Die Katholiken und Paulus

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Amandus2
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Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

Man hört öfter, die evangelische Kirche sei paulinisch, die katholische petrinisch. Tatsächlich hörte ich schon von Katholiken (Nicht-Theologen) sagen: Was interessiert mich Paulus! Für mich sind die Evangelien das Wichtigste.

Frage: Welchen Stellenwert hat Paulus für Katholiken hier im Forum?

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Johannes22101988
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Johannes22101988 »

also jetzt mal abgesehn ob Paulus oder Petrus - die die sowas behaupten sind einfach nur dumm. Tut mir leid. Aber die Apostel waren bzw. sind für alle da. Man kann nicht sagen jener ist so der andere so und so weiter. :sauer:

Also um die Frage rechtgläubig zu beantworten. Wer behauptet sich nur auf einen Apostel zu berufen und den anderen "verleugnen" der lästert. :sauer:

Gruß

Elvis
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Marion
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Marion »

Johannes22101988 hat geschrieben:Also um die Frage rechtgläubig zu beantworten. Wer behauptet sich nur auf einen Apostel zu berufen und den anderen "verleugnen" der lästert. :sauer:
Ja. Sie sind beide heilig und beide kanonisiert.
Den Paulus mögen viele nicht, weil er die Ordnung in der Ehe erklärt, und zwar so deutlich und eindeutig, daß da kein Platz für moderne Interpretation bleibt.
Aber daß ein Katholik offen Paulusgegner ist hab ich nie gehört!
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overkott
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von overkott »

Der hl. Paulus hatte keine schlechten Ideen. Seine Korintherbriefe sprühen geradezu vor theologischer Brillianz. Aber der hl. Johannes kam in seinen Briefen noch genauer auf den Punkt. "Gott ist die Liebe" ist - um es mit dem Papst zu sagen - Höhepunkt und Erfüllung biblischer Gotteserkenntnis.

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Galilei
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Galilei »

Amandus2 hat geschrieben:Man hört öfter, die evangelische Kirche sei paulinisch, die katholische petrinisch. Tatsächlich hörte ich schon von Katholiken (Nicht-Theologen) sagen: Was interessiert mich Paulus! Für mich sind die Evangelien das Wichtigste.
Möglicherweise wird die von Dir beschriebene (natürlich verfehlte) Sichtweise auch dadurch befördert, dass die nichtpaulinischen Briefe im NT „katholische Briefe“ heißen, was bestimmt manch einen nicht genügend informierten Protestanten denken lässt, diese Briefe seien nur was für Papisten, während mancher Katholik meinen könnte, die paulinischen Briefe seien unkatholisch.

Dass die Evangelien der wichtigste Teil der Heiligen Schrift sei, wird allerdings auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil erklärt, woraus man freilich keine Ablehnung Pauli ableiten kann.
[i]Dei Verbum[/i], Nr. 18 hat geschrieben:Niemandem kann es entgehen, daß unter allen Schriften, auch unter denen des Neuen Bundes, den Evangelien mit Recht ein Vorrang zukommt. Denn sie sind das Hauptzeugnis für Leben und Lehre des fleischgewordenen Wortes, unseres Erlösers.

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Nassos
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Nassos »

