Heiliger Zorn

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Raphael

Heiliger Zorn

Beitrag von Raphael »

Hört, was die Alten zu dem Thema zu sagen haben:
Spätestens zu Beginn des vierten Jahrhunderts begannen manche christliche Denker, aufgrund der Heiligen Schrift das herkömmliche stoische Bild des moralischen Lebens in Frage zu stellen. Der erste war Lactantius (gest. um 330), der wegen seiner eleganten lateinischen Prosa manchmal als „christlicher Cicero" bezeichnet wird. Er verfasste mehrere Werke; eines davon ist eine umfangreiche Verteidigung des Christentums gegenüber der gebildeten Elite des Römischen Reiches. Lactantius besitzt nicht die Tiefe eines Origenes oder Augustin, doch in gewissen Fragen ist seine Intuition ungewöhnlich hellsichtig und er bemerkt Dinge, die anderen entgehen. Er war der erste Denker des Abendlandes, der aus religiösen Gründen für die Religionsfreiheit eintrat. Religion muss freiwillig sein, schrieb er, denn „nichts erfordert den freien Willen so sehr wie die Religion".11 Er schrieb auch ein faszinierendes Buch Vom Zorn Gottes (De ira Dei), in dem er sich gegen die Annahme ausspricht, Gott sei frei von Affekten. Nach der Bibel, sagt er, ist Gott von Liebe und Zorn bewegt.
Lactantius meint, die stoische Ablehnung der Affekte mache das sittliche Leben steril. Die Stoiker bezeichnen „Barmherzigkeit [misericordia], Begehren und Furcht als Krankheiten der Seele".12 Aber in den Seligpreisungen fordert Jesus seine Anhänger auf, barmherzig zu sein: „Selig die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit [misericordia] erlangen" (Matth. 5,7). Lactantius beginnt seine Erörterung zwar mit einem Bibelzitat, doch bald wird deutlich, dass es ihm um eine philosophische Kritik des menschlichen Handelns geht. Die größte Schwäche der stoischen Lehre war, dass sie keine befriedigende Erklärung dafür geben konnte, was die Seele zum Handeln bewegt.
Lactantius wusste sehr wohl, dass der Begriff Bewegen auf Aristoteles zurückging und eine ehrwürdige Ahnenreihe in der antiken Moralphilosophie besaß. Als Aristoteles in seiner Abhandlung Die Bewegung der Lebewesen die Bewegungen der Seele erörterte, argumentierte er, jede Bewegung lasse sich auf Denken und Begehren zurückführen. Ohne eine Vorstellung von dem, was getan werden soll, wissen wir nicht, was wir tun sollen; aber ohne Begehren - ohne eine innere Bewegung, die uns zu dem hinzieht, was wir uns vorgestellt haben - gibt es kein Handeln. „Der unmittelbare Grund für eine Bewegung ist das Begehren", schreibt Aristoteles. Auf diese Erklärung des menschlichen Handelns gestützt, argumentiert Lactantius, dass die Stoiker „die Menschen aller Affekte berauben, durch deren Impulse die Seele bewegt wird, nämlich Begehren, Freude, Furcht und Schmerz". Gott hat uns diese Affekte aus gutem Grund eingepflanzt; ohne sie ist es unmöglich, tugendhaft zu leben. Selbst Zorn kann, wenn er richtig eingesetzt wird, zur Tugend beitragen. In einem überraschenden Satz formuliert Lactantius diesen Sachverhalt eindringlich: „Ohne Zorn kann es keine Tugend geben."13
Die Kritik des Lactantius an den Stoikern ist zwar von der Heiligen Schrift inspiriert, bewegt sich aber auf einem Weg, den griechische und römische Philosophen geebnet haben. Wenige Generationen später griff Gregor von Nyssa das Thema erneut auf und verband es mit der tieferen Frage, wie Menschen Gott erkennen und an ihm festhalten. Obwohl Gregors Erörterung der Affekte sich mit der Psychologie der Moral befasst, steht dahinter ein theologisches Programm. Nach Gregors Auffassung bereiten die Affekte den Weg für die Liebe zu Gott.


