Seele

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

Nietenolaf hat geschrieben:Edi/Andreas: wenn die Seelen präexistent waren, wieso sind dann alle gefallen und nicht nur die von Adam und Eva
1. ich fände es logisch, wenn es zulässig wäre anzunehmen,
die Seele sei von Gott geschaffen und könne beim Jüngsten Gericht, wenn sie nicht taugt, von Gott wieder ausgelöscht werden.
Zweiter Tod, ewig verdammt = wird nie mehr auferstehen.

2. Erbsünde hieße sündiger Körper, für die Seele Gefahr und Bewährungschance zugleich.
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Nietenolaf hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Das jedenfalls wurde als Irrlehre abgelehnt.
*Dazu* hätte ich gern die Quelle, wenn's Dir nichts ausmacht!
Mehrfach, z.B.:
- Brief an die Bischöfe Galliens 23.08.498
- Schreiben "Dum dudum" an die Armenier 1341 -- Verworfene Irrtümer der Armenier.
Daraus:
Desgleichen hat ein Lehrer der Armenier namens Mechitriz, was übersetzt Beistand heißt, von neuem eingeführt und gelehrt, daß die menschliche Seele des Kindes von der Seele seines Vaters fortgepfanzt wird, ....
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Juergen hat geschrieben:- Schreiben "Dum dudum" an die Armenier 1341
(Hieß das wirklich so?)

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Stefan hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:- Schreiben "Dum dudum" an die Armenier 1341
(Hieß das wirklich so?)
Nö!

heißt: Cum dudum
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Norbert
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Beitrag von Norbert »

Stefan hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:- Schreiben "Dum dudum" an die Armenier 1341
(Hieß das wirklich so?)
von Papst Benedikt XII. verurteilte Irrtümer der Armenier (1341)
Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich
meiner.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

1. Gott "ruhte am siebten Tage von all Seinem Werk, das Er gemacht hatte." (Gen 2:1) Die Kirche deutet das seit jeher so, daß die Schöpfung abgeschlossen ist: Gott schafft nichts neues mehr. Sind die Menschenseelen dann Ausnahmen?
2. Wenn Gott jede Menschenseele eigens neu schafft, wie erklärt sich die Übertragung der Ursünde auf die neuen Seelen? Wie erklärt sich überhaupt die relative Schwäche einer jeden Menschenseele gegenüber dem Bösen? Die Ursünde besteht ja eben nicht nur in der Sterblichkeit des Leibes und seiner Anfälligkeit für Krankheiten. Die Seele ist ja auch betroffen.
Ich versuche mal folgende Antwort.

Werden unsere Körper geboren? Die Antwort: ja. Aber: werden sie auch von Gott geschaffen? Auch hier ist die Antwort: ja. Dazu ein paar Zeugnisse:
Ps 138 (139) hat geschrieben:Denn Du hast meine Nieren geschaffen, Du wobest mich in meiner Mutter Schoß. Ich danke Dir, daß Du mich wunderbar gemacht hast; wunderbar sind Deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl! Mein Gebein war Dir nicht verhohlen, da ich im Verborgenen gemacht ward, gewirkt tief unten auf Erden. Deine Augen sahen mich, als ich noch unentwickelt war, und es waren alle Tage in Dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, als derselben noch keiner war.
Hiob 10,11f hat geschrieben:Mit Haut und Fleisch hast Du mich bekleidet, mit Gebeinen und Sehnen mich durchwoben. Leben und Gnade hast Du mir geschenkt, und Deine Obhut bewahrte meinen Geist.
Damit ist jeder Leib gleichzeitig eine neue Schöpfung. Was die Seele betrifft, so würde ich diese nicht vom Leib trennen: ohne Seele ist der Leib kein Mensch, und ohne Leib ist die Seele kein Mensch; Mensch ist nur komplett mit Leib und Seele. Daß der Leib gleichzeitig eine neue Schöpfung ist, sieht man am Beispiel Jesu Christi: ohne Samen hätte Dieser ja, wäre der Leib nur geboren, nur einen einfachen Chromosomensatz, was natürlich Unsinn ist... und die Seele dementsprechend.

Der anfängliche Segen "wachset und mehret euch" bezieht sich also nicht nur auf den Leib, sondern auch auf die Seele. Das heißt: die Seele eines Menschen ist genauso Kind ihrer Eltern. So löst sich auch die Frage nach der Übertragung der Ursünde: das Material, aus dem Gott einen neuen Menschen formt, ist "unrein". Gleichzeitig ist jede einzelne Seele eine neue Manifestation des "Bildes und der Ähnlichkeit" ("κατ' εικονα ημετεραν και καθ' ομοιωσιν", Gen. 1:26) Gottes und damit unikal und Dessen unmittelbare Schöpfung. Bleibt zu klären, inwieweit das noch "ex nihilo" ist.

Andreas01
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Re: Die Herkunft der menschlichen Seele

Beitrag von Andreas01 »

Nietenolaf:
Ist jede einzelne Menschenseele in einem bewußten göttlichen Schöpfungsakt geschaffen?
Wenn ja, wann? Zum Zeitpunkt der Empfängnis, oder der Geburt, oder der Pubertät bzw. "Konfirmation" oder sowas?
Ich weiß, es ist schwer da Konkretes auszusagen.

Ab wann hat der Mensch eine Seele?
1. zum Zeitpunkt der Vereinigung von Ei- und Samenzelle?
2. zum Zeitpunkt, wo die Hirnentwicklung des Embryo Denkvorgänge erlaubt?
3. erst mit der Taufe? Oder später?

ad 1.:
ein Schöpfungsakt Gottes ausgelöst durch einen banalen biologischen Vorgang?
In einen Organismus hinein, der die Seele noch nicht zur Entfaltung kommen lassen kann?

ad 2.:
dann dürfte man Früh- Abtreibungen und Embryonenforschung nicht verdammen. Und müßte der Fristenlösung zustimmen.

ad 3.:
Ist jemand überhaupt dieser Meinung?

Liebe Grüße,
in der Hoffnung, eine wertvolle Diskussion wieder anzuheizen
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10

Lucia

Re: Die Herkunft der menschlichen Seele

Beitrag von Lucia »

Andreas01 hat geschrieben: Ab wann hat der Mensch eine Seele?
1. zum Zeitpunkt der Vereinigung von Ei- und Samenzelle?
2. zum Zeitpunkt, wo die Hirnentwicklung des Embryo Denkvorgänge erlaubt?
3. erst mit der Taufe? Oder später?
Ich bin für 1; allerdings mit der Einschränkung :hmm: , dass die eine frisch verschmolzene Zelle auch durchaus noch weitere Seelen bekommen kann - denn aus dieser einen Zelle können sich ja durchaus noch eineiige Zwillinge, Drillinge ... (bisher beobachtetes Maximum: eineiige Fünflinge) entwickeln.

Es auch Leute, die aus diesem Grund annehmen, dass die Seele erst bei der Einnistung des/ der Kinder in die Gebärmutter hinzukommt :nein: - wenn nämlich die Phase abgeschlossen ist, wo noch neue Individuen entstehen können. Unter diesem Aspekt wäre eine "Verhütung" mit IUP (sogenannte "Spirale") nix Schlimmes - denn die verhindert "nur" die Nidation. :heul:

Nein, das soll jetzt keine Abteibungs/Verhütungs-Debatte werden, drum hör' ich auch ganz schnell wieder auf ...

