Raphael hat geschrieben: [ Nun, zunächst müßte man wohl erst einmal klären, was Du denn überhaupt unter dem Begriff «Kontingenz» verstehst. ... Demzufolge ist mit der Menschwerdung Gottes als Jesus Christus noch keine Kontingenz Gottes eingeräumt.
Ich bezeichne Eigenschaften eines Gegenstandes, die sein können aber nicht sein müssen als 'kontingent', d.h. möglich bzw. zufällig. So kann z.B. ein Tisch rund, klein, gelb... sein. Diese Merkmale sind nicht notwendig Merkmale eines Tisches, sie könnten auch anders sein. Die Tatsache, dass ein Gegenstand zufällige Eigenschaften hat, wird mit 'Kontingenz' bezeichnet.
Ist es bei konkreten Gegenständen noch möglich, sich durch Hinsehen auf die Sache darüber zu verständigen, was man als dessen zufällige Eigenschaften auffassen möchte, so wird es bei allen anderen wie z.B. Geist, Seele, Vernunft schon wesentlich schwieriger, weil m.E. unübersichtlich, i.S. von 'Nicht-hinsehen-können'.
Hinsichtlich 'Gott' bzw. 'Absolutem' besteht m.E. das größte Dilemma, weil 'Absolutes' aus meiner Sicht dem Menschen prinzipiell nicht fassbar ist. Dies meinte schon Anaximander und ich teile nach vierzigjährigem erfolglosem Bemühen in der Angelegenheit 'Wahrheitserkenntnis' seine Auffassung. D.h. ich gehe davon aus, dass all das, was über Gott gesagt wird, so sein kann, aber nicht so sein muss. Für einen wirklich tief gläubigen Christen dürfte dies ein blasphemischer Gedanke sein. Schon die Inkarnation ist für einen nichtreligiösen Philosophen ein kontingentes Phänomen. U.a. auch deshalb weil die unmittelbar benachbarten Religionen (mosaische und muslimische Religion) das anders sehen.
Die berühmte 'Ringparabel' Lessings hat den aufgeklärten Standpunkt eingenommen, dass es nicht entscheidbar ist, welche der drei Religionen die 'Wahrheit' hat. Papst Benedikt zufolge, soll 'Wahrheit' ausschließlich in Gott liegen, was der antiken griechischen Auffassung über 'Wahrheit' und 'Götter' entspricht. Es sieht für mich so aus, als ob auch er davon ausgeht, dass die christlichen Beschreibungen Gottes mögliche Beschreibungen sind, die die Kirche ihren Gläubigen als etwas, was geglaubt werden soll, wenn man Christ sein möchte, übergibt. Auch bei Pieper meine ich ähnliches zu entdecken, weil auch er davon ausgeht, dass 'Wahrheit' nicht auf philosophischem Terrain zu entscheiden ist.
flores hat geschrieben:Auch bei Pieper meine ich ähnliches zu entdecken, weil auch er davon ausgeht, dass 'Wahrheit' nicht auf philosophischem Terrain zu entscheiden ist.
Und watt mach'se jetzt mit all den schönen Worten?
Du meinst also erkannt zu haben, daß Benedikt XVI. und Joseph Pieper Deine letztlich agnostizistische Position teilen. Gewißheit darüber hast Du aber nicht.
Mir scheint, derjenige, der sich hier kontingent verhält, ist Deine Wenigkeit ...................
Raphael hat geschrieben: Mir scheint, derjenige, der sich hier kontingent verhält, ist Deine Wenigkeit ...................
Durchaus möglich, da ich ja prinzipiell davon ausgehe, dass 'wissen' nichts als 'erinnern' (voller Kontingenzien)bedeuten kann. Mithin auch meine Äußerungen genauso nur Möglichkeiten, aber keine Notwendigkeiten darstellen. Mit den eigenen Möglichkeiten zu leben ist höchst produktiv und erfreulich.
flores
PS: 'Agnostik' möchte ich als mögliche Bezeichnung meiner Sichtweise zurückweisen, weil Agnostik die Möglichkeit von Objektivität impliziert. Für mich ist jedoch Objektivität ein philosophisch unerfüllbarer Wunschtraum, kommt also nicht vor.
Wir sind noch mitten drin im Gedankenaustausch. Eigentlich fehlt im Moment nur ein inhaltlicher Beitrag von dir zu Kontingenz. Oder sollte deine Äußerung "Deine Wenigkeit ist kontingent!" der Beitrag dazu gewesen sein?
Die Schlussfolgerungen, es bleibe nur Solipsismus bzw. radikaler Konstruktivismus übrig, treffen nur für den Fall zu, dass man den Sachverhalt kontingenter Phänomene für marginal oder gar für nicht zutreffend hält. Die Beschäftigung mit kontingenten Phänomenen ergibt m.E. unterm Strich, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde als unsere Schulweisheit zu ergründen vermag. Die Grundannahme 'individuelle Sichten sind unumgehbar' öffnet solche von der Schulweisheit bisher unentdeckten Räume. Der Pardigmenumbruch, der darin angedeutet wird - und den schon Kant eingeläutet haben soll - ist in seinen Auswirkungen weitreichender und übersteigt gewohnte abendländische Sichten.
flores hat geschrieben:Oder sollte deine Äußerung "Deine Wenigkeit ist kontingent!" der Beitrag dazu gewesen sein?