(Quelle: Robert Louis Wilken, Der Geist des frühen Christentums, S. 211 f.)

Die Hervorhebungen wurden durch den Zitierenden vorgenommen.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Was ist Zorn? Ich kann mir darunter nichts vorstellen.

Ist es ein Synonym für Wut? Gibt es guten und schlechten Zorn? Wie äußert sich Zorn? War Jesus Christus zornig?

Was will uns Raphael mit diesem Posting sagen?
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sofaklecks
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Mit Verlaub

Beitrag von sofaklecks »

Ich habe mich an dem Begriff des heiligen Zorns gestossen, den Yeti eigentlich scherzhaft und in Anführungszeichen gesetzt erwähnt hat.

Auf meinen Hinweis hat er zwei Bibelstellen erwähnt, die den heiligen Zorn gutheissen sollen, zum einen die Reinigung des Tempels, zum anderen eine Stelle aus den Maakabäern, in der es heisst:

"Als Mattatias das sah, packte ihn leidenschaftlicher Eifer; er bebte vor Erregung und ließ seinem gerechten Zorn freien Lauf: Er sprang vor und erstach den Abtrünnigen über dem Altar." Das ist schlicht die Rechtfertigung der Tötung eines Andersdenken, eines Irrenden, vielleicht auch eines Wichtigtuers oder Wendehalses aus "gerechtem Zorn"

Zur Tempelreinigung. Dort steht in keinem Evangelium etwas vom Zorn Jesu (man korrigiere mich bitte; nur bei Johannes wird über das Gefühl des Herrn etwas angedeutet, nämlich, dass die Jünger sich an Satz mit dem Eifer für das Haus des Herrn erinnert fühlten). Ich will angesichts der Beliebtheit der Begebenheit zur Rechtfertigung einer ecclesia militans auch nicht die Tatsache problematisieren, dass die Händler im Tempel den Menschen es ermöglichten, die von ihrer Religion vorgeschriebenen Opfer darzubringen, genau die Opfer also, deren Darbringung durch die Gottesmutter wir etwa an Mariä Lichtmess feiern. Die Diskrepanz fällt wohl niemandem besonders auf. Wenn überhaupt, dann sollte diese Begebenheit eher zur Rechtfertigung der Reformation angezogen werden.

Auch die Tatsache problematisiere ich nicht, dass Lactantius als der erste Denker des Abendlandes, der aus religiösen Gründen für die Religionsfreiheit eintrat und feststellte, Religion müsse freiwillig sein, weil „nichts den freien Willen so sehr erfordere wie die Religion", doch eigentlich Schwierigkeiten mit der zitierten Bibelstelle aus dem Buch der Makkabäer haben müsste.

Auch die feinsinnigen Übelegungen des kultivierten Römers zu den Affekten Gottes kommentiere ich nicht.

Aber ich behaupte, dass die Verteidigung des Zorns als heilig mit der Begründung der berechtigten eigenen Teilhabe am angeblich göttlichen Zorn über das Böse eine schlichte Blasphemie darstellt, indem man sich als Mensch Gott gleichsetzt.

Alio loco wurde gefragt, wohin die Religion die Menschen führe.

Statistisch gesehen ganz überwiegend in die Irre.

sofaklecks

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Zunächst einmal ist Zorn doch eine Hauptsünde.
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Paul Heliosch
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Beitrag von Paul Heliosch »

Demnach war es kein Zorn als Jesus den Tempel reinigte, sondern Liebe. Es ist dieselbe Liebe, die die Alten drängte, den ungezogenen Läusern den Hintern zu versohlen. Zorn wäre es in beiden Fällen erst dann gewesen, wenn der innere Affekt der Liebe entgegengestellt gewesen wäre.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

"Barmherzigkeit will ich."
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Paul Heliosch
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Beitrag von Paul Heliosch »

Du meinst Jesus hätte mit den Händlern im Tempel einen vernünftigen Dialog beginnen sollen um sie wortgewaltig dazu zu bewegen ihre Tätigkeit andernorts weiterzuführen?

