auch der "Gott des Mathematikers Gödel" ist), beweisbar sei, sondern eben (bloß) die Existenz und Personalität Gottes. Wohlwissend, dass auch Kant dagegen keinen wirksamen Einwand hat. Es ist ja nicht so, dass die Kirche ihre Gegner nicht gewissenhaft studierte.
Nun aber zu den Punkten im einzelnen:
ad 1.)
Dazu hatte ich geschrieben:
Wenn Gott vernunftbegabte Personen schafft, dann muss er selbst vernunftbegabte Person (oder etwas noch höheres) sein, da niedrigere Ordnung bzw. niedrigere Formen gemäß dem Kausalgesetz keine höheren hervorbringen.
ad 2.)
Ich kann hier keinen Einwand gegen die Lehre der Kirche erkennen.
ad 3.) und 4.)
Die Kirche lehrt, dass Existenz und Personalität Gottes beweisbar sind. Dass weitere Prädikate beweisbar seien, wird nicht von den Gläubigen zu glauben verlangt. Speziell auch nicht die Unendlichkeit oder Ewigkeit Gottes. Die ist zwar zu glauben, weil offenbart, deren Beweisbarkeit ist aber nicht zu glauben.
ad 5.)
Käme die Kirche daher und behauptete, das Endliche sowie auch das Unendliche zu überblicken, dann ... tja dann ... tja ... was wäre dann? Naja, egal, ist ja nicht der Fall. Ein Nachweis der Existenz und Personalität Gottes ist wohl ein demgegenüber eher mageres Ergebnis, ein Spatz, auf den Du hier mit Kanonen schießt.
ad 6.) sowie insgesamt
Der Vorwurf von Kant gegen die ontologischen Gottesbeweise war -so grob daher gesagt- der, dass Gott eine Idee des Menschen sei, die dieser mittels "Vernünftelei" in die Realität projiziere. Deine Einwände funktionieren im Prinzip genauso: Du sagst einiges über den Gott, den Du aus dem Glauben und der Philosophie kennst, und verlangst dann von dem Beweis, die entsprechenden, bereits bekannten Eigenschaften Gottes nachzuweisen.
Nachgewiesen ist eine unverursachte Erstursache, ein Unbedingtes, welches im Gegensatz zu all dem Bedingten steht, was wir beobachten. Wenn auch ein Heide sich weigern mag, dies mit Gott zu identifizieren, mit dem Gott Mosis, der im Anfang schuf, dann tut das der Lehre der Kirche keinen Abbruch. Es reicht, dass der Heide nach entsprechender Erkenntnis von einer "personalen Erstursache" oder Vergleichbarem spricht. Dass er damit automatisch vom dreifaltigen Gott spricht, dessen Dreifaltigkeit Moses nicht erwähnte, braucht er nicht zu erkennen.
Gruß
Sempre