Ein bißchen präziser darfst Du ruhig sein, werter flores, wenn Du philosophieren möchtest. Denn ich schrieb nicht "Deine Wenigkeit ist kontingent!" ............
flores hat geschrieben:Der Pardigmenumbruch, der darin angedeutet wird - und den schon Kant eingeläutet haben soll - ist in seinen Auswirkungen weitreichender und übersteigt gewohnte abendländische Sichten.
Welcher Pflug wurde denn genommen, um das Paradigma umzubrechen?
Hat man die "Ackerscholle" auch vorher um Erlaubnis gefragt?
Weiß Kant, was man aus seinem Philosophieansatz gemacht hat?
Zuletzt geändert von Raphael am Sonntag 22. Februar 2009, 18:58, insgesamt 2-mal geändert.
overkott hat geschrieben:Allgemein wird Person jedoch höher bewertet als eine Sache...
Nebenbei: Professor Wald, der die Piper-Ausgabe herausgegeben hat und bei dem ich einiges an Vorlesungen und Seminaren besucht habe, hat seine Habilitationsschrift über: "Substantialität und Personalität : Philosophie der Person in Antike und Mittelalter" geschrieben.
In diesem Thread soll es um die Frage gehen, was philosophieren sei. Und bisher habe ich hier dazu folgende Antworten gelesen.
Manchem meinen, ...
...man darf weder so philosophieren wie Nietzsche, denn der war je eigentlich Theologe
...schon gar nicht wie Heidegger, denn der war nicht nur Theologe, sondern ist auch noch tot.
... ich lese, was ich will.
... es gibt Erkenntnisse.
... Philosophen können königliche Exemplare sein.
...Theologen stemmen jedes Gewicht.
... Definieren sei ein nie endendes Geschäft.
... es gibt Einsicht und tiefere Einsicht.
... die intellektuelle Erkenntnis gehe üblicherweiseweise der spirituellen Einsicht voran.
... sind einverstanden.
... sie wollten genau das Gelesene wissen
... Gott ist nicht kontingent und vermutlich nicht inkontinent
... Kontingenz sei möglicherweise ein Teil verbaler Inkontinenz.
... dass manche sich kontingent verhalte.
....suum quique.
... individuelle Sichten machten jede verbale Einlassung zu hohlen Gelaber.
...Solipsismus und/oder harter Konstruktivismus seien die einzig redliche Philosophie
... brauchen einen Pflug, um Paradigmen umzubrechen.
... dass es Fragen gibt.
Der Anfang des Philosophierens liegt in Gott. Deshalb ist Philosophie prinzipiell Theologie. Jesus Christus war der Philosoph. Bei ihm stimmten Philosophie und Tugend, Lehre und Leben überein.
flores hat geschrieben:In diesem Thread soll es um die Frage gehen, was philosophieren sei. Und bisher habe ich hier dazu folgende Antworten gelesen.
Manchem meinen, ...
...man darf weder so philosophieren wie Nietzsche, denn der war je eigentlich Theologe
...schon gar nicht wie Heidegger, denn der war nicht nur Theologe, sondern ist auch noch tot.
... ich lese, was ich will.
... es gibt Erkenntnisse.
... Philosophen können königliche Exemplare sein.
...Theologen stemmen jedes Gewicht.
... Definieren sei ein nie endendes Geschäft.
... es gibt Einsicht und tiefere Einsicht.
... die intellektuelle Erkenntnis gehe üblicherweiseweise der spirituellen Einsicht voran.
... sind einverstanden.
... sie wollten genau das Gelesene wissen
... Gott ist nicht kontingent und vermutlich nicht inkontinent
... Kontingenz sei möglicherweise ein Teil verbaler Inkontinenz.
... dass manche sich kontingent verhalte.
....suum quique.
... individuelle Sichten machten jede verbale Einlassung zu hohlen Gelaber.
...Solipsismus und/oder harter Konstruktivismus seien die einzig redliche Philosophie
... brauchen einen Pflug, um Paradigmen umzubrechen.
... dass es Fragen gibt.
flores
Tja, und wenn man jetzt bedenkt, daß Objektivität - Deiner Meinung nach - ein unerfüllbarer Wunschtraum ist, wird's auch nicht leichter ........