Du meinst der Lehrer hätte mit dem Läuser, der gestohlen hat, einen Dialog beginnen sollen, in der Hoffnung auf Einsicht und zukünftige Unterlassung?
Zuletzt geändert von Paul Heliosch am Samstag 20. September 2008, 16:04, insgesamt 1-mal geändert.

Raphael

Beitrag von Raphael »

Gerhard hat geschrieben:Was ist Zorn? Ich kann mir darunter nichts vorstellen.
[Eingriff der Moderation nach mehrfacher Beanstandung. cp, Mod.]
Jeder Mensch hat wohl 'mal irgendwann in seinem Leben Zorn empfunden.

Zorn ist bspw. das, was man empfindet, wenn man hört, daß ein gerade entlassener Sexualstraftäter rückfällig geworden ist und wieder ein minderjähriges Kind vergewaltigt und ermordet hat.
Gerhard hat geschrieben:Ist es ein Synonym für Wut?
Das kommt dem schon nahe, wobei Wut schon mehr die Umsetzung des Zornes ist. Die Mimik verändert sich und Gewalttätigkeit mischt sich zu dem inneren Empfinden.
Gerhard hat geschrieben:Gibt es guten und schlechten Zorn?
Ja, denn es kommt d'rauf an, was man d'raus macht!
Gerhard hat geschrieben:Wie äußert sich Zorn?
Ich glaube, er war sogar wütend als er die Händler aus dem Tempel verjagte!
Gerhard hat geschrieben:War Jesus Christus zornig?
Siehe oben!
Gerhard hat geschrieben:Was will uns Raphael mit diesem Posting sagen?
Es ist meistens nicht so einfach wie man zuerst denkt.
Wenn man einen zweiten Gedanken verschwendet, könnte sich das Dunkel lichten.

Was ich wollte:
Einen Denkanstoß in die Richtung geben, daß man nicht so einfach den Zorn als eine völlig unchristliche Gedankenhaltung verdammt. Der Zorn will geläutert werden, aber als eine der möglichen affektiven Haltungen ist er zulässig.

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

[Teil des Beitrags vom Moderator entfernt, da Replik auf oben entfernten Beitrag. cp, Mod.]

Wenn du mehr über "Zorn" erfahren willst, schau einfach mal auf http://www.kathpedia.com/index.php?title=Zorn vorbei.

Ich bin etwas knapp in der Zeit, entschuldige bitte.
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sofaklecks
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Sachte

Beitrag von sofaklecks »

Sachte:

Dass man als Christ wütend oder zornig werden kann, ist unbestritten.

Solange man diesen Gedankenzustand als zu läuternden Zustand betrachtet, ist er keine Sünde, schon gar keine Hauptsünde.

Ich habe mich dagegen gewendet, einen angeblich heiligen Zorn als Rechtfertigung für daraus resultierendes, andere verletzendes Tun zu missbrauchen. Auf die angeblich berechtigte Teilnahme am heiligen Zorn Gottes über das Böse.

Bedarf übrigens ein zorniger Gott auch der Läuterung?

sofaklecks

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Sofaklecks, leider sind meine Kenntnisse hier nur sehr laienhaft. Ich kann und will auch nicht über Gott urteilen (das ist doch wohl klar, oder), ich weiß, dass Zorn für unsere Kirche eine der Hauptsünden ist.

Wir sollten einmal mit Katechismus nachschlagen, um mehr darüber zu erfahren. Bei Gelegenheit will ich dies gerne tun. Für diese Minute gebe ich mich mit der Formulierung von der Kathpedia Seite "Man spricht von "Hauptsünden", weil sie weitere Sünden, weitere Laster erzeugen. " zufrieden und denke darüber nach.

Als Katechismus bevorzuge ich übrigens den KEK. Welchen Katechismus bevorzugst du?
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Petra
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Beitrag von Petra »

Gerhard hat geschrieben:Sofaklecks, leider sind meine Kenntnisse hier nur sehr laienhaft. Ich kann und will auch nicht über Gott urteilen (das ist doch wohl klar, oder), ich weiß, dass Zorn für unsere Kirche eine der Hauptsünden ist.