Innozenz III. hat geschrieben:
Wie unter Maria Magdalena die Synagoge der Juden zu verstehen ist, so ist unter Petrus, der in besonderer Weise zu den Lateinern abgeordnet worden ist und der bei uns in Rom sein Begräbnis erhalten hat, das Volk der Lateiner zu verstehen; die Völker der Griechen aber unter Johannes, der zu den Griechen gesandt worden ist und der endlich in Ephesus im Herrn entschlief.
Friedrich W. J. Schelling in 'Philosophie der Offenbarung' hat geschrieben:
Das Paulinische Prinzip hat die Kirche von der blinden Einheit [des Petrinischen Katholizismus] befreit. Die dritte Periode ist die der mit Überzeugung gewollten und darum ewig bleibenden Einheit, die Kirche des Johannes. Wie vor Elias Jehova in drei Gestalten vorüberzog, so ist Petrus der heftig Vordringende, der Anfang, in Paulus sehen wir die Donnerschläge des Genies..., Johannes ist der sanft wehende Geist"
Anastasios Kallis hat geschrieben:
In offensichtlicher Anlehnung an diese an historischen Prozessen orientierte Betrachtung, in der "die griechische Kirche ...vom Muhamedanismus überflutet" als eine "nur in beweglichem Widerspruch gegen die römische Kirche" gebliebene Form des Christentums betrachtet wurde, entwickelt der russische Religionsphilosoph Vladimir Solov'ev in seiner"Kurzen Erzählung vom Antichrist" eine Typologie der drei großen Kirchen, indem er deren Würdenträger beschreibt, die beim fiktiven Ökumenischen Konzil des Antichristen in Jerusalem ihre Delegationen anführen. Nach dieser klassisch gewordenen Charakterisierung der Kirchen stand an der Spitze der katholischen Konzilsteilnehmer Papst Petrus II. , ein früherer Karmelitenprediger, der spätere Kardinal Simone Barionini, der seine Zuhörer mehr hinriß, als daß er sie überzeugte. Entsprechend de Bezeichnung des Protestantismus in Rußland als "Professorenreligion" führte die evangelische Delegation "ein hochbegabter deutscher Theologe, Professor Ernst Pauli," an, der "durch einen eigenartigen, grimmig-gutmütigen Blick" auffiel. Bezeichnenderweise ist der wirkliche , wenn auch nicht offizielle Leiter der Orthodoxen der Starez Johannes, ein "Bischof im Ruhestand". Er wr eine weitbekannte Persönlichkeit, deren Biographie ins Legendäre reichte. Sein Auftreten war gekennzeichnet durch eine "rührende Güte".

Trotz der Fragwürdigkeit solcher Typisierungen, denen der Makel der Monopolisierung spezifischer Eigenschaften anhaftet, skizzieren sie doch in symbolischen Bildern die spezifischen Merkmale der jeweiligen Kiche, die Solov'ev als komplementäre Erscheinungsformen des Christentums ansieht, in dem diese Vielfalt Bereicherung udn gegenseitige Hilfe bedeutet.
Ich finde, speziell der letzte Absatz bringt das gut auf den Punkt.
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Raphaela
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Raphaela »

Amandus2 hat geschrieben:Man hört öfter, die evangelische Kirche sei paulinisch, die katholische petrinisch. Tatsächlich hörte ich schon von Katholiken (Nicht-Theologen) sagen: Was interessiert mich Paulus! Für mich sind die Evangelien das Wichtigste.

Frage: Welchen Stellenwert hat Paulus für Katholiken hier im Forum?
Von Paulus ist ganz lange ein falsches Bild dargestellt worden, was leider oft immer noch in den Köpfen herumschwirrt. - So gilt er oft als "Frauenfeind". Das dürfte daher kommen, dass seine Texte nicht richtig gelesen werden. Dabei behandelt er Frauen und Männer gleich.
Ich bin gerne katholisch, mit Leib und Seele!