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Hobbes
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Beitrag von Hobbes »

vieleicht erstmal zur definition.
was ist seele? was meint das wort?

-ist es der mensch selber als denkendes etwas. die kombination aus erde und leben das von gott geschenkt wurde.

-ist es ein synonym für die gesamtheit unseres denkens und fühlens, unseres charakters

-ist es das was bei den buddisten reinkaniert wird und mit dem die okkulten religionen sprechen. (totenbeschwörung)
die griechen war es nach philosophischem verständnis ein unsterblicher teil des menschen die immateriell war und somit unsterblich per deffinition.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Hobbes hat geschrieben:vieleicht erstmal zur definition.
was ist seele? was meint das wort?
Ich wiederhole mich diesbezüglich noch einmal. Mein Eingangsbeitrag wurde bewußt in der "Theologie" im "Christlichen Bereich" plaziert. Mir ging es also explizit um die Seele nach christlichem Verständnis, und das auch nicht im Sinne der diversen allegorischen Verwendung in der Schrift. Kurz dazu: die Seele ist das, was den Leib überdauert, was diesem erst das Leben gibt. Vgl. Matth. 10:28, 16:26.

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Hobbes
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Beitrag von Hobbes »

ok meine gute begründung:

1 Mose 2:7
Und Gott der HERR machte den Menschen aus einem Erdenkloß, uns blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele.

für mich ist der ganze mensch eine seele. weil erde+leben=mensch
und nicht erde+leben+seele=mensch

wenn du auf die welt kommst bist du nicht fix fertig. deine gedanken und dein sein wie du heute bist existiert als kind noch nicht. auch dein charakter ist nicht so wie du damals warst.
es entwickels sich mit der zeit, du wirst geprägt duch deine umwelt und durch deine entscheidungen.

das sagt auch der text vor matthäus 10:28. (10:24-10:27)
und vers 28 meint ganz einfach folgendes:
wenn du auf gott vertraust hast du den schöpfer hinter dir. auch wenn dich die menschen dafür hassen und dich sogar töten. du stehst auf der gewinner seite, weil du auf der seite von gott bist und somit auch vom leben. deshalb können sie dein leib töten, aber du lebst trotzem weiter beim schöpfer.

wenn du aber ein mitläufer bist, überlebst du vielleicht länger auf der welt, aber du stehst nicht auf gottes seite und somit auch nicht auf der seite des lebens, sondern des todes. und zwar des endgültigen. was bleibt ohne gott? mensch - leben = erde ohne leben.

und jetzt kommt sicher noch das: aber die leben noch in der hölle...
ähm... leben? ohne gott? wo gibts den sowas.
und das leid soll weiter bestehen in der hölle?
ist das das bild des menschen, von einem liebenden gott? :nein:

der grosse schmerz wird nicht der feuersee am schluss sein. sondern die trennung von der liebe und herrlichkeit gottes.
schlussendliich ist die entscheidung bei uns, ob wir mitlaufen mit der welt oder zu gott laufen.

das meine meinung.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:»Ich versuche mal folgende Antwort.

Werden unsere Körper geboren? Die Antwort: ja. Aber: werden sie auch von Gott geschaffen? Auch hier ist die Antwort: ja. Dazu ein paar Zeugnisse:

[…]

Damit ist jeder Leib gleichzeitig eine neue Schöpfung. Was die Seele betrifft, so würde ich diese nicht vom Leib trennen: ohne Seele ist der Leib kein Mensch, und ohne Leib ist die Seele kein Mensch; Mensch ist nur komplett mit Leib und Seele. Daß der Leib gleichzeitig eine neue Schöpfung ist, sieht man am Beispiel Jesu Christi: ohne Samen hätte Dieser ja, wäre der Leib nur geboren, nur einen einfachen Chromosomensatz, was natürlich Unsinn ist... und die Seele dementsprechend.

Der anfängliche Segen "wachset und mehret euch" bezieht sich also nicht nur auf den Leib, sondern auch auf die Seele. Das heißt: die Seele eines Menschen ist genauso Kind ihrer Eltern. So löst sich auch die Frage nach der Übertragung der Ursünde: das Material, aus dem Gott einen neuen Menschen formt, ist "unrein". Gleichzeitig ist jede einzelne Seele eine neue Manifestation des "Bildes und der Ähnlichkeit" […] Gottes und damit unikal und Dessen unmittelbare Schöpfung. Bleibt zu klären, inwieweit das noch "ex nihilo" ist.«
Die Antwort befriedigt mich noch nicht ganz, Roman, denn sie tendiert zum Traduzianismus. – Klar ist zunächst, daß Vorstellungen von einer Präexistenz der Seele – wie sie in kirchlichem Kontext insbesondere Origenes vertreten hat – von der Kirche einhellig zurückgewiesen wurden. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Einheit des Menschen in seiner leiblichen und seelischen Natur würde aufgehoben. Seelenwanderung würde denkbar, ja konsequenterweise anzunehmen sein. Die Auferstehung des Fleisches würde unplausibel, die Auferstehung Christi im Leib unnötig.

Hinsichtlich des Generationismus oder Traduzianismus sind die kirchlichen Äußerungen weniger eindeutig. Die lateinische Kirche weist das immerhin deutlich zurück, wenngleich es sich hier eher um Aussagen des ordentlichen Lehramts handelt, nicht um Lehrentscheidungen höchster Autorität wie im Falle der Präexistenzlehre. Der kirchliche Osten scheint sich hierzu weniger klar, ja überhaupt kaum zu äußern. Ich finde zwar eindeutige Ablehnung des Traduzianismus bei Ephräm dem Syrer, sonst aber in den mir vorliegenden Quellen rein gar nichts. Das deutet zunächst darauf hin, daß der Osten die Frage insgesamt kaum beachtet hat. Vielleicht übersehe ich auch etwas, für Hinweise wäre ich dankbar.

Ist der Traduzianismus nun aber theologisch unproblematisch? – Ich sehe folgende Schwierigkeit: Wenn die menschliche Seele mit dem Leib durch elterliche Zeugung „entsteht“ – ungeachtet, daß Gott auch dabei natürlich erschafft, wie ja auch beim Leib –, dann besteht die Gefahr, daß wir sie zur Funktion des Leibes machen, anstatt daß wir sie – wie es die scholastische Tradition im Anschluß an die alten Philosophen nennt – als Form des Leibes ansehen.

Dies bedeutete, daß die Seele, die durch die Entstehung des Leibes ins Dasein träte, durch den Untergang des Leibes, also den Tod, auch wieder aus dem Dasein verschwände. Das ist so etwa die protestantische Lehrmeinung im Anschluß an Luther (wiewohl auch die Protestanten inkonsequenterweise am Gebet für die Toten festhalten, wenigstens das Volk). Wenn es also wahr ist, daß die Seele nach dem Tode weiterlebt (und nicht erst bei der Auferstehung am Jüngsten Tag gleichsam neu geschaffen wird), wenn das Gebet der Kirche für ihre Toten einen guten Sinn hat, ebenso die Anrufung der Heiligen um Fürsprache, dann kann die Seele keine einfache Ableitung des Leibes sein.