Für mich ist denkbar - auch im Hinblick auf die Bedeutung von 'objektiv' im Sprachgebrauch - dass 'objektiv' bzw. 'Objektivität' ein anderes Wort für 'Übereinstimmung' ist. Schon Kant betrachtet das Wort in diesem Sinnet: "In allen Urteilen, wodurch wir etwas für schön erklären, verstatten wir keinem, anderer Meinung zu sein; ohne gleichwohl unser Urteil auf Begriffe, sondern nur auf unser Gefühl zu gründen: welches wir also nicht als Privatgefühl, sondern als ein gemeinschaftliches zum Grunde legen. Nun kann dieser Gemeinsinn zu diesem Behuf nicht auf der Erfahrung gegründet werden; denn er will zu Urteilen berechtigen, die ein Sollen enthalten: er sagt nicht, daß jedermann mit unserm Urteile übereinstimmen werde, sondern damit zusammenstimmen solle. Also ist der Gemeinsinn, von dessen Urteil ich mein Geschmacksurteil hier als ein Beispiel angebe und weswegen ich ihm exemplarische Gültigkeit beilege, eine bloße idealische Norm, unter deren Voraussetzung man ein Urteil, welches mit ihr zusammenstimmte, und das in demselben ausgedrückte Wohlgefallen an einem Objekt, für jedermann mit Recht zur Regel machen könnte: weil zwar das Prinzip nur subjektiv, dennoch aber, für subjektiv-allgemein (eine jedermann notwendige Idee) angenommen, was die Einhelligkeit verschiedener Urteilenden betrifft, gleich einem objektiven, allgemeine Beistimmung fordern könnte; wenn man nur sicher wäre, darunter richtig subsumiert zu haben." (Kant; Kritik der Urteilskraft, Teil I,§22; Werke in zwölf Bänden. Band 10, Frankfurt am Main 1977, S. 158-160)
flores hat geschrieben:Für mich ist denkbar - auch im Hinblick auf die Bedeutung von 'objektiv' im Sprachgebrauch - dass 'objektiv' bzw. 'Objektivität' ein anderes Wort für 'Übereinstimmung' ist. Schon Kant betrachtet das Wort in diesem Sinnet: "In allen Urteilen, wodurch wir etwas für schön erklären, verstatten wir keinem, anderer Meinung zu sein; ohne gleichwohl unser Urteil auf Begriffe, sondern nur auf unser Gefühl zu gründen: welches wir also nicht als Privatgefühl, sondern als ein gemeinschaftliches zum Grunde legen. Nun kann dieser Gemeinsinn zu diesem Behuf nicht auf der Erfahrung gegründet werden; denn er will zu Urteilen berechtigen, die ein Sollen enthalten: er sagt nicht, daß jedermann mit unserm Urteile übereinstimmen werde, sondern damit zusammenstimmen solle. Also ist der Gemeinsinn, von dessen Urteil ich mein Geschmacksurteil hier als ein Beispiel angebe und weswegen ich ihm exemplarische Gültigkeit beilege, eine bloße idealische Norm, unter deren Voraussetzung man ein Urteil, welches mit ihr zusammenstimmte, und das in demselben ausgedrückte Wohlgefallen an einem Objekt, für jedermann mit Recht zur Regel machen könnte: weil zwar das Prinzip nur subjektiv, dennoch aber, für subjektiv-allgemein (eine jedermann notwendige Idee) angenommen, was die Einhelligkeit verschiedener Urteilenden betrifft, gleich einem objektiven, allgemeine Beistimmung fordern könnte; wenn man nur sicher wäre, darunter richtig subsumiert zu haben." (Kant; Kritik der Urteilskraft, Teil I,§22; Werke in zwölf Bänden. Band 10, Frankfurt am Main 1977, S. 158-160)
flores
Tja, da wird zunächst mal nicht ganz klar, wovon Kant eigentlich redet:
1. Von Objektivität oder Intersubjektivität?
2. Von Werturteilen oder vom Erkenntnisvermögen?
3. Ist ein Verstandesurteil ein anderes als das Gefühlsurteil?
Insgesamt wird klar, daß er sich (absichtsvoll???) unklar ausdrückt. Mit so'nem Geschwurbel ist wenig anzufangen ...................
Sicher ist jedoch, daß in dem kant'schen Zitat "Objektivität" nicht als ein Wunschtraum entlarvt wird, sondern höchstens problematisiert wird. Des Weiteren ist sicher, daß es sich bei der Definition "Objektivität [als] ein anderes Wort für Übereinstimmung" um Deine subjektive Interpretation handelt!
Raphael hat geschrieben: Insgesamt wird klar, daß er sich (absichtsvoll???) unklar ausdrückt. Mit so'nem Geschwurbel ist wenig anzufangen ...................
Ich empfehle dazu http://www.zeno.org wo man kostenfrei und ohne seinen Hintern vom Stuhl erheben zu müssen, bei Kant rumlesen kann, um mit Kantschem 'Geschwurfel' umgehen zu lernen. Sprich: Kant schreibt immer so. So sollte sich dies zu geringerer Relevanz reduzieren können.
Sicher ist jedoch, daß in dem kant'schen Zitat "Objektivität" nicht als ein Wunschtraum entlarvt wird, sondern höchstens problematisiert wird.
Wäre ganz nett - aber nicht zwingend notwendig - wenn Du dazu Stellen aus dem Zitat näher bezeichnen könntest, wo Kant deiner Meinung nach nur problematisiert. Es wäre sinnvoll dazu auch andere Stellen aus der 'Urteilskraft' heranzuziehen. Aber nicht notwendig: Für die Abwehr einer Aufgabenstellung reicht ein ungefähres Draufblicken allemal.
Des Weiteren ist sicher, daß es sich bei der Definition "Objektivität [als] ein anderes Wort für Übereinstimmung" um Deine subjektive Interpretation handelt!