Amandus2
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

Nassos hat geschrieben:
Innozenz III. hat geschrieben:
Wie unter Maria Magdalena die Synagoge der Juden zu verstehen ist, so ist unter Petrus, der in besonderer Weise zu den Lateinern abgeordnet worden ist und der bei uns in Rom sein Begräbnis erhalten hat, das Volk der Lateiner zu verstehen; die Völker der Griechen aber unter Johannes, der zu den Griechen gesandt worden ist und der endlich in Ephesus im Herrn entschlief.
Friedrich W. J. Schelling in 'Philosophie der Offenbarung' hat geschrieben:
Das Paulinische Prinzip hat die Kirche von der blinden Einheit [des Petrinischen Katholizismus] befreit. Die dritte Periode ist die der mit Überzeugung gewollten und darum ewig bleibenden Einheit, die Kirche des Johannes. Wie vor Elias Jehova in drei Gestalten vorüberzog, so ist Petrus der heftig Vordringende, der Anfang, in Paulus sehen wir die Donnerschläge des Genies..., Johannes ist der sanft wehende Geist"
Anastasios Kallis hat geschrieben:
In offensichtlicher Anlehnung an diese an historischen Prozessen orientierte Betrachtung, in der "die griechische Kirche ...vom Muhamedanismus überflutet" als eine "nur in beweglichem Widerspruch gegen die römische Kirche" gebliebene Form des Christentums betrachtet wurde, entwickelt der russische Religionsphilosoph Vladimir Solov'ev in seiner"Kurzen Erzählung vom Antichrist" eine Typologie der drei großen Kirchen, indem er deren Würdenträger beschreibt, die beim fiktiven Ökumenischen Konzil des Antichristen in Jerusalem ihre Delegationen anführen. Nach dieser klassisch gewordenen Charakterisierung der Kirchen stand an der Spitze der katholischen Konzilsteilnehmer Papst Petrus II. , ein früherer Karmelitenprediger, der spätere Kardinal Simone Barionini, der seine Zuhörer mehr hinriß, als daß er sie überzeugte. Entsprechend de Bezeichnung des Protestantismus in Rußland als "Professorenreligion" führte die evangelische Delegation "ein hochbegabter deutscher Theologe, Professor Ernst Pauli," an, der "durch einen eigenartigen, grimmig-gutmütigen Blick" auffiel. Bezeichnenderweise ist der wirkliche , wenn auch nicht offizielle Leiter der Orthodoxen der Starez Johannes, ein "Bischof im Ruhestand". Er wr eine weitbekannte Persönlichkeit, deren Biographie ins Legendäre reichte. Sein Auftreten war gekennzeichnet durch eine "rührende Güte".

Trotz der Fragwürdigkeit solcher Typisierungen, denen der Makel der Monopolisierung spezifischer Eigenschaften anhaftet, skizzieren sie doch in symbolischen Bildern die spezifischen Merkmale der jeweiligen Kiche, die Solov'ev als komplementäre Erscheinungsformen des Christentums ansieht, in dem diese Vielfalt Bereicherung udn gegenseitige Hilfe bedeutet.
Ich finde, speziell der letzte Absatz bringt das gut auf den Punkt.



Ja, der dritte Beitrag trifft offensichtlich den Nagel auf den Kopf:


- Der Katholik "Papst Petrus II." wirkt durch eine große, äußerlich Show, die die Leute beeindruckt, sie aber spirituell nicht weiter bringt.

- Der Protestant "Prof. Ernst(!) Pauli(!)" hat einen grimmig-gutmütigen Blick (das typisch protestantisch-intellektuelle Lächeln) - völlig verkopft.....

- Der Orthodoxe Starse Johannes fällt durch eine "rührende Güte" auf. Er erinnert mich an den im letzten Jahr verstorbenen Bischof von Belgrad.


Schöööön!

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

Raphaela hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Man hört öfter, die evangelische Kirche sei paulinisch, die katholische petrinisch. Tatsächlich hörte ich schon von Katholiken (Nicht-Theologen) sagen: Was interessiert mich Paulus! Für mich sind die Evangelien das Wichtigste.

Frage: Welchen Stellenwert hat Paulus für Katholiken hier im Forum?
Von Paulus ist ganz lange ein falsches Bild dargestellt worden, was leider oft immer noch in den Köpfen herumschwirrt. - So gilt er oft als "Frauenfeind". Das dürfte daher kommen, dass seine Texte nicht richtig gelesen werden. Dabei behandelt er Frauen und Männer gleich.



Richtig, Raphaela, man sollte die paulinischen Texte historisch-kritisch lesen!