Auch umgekehrt ist der Leib natürlich keine bloße Gestaltwerdung individuell neu erschaffener Seelen. Er stammt von den Eltern kraft Zeugung ab und trägt sogar viele Eigenschaften der Eltern weiter, nicht bloß materielle, sondern auch geistige. Wenn wir das damit erklären wollten, daß Gott die Seelen eben jedesmal hübsch passend zum von den Eltern abstammenden Leib erschüfe, würden wir Gott zum Knecht unserer Handlungen machen. Es muß also ein Zusammenhang von Leib und Seele schon von der Zeugung her bestehen, andererseits aber die Seele als etwas von Gott nicht aus der elterlichen Materie, mithin: aus nichts Erschaffenes hinzutreten.

Läßt sich das lösen? – Ich wage einen Vorschlag, nicht mehr. Im Zusammenhang eines Gesprächs über den Bericht der Genesis über die Ursünde habe ich einmal formuliert:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:»‹Adam und Eva› waren die ersten Menschen. Dies bedeutet nicht, sie seien von einem bärtigen Greis im Buddelkasten aus Modderpampe geformt worden. Man darf den Lehm als Materie verstehen, und solche Materie kann in bereits vorhandenen Lebewesen vorliegen, in phänotypisch menschenähnlichen Primaten. Der Eingriff Gottes, der ihnen Leben einhauchte, besteht wesentlich aus der Verleihung der vernunftbegabten Geistseele.«
Sollte also der „Lehm“ – ich formuliere es hypothetisch –, aus welchem Gott den ersten Menschen schuf, in einem lebendigen Wesen bestanden haben, dann war auch dieses Wesen jedenfalls bereits beseelt, wie ja auch die Tiere beseelt sind. Sie entbehren jedoch der vernunftbegabten Geistseele. Niemand käme nun auf die Idee zu postulieren, Gott erschaffe je neu aus nichts die Tierseelen als Lebensfunktion der tierischen Leiber, oder gar die vegetativen Funktionen der Pflanzen.

Könnte man also vermuten, der durch elterliche Zeugung entstandene neue Mensch verfüge bereits kraft dieser Zeugung über eine Seele, analog zur Tierseele, als Lebensfunktion seines Leibes? Und der eigentliche Schöpfungsakt Gottes, der dies Wesen erst wahrhaft zum Menschen mache, bestehe in einer – sagen wir: – Wandlung dieser Seele zu einer vernunftbegabten Geistseele nach Seinem Bilde?

Die These wirft wiederum Probleme auf. So müssen wir uns hüten, zu einer Dreiteilung in Leib, Seele und Geist zu gelangen. Andererseits stellt sich die Frage, inwieweit bei einer solchen „Wandlung“ noch von einer Schöpfung „aus nichts“ gesprochen werden kann. Man könnte vielleicht sagen, daß Gott zwar vorhandene Substanz nimmt, diese auch nicht einfach ersetzt, daß Er aber doch das, was diese vorhandene Seelensubstanz zur Menschenseele macht, aus nichts ins Dasein ruft: geistig-vernunftbegabt, das heißt: nach Seinem Bild, nicht aus Vorhandenem.

Die disparate Lage Augustins, der sich nicht imstande sah zu erklären, wie die Lehre von der je neuen Erschaffung der menschlichen Seelen mit derjenigen von der Fortpflanzung der Ursünde durch Zeugung vereinbar sei, wiewohl er beides festhielt, würde durch oben skizzierte These jedoch gelöst. Die Beschädigung der menschlichen Natur an Leib und Seele erklärte sich als durch die Zeugung weitergegeben. Eine Seele, die die Makel der Erbsünde trüge, stammte bereits aus dem elterlichen Zeugungsakt. Die aus nichts von Gott gegebene Vernunftbegabung wäre frei von solcher Makel, höbe aber die nicht nur dem Leib, sondern auch der Seele bereits anhaftende Makel nicht auf.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

Danke Robert für die fundierte Stellungnahme.

Aber: Haben Tiere auch eine Seele?
und ist das wesentliche Kriterium der Seele die Vernunft?


Bislang hätte ich beide Fragen verneint.

Seele hätte ich mit freiem Willen, nicht mit intelligentem Verhalten, assoziiert.
Tiere sind durch biologische und biochemische Vorgänge prädestiniert;

Tiere wurden einfach nur geschaffen, dem Menschen der Odem Gottes eingehaucht, was ihn zu "Gottes Ebenbild" macht.

Ich denke, Mensch und Tier unterscheidet nicht die Intelligenz, das wäre nur graduell,
sondern der freie Wille und darausfolgend eine moralische Verantwortung vor Gott, die Tiere nicht haben.

Ein Raubtier, was Artgenossen tötet, kommt nicht in die Hölle,
weil es die Gebote Gottes nicht kennt,
weil Gott den Tieren die Gebote nicht gegeben hat.
Warum nicht; weil:
Tiere haben keinen freien Willen und deshalb keine Verantwortung vor Gott, das heißt keine Seele.

Liebe Grüße Andreas
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Die disparate Lage Augustins, der sich nicht imstande sah zu erklären, wie die Lehre von der je neuen Erschaffung der menschlichen Seelen mit derjenigen von der Fortpflanzung der Ursünde durch Zeugung vereinbar sei, wiewohl er beides festhielt, würde durch oben skizzierte These jedoch gelöst. Die Beschädigung der menschlichen Natur an Leib und Seele erklärte sich als durch die Zeugung weitergegeben. Eine Seele, die den Makel der Erbsünde trüge, stammte bereits aus dem elterlichen Zeugungsakt. Die aus nichts von Gott gegebene Vernunftbegabung wäre frei von solchem Makel, höbe aber den nicht nur dem Leib, sondern auch der Seele bereits anhaftenden Makel nicht auf.
Vielleicht hilft hier ein Zitat von Leo Kardinal Scheffczyk weiter. Er sagt in "Entschiedener Glaube - Befreiende Wahrheit" auf Seite 103 f.:
Bezüglich des von einer personalistischen Deutung der Sünde angegriffenen Begriffes des „Erbes" ist zu sagen, daß er zunächst nicht im augustinischen Sinne mit einer libidinösen Fortpflanzung zu verbinden, aber auch nicht univok als biologische oder juridische Vererbung zu verstehen ist. Vielmehr ist „Erbe" ein analoger Ausdruck für die Teilhabe jedes Menschen an der „Adamseinheit", welche die Voraussetzung für die erlöserische „Christuseinheit" darstellt.
Der religiös-theologische Sinn der Erbsündenlehre in der Spannung von Sündenfall und Erlösung liegt im dramatischen Charakter der Heilsgeschichte, in dem der Mensch unter Eingehen in das Heilwerk Christi (Taufe) und dem Einschluß seines Mitwirkens mit der Gnade in kämpferischem Einsatz gegen das Böse wirken soll.
Man muß sich demzufolge von der biologistischen Vorstellung einer Weitergabe der Erbsünde qua Geschlechtsakt der Eltern lösen und die Weitergabe der Erbsünde - wie Du es ja auch schon formuliert hattest - auf eine geistig-seelische Ebene verlagern.
Demzufolge würde also die Erbsünde nicht leiblich, sondern seelisch weitergeben und sozusagen der von GOTT ex nihilo geschaffenen Seele des Kindes hinzugefügt, eben als seelisches Erbe (sic!) von den leiblichen Eltern, welche ja auch eine leiblich-seelische Einheit sind. Diese Hinzufügung als Erbe der Eltern ist jedoch lediglich ein „Anhängsel“ der von GOTT ex nihilo geschaffenen Seele des Kindes und kein konstitutiver Bestandteil, da dieses „Anhängsel“ in der Taufe wieder abgewaschen werden kann.

