Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 8. Mai 2020, 11:39
Die Frage die ich meinte ist, ob der Mensch eine solche Existenz des Geprüft-Seins und des dem-Bösen-ausgeliefert-Seins wollte, wenn er denn eine Wahl gehabt hätte. Dass diese Frage an sich unsinnig ist, ist klar.
Gott meint es jedenfalls sehr ernst mit dem Ganzen, was man daran erkennen kann, daß das Problem in unser Leben eingebaut hat. Alle Eltern dieser Welt haben im Kleinformat dieses Problem, denn sie bringen ein neues Leben in diese Welt. Und einige kriegen dann ganz explizit diese Frage an den Kopf geschmissen von ihrem Kind, meist so in einer dramatisch-depressiven Teenager-Phase. Jenseits von den Beschwichtigungen die gute Eltern dann produzieren, ist die Wahrheit in die Natur eingebaut. Wenn der Mensch keine Kinder kriegt, stirbt er schlicht aus. Und es bleiben "evolutionär" gesehen über die Geschichte hinweg gerade die Sorte Mensch übrig, denen es beim Kinderkriegen ziemlich schnurz ist ob es die Kinder toll finden werden in diese Welt geboren zu sein. Bedenkenträger werden natürlich ausgelesen... Der Mensch wird da also mal auf andere Weise zum Ebenbild Gottes, langfristig gesehen.
Zur Motivation Gottes bei dem Ganzen habe ich ja bereits oben schon diese Frage gestellt: Wie findet eine Multimilliardär die wahre Liebe?
Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 8. Mai 2020, 11:39
Das Problem bleibt aber, dass eben Menschen offenbar immer weniger bereit sind, einem Gott das Vertrauen auszusprechen, der solche Verhältnisse erst ermöglicht hat.
Es gab Zeiten, da waren die biblischen Geschichten an und für sich eine Werbung für Gott. Jedenfalls im modernen Westen ist das aber nicht mehr so. Jetzt muß man viele Menschen erstmal vom christlichen Gott überzeugen, und dann kann man die Bibel vorsichtig und dosiert auf sie loslassen. Das liegt daran, daß sich der Rahmen des Verstehen doch sehr gewandelt hat. Man nehme soetwas wie die (Beinah-)Opferung Isaaks. Wir tun uns sehr schwer damit Abraham nicht als hochgefährlichen Psychopathen zu sehen, aus dessen Fängen Isaak schnellsten zu befreien ist. Nicht nur um diesen Kindesmord zu unterbinden, sondern auch um weitere schwerste emotionale Schäden bei Isaak zu vermeiden. Isaak gehört jetzt jedenfalls erstmal in psychatrische Behandlung, denn er hat sicher Posttraumatische Belastungsstörung, und dann ins Heim oder zu guten Adoptiveltern. Und falls daß nicht nur halluzinierte Stimmen im Kopfe Abrahams waren, dann gehört Gott eindeutig selber in die geschlossene Abteilung. Und mit alledem haben wir ja durchaus recht, so kann man das alles auch sehen - aber es ist eben falsch verstanden. Denn die Geschichte wurde nicht für uns gemacht, sondern für Menschen die als eigentliche Dramatik die Kinderlosigkeit Abrahams und Sarahs sahen, das Geschenk eines Wunderkindes im hohen Alter von Gott, und dann das Gottvertrauen dieses Geschenk Gott zurückzugeben.
Das ist den meisten Leuten, die professionell mit Mission zu tun haben auch klar. Darum hört man auch nur eine endlose Leier "Christ sein bedeutet nett sein zueinander". Da gibt es kaum moderne Angriffspunkte. Leider interessiert es die Leute auch ziemlich wenig, den nett zueinander sein kann man auch ganz ohne Christus. Die Antwort der meisten Traditionellen ist daß die Liturgie alles retten wird, aber nur in Latein. Das kommt wohl vom zuviel Weihrauch schnüffeln...
Ich denke wir brauchen viel weniger Frontalangebot Einheitsbrei und mehr das Prinzip "Autoverkäufer", der dem Kunden individuell passend Honig ums Maul schmiert. Wie schon Paulus sagte:
"Obwohl ich also von niemandem abhängig bin, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, um möglichst viele zu gewinnen. Den Juden bin ich ein Jude geworden, um Juden zu gewinnen; denen, die unter dem Gesetz stehen, bin ich, obgleich ich nicht unter dem Gesetz stehe, einer unter dem Gesetz geworden, um die zu gewinnen, die unter dem Gesetz stehen. Den Gesetzlosen bin ich sozusagen ein Gesetzloser geworden - nicht als ein Gesetzloser vor Gott, sondern gebunden an das Gesetz Christi -, um die Gesetzlosen zu gewinnen. Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten. Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an seiner Verheißung teilzuhaben." (1 Korinther 9,19-23 nach EÜ)
Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 8. Mai 2020, 11:39
Hingegen hinterfragt er, wie ein Gott "gut" sein kann, der Böses zulassen kann und sich selbst als Rettungsring anbieten kann. Ein Feuerwehrmann der erst ein Feuer in Wald legt? Hört sich ja reichlich dämlich an.