Nun es dürfte zustimmen, wenn auch nicht mit Sicherheit - dass ich meine eigene Sicht darlege. Es könnte nämlich auch sein, dass ich darüberhinaus Sichten anderer implizit [mit]teile.
Vor allem aber ergibt sich meine Sicht für mich als Folge - ohne dass ich da etwas hineinlegen (interpretieren) muss - aus dem, was Kant geschrieben hat [ich habe in meinem Satz lediglich statt 'Zusammenstimmung' - das heute ungebräuchlich ist - 'Übereinstimmung' verwendet]: "denn er [der Gemeinsinn] will zu Urteilen berechtigen, die ein Sollen enthalten, er [der Gemeinsinn] sagt nicht, daß jedermann mit unserm Urteile übereinstimmen werde, sondern damit zusammenstimmen solle....eine ... Norm ... ein Urteil ... für jedermann mit Recht zur Regel machen ... [die] gleich einem objektiven, allgemeine Beistimmung fordern könnte; ..." Aus diesen Sätzen zu schließen - wie du es tust - dass Kant hier nur problematisiere, scheint mir zu kurz gegriffen im Hinblick sowohl auf den Kontext der Stelle innerhalb der 'Urteilskraft' als auch im Hinblick auf die Kantsche Philosophie überhaupt. Im Prinzip geht hier Kant nicht anders vor als bei seinen Begründungen transzendental-philosophischer Objektivität hinsichtlich der Urteilsfähigkeit von Vernunft und Verstand: Er beschreibt ein subjektives Prinzip und erhebt es durch zusätzliche Merkmale (die ich als kontingente bezeichnen möchte, da Kants Aussagen nur für seine Zeit in dem Maße zutreffen, wie er sie auffasst) zu einem objektiv gültigen Prinzip. Zuerst geht er dabei stets 'vorstellend' (du nennst das 'problematisierend') vor und schließt mit seinen eigenen Sichten im Sinne des anfangs Vorstellbaren ab. Wäre auch verwunderlich, wenn er induktiv vorgehen würde, anstatt deduktiv und damit immer auch zirkulär, da er ja der Empirie hinsichtlich Verlässlichkeit von Erkenntnis nicht viel zutraut. Auch seine Aprioris sind zuerst nichts anderes als subjektive Anschauungsformen, Ideen, Kategorien, ... , die er zur Objektivität erklärte, weil es zu seiner Zeit z.B. für ihn noch so aussehen konnte, dass diese z.B. für die Wissenschaften zeitlose Gültigkeit haben könnten. Heute können wir z.B. auf ganz andere physiologische und physikalische Forschungsergebnisse zugreifen, die die kantsche Transzendentalphilosophie pragmatisch gründlich in Frage stellen und sie überflüssig erscheinen lassen.
Seine Überzeugung, dass es so etwas wie "objektiv" unveränderliche Wahrheiten geben könne - obwohl er diese Bezeichnung in seiner Kritik der reinen Vernunft nicht für seine Aprioris verwendete - beruhten im Wesentlichen auf dem Stand der Wissenschaften seiner Zeit und seiner eigenen frommen Auffassung der göttlichen Weltordnung. Von Entwicklungen der Naturwissenschaften - wie sie sich im 19. Jahrhundert stark ausprägten -konnte er keine Kenntnis haben, bzw. hat entsprechende Entwicklungen seiner Zeit noch nicht einbeziehen können oder wollen.
Doch das ist nur philosophiegeschichtlicher Erläuterungskram und tut eigentlich wenig zur Sache. In der Sache gibt es seit Hegel ins Tübinger philosophische Seminar ging, keine Veränderung: Immer noch träumen Philosophen und andere Wissenschaftler von der 'Objektivität' als dem "sagenhaften Atlantis der Erkenntnis". Entscheidend ist, was Du unter Objektivität auffasst, wie du sie beschreiben kannst, um meiner Sicht, dass Objektivität ein 'unerreichbares Ding' ist, ein Licht aufzustecken, für das ich Dir sehr dankbar wäre. Denn dann hätte ich manches Problem weniger und die Wissenschaften erst recht.
Das Verständnis von subjektiv und objektiv ist keineswegs festgelegt, sondern bedarf in jeder Debatte darüber immer wieder einer aktuellen Definition.
Das zeigt sich in der Frage nach dem höchsten und ersten Prinzip. Ist es subjektiv oder objektiv?
Sprachlogisch ist das höchste und erste Prinzip das Subjekt. Das Subjekt ist das eigentliche Hauptwort des Satzes. Es regiert den Satz. Es bestimmt ihn. Und es zeichnet sich durch seine Handlung aus, die durch das Prädikat näher ausgezeichnet wird.
Gott als das höchste und erste Prinzip ist das Subjekt der Schöpfung. Die Schöpfung mit den Augen des Schöpfers zu betrachten, also aus der Perspektive Gottes zu schauen, von oben, aus dem Überblick, aus der Theorie, ist die subjektive Sicht der Schöpfung.