GsJC
Raphael

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
So müssen wir uns hüten, zu einer Dreiteilung in Leib, Seele und Geist zu gelangen.
Es zwar etwas off-topic, aber:
Warum sollten wir uns davor hüten?

Ich halte es durchaus für möglich, daß es im Verlauf (Sicherlich nicht bei der Einbeschaffung der Geistseele in den Menschen!) eines menschlichen Lebens zu einer „Aufspaltung“ der einen Geistseele in einen Geist und eine Seele gibt.
Aus der Erfahrung kann man herleiten, daß es manche Menschen mit einem großen Geist aber einen kleinen Seele und umgekehrt mit einer großen Seele aber einem kleinen Geist gab.
Es wäre eine Zeichen für die Sündenverfallenheit des Menschen, wenn sich diese „Aufspaltung“ im Lebensvollzug entwickelt. Die Ferne zu Gott führt dann zu einem Aufgespaltensein des Menschen: Schizophrenie ohne die pathologischen Folgen dieser Krankheit. :(

GsJC
Raphael

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Bruno-Maria Schulz
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Beitrag von Bruno-Maria Schulz »

Niete deutet im Eingangstext auf die Möglichkeit;
„ oder ist die Seele gar ewig prä-existent?“

Ja, obwohl dies von der Synode von Konstatinopel anno 543 verworfen wurde.

Stefan deutete auf „ besonders kluge Leute, die behaupten, Seele sei chemische Reaktion“
Eine extrem dumme Fehlsicht.

Gut ist Norberts Hinweis auf Eph 1,4

Edis offene Frage: „ wieso der eine Mensch schon als kleines Kind tiefgläubig ist; Aandere nie?“ möchte ich dem freien Willen alleine zuschreiben, denn unzählige fromme Kinder, werden später Glaubensgegner und umgekehrt.

Dass Seele von gefallenen Engeln stammen könnten, widerspräche der Gerechtigkeit Gottes in vielerlei Hinsicht. Sie sind es nicht! u.A. auch, weil es keine Reinkarnation gibt. Im Übrigen wurden die Gefallenen verdammt – nicht neu geboren.

Andreas Frage: Ab wann hat der Mensch eine Seele?
Zum Zeitpunkt der Vereinigung von Ei- und Samenzelle? Schöpfungsakt Gottes ausgelöst durch einen banalen biologischen Vorgang? .........
Ist voll zu bejahen mit der Mahnung, dass die Vereinigung von Ei- und Samenzelle mitnichten ein „banaler biologischer Vorgang“ ist, sondern im Gesamtkomplex unfassbar. Vom Menschen zwar manipulier- aber nicht machbar ist, wie der Mensh nicht einmal ei „simples“ Samenkorn eines Grashalmes „machen“ kann, das sprießt, wächst, Frucht bringt.

Die Seele „entsteht nicht durch elterliche Zeugung“ sondern ist von Gott. Gleichwohl ich zur oben begründeten Ansicht neige, dass diese Seele aller jemals geborenen inklusive „abgetriebenen“ also ermordeten Kinder und aller je noch geboren werdenden, schon immer von Gott gewollt und deshalb schon immer existierte, ist diese Ansicht vollkommen irrelevant, denn sie berührt nicht unser Verhältnis zu Gott.
Relevant ist sie nur hinsichtlich der so genannten Abtreibung.

Die Seele ist das ICH und wird nicht „neu geschaffen“ bei der Auferstehung, sondern ist in Gottes Hemisphäre bevor der Leib erkaltet ist – also so wie Jesus am Kreuz dem Schächer sagte: NOCH HEUTE WIRST DU MIT MIR BEI MEINEM VATER SEIN.

Andreas’ Frage: „Haben Tiere auch eine Seele und ist das wesentliche Kriterium der Seele die Vernunft?“ ist klar zu verneinen.
Wesentlich ist alleine Gottes Schöpfungsakt und Wille Gottes erschaffenen Seins des Menschen nach Seinem Ebenbild (ebenso wie die Engel). Tiere haben weder Ichbewusstsein, noch Vernunft oder Wille. Sie können niemals böse sein, auch nicht agieren nach Entscheid sondern reagieren je nach Art. Auch Vernunft ist nicht Kriterium, denn es gibt Menschen ohne Vernunft ohne eigenes Verschulden, schwer geisteskranke die dennoch bei Gott eine NATÜRLICH gesunde Seele haben.

Der Mensch kann durchaus dreigeteilter Natur (Leib, Seele, Geist) leben.
Sehr gut, Raphaels Einwand großer Geister mit kleiner Seele. Siehe „große“ Denker, die Atheisten waren, also tatsächlich kleine, unbedeutende Geister waren oder sind, was durchaus oft im Nichts endet wie bei Nietzsche oder Hemmingway. Nietzsche endete im Wahnsinn, ERNEST HEMINGWAY, Verherrlicher des Stierkampfes, großer Geist der Weltliteratur: Sein Lebensinhalt; Trieb, Leidenschaft, Mut, Krieg, Jagd, Sport. Nicht Glaube. Tief pessimistisch, von der Sinnlosigkeit, dem Nihilismus der Welt überzeugt; endete er 62-jährig, 1961 im Selbstmord.

Bruno-Maria Schulz

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Bruno-Maria Schulz
Bruno-Maria Schulz hat geschrieben:Sehr gut, Raphaels Einwand großer Geister mit kleiner Seele. Siehe „große“ Denker, die Atheisten waren, also tatsächlich kleine, unbedeutende Geister waren oder sind, was durchaus oft im Nichts endet wie bei Nietzsche oder Hemmingway. Nietzsche endete im Wahnsinn, ERNEST HEMINGWAY, Verherrlicher des Stierkampfes, großer Geist der Weltliteratur: Sein Lebensinhalt; Trieb, Leidenschaft, Mut, Krieg, Jagd, Sport. Nicht Glaube. Tief pessimistisch, von der Sinnlosigkeit, dem Nihilismus der Welt überzeugt; endete er 62-jährig, 1961 im Selbstmord.