Wir sollten einmal mit Katechismus nachschlagen, um mehr darüber zu erfahren. Bei Gelegenheit will ich dies gerne tun. Für diese Minute gebe ich mich mit der Formulierung von der Kathpedia Seite "Man spricht von "Hauptsünden", weil sie weitere Sünden, weitere Laster erzeugen. " zufrieden und denke darüber nach.

Als Katechismus bevorzuge ich übrigens den KEK. Welchen Katechismus bevorzugst du?
KKK zu Zorn

Siehe dorten: Link

z.B. in 2302:

Zorn ist ein Verlangen nach Rache. „Nach Rache zu verlangen zum Schaden dessen, der bestraft werden soll, ist unerlaubt; aber nach Rache zu verlangen zur Bestrafung der Laster und zur Bewahrung der Gerechtigkeit ist lobenswert" (Thomas v. A., s. th. 2-2, 158,1, ad 3). Falls der Zorn so weit geht, daß man den Mitmenschen absichtlich töten oder schwer verwunden möchte, ist er eine schwere Verfehlung gegen die Liebe und damit eine Todsünde. Der Herr sagt: „Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein" (Mt 5,22).

Vielleicht ist es hilfreich zum Zorn die entsprechende Tugend zu betrachten. Aber welche ist das nur? Sanftmut? Friedfertigkeit? Geduld? :hmm:

sofaklecks
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Laien

Beitrag von sofaklecks »

Was meinst du, wie laienhaft meine Kenntnisse auf dem Gebiet sind, Gerhard.

Ich sehe nur überall die Früchte des heiligen Zorns. Hast du nicht vor kurzem über die Christenverfolgung in Indien gepostet? Auch alles von heiligen Zorn bewegte Mitmenschen. Sieht man mal näher hin, stellt man fest, dass es den ewigen und unwandelbaren Hinduismus so wenig gibt wie all die anderen ewigen und unwandelbaren Religionen, die sich alle im Besitz der lauteren und unwandelbaren Wahrheit wähnen. Deshalb auch mein Hinweis auf die Tatsache, dass statistisch gesehen die Religionen meist in die Irre führen, zurückgehend auf eine von Ecce einmal im Witzthread gepostete Überlegung zur Frage, ob die Hölle endotherm oder exotherm sei und der Tasache, dass keine der Religionen die absolute Mehrheit hat, woraus bei Unterstellung, nur eine sei die im Besitz des richtigen Weges zu Gott, zwingend folgt, dass die Religionen statistisch gesehen zumeist in die Irre führen.

Ich glaube, ich irre mich in meiner Zeit.

Aber das war ein Anglikaner, der das geschrieben hat und also auch ein Irrender.

sofaklecks,

der jetzt wieder eine Pause macht.

Paul Heliosch
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Beitrag von Paul Heliosch »

"Man sollte jedoch vorsichtig sein, selbst seinen Zorn heiligzusprechen."

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Edi
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Re: Sachte

Beitrag von Edi »

sofaklecks hat geschrieben:Bedarf übrigens ein zorniger Gott auch der Läuterung?
Gottes Zorn ist nicht vergleichbar mit unserem Zorn, weil er aus einem ganz reinen, ganz liebenden, erhabenen und völlig ruhigem Herzen kommt. Bei uns unheiligen Menschen ist bei einem Zorn, der meist wenig heilig ist, immer etwas dabei, was uns unruhig macht und selber aufregt.

Nehmen wir mal zur Erläuterung etwas aus dem Leben des heiligen Pater Pio. (Ich weiss zwar nicht, ob ich das verständlich genug rüberbringen kann, aber ich versuche es.)
Von ihm wird berichtet, dass er sich furchtbar aufregen konnte, wenn er Menschen in Sünde leben sah und die entsprechenden Personen in manchen Fällen auch vor andern Menschen oftmals hart und auch lautstark anging, natürlich mit dem Ziel sie zur Umkehr zu bewegen.
Kaum aber war der Angegriffene weggegangen, so war der Pater wieder ganz ruhig wie wenn nichts gewesen wäre. Da fragten ihn Mitbrüder, die das miterlebt hatten, wie er denn so schnell wieder gelassen hätte werden können. Die Antwort des Paters: Ich habe mich ja nur äusserlich aufgeregt, innen tief im Herzen bin ich immer ganz ruhig und gelassen. Darin muss ein Geheimnis sein, weil der gute Pater ganz innig mit dem Herrn verbunden war.