Der Mensch als Geschöpf ist das Objekt des Schöpfers. Er hat die Leideform, ist passiv. Er wird geboren, er muss sterben. Aber als Abbild Gottes ist der Mensch auch Subjekt: aktiv, handelnd.
Sprachlogisch können aber auch niedrigere Wesen als der Mensch, also Tiere oder Dinge, die wir gewöhnlich als Objekte betrachten, Subjektcharakter haben.
Wer sich für fundiertes christliches Meta- Denken interessiert, sei auf die moderne katholische Fundamentaltheologie hingewiesen, z.B. auf:
Hans-Joachim Sander, Natur und Schöpfung - Die Realität im Prozess, Frankfurt am Main 1991 in der Reihe: Würzburger Studien zur Fundamentaltheologie, Bd. 7
und
Roland Faber, Gott als Poet der Welt, Darmstadt 2003
Die katholische Fundamentaltheologie geht insgesamt der Frage nach, ob und inwiefern theologische Standpunkte in einem säkularen Raum überhaupt Sinn haben, "glaubhaft" gemacht werden können und welche Bedeutung naturwissenschaftliche Erkenntnis für die begriffliche Bestimmung des Glaubens haben können; Fragen, die ohne den klassischen Diskurs zwischen Naturwissenschaften und Theologie nicht behandelt werden können.
Unser Gottesbegriff bezieht sich auf eine Wirklichkeit; somit ist Theologie die Wissenschaft von der Wirklichkeit Gottes und von den Erfahrungen des Menschen mit Gott in der Welt. Es geht um die prinzipielle Bedeutung von Glauben als einem Fakt menschlicher Erfahrung und um die Verteidigung grundsätzlicher Sinnhaftigkeit von Glaubensaussagen. Damit gewinnt die Theologie eine Existenzberechtigung als Wissenschaft, weil sie sich mit Tatsachen befasst, die die Existenz des Menschen wirklich und wesentlich betreffen; und sie gewinnt gleichzeitig eine Autorität für den Glauben, weil sie die Glaubenserfahrungen auf Begriffe bringt, die seine Bedeutung erfassen.
Für das christliche Verständnis bietet die Vernunft als universales Licht des Geistes die Möglichkeit, dem großen Sinnzusammenhang zwischen Gott und seiner Schöpfung nachzuspüren. Wenn auch die göttliche Vernunft die menschliche unendlich übersteigt, hat doch die menschliche Vernunft wesensmäßig Anteil an ihr; Vernunft ist eine wesentliche Schnittstelle von Gott und Mensch. (In dem Zusammenhang wird von anti-rationaler Seite darauf hingewiesen, dass die Liebe die Schnittstelle zwischen Gott und Mensch sei. Göttliche Vernunft und Liebe sind jedoch nicht auseinanderdividierbar, Logos ist Liebe.)
Das Geheimnis Gottes bleibt, aber Geheimnis heißt nicht Kokolores: wir können vernünftig über Gott reden, ohne ins Abseits zu geraten. Denn wir glauben nicht irgend etwas. Sondern die Wahrheit. Und die muss begreifbar sein. Sie ist der Grund, auf dem wir stehen; und wir müssen den Grund verstehen, auf dem wir stehen (Ratzinger).
Die christliche Religion ist weder reine Gefühlssache noch darf sie zu simpler Gewohnheit werden. Es geht in ihr um Wahrheit. Es geht um die Wahrheit, die Logos heißt und Fleisch geworden ist. Der Logos wird Fleisch, aber "wir haben uns so sehr an dieses Wort gewöhnt, dass uns die ungeheure göttliche Synthese des scheinbar unüberbrückbar Getrennten gar nicht mehr auffällt..." (J. C. Ratzinger, Gott ist uns nah, Augsburg 2005)
Mit dem ungeheuren Akt der Fleischwerdung des Geistes beginnt das absolut Neue, der Skandal des Christlichen und die Zumutung unseres Glaubens. Das, was bislang in keiner anderen Kultur gedacht oder für möglich gehalten worden war, die Synthese von phänomenaler und noumenaler Welt, ist Grundlage unseres Glaubens. Der transzendente Gott neigt sich zur Erde: Transzendenz und Immanenz, bislang fein säuberlich getrennte Entitäten, verweben miteinander.
Vernunft brauchten die ersten Theologen/Philosophen/Kirchenväter wahrlich über die Maßen, um das einigermaßen zu begreifen, was Gott, der Eine und Einzige Gott, an Überraschungen bereithält: denn dieser unbegreifliche, ferne, unergründliche Gott erhält plötzlich ein Antlitz; kommt ganz nahe und zeigt sich; und er zeigt sich entschieden anders als es sich zahllose Menschengenerationen vorher ausdenken, vorstellen, glauben konnten. Dass dies nicht bloße Mythologie oder irreales Reden ist, dazu mussten die Kirchenväter eben sehr viel nachdenken, mussten sich in das absolut Neue, das Gott uns zumutet, hineindenken, mussten versuchen, die menschliche Vernunft mit der göttlichen, alles sprengenden Vernunft einigermaßen kompatibel zu machen. Und es ist sicher kein Zufall, dass das nur zur Zeit und auf dem Hintergrund griechischer Philosophie geschehen konnte. Es bedurfte eines weit entwickelten Bewusstseins und eines subtilen Begriffsapparates, um die "Neue Botschaft" umzusetzen, die lebendige Wahrheit verständlich zu machen, sie zu verteidigen gegen den empörten Aufschrei von allen Seiten, damals nicht weniger als heute.