Bruno-Maria Schulz
ich freue mich, daß Du genau erkannt hast, worauf ich hinauswollte. Mir standen als Beispiel zwei konkrete Menschen vor Augen:
1. Bertrand Russell
2. Konrad von Parzham

Darüber hinaus gibt es die folgende Stelle aus dem Römerbrief 1, 28:
Und da sie sich weigerten, Gott anzuerkennen, lieferte Gott sie einem verworfenen Denken aus, sodass sie tun, was sich nicht gehört:
Dem Menschen ist es also aufgegeben, beide "Teile" Geist und Seele in gleicher Weise zu Gott zu erheben. Und bei dieser Erhebung die Körperpflege nicht zu vernachlässigen. ;)

GsJC
Raphael

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Andreas01 hat geschrieben:1. Haben Tiere auch eine Seele?
2. Ist das wesentliche Kriterium der Seele die Vernunft?
ad 1: Ja. Das ist es ja, was den tierischen Leib leben macht. Allerdings ist die Tierseele gewiß nicht unsterblich, weil sie – keineswegs nach dem Bilde Gottes erschaffen – der Vernunftbegabung entbehrt. Der Behauptung allerdings, Tiere seien »durch biologische und biochemische Vorgänge prädestiniert«, möchte ich entschieden widersprechen. Dann hätten wir’s im Tierreich ja nur mit Buridans Eseln zu tun. Die Erfahrung lehrt uns aber das Gegenteil: daß nämlich Tiere – je nach Art und Entwicklungsstufe – sehr wohl fühlen, in gewisser Weise „denken“ und auch spontan – nicht bloß reaktiv – entscheiden können.
ad 2: Der freie Wille wie die Vernunftbegabung – wiewohl beide durch die Sünde beschädigt und geschwächt – sind Merkmale der Gottebenbildlichkeit der menschlichen Seele. Aber mit welchem Begriff kann man das, was den Menschen zum Ebenbild Gottes macht, also zum Menschen, am besten fassen? Deine Frage ist berechtigt, Andreas, und ich will sie gar nicht abschließend zu beantworten versuchen. Ist es der „Geist“? Oder das „Herz“?
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bruno hat geschrieben:»Niete deutet im Eingangstext auf die Möglichkeit;
„ oder ist die Seele gar ewig prä-existent?“

Ja, obwohl dies von der Synode von Konstatinopel anno 543 verworfen wurde.«
Nein, Bruno, ganz entschieden nein. Erstens erledigst du mit einem Federstrich die jahrtausendelang konstante Lehre der ganzen Kirche.

Zweitens hast du wohl die logischen Folgen einer solchen Lehre nicht hinreichend bedacht: Die Einheit des Menschen in seiner leiblichen und seelischen Natur würde aufgehoben. Seelenwanderung würde denkbar, ja konsequenterweise anzunehmen sein. Die Auferstehung des Fleisches würde unplausibel, die Auferstehung Christi im Leib unnötig.

Aber diese Konsequenzen willst du nicht, das ist mir klar. Vielleicht liegt der Knackpunkt in deiner Aussage, »alle jemals geborenen … und alle je noch geboren werdenden« seien »schon immer von Gott gewollt«. Denn du fährst fort und schließt aus der ersten Aussage, daß diese alle »deshalb schon immer existierten«. Das ist ein Trugschluß, der Ewigkeit und Zeitlichkeit vermengt. Ja, gewiß, du bist wie ich von Ewigkeit her im Plan Gottes. Er kannte uns, ehe denn wir wurden. Er hat uns im Mutterleib beim Namen gerufen.

Aber indem Er uns durch sein Schöpfungswort ins Dasein gerufen hat, wurden wir als ganze Menschen, als leiblich-seelische Personen, der Zeit und der Geschichte unterworfen. Es gibt keinen „halbewigen“ Ort, an welchem präexistente Seelen auf ihre Abberufung in Leibeskerker warten, wie die Platoniker und ihnen folgend Origenes meinte. Was für einen Sinn auch sollte das haben?

Also ja, Gott in Seiner Ewigkeit weiß „voraus“, oder besser: Er weiß zugleich, immer gegenwärtig, was aus unserer Sicht sich über die Geschichte erstreckt, über Jahrtausende und Aberjahrtausende. Beim Ihm ist ewig gegenwärtig, was mir noch Zukunft ist. Uns wandelbaren Geschöpfen aber ist die Zeit kein Schein, sondern wirklich. In dem Augenblick, in welchem die Seelen in die Geschichte eintreten, werden sie erschaffen.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raphael und Bruno, ich kann bei Nietzsche oder Russell durchaus keinen großen Geist erkennen. Vielleicht müßten wir den Geistbegriff noch einmal etwas genauer zu fassen suchen.
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Beitrag von Andreas01 »

Bruno-Maria Schulz hat geschrieben:Nietenolaf deutet im Eingangstext auf die Möglichkeit;
„ oder ist die Seele gar ewig prä-existent?“
Ja, obwohl dies von der Synode von Konstatinopel anno 543 verworfen wurde.
da möchte mich deine Begründung schon interessieren.
Woher kommt die Seele in die befruchtete Eizelle?
Von Gott, ja, klar.

Ist die Seele
1. gar ein Teil Gottes, oder ein Abbild ("Ebenbild") Gottes, oder "göttlicher Funke", was immer das auch bedeuten soll.
2. ein Geschöpf Gottes, so dass die Vereinigung von Ei- und Samenzelle einen neuen Schöpfungsakt Gottes nach sich zieht?

ad 2.: schwer zu verstehen, dass die Seele dann präexistent sein könnte.
Gut ist Norberts Hinweis auf Eph 1,4
Eph1, 3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: / Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet / durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel.
4 Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, / damit wir heilig und untadelig leben vor Gott;
5 er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, / seine Söhne zu werden durch Jesus Christus / und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen,
Edis offene Frage: „ wieso der eine Mensch schon als kleines Kind tiefgläubig ist; Aandere nie?“ möchte ich dem freien Willen alleine zuschreiben, denn unzählige fromme Kinder, werden später Glaubensgegner und umgekehrt.


interessante Schlussfolgerung aus einer Stelle, die sonst als Beleg für die Prädestination ausgelegt (mißverstanden) wird.
Also ein Pool präexistenter Seelen, die zum Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle von Gott nach seinem ewigen Ratschluß zugeteilt werden.
Manche Seelen, die erwählt sind und andere, die nicht erwählt sind.
Da droht trotz allem wieder die Calvinistische Prädestination hoch zu kochen, wenn diese Textstelle als Hinweis auf die Präexistenz der Seelen gewertet wird.
Die Seele „entsteht nicht durch elterliche Zeugung“ sondern ist von Gott. Gleichwohl ich zur oben begründeten Ansicht neige, dass diese Seele aller jemals geborenen inklusive „abgetriebenen“ also ermordeten Kinder und aller je noch geboren werdenden, schon immer von Gott gewollt und deshalb schon immer existierte, ist diese Ansicht vollkommen irrelevant, denn sie berührt nicht unser Verhältnis zu Gott.
Relevant ist sie nur hinsichtlich der so genannten Abtreibung.
sehe ich auch so, aber Abtreibung ist ein gesellschaftliches Thema von heute. Und die Abtreibung abzulehnen, geht nur, wenn das Vorhandensein einer Seele zum Zeitpunkt der Abtreibung angenommen werden darf oder muss.
Die Seele ist das ICH und wird nicht „neu geschaffen“ bei der Auferstehung,
interessehalber; gibt es eine Sekte, die das behauptet?
Wiederauferstehen ja, das ist denke ich evangelische Meinung (?), aber neu geschaffen?
NOCH HEUTE WIRST DU MIT MIR BEI MEINEM Vater SEIN
auch das wäre weiterer Diskussion wert; es wird behauptet, richtig übersetzt hieße das: Noch heute sage ich dir, du wirst ...