Naja, Rettungsring... vielleicht bei einigen der Protestanten, wo man ja komplett fertig hat, wenn man sich einmal zu Jesus bekennt. Wie gesagt, es ist eine Prüfung. Eine harte Prüfung, in der Tat, eine zu harte Prüfung. Jesus macht daraus eine schwierige aber schaffbare Prüfung. Wer sagt er will nicht geprüft werden, dem sage ich schlicht, daß das Leben ihn auf die Probe stellen wird, ob er das will oder nicht. Die Frage ist nur ob das alles etwas bedeutet, ob es für irgendetwas gut ist, oder eben nicht. Man kann natürlich auch Sinn im Leben finden ohne Gott. Aber mit klaren Auge betrachtet ist nichts davon wirklich sicher für alle, es ist nur Glück wenn es für einen selber hält. Vielleicht ist die Familie für mich der Rückhalt im Leben, anderen zerbricht sie. Vielleicht gibt mir meine Kreativität Freude bis zum Ende, anderen erlischt sie. Usw. usf. Außerdem mag es natürlich sein, im biologischen Sinne, im Alter mit immer weniger zufrieden zu sein, aber das entbehrt nicht einer tiefen Tragik selbst wo es praktisch funktioniert. Die einzige "natürliche" allgemeingültige Antwort die der Mensch je gefunden hat, ist geistige Abkehr von der Welt, und zwar durch langes Training: Buddhismus, Stoizismus, ... Was aber, wenn man die Welt nicht ausblenden will? Wie kann man dieses harte Leben
bejahen? Nun, genau dadurch, daß man Schwierigkeiten nicht als sinnlose Quälerei begreift, sondern als Herausforderung die man annimmt, und dieses Leben bejaht als Mittel zum Zweck. Und an dieser Stelle dreht sich m.E. alles. Denn wir alle kennen die Dynamik, daß wir vor oder während einer Prüfung - die Zugang zu etwas Gutem gewährt - die Prüfung verfluchen, dann aber nach dem Bestehen der Prüfung echte Freude und (guten) Stolz empfinden es geschafft zu haben, und das nun erhaltene Gute erst richtig geniessen. Es war hart, aber gerade darum wollen wir es nicht missen. Es wird ein wichtiger Teil von uns, daß wir da durch gekommen sind. Und wenn wir andere in derselben Situation sehen sagen wir: halte durch, es lohnt sich! Nun, für dieses Leben kam Jesus zurück vom Tod um uns genau das zu sagen...
Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 8. Mai 2020, 11:39
Da Gott besonders im AT als Richter "auftritt" und uns eben Gebote vermittelt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Mensch im Gegenzug auch die christliche Lehre auf diese Kategorien überprüft?
Der Mensch macht sich selbst Gesetze, und identifiziert dann die Dynamik von menschlichem Gesetzgeber und Untertan mit der Situation bzgl. Gott. Dies ist falsch. Eher schon trifft die Analogie zu den Regeln, die wir unseren Haustieren auferlegen. Was mein Hund darf hat zu tun damit was für eine Art Tier ein Hund ist (was gut ist für einen Hund, was "artgerecht" ist) als auch damit was ich will (wie ich gerne - mit Hund - leben möchte). Es hat erstmal nicht viel damit zu tun, was ich als Mensch tun darf. Klassisch sagt man:
Quod licet Iovi, non licet bovi.
Es ist ja ziemlich offensichtlich, daß Gott sich nicht an dem Menschen geltende Gebote wie "Du sollst nicht töten." hält. Folgt daraus, daß Gott böse ist oder daß ich als Mensch auch von diesem Gebot befreit bin? Nein. Es folgt nur, daß ich nicht Gott bin, sondern Mensch, und Gott (als Gott) nicht Mensch ist, sondern Gott.
Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 8. Mai 2020, 11:39
Ein Gott, der Gesetz und Ordnung vermittelt, aber selbst Böses nicht konsequent bestraft, sondern dieses frei in seinem Garten spazieren lässt und seine Kreaturen diesem aussetzt?
Gesetz und Ordnung behandeln den Umgang mit dem Bösen. Wozu uns etwas vermitteln, wenn es nicht durch uns zur Anwendung kommen soll?
Bruder Donald hat geschrieben: ↑Freitag 8. Mai 2020, 11:39
Aber sind wir Menschen nicht auch wegen unserers ethischen Sinnes auch Abbilder Gottes?
Nein. Wir sind in unserem Verstand Abbilder Gottes. Wir können unter anderem auch verstehen, welche Regeln uns Gott ins Herz gelegt hat. Und diese Regeln sind kohärent: weder gibt Gott verschiedenen Menschen verschiedene Regeln, noch zwingen uns seine Aktionen in der Welt diese Regeln zu brechen. Das bedeutet aber nicht, daß er selber diesen Regeln unterworfen ist. Jesus, Gott als Mensch, ist auch ethisches Vorbild. Aber eben genau weil er da als Mensch so gut Mensch ist wie man Mensch sein kann.