Zudem hat er noch gesagt, dass er die kritisierte Person lieber ans Herz gedrückt hätte, aber Gott habe ihn anders reagieren lassen, damit der Bruder ermahnt und erschüttert werde und er werde für denjenigen opfern und beten. Offenbar kamen diese Menschen auch nach einiger Zeit zu P.Pio zurück und haben ein neues Leben angefangen.

Wenn schon der heilige Pater so war, wie sehr muss dann Gott erhaben, klar, rein, liebevoll und barmherzig sein und sein Zorn muss auch ganz rein sein. Gott muss eine völlige innere Ruhe besitzen, die wir uns kaum vorstellen können. Von Jesus wird ja auch berichtet, dass er schwere Anklagen gegen manche Menschen vortrug und doch hat er sein Leben für diese Menschen, ja für uns alle gegeben. Also geschieht Gottes (Jesu) Zorn letztlich aus reiner Liebe. Kann ein Mensch sich das vorstellen?

Wir wissen ja aber auch, dass hinter den Ermahnungen von Menschen oft auch Liebe stehen kann. Eine Mutter die ihr Kind vor Üblem bewahren will und es deshalb auch mal kräftig ermahnt, handelt letztlich ja auch aus Liebe, wenn es auch nicht diese reine und erhabene und barmherzige Liebe ist, die nur Gott besitzt.

Gerhard
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Re: Sachte

Beitrag von Gerhard »

Edi hat geschrieben:Nehmen wir mal zur Erläuterung etwas aus dem Leben des heiligen Pater Pio. (Ich weiss zwar nicht, ob ich das verständlich genug rüberbringen kann, aber ich versuche es.)
Du hast das gut rübergebracht. Danke. :jump:
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Yeti
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Re: Sachte

Beitrag von Yeti »

Edi hat geschrieben:
sofaklecks hat geschrieben:Bedarf übrigens ein zorniger Gott auch der Läuterung?
Gottes Zorn ist nicht vergleichbar mit unserem Zorn, weil er aus einem ganz reinen, ganz liebenden, erhabenen und völlig ruhigem Herzen kommt. Bei uns unheiligen Menschen ist bei einem Zorn, der meist auch gar nicht heilig ist, immer etwas dabei, was uns unruhig macht und selber aufregt.

Nehmen wir mal zur Erläuterung etwas aus dem Leben des heiligen Pater Pio. (Ich weiss zwar nicht, ob ich das verständlich genug rüberbringen kann, aber ich versuche es.)
Von ihm wird berichtet, dass er sich furchtbar aufregen konnte, wenn er Menschen in Sünde leben sah und die entsprechenden Personen in manchen Fällen auch vor andern Menschen oftmals hart und auch lautstark anging, natürlich mit dem Ziel sie zur Umkehr zu bewegen.
Kaum aber war der Angegriffene weggegangen, so war der Pater wieder ganz ruhig wie wenn nichts gewesen wäre. Da fragten ihn Mitbrüder, die das miterlebt hatten, wie er denn so schnell wieder gelassen hätte werden können. Die Antwort des Paters: Ich habe mich ja nur äusserlich aufgeregt, innen tief im Herzen bin ich immer ganz ruhig und gelassen. Darin muss ein Geheimnis sein, weil der gute Pater ganz innig mit dem Herrn verbunden war.

Zudem hat er noch gesagt, dass er die kritisierte Person lieber ans Herz gedrückt hätte, aber Gott habe ihn anders reagieren lassen, damit der Bruder ermahnt und erschüttert werde und er werde für denjenigen opfern und beten. Offenbar kamen diese Menschen auch nach einiger Zeit zu P.Pio zurück und haben ein neues Leben angefangen.