„Haben Tiere auch eine Seele und ist das wesentliche Kriterium der Seele die Vernunft?“ ist klar zu verneinen.
Wesentlich ist alleine Gottes Schöpfungsakt und Wille Gottes erschaffenen Seins des Menschen nach Seinem Ebenbild (ebenso wie die Engel). Tiere haben weder Ichbewusstsein, noch Vernunft oder Wille. Sie können niemals böse sein, auch nicht agieren nach Entscheid sondern reagieren je nach Art.
Tiere haben keine Seele. Und keinen freien Willen.
(Würde man der unbedingten Prädestination anhangen, wären die Unterschiede zwischen Mensch und Tier verwischt).

Ichbewußtsein schon; sonst würden sie nicht überleben.


Herzlichen Dank für die fundierten Antworten, Bruno-Maria Schulz
und liebe Grüße Andreas
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Raphael und Bruno, ich kann bei Nietzsche oder Russell durchaus keinen großen Geist erkennen. Vielleicht müßten wir den Geistbegriff noch einmal etwas genauer zu fassen suchen.
Russell und in seiner Folge Wittgenstein haben die Grenze der Sprachmöglichkeiten des Menschen aufgezeigt. Für eine so wortorientierte Religion wie das Christentum ist das Wissen um diese Grenzen eminent wichtig.

Und Nietzsche hat mit seiner Fundamentalkritik am Christentum ebenfalls Schwachstellen offengelegt, die es zu bedenken gilt:
Warum soll der Mensch einen allliebenden Gott wiederlieben?
Die existentielle Erschütterung, die möglicherweise dieser Frage folgt, muß jedoch zugegebenermaßen nicht notwendigerweise in den Nihilismus führen.

GsJC
Raphael
Zuletzt geändert von Raphael am Samstag 26. Februar 2005, 12:22, insgesamt 1-mal geändert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Andreas01 hat geschrieben:»Tiere haben keine Seele.«
Doch, aber keine unsterbliche, gottebenbildliche.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Bruno-Maria Schulz
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Beitrag von Bruno-Maria Schulz »

Servus Raphael
Ich meine wir kennen uns? Das Kinderbild ist mir sehr gegenwärtig ;-)
Ganz großen Dank für die verdeutlichende Publikation von Röm 1,28:
.........Wie sie es nicht für gut finden Gott in Erkenntnis zu haben, hat Gott sie dahingegeben ihrer verworfenen Gesinnung, zu tun, was sich nicht ziemt............
Siehe auch 1Thes 4,5 und Eph 4,19

Hi Robert
Nein – ich erledige keineswegs eine Kirchenlehre mit einem Federstrich. Wie könnte ich. Es ist indes nicht verbindliche Glaubenslehre, dass die Seele des Menschen eben nicht vor der Geburt bereits von Gott vorgesehen und somit existent sei.

Ich widerspreche ungern, aber die Seele ist nicht das Leben, sonst hätte (wie viele Esoteriker glauben), jeder Baum, und auch jede Mikrobe und sogar Bazille eine Seele.

Das Herz, das nach griech. Philosophie die Seele beherbegte und auch in der Bibel als ihr Sitz apostrophiert wird, ist nur sehr gleichnishaft der Seelensitz. Das Herz meines Sohnes schlägt noch irgendwo in Irgendwem – während mein Sohn bei Gott ist.

Wesentliches Kriterium der Seele kann Vernunft nicht sein, weil es von Gott Geliebte gibt – ohne die Gabe der Vernunft.

Warum Robert, soll die Einheit von Seele und Körper aufgehoben sein, wenn Seele und Körper ZWEIERLEI sind? Mann und Frau sind Zwei - und doch sind sie ein Fleisch 1. Mose 2,24

Auf diese Frage ob wir einen Körper haben, oder ein Körper sind, antwortet Professor für Körpersprache in Wien, Samy Molcho:
- WIR SIND DER KÖRPER- WIR HABEN IHN NICHT NUR.

Samy Molcho ist absolut genial im Vermitteln des Seelenempfindens durch den Körper, in seinen Büchern und Vorlesungen - nur - er irrt in seiner These, KÖRPER ZU "SEIN".

Beweis dafür ist um so schlagkräftiger, je hinfälliger der Körper wird.
Auch der körperlich junge, gesunde Mensch ohne körperlichen Makel, hat oft das Gefühl, aus sich heraus zu schauen. So noch sehr viel mehr der ältere Mensch, dem sein Körper nicht mehr so gehorcht, wie er es gerne hätte. Auf diese Weise wird jedem Menschen früher oder später klar, dass er nicht Körper ist, sondern im Körper steckt, wie in einer dahinrostenden Rüstung.

Sieht man liegend seine Zehen, so empfindet jeder diese als weit weg. Der geistig rege Spastiker, empfindet seinen Körper aber nie und nimmer als sein seelisches Selbst; als DAS BIN ICH, sondern als DAS HABE ICH. Der alternde Mensch, der sich schwer mit dem Alterungsprozess abfindet, empfindet den Zerfall seines Körpers nie aber als Zerfall seines Ichs. Auch beim geistig hinfälligen Menschen, ist das kein Zerfall seines Ichs. Seine Seele bleibt vom dunklerwerden seines Verstandes unberührt, wie ein Mensch, den langsam die Nacht umhüllt.

Aber auch der an Leib und Geist gesunde Mensch, findet schon bei oberflächlicher Seinssuche, seinen Körper einschließlich des Gehirns, (häufig geht gerade dies eigene Wege und macht oft nicht was wir wollen) rein als Vehikel der Seele. Somit ist der Mensch nicht der Körper den er hat- er hat Körper, der die Seele trägt; Seele widerspiegelt. (oder umekehrt ;-)
Wir haben den uns zugeteilten Körper wie wir ein Werkzeug haben, das wir pflegen müssen um es gebrauchen zu können; sofern wir ihn gesund geschenkt bekamen, gesund erhalten sollten, um damit ein Leben lang auszukommen. Erhielten wir einen kranken Körper - ist nicht mit Gott zu hadern, denn oft sind Umweltsünden und anderer Raubbau unserer Vorfahren und Ahnen daran beteiligt.

Körper einschließlich Gehirn ist auch dann nicht das ICH, wenn der Körper von der Seele nicht mehr beeinflusst werden kann durch Krankheit von Körper oder Geist - wenn sich diese Seele zurückgezogen hat in einem verschlossenen Körper, einem zerfallenden Burgverlies ähnlich.