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Amande, ich fürchte, du hast die beiden Beiträge, auf welche du erwiderst,
nicht verstanden. – Zur Sache: Bei Innozenz III. liegt allegorische Schriftinter-
pretation im traditionellen Sinn vor. Bei Schelling dagegen joachitisch-hegeli-
sche Schwarmgeistideologie. Anathema sit! Finger weg davon. Ich wollte so-
gleich auf Solowjow als Antidot verweisen, da kam er schon bei Kallis daher.
Doch trifft er tatsächlich „den Nagel auf den Kopf“? – Im Sinn der Ausgangs-
frage wohl nicht. Man darf aus ihm nicht mehr herauslesen wollen, als seiner
Aussageabsicht entspricht. Er knüpft an die allegorische Methode der Alten
an, freilich überdeutlich, damit’s auch verstanden werde. Das ist keine abschlie-
ßende Charakteristik der jeweils gemeinten Kirche oder Gemeinschaft.
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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Nassos
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Nassos »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Amande, ich fürchte, du hast die beiden Beiträge, auf welche du erwiderst,
nicht verstanden
Nein, hat er nicht. Ich hob nicht den dritten Beitrag hervor, sondern den letzten Abschnitt. Die Geschichte Solov'evs ist an sich wurscht, sondern es geht mehr darum, warum man die Apostel mit den Kirchen assoziiert...
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Nassos
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Nassos »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist keine abschlie-
ßende Charakteristik der jeweils gemeinten Kirche oder Gemeinschaft.
Nein, das mit Sicherheit nicht.
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Samuel
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Samuel »

Amandus2 hat geschrieben:Frage: Welchen Stellenwert hat Paulus für Katholiken hier im Forum?
Ich will mal versuchen, etwas auf die Frage zu antworten.
Als Schüler war ich in freikirchennahen Kreisen, da war Paulus recht wichtig, denn für deren Theologie (Alle Menschen sind verdammt; Wenn du dein Leben Jesus übergibst, nimmt er deine Strafe auf sich und du kannst in den Himmel kommen) lassen sich am ehesten Belege bei Paulus finden.
Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert: Wenn ich mich auf die Predigt vorbereite, dann schaue ich mir vor allem das Evangelium an. Entsprechend nehme ich als Lesung meist den AT-Text (der zum Evangelium passt) und lasse den Paulus weg.
Der gute Paulus macht es uns aber auch recht schwer. Ich habe schon hin und wieder den Ministranten 50ct angeboten, wenn sie mir nach dem Gottesdienst einen Satz aus der Paulus-Lesung sagen könnten - und musste meist recht wenig zahlen.
Wer einen Menschen verurteilt, kann irren. Wer ihm verzeiht, irrt nie. (Heinrich Waggerl)

Amandus2
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

"Alle Menschen sind verdammt; Wenn du dein Leben Jesus übergibst, nimmt er deine Strafe auf sich und du kannst in den Himmel kommen)"




Religionsgeschichtlich betrachtet hat damit Paulus den Verdienst erworben, das Judentum für die "Heiden" zu öffnen. Die Zeit war damals reif dafür.

Er predigte also: "Nicht die Werke des Judentums (Sabbatgebot, Beschneidung usw) retten euch, sondern der Glaube an Jesus Christus." Dadurch konnten auch Nicht-Beschnittene, also "Heiden", Mitglied der neuen Religion werden.

Luther machte dann daraus den Lehrsatz, dass auch die Werke der Nächstenliebe nicht retten. Er scheute sogar nicht davor zurück, die Bibel zu fälschen und zu schreiben "ALLEIN" der Glaube! Das "Allein" steht nicht um Urtext und wurde von Luther zusätzlich eingesetzt.

Diese (Über-)Betonung -"allein"- des Glaubens findet sich nur bei Paulus. Er ist also durch und durch ein protestantischer Apostel.

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Clemens
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Clemens »

Versteh ich nicht.
Du zeigst doch deutlich, dass diese "Überbetonung" des Glaubens auf einem lutherischen Missverständnis des guten Paulus beruht. Also ist Paulus eben kein Protestant, und die "Überbetonung" des Glaubens ist nicht sein Fehler, sondern der seiner protestantischen Ausleger.
Von allen Gottesgaben ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt. Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat und freut sich sogar, dass er mehr hat, als die anderen.