Auch wir sind gehalten, immer wieder neu den Versuch zu wagen und zu begreifen, was Gott, dieser extrovertierte Dreifaltige Gott, uns sagen will und was er für uns bedeutet und nachzusinnen über seine Werke in Zusammenhang mit der Welt heute, hier und jetzt.
Nun muss ein Christ natürlich nicht Theologie oder Metaphysik studieren, um seinen Glauben zu leben; Glaube ist letztlich Gnade, ein Getroffen-Sein, ein Anruf Gottes und die bewusste Entscheidung, Ja zu ihm zu sagen, ihm gläubig zu folgen. Doch auch das Nachsinnen über Gott ist Gnade und Gott-gewollt. Die Beschäftigung mit metaphysischen Fragen ist in diesem Zusammenhang keine intellektuelle Spielerei, sondern gebotene Disziplin des Denkens und Glaubens.
Denn: Wie wir über "Gott und die Welt" denken, so glauben und leben wir; unsere Vorstellungen und Grundannahmen über Gott, Welt und Mensch, auch wenn jene uns nicht immer bewusst sind, beeinflussen unser gesamtes Denken und Tun, bestimmen unsere Wertvorstellungen, Einstellungen, Meinungen, Empfindungen; lenken unsere Wahrnehmungen, ja verhindern oder ermöglichen überhaupt erst das Zulassen, Gewahrwerden und Ernstnehmen bestimmter Wahrnehmungen: denn wir sehen, fühlen und glauben letztlich immer nur das, was wir erwarten, für möglich halten und suchen.
Die Induktive Metaphysik kann da Klärung bringen, Metaphysik als eine Art Hintergrundsfolie, aus der heraus allgemein nachvollziehbare Aussagen über spezielle Erfahrungen möglich sein sollen. Eine "brauchbare" Metaphysik könnte das rationale Fundament bilden für eine adäquate, kohärente Betrachtung der gesamten Wirklichkeit, aus der nichts ausgeklammert werden darf: Erfahrungen aus allen Bereichen, auch dem religiösen, würden dabei so reflektiert, dass sie nicht aus dem Denken der Zeit herausfallen oder im Widerspruch zu ihr stehen.
Die Vernunft darf und muss dabei wieder in ihrer ganzen Weite, Universalität gesehen und gewürdigt werden und sich nicht positivistisch in ihr enges Territorium vermeintlicher Objektivität zurückziehen, die Grenzen dicht machen und alles, was dahinter liegt, sich selbst überlassen. Der Vernunft kann und darf alles zugemutet werden, was den Menschen existenziell betrifft. Für den Christen heißt das, dass er mit Vernunft, die göttlichen Ursprungs ist, sich auch der Gotteserkenntnis rational nähern kann, darf, soll.
Prüfstein, Maßstab, Wegweiser, Korrektiv für theologisches Nachdenken, Nachsinnen über Glaubenswahrheiten ist das Liebes-Axiom Gottes. Dazu benötigen wir ein lebendiges, dynamisches, auf die Welt bezogenes Gottesbild, das uns erlaubt, göttliche Offenbarung und Welt, wie sie nun einmal ist, in einen vernünftigen Sinnzusammenhang zu bringen, ohne von dem einen oder anderen Abstriche zu machen. Sowohl die Voraussetzungen für das ungeheure Geschehen, dass Gott uns so nahe kommen kann als auch die Bedingungen der Möglichkeit für den Glauben an ein lebendiges, liebendes, barmherziges Wirken Gottes in der Welt, und sei dieses noch so verborgen und geheimnisvoll, können dann aufgezeigt und glaubhaft gemacht werden.
A. N. Whitehead, engl. Mathematiker, Naturwissenschaftler und Philosoph, entwickelt auf dem Hintergrund des neuen physikalisch-wissenschaftlichen Weltbildes des 20. Jahrhunderts das Paradigma einer relationalen, organischen, prozessualen Weltsicht und ermöglicht so ein neues Verständnis von Wirklichkeit, einer alles umfassenden Wirklichkeit, die ohne das Wirken Gottes in dieser Welt nicht konsequent gedacht werden kann. Es geht in Whiteheads Prozess-Metaphysik vor allem um die Neudefinition von Subjektivität und Objektivität, um Lebendigkeit, Einmaligkeit und um letztes Seiendes, das nicht statisch als eine ein für alle Mal gegebene, nur für sich seiende Substanzialität gesehen wird, sondern als dynamisches, prozessuales Werden in notwendiger Relation und Kommunikation zu anderem - was weitreichende Konsequenzen für die Betrachtung Gottes hat.