Wenn schon der heilige Pater so war, wie sehr muss dann Gott erhaben, klar, rein, liebevoll und barmherzig sein und sein Zorn muss auch ganz rein sein. Gott muss eine völlige innere Ruhe besitzen, die wir uns kaum vorstellen können. Von Jesus wird ja auch berichtet, dass er schwere Anklagen gegen manche Menschen vortrug und doch hat er sein Leben für diese Menschen, ja für uns alle gegeben. Also geschieht Gottes (Jesu) Zorn letztlich aus reiner Liebe. Kann ein Mensch sich das vorstellen?

Wir wissen ja aber auch, dass hinter den Ermahnungen von Menschen oft auch Liebe stehen kann. Eine Mutter die ihr Kind vor Üblem bewahren will und es deshalb auch mal kräftig ermahnt, handelt letztlich ja auch aus Liebe, wenn es auch nicht diese reine und erhabene und barmherzige Liebe ist, die nur Gott besitzt.
Eine nette Episode aus dem Leben Padre Pios. Wer die Lebensgeschichte P. Pios kennt, mag ermessen wie schwierig es ist, sich ihn zornig vorzustellen. Um wieviel mehr ist es dies bei Jesus Christus. Daß er aber zornig war, als er die Tische im Tempel umstiess, dürfte eigentlich klar sein. Man muß kein Germanist sein, um dies zu erkennen. Der Hinweis, daß das Wort "Zorn" in allen vier Perikopen über dieses Geschehen nicht vorkommt, ist irrelevant. Natürlich wäre es vorstellbar, daß die Evangelisten aus gutem Grund und der Verwechslungsgefahr mit dem sündhaften Zorn den negativ besetzten griechischen Begriff "he orge" (wie schreibt man hier eigentlich griechische Buchstaben oder überhaupt welche aus dem nichtlateinischen Alphabet?) vermieden, aber schon das ist Spekulation. Tatsache ist aber, daß alle vier Perikopen eine Handlungsweise beschreiben, deren Ursache wir im Deutschen mit gutem Recht als Zorn beschreiben können, wie immer wir auch dazu stehen. Daraus zu schliessen, daß Jesus auch generell einen Zwang befürwortet oder überhaupt ihm gegenüber nicht abgeneigt ist, wäre nicht richtig, wie allein die Bergpredigt zeigt. Ich finde es aber gedanklich problematisch, grundsätzlich Gott das "Vorrecht" des Zornes oder "zornigseins" zugestehen zu wollen, dem Menschen aber nicht, der ja sein Abbild ist. Die (nicht zwangsweisen) Folgen des Zornes zu betrachten, dürfte hier fruchtbarer sein. Vielleicht ist hier die Einordnung des Zornes als "Sünde" das Problem. Ähnlich wie der Begriff der "Erbsünde" (der ja auch mißverständlich ist, weil ja dadurch keine individuell verursachte Schuld ausgedrückt werden soll) wird ja auch der Begriff der "Wurzelsünde" oft mißverstanden. "Zorn" zählt zu den Hauptlastern, weil er zu den Sünden Wut, Vergeltung und Rachsucht führen kann (eben nicht muß, sonst wäre der von Gott gewollte freie Wille auch beschnitten). Es handelt sich also um ein Laster und nicht um eine Sünde, die sich daraus ergeben kann. Wenn man sich an Stellen in der Bibel stößt, in denen Menschen, die einer anderen Überzeugung oder Glauben haben, benachteiligt, diskriminiert oder gar verfolgt oder getötet werden (neben dem Beispiel des Makkabäerbuches denke ich auch an Elias und die Baalspriester), darf man nicht vergessen, daß die Bibel natürlich auch keine Quelle zur Legitimierung einer pluralistischen Staatstheorie ist. Sie spricht über die Wahrheit des Glaubens, das ist exklusivistisch und in diesem Sinne durchaus das, was wir heute mit dem inflationär und oft falsch verstandenen Attribut "intolerant" verstehen. Natürlich schließt der Christ dabei Gewalt aus, aber die Tatsache der einen Wahrheit des Glaubens bleibt. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß die Menschheit sich über etwas wie das Individuum und unseren heutigen Begriff der Person erst ca. Mitte des 15./16. Jahrhunderts bewußt wurde, insofern müsste man dann auch den Gedanken der freien Selbstbestimmung in einem zeitkontextuellen Licht sehen. Auch hier war die Kirche richtungsweisend, indem sie der Antwort des Menschen auf Gottes Anruf solch großes Gewicht verlieh. Ich denke, daß sich in diesen Stellen der Bibel die Unbegreiflichkeit Gottes zeigt. Hier stellt die vermeintliche Kluft zwischen deus absconditus und dem deus revelatus uns und unser Gottesbild vor eine Herausforderung, die viele eben mit Extremen beantworten, je nach ihrer Natur oder grundsätzlicher Einstellung. So fielen ja nicht nur Normalbürger, sondern auch schon viele Exegeten darauf herein und machten - ganz im Sinne der Zeit - aus Jesus entweder den Sozialrevolutionär à la Ché oder zwei Jahrzehnte früher den Arier. Man müsste die Texte als ein solches Zeugnis der Unbegreiflichkeit Gottes annehmen, wenn sie denn exegetisch haltbar sind, was in diesem Fall zweifelsfrei so sein dürfte. Einen Begriff aber ablehnen, weil er sich zwar aus der geschilderten Handlung zwingend ergibt, aber nicht expressis verbis vorkommt, zeugt erstens von einem absoluten Sprachverständnis, welches sonst eigentlich nur Fundamentalisten zu eigen ist und zweitens von modernistischer Tendenz (eine Mischung, die gar nicht mal so selten ist: Extreme berühren sich). Schon immer hat der Modernismus das subjektive Gefühl über die Ratio gestellt. Natürlich kann ich mich dieser ganzen Fragestellung einfach entledigen, indem ich - entsprechend analog dem Konzept des staatlichen Pluralismus - eine pluralistische Religionstheorie befürworte, nach der keine Religion die Wahrheit besitzt und überhaupt so etwas wie Wahrheit nicht existiert (ausser meiner eigenen natürlich - jeder hat ein Recht auf meine Meinung ;D ), aber ob ich mich dann noch als Christ bezeichnen kann, wage ich zu bezweifeln. Nicht der Zweifel, ob die Wahrheit des christlichen Glaubens tatsächlich existiert, bildet das Wesen dieser Apostasie (Zweifel hat jeder denkende Christ), sondern die grundsätzliche Leugnung der Existenz der Wahrheit an sich. Nebenbei ist das auch absolut an der Aufklärung vorbeigedacht, denn gerade sie hat ja die grundsätzliche Fähigkeit des Menschen hervorgehoben, sich mittels der Vernunft die Wahrheit aneignen zu können - wie es die Kirche schon seit jeher sagt. Aber wir leben - wie es Papst Benedikt XVI. so oft sagt - in einer Zeit der Diktatur des Relativismus: "Wenn wir Wahrheit über Gott nicht erkennen können, dann bleibt auch die Wahrheit darüber, was gut ist und was böse ist, unzugänglich. Dann gibt es das Gute und das Böse nicht; es bleibt nur das Kalkül der Folgen: Ethos wird durch Berechnung ersetzt." Quelle: Ratzinger, Joseph: Glaube - Wahrheit - Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen. - Freiburg i. Br. 2004. - Hier: S. 186