Das rd. 5 Jahre an den Rollstuhl gefesselte Physikgenie Stephen W. Hawking, (Eine kurze Geschichte der Zeit) sagte 1996 von sich: Dieser Körper - das bin nicht ich! ICH - das ist mein Geist.
Dieser „Geist" ist (NUR SOFERN WIR IN GOTT LEBEN) unsere Seele; das unsterbliche ICH, das Gott in der Stunde unseres Sterbens gegenüberstehen wird im ausschließlichen Verhältnis GOTT UND ICH - ohne Mitverantwortung irgendeines Anderen.

Und Robert, du sagst, du könntest bei Nietzsche und Russell keinen großen Geist erkennen.
Was glaubst du, wer einen größeren Geist hat, als die gesamte lebende Menschheit: Es ist der Satan! Wieso sollten also auch einige Gottesverächter nicht einen großen Geist haben? Das beweist auf’s Neue die Unterschiedlichkeit von Geist und Seele.

Zu Andreas; „ schwer zu verstehen, dass die Seele dann präexistent sein könnte“

Was daran ist schwer zu verstehen? Du hast die Frage selbst beantwortet.
Nichts Wirkliches kann uns ein Mensch beantworten. Wirkliches – also das, was vor und nach unserem Erdenleben zählt, ist alleine Sache zwischen Gott und uns. Vertiefen wir uns in Gott in diesen Fragen, so fällt uns die Antwort wie Schuppen von den Augen und wie sehen sie.

Deine Frage Andreas, zu NOCH HEUTE, beantwortete ich im Thread VATER UNSER im Kapitel
ZU UNS KOMME DEIN REICH
http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=7646#7646

Salve
Bruno-Maria Schulz

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Raphael und Bruno, ich kann bei Nietzsche oder Russell durchaus keinen großen Geist erkennen. Vielleicht müßten wir den Geistbegriff noch einmal etwas genauer zu fassen suchen.
Soll man diese Anmerkung so verstehen, daß Du bei den genannten Herren eher einen Ableger des Widersachers von dem bisher undefinierten Geist am Werke siehst?

GsJC
Raphael

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Bruno-Maria Schulz
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Beitrag von Bruno-Maria Schulz »

Das Bestehen darauf, dass das Tier eine Seele habe, scheint auf der Tatsache zu fußen, dass Tiere durchaus Empfindungen haben. Grund-Empfindungen von Furcht, Aggression, usw. und selbst Freude und Trauer oder Zuneigung. Somit wäre auch die Grenze vom empfindungstragenden Tier zum Nichtempfindenden wie Seesterne oder Schwämme, Bäume, etc (gleichwohl auch dort von Esoterikern Empfinden erkannt wird).

Empfinden indes, ist nicht Seele, die von Gott gegeben und zurückgefordert wird; vergl: Lukas 12/20
„ Gott aber sprach zu ihm: Du Tor! In dieser Nacht wird man deine Seele von dir zurück fordern. Was du aber bereitet hast, für wen wird es sein?“ (auch Jak 4,14 - Ps 39,7; 49,18 und Pred 4,8)

Hätte das Tier eine Seele, so wäre es uns von Gott nicht zum Essen gegeben und jedes Tier käme in den Himmel. (Auch Jesus Christus aß vom Tier zB. Lamm)

OK Viele sagen ebenso wie Reichskanzler von Bismarck: Ich kann mir nicht vorstellen einen Himmel, wo ich nicht auch meine Pferde und Hunde antreffe............
In diesem Fall müssten wir auch das Schwein, Lamm oder Rind auf unserem Teller heute – im Himmel wieder treffen (man verzeihe mir diesen Ausflug in Folgerungen).

Es gibt Leute, deren Ansicht darüber, ich nicht ohne Weiteres verwerfen möchte, die sagen:
Gut – nicht JEDES Tier, aber das Tier, das in engster Gemeinschaft mit dem Menschen lebte.

Auch das soll mir recht sein – es ist in jedem Fall ohne Bedeutung für uns jetzt.

Bruno-Maria Schulz

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Bruno-Maria Schulz
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Beitrag von Bruno-Maria Schulz »

Ooops - Robert - kann es sein, dass du hier deinen Beitrag zur Seele des Tieres gelöscht hast???
Meine Antwort steht nun total beziehungslos da :(

Nun ja - is egal. Jedenfalls haben wir mies gegessen. Der Rollbraten den meine Frau herrlich anrichtete und TV-reif aussah, war innen voller Sehnen und sie ist nun stinksauer - der Hund um so glücklicher - er bekams...

Love
BMS

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Bruno-Maria Schulz
Bruno-Maria Schulz hat geschrieben:Servus Raphael
Ich meine wir kennen uns? Das Kinderbild ist mir sehr gegenwärtig ;-)......
Salve
Bruno-Maria Schulz
Ja, aber nur aus dem Cyberspace!

Der Junge auf dem Kinderbild ist nicht mit mir identisch. ;D

GsJC
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bruno hat geschrieben:»Es ist indes nicht verbindliche Glaubenslehre, daß die Seele des Menschen eben nicht vor der Geburt bereits von Gott vorgesehen und somit existent sei.«
„Vorgesehen“, Bruno, ist alles. Gottes Ewigkeit umfaßt auch, was uns noch zukünftig und was somit noch nicht existent ist. Die Seelen noch nicht geborener Menschen existieren noch nicht. Das ist verbindliche Glaubenslehre.
Bruno hat geschrieben:»Ich widerspreche ungern, aber die Seele ist nicht das Leben, sonst hätte (wie viele Esoteriker glauben), jeder Baum, und auch jede Mikrobe und sogar Bazille eine Seele.«
Und genau so ist es.
Bruno hat geschrieben:»Das Herz, das nach griech. Philosophie die Seele beherbegte und auch in der Bibel als ihr Sitz apostrophiert wird, ist nur sehr gleichnishaft der Seelensitz.«
Es war auch „gleichnishaft“ gemeint. Nicht das konkrete, physische Organ. Aber vielleicht wäre es nicht von Schaden, wenn man sich auch diesem traditionellen Begriff wieder annäherte. »Mir lacht das Herze« – was heißt das eigentlich?
Bruno hat geschrieben:»Wesentliches Kriterium der Seele kann Vernunft nicht sein, weil es von Gott Geliebte gibt – ohne die Gabe der Vernunft.«
Es geht nicht um die konkrete Aktualisierung der Vernunft. Wenn eine Seele durch Behinderungen des Leibes daran gehindert ist, ihre Vernunft tatsächlich anzuwenden, so heißt das nicht, sie sei nicht vernunftbegabt. (Sonst wären ja auch die Seelen Verstorbener vernunftlos, nebenbei bemerkt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Ihre Vernunft wird nicht mehr von der Schwäche des sterblichen Leibes begrenzt.)
Bruno hat geschrieben:»Warum Robert, soll die Einheit von Seele und Körper aufgehoben sein, wenn Seele und Körper zweierlei sind?«
Leib und Seele sind zweierlei Ding. Aber doch nur der eine Mensch. Du bist nicht nur deine Seele, du bist auch dein Leib. In Ewigkeit. Denn dieser Leib, dieses Fleisch wird auferstehen.
Bruno hat geschrieben:»Auf diese Weise wird jedem Menschen früher oder später klar, dass er nicht Körper ist, sondern im Körper steckt, wie in einer dahinrostenden Rüstung.«
Das ist die gefallene, beschädigte Natur dieses Todesleibs. Auferweckt wird in Unverweslichkeit. Derselbe Leib. Verwandelt, verklärt, transfiguriert, herrlich wie Christus auf dem Tabor. Aber derselbe Leib.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Und dann die Sache mit den Tierseelen. Erstaunlich, wie vollständig die traditionelle Seelenlehre in postfreudianischer Zeit in Vergessenheit geraten ist …Das betrifft aber nicht bloß Bruno, sondern ziemlich alle hier, wie ich fürchte. Ich erlaube mir mal, ein kleines Zitat von Hugo von Sankt Victor zu bringen, um an die herkömmliche Seelenlehre zu erinnern.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hugo von Sankt Victor (Didascalicon I,3 [ganz zitiert aus: Boethius, in Porph. comm.]) hat geschrieben:Die dreifache Potenz der Seele - Nur der Mensch ist mit Vernunft begabt