Whitehead trifft damit wesentliche Grundentscheidungen gegen die Dichotomien festgefahrenen philosophischen und theologischen Denkens: gegen die Spaltung von Materialismus und Idealismus; gegen die Trennung zweier Seinsbereiche von Natur und Geist und dem damit verbundenen engen, naiven Erkenntnisideal einer "rein objektiven" Naturwissenschaft im Gegensatz zu den Geisteswissenschaften; gegen die grundsätzliche Trennung von Wissen und Glauben, von Religion und Wissenschaft; gegen die Trennung von Leib und Seele, Körper und Geist; gegen jede wissenschaftstheoretische Reduktion alles Geistigen auf Materielles.
"Verpflichtende erkenntnistheoretische Regeln müssen zu ihrer Legitimation den innerwissenschaftlichen Diskurs überschreiten... Wenn Wissenschaft ihre Verpflichtung auf Wahrheit erhalten will, muss sie sich auf eine wissenschaftstranszendierende, die Endlichkeit überschreitende Legitimation und Verpflichtung beziehen. Dies ist ein religiöser Akt." (Gesine Schwan, "Mut zur Weite der Vernunft", Kommentar zur Regensburger Vorlesung "Glaube und Vernunft" von Benedikt XVI., Herder 2006)
Nach dem Zweiten Vatikanum geht es auch auf theologischer Seite darum, die Trennung von Naturwissenschaft und Theologie, von Wissen und Glauben, von Religion und Wissenschaft zu überwinden und die unterschiedlichen Disziplinen in ihrer je eigenen und wechselseitigen Bedeutung zu erfassen.
Auch die Spaltung zwischen Theologie und Spiritualität muss überwunden werden, ist sie doch ein unseliges Missverständnis. Was sich scheinbar unversöhnlich gegenüber steht, gehört unbedingt zusammen. Die ursprüngliche Einheit von gläubigem Verstehen und gemeinschaftlicher Erfahrung des "neuen Lebens" darf sich nie auflösen. Jede Spiritualität enthält eine Theologie, und jede wahre Theologie reflektiert zugleich eine Spiritualität.
Ähnlich wie einst Th. v. Aquin für die Beleuchtung und Beweisführung christlicher Glaubenswahrheiten den metaphysischen, wissenschaftstheoretischen Ansatz von Aristoteles übernahm, versucht die katholische Fundamentaltheologie heute, auf der Basis der Whiteheadschen Prozess-Metaphysik, ein neues, adäquates Paradigma zu entwerfen, das den systematischen Fragen der christlichen Theologie verpflichtet ist und die Theologie mit weitest entwickelter Begrifflichkeit so rational macht, dass diese zum Denken der Zeit nicht im Widerspruch steht.
Etc.
Es lohnt sich, dem nachzugehen.
Nietzsche, Heidegger und Konsorten helfen da keinen Millimeter weiter.
Auch der gute Kant muss irgendwann einmal von jedem überwunden werden.
maria reinecke hat geschrieben:
Es lohnt sich, dem nachzugehen.
Nietzsche, Heidegger und Konsorten helfen da keinen Millimeter weiter.
Auch der gute Kant muss irgendwann einmal von jedem überwunden werden.
M.R.
Ok, es gefällt dir. Aber es ist nicht sehr überzeugend, hier einfach nur Bücher reinzukopieren und ohne Begründung zu behaupten: Das ist gut, alles andere ist schlecht. Das machen katholische Theologen gewöhnlich nicht.
Overkott schreibt: "Ok, es gefällt dir. Aber es ist nicht sehr überzeugend, hier einfach nur Bücher reinzukopieren und ohne Begründung zu behaupten: Das ist gut, alles andere ist schlecht. Das machen katholische Theologen gewöhnlich nicht."
Sorry, overkott, Sie irren hier: mein sicher etwas lang geratener Beitrag ist aus keinem Buch einfach so reinkopiert, sondern bildet tatsächlich einen soz. essayistischen Einblick in das, was ich in diesem Zusammenhang denke. Das mag Ihnen gefallen oder nicht, kein Grund sich zu ärgern. Metaphysik ist halt nicht Jedermanns Sache. (Ihre Adjektive gut/schlecht tauchen bei mir nicht auf. Impliziert von mir ist höchstens unzureichend)
Die Literaturangabe zu Beginn war für diejenigen gedacht, die angesichts vorherrschender meterlanger unzureichender philosophischer Schriften in Bibliotheken und Buchläden Suchende geblieben sind.
Bleibt an Sie die Frage: Was macht ein "richtiger katholischer Theologe" eigentlich gewöhnlich?
M.R.
Zuletzt geändert von maria reinecke am Donnerstag 26. Februar 2009, 19:39, insgesamt 1-mal geändert.
maria reinecke hat geschrieben: Wie wir über "Gott und die Welt" denken, so glauben und leben wir; unsere Vorstellungen und Grundannahmen über Gott, Welt und Mensch, auch wenn jene uns nicht immer bewusst sind, beeinflussen unser gesamtes Denken und Tun, bestimmen unsere Wertvorstellungen, Einstellungen, Meinungen, Empfindungen; lenken unsere Wahrnehmungen, ja verhindern oder ermöglichen überhaupt erst das Zulassen, Gewahrwerden und Ernstnehmen bestimmter Wahrnehmungen: denn wir sehen, fühlen und glauben letztlich immer nur das, was wir erwarten, für möglich halten und suchen.