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Zorn ist ein Verlangen nach Rache
Eigentlich nicht! Rache ist eine mögliche Auswirkung des Zorns; in der Regel hat man dabei kein Gedanke an eine Rache. Unbeherrschte Wut etwa, könnte eventuell grundsätzlich Rachegelüste aufkommen lassen.
So eine Art von Erwiderung auf der Stelle - als Affekthandlung.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Liebe Schwestern und Brüder,

beschämt musste ich feststellen, dass dieser Thread ein Musterbeispiel unchristlicher Wut und Provokation wurde.

Ich ersuche dringend, die Tugenden der Demut und Friedfertigkeit stärker zu beachten. Vor allem fasse man sich - aber kurz! (Heinz Erhardt)

Vielen Dank!


Jetzt ärgert man sich am frühen Sonntagmorgen schon zwischen zwei Messen. Unheiliger Zorn, das!
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

cantus planus hat geschrieben:Liebe Schwestern und Brüder,

beschämt musste ich feststellen, dass dieser Thread ein Musterbeispiel unchristlicher Wut und Provokation wurde.

Ich ersuche dringend, die Tugenden der Demut und Friedfertigkeit stärker zu beachten. Vor allem fasse man sich - aber kurz! (Heinz Erhardt)

Vielen Dank!


:ja:


cantus planus hat geschrieben:
Jetzt ärgert man sich am frühen Sonntagmorgen schon zwischen zwei Messen. Unheiliger Zorn, das!


Das lohnt sich nicht ;) Die Lesungen des heutigen Tages sind so schön! Der Paulusbrief kann einem zutiefst beschämen und zeigt das wesentliche auf was es überhaupt ankommt. Das Evangelium macht Mut, daß es auch für die letzten nicht nur einen Bruchteil des Heiles gibt sondern 100%-
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

maliems
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Beitrag von maliems »

wer sich einlesen möchte:

Seneca, De Ira, 3 Bücher
Aristoteles, Nikomachische Ethik VII, 6f
Thomas, S. Th. 1 II qq46ff, 2 II q 158, III q 15a9

so LThK 1965 s.v. Zorn

hat jemand einen web-link zu Thomas bei der hand??

maliems
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Beitrag von maliems »

ich antworte mal selber

http://www.corpusthomisticum.org/iopera.html
http://logicmuseum.googlepages.com/Summa-index.htm

1 II q 46: de ira
q 47 de causa effectiva irae, et de remediis eius
q 48 de effectibus irae

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Gott richtet die Menschen, wieso wollen wir dieses seinem Sohn absprechen? Immerhin ist er derjenige, der auch über uns richten wird, da er ja der Sohn ist.

Was hätte er im Tempel machen können? Mit den Händlern diskutieren? Die hätten ihm wahrscheinlich plausibel erklärt, warum sie an ihrem Tun nichts Verwerliches finden, zumal diese Art der Geschäfte offensichtlich durch die religiösen Führer abgesichert war.

Zorn trifft dies nicht, denn Zorn ist etwas menschliche und beinhaltet auch Kontrollverlust. Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass der Sohn Gottes keine Kontrolle über sich hatte.
"Ad Deum, qui laetificat juventutem meam."

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Ich habe gestern Abend eine Fernseh-Werbung von Misereor gesehen. Einige mehr oder weniger bekannte "Promis" haben da verschiedene Missstände in der Welt angeprangert. Anschließend wurde ein "Zorn, der Gerechtigkeit schafft" gefordert. Zu sehen auch hier.

Der Zorn scheint bei katholischen Organisationen also zumindest ein angewandtes Mittel zu sein. ;)
- Nutzer nicht regelmäßig aktiv. -

Gerhard
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Beitrag von Gerhard »

Für mich ist der Begriff "Zorn" in diesem Fall nicht sehr passend gewählt. Dennoch plakativ und einprägsam.

Wichtig scheint mir zu sein: "Mit Zorn und Zärtlichkeit an der Seite der Armen".

Das würde ich voll unterschreiben.
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pneumatikos
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Heiliger Zorn

Beitrag von pneumatikos »

oft ist ja von "Heiligem Zorn" die Rede...ich frage mich , wo dieser begriff herkommt.....gehörte Zorn nicht auch zu den sieben Hauptlastern? Ist mit Heiligem Zorn vielleicht der Zorn Gottes gemeint?

Mir stellt sich dann noch die Frage ob Zorn grundsätzlich Sünde ist?
Zorn über selbst erlittenes oder fremdes Unrecht, Zorn über gottlose Menschen und Taten etc. ....



P.S.: Bitte verschiebt den Beitrag, wenn dies das faslche Unterforum ist, wusste auf die Schnelle nicht wo ich den Beitrag posten soll.
Ich bin kein Gnostiker, auch wenn dies mein Username suggeriert.

Raphael

Re: Heiliger Zorn

Beitrag von Raphael »

Das Thema hatten wir schon 'mal hier: http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?f=4&t=8199

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