Es läßt sich insgesamt eine dreifache Potenz der Seele im Beleben von Körpern unterscheiden: Die eine führt dem Körper das bloße Leben zu, so daß er geboren wird, wächst und durch Ernährung weiter lebt; die zweite befähigt zur Unterscheidung durch die Sinneswahrnehmung; die dritte stützt sich auf die Kraft des Geistes und der Vernunft.

Die Aufgabe der ersten ist es, der Schaffung, der Ernährung und der Erhaltung von Körpern zu dienen, ohne ihnen jedoch die Fähigkeit der Unterscheidung durch Sinneswahrnehmung oder durch Vernunfterkenntnis zu verleihen. Diese Potenz ist wirksam etwa in Gräsern und Bäumen und überhaupt in allem, was mit Wurzeln in der Erde haftet.

Die zweite Potenz ist zusammengesetzt und verbunden; indem sie die erste in sich aufnimmt und sie zu einem Teil ihrer selbst macht, erlangt sie ein vielfältiges Urteilsvermögen über diejenigen Dinge, die sie erfassen kann. Denn jedes Lebewesen, das mit Sinneswahrnehmung ausgestattet ist, wird auch geboren, ernährt und erhalten; die Sinne aber sind verschieden, es können bis zu fünf sein. Nun hat, was nur Nahrung zu sich nimmt, deshalb nicht auch schon Sinneswahrnehmung, doch alles, was Sinneswahrnehmung hat, nimmt auch Nahrung zu sich - was beweist, daß ihm die erste Potenz der Seele, die des Entstehens und Wachsens, zukommt. Diejenigen Lebewesen, die über Sinneswahrnehmung verfügen, nehmen aber nicht nur die Formen der Dinge wahr, die in direkter Gegenwart des sinnenbegabten Körpers auf sie einwirken, sondern sie behalten auch dann, wenn die Sinneswahrnehmung aufgehört hat und die Objekte schon verschwunden sind, noch die Abbilder der sinnlich wahrgenommenen Gestalten und entwickeln eine Erinnerung daran. Jedes Lebewesen behält diese Eindrücke für längere oder kürzere Zeit, je nach seiner Fähigkeit. Aber sie nehmen diese Eindrücke nur in einer verworrenen und unklaren Weise auf, so daß sie aus deren Verbindung und Zusammenstellung heraus nichts zustande bringen können. Sie können sich deshalb auch nicht an alle in gleicher Weise erinnern, und wenn eine Erinnerung einmal verloren ist, können sie sie nicht zurückrufen und wieder aufnehmen. Von der Zukunft haben sie überhaupt keine Kenntnis.

Die dritte Potenz der Seele aber, die die beiden ersten Kräfte der Ernährung und der Sinneswahrnehmung in sich einbezieht und sie gleichsam als Diener und Helfer gebraucht, beruht ganz und gar auf der Vernunft. Sie betätigt sich entweder in unbezweifelbaren Schlußfolgerungen über gegenwärtige Dinge oder in dem Verständnis der abwesenden oder aber in der Erforschung der unbekannten Dinge. Diese Potenz steht nur dem Menschengeschlecht allein zur Verfügung. Sie nimmt nicht nur vollkommene und wohlbegründete Sinneseindrücke und Vorstellungen auf, sondern erklärt und bestätigt auch durch einen vollgültigen Erkenntnisakt, was das Vorstellungsvermögen dargeboten hat. Dieser göttlichen Natur genügt es daher, wie gesagt, nicht, das zu erkennen, was sich ihren Sinnen darbietet, sondern indem sie aus Sinneseindrücken Vorstellungen bildet, ist sie auch in der Lage, gegenwärtig nicht vorhandenen Dingen Namen zu geben, und was sie durch ihr Erkenntnisvermögen erfaßt, das enthüllt sie durch die Benennung mit Wörtern. Denn auch das ist dieser Natur eigen, daß sie mit Hilfe des Bekannten das Unbekannte erforscht, und von allem will sie nicht nur wissen, ob es sei, sondern auch was, wie beschaffen und sogar warum es sei.

Wie schon gesagt, ist allein die menschliche Natur mit dieser dreifachen Potenz der Seele ausgestattet worden. Die Kraft ihrer Seele erstreckt sich auch auf die Bewegungen der Erkenntnis, und dadurch übt sie die Kraft der Vernunft in der ihr eigentümlichen Weise in den folgenden vier Betätigungen aus: Entweder sie untersucht, ob ein Ding existiert, oder, wenn sie dies festgestellt hat, erkundet sie, was dieses Objekt ist. Wenn sie aber über dies beides vernünftige Kenntnis gewonnen hat, erforscht sie die Eigenschaften eines jeden Dings und die Einflüsse aller anderen Akzidentien; und wenn sie all dies weiß, so ergründet sie gleichwohl noch weiter mit ihrer Vernunft, warum das Ding so ist, wie es ist.

Da es nun die Verhaltensweise des menschlichen Geistes ist, sich stets mit der Wahrnehmung der gegenwärtigen oder mit der Erkenntnis der nicht gegenwärtigen oder aber mit der Erforschung und Entdeckung der unbekannten Dinge zu befassen, so gibt es zwei Dinge, denen die Kraft der denkenden Seele ihre ganze Mühe widmet: Das eine ist, daß sie durch rationale Erforschung die jeweilige Natur der Dinge erkenne, das andere aber ist, daß sie dasjenige zunächst wissensmäßig erfasse, was später der sittliche Ernst in die Praxis umsetzen soll.
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Raphael

Beitrag von Raphael »

Schade, daß diese Diskussion etwas eingeschlafen ist, ohne zu einer befriedigenden Lösung geführt zu haben. :cry:

Es gibt noch eine Bibelstelle, die im Hinblick auf die Problematik Geist-Seele, interessant ist:
Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens;
vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden.

(Hebräer 4, 12 f.)
Dort wird doch deutlich gemacht, daß es sehr wohl eine erkennbare Differenz zwischen Geist und Seele geben kann, oder sehe ich das falsch?
Oder ist die Erkennbarkeit eines Unterschiedes zwischen Geist und Seele eschatalogisch zu betrachten und damit auf den Logos höchstselbst beschränkt?

GsJC
Raphael

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