Ich unterscheide zwischen Philosophie, weil sie vom Menschen ausgeht und Theologie, weil sie von Gott ausgeht.
Philosophen sind an dem interessiert, was man "erkunden" kann, weshalb auch die ersten Philosophen als 'sophoi' bezeichnet wurden. (sophos: ursprünglich geschickt, geübt in mechanischer Kunst, in einem Handwerke, kundig) In den platonisch-sokratischen Dialogen wird jeder, der etwas von etwas versteht, als "sophos" bezeichnet.. Gott ist - auch nach Auskunft religiös Gläubiger - unerforschlich, also scheidet er als Gegenstand des 'philosophieren' aus.
Einem, dem alles Erforschbare bedeutsam und so 'erforschen' die Tätigkeit zu sein scheint, die ihm ermöglicht, Grundannahmen zu bilden, nach denen er eigenverantwortlich handeln und denken kann, der hat für Unerforschbares keine Verwendung. Auch ein bestimmter Glaube an 'Unerforschbares' spielt hier zur Orientierung keine Rolle. Glaube ist etwas für Menschen, die glauben möchten, dass ihr Glaube irgendetwas an ihrem 'handeln und glauben' verbessert.
flores hat geschrieben:...
Ich unterscheide zwischen Philosophie, weil sie vom Menschen ausgeht und Theologie, weil sie von Gott ausgeht....
Mit Verlaub, eigentlich handelt es sich um Physik, näherhin die Gesetze der (geistl.) Schwerkraft.
Man unterscheidet "Philosophie", weil sie vom Menschen ausgeht und den Menschen zum Ziel hat und "Theologie", weil sie vom Menschen ausgeht und Gott zum Ziel hat.
Man kann es auch anders ausdrücken: Wer Gott ignoriert, fällt in sein eigenes schwarzes Loch.
... und darum METAPHYSIK als philosophische Grundwissenschaft und nicht zuletzt Ausgangspunkt christlicher Theologie ( z.B. Thomas von Aquin)
Zur Klärung der komplizierten Begrifflichkeiten trägt möglicherweise folgender Überblick bei:
METAPHYSIK (griech. meta ta physika), ist der Titel der Schriften des Aristoteles, die das behandeln, was hinter/nach dem Physischen kommt, steht. Gemäß Aristoteles sind die zunächst konkret erkennbaren Naturdinge das Physische, aber alles Physische, Erkennbare, basiert auf etwas Zugrundeliegendem, das vorher da ist, weshalb er diese Schriften auch "Erste Philosophie" nennt.
METAPHYSIK ist seitdem die philosophische Grundwissenschaft, die die großen Bereiche und Gesetzlichkeiten des Wirklichen thematisiert, indem sie das Bleibende in allem Wechsel der Erscheinungen sucht.
Die METAPHYSIK gliedert sich in:
die Lehre vom -Sein (Ontologie)
-Wesen der Welt (Kosmologie)
-Menschen (phil. Anthropologie, Existenzphilosophie)
und von der -Existenz und dem Wesen Gottes (Theologie)
Man unterscheidet:
spekulative Metaphysik - Deutung und Herleitung der gesamten Wirklichkeit aus einem obersten
allgemeinen Grundsatz, Prinzip.
induktive Metaphysik: - Zusammenschau der Ergebnisse aller Einzelwissenschaften zu einem Weltbild.
Durch das platonisch geprägte Christentum entstand die METAPHYSIK
eines gegenständlichen Dualismus: -zwischen Diesseits und Jenseits,
-zwischen Immanenz und Transzendenz,
-zwischen bloß sinnlichem Dasein ("Erscheinung" nach Kant) und
wahrem Sein ("Ding an sich" nach Kant)
und
eines erkenntnismäßigen Dualismus zwischen bloß sinnlicher Wahrnehmung (durch die keine reine
Erkenntnis gewonnen werden kann) und reinem Denken und Erkennen aus Vernunft.
Stichpunktartig kann gesagt werden:
§ Die spekulative Metaphysik versucht seit der Spätantike, das wahre Sein, also Gott, aus reiner Vernunft
zu erklären, zu erkennen.
§ Kant spricht in seiner "Kritik der reinen Vernunft" (1781) dem bloß spekulativ-konstruktiven Denken jede
Fähigkeit wirklicher Erkenntnis ab.
§ Seitdem wachsende Metaphysikfeindlichkeit bis hin zum Positivismus (um 1930), der erklärt, dass jede
Art von Metaphysik verzichtbarer Unsinn sei.
§ Im 20. Jhdt. gleichzeitig Rückwendung zur induktiven Metaphysik., d.h.: Neue wissenschftliche
Erkenntnisse aus Physik, Mathematik, Biologie ermöglichen eine neue, erweiterte Sicht der Dinge. Es
entstehen moderne Kosmologien, Versuche eines einheitlichen, widerspruchfreien Weltbildes, z.B. die
Prozessmetaphysik des Mathematikers, Physikers und Philosophen A.N. Whitehead, der als
bedeutendster Erneuerer der Metaphysik und Naturphilosophie des 20. Jahrhunderts gilt.