Amandus2
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

Clemens hat geschrieben:Versteh ich nicht.
Du zeigst doch deutlich, dass diese "Überbetonung" des Glaubens auf einem lutherischen Missverständnis des guten Paulus beruht. Also ist Paulus eben kein Protestant, und die "Überbetonung" des Glaubens ist nicht sein Fehler, sondern der seiner protestantischen Ausleger.


Danke, Clemens, für diesen Hinweis!

Ich hatte mich tatsächlich missverständlich ausgedrückt. Ich hatte sagen wollen, dass sich die meisten Protestanten auf Paulus berufen -wohl zu Unrecht- und Paulus dadurch seit der Reformation als "protestantischer Apostel" gesehen wird.

ad_hoc
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von ad_hoc »

Samuel hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Frage: Welchen Stellenwert hat Paulus für Katholiken hier im Forum?
Ich will mal versuchen, etwas auf die Frage zu antworten.
Als Schüler war ich in freikirchennahen Kreisen, da war Paulus recht wichtig, denn für deren Theologie (Alle Menschen sind verdammt; Wenn du dein Leben Jesus übergibst, nimmt er deine Strafe auf sich und du kannst in den Himmel kommen) lassen sich am ehesten Belege bei Paulus finden.
Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert: Wenn ich mich auf die Predigt vorbereite, dann schaue ich mir vor allem das Evangelium an. Entsprechend nehme ich als Lesung meist den AT-Text (der zum Evangelium passt) und lasse den Paulus weg.
Der gute Paulus macht es uns aber auch recht schwer. Ich habe schon hin und wieder den Ministranten 50ct angeboten, wenn sie mir nach dem Gottesdienst einen Satz aus der Paulus-Lesung sagen könnten - und musste meist recht wenig zahlen.
Ist das ein Witz?

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Peti
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Peti »

Samuel hat geschrieben: Der gute Paulus macht es uns aber auch recht schwer
Find ich nicht. Lies einfach
1 kor 13
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
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Raphaela
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Raphaela »

ad_hoc hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:Frage: Welchen Stellenwert hat Paulus für Katholiken hier im Forum?
Ich will mal versuchen, etwas auf die Frage zu antworten.
Als Schüler war ich in freikirchennahen Kreisen, da war Paulus recht wichtig, denn für deren Theologie (Alle Menschen sind verdammt; Wenn du dein Leben Jesus übergibst, nimmt er deine Strafe auf sich und du kannst in den Himmel kommen) lassen sich am ehesten Belege bei Paulus finden.
Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert: Wenn ich mich auf die Predigt vorbereite, dann schaue ich mir vor allem das Evangelium an. Entsprechend nehme ich als Lesung meist den AT-Text (der zum Evangelium passt) und lasse den Paulus weg.
Der gute Paulus macht es uns aber auch recht schwer. Ich habe schon hin und wieder den Ministranten 50ct angeboten, wenn sie mir nach dem Gottesdienst einen Satz aus der Paulus-Lesung sagen könnten - und musste meist recht wenig zahlen.
Ist das ein Witz?

ad_hoc
Halte ich für keinen Witz, habe ich als Jugendliche in freikirchlichen Kreisen auch erlebt.
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Clemens
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Clemens »

Die Beschreibung der Freikirchlichkeit dürfte wohl unstrittig sein.

Ich denke, ad-hoc hofft, dass der Bericht über den katholischen Umgang mit Paulus ein schlechter Witz ist.

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Nassos
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Nassos »

Peti hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben: Der gute Paulus macht es uns aber auch recht schwer
Find ich nicht. Lies einfach
1 kor 13
:klatsch: :klatsch: :klatsch:
viewtopic.php?p=454334#p454334

:daumen-rauf:
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Samuel
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Samuel »

Peti hat geschrieben:
Samuel hat geschrieben: Der gute Paulus macht es uns aber auch recht schwer
Find ich nicht. Lies einfach
1 kor 13
Die kirchlichen Trauungen (wo dieser Text gern verwendet wird) sind leider rückläufig.
(Übrigens: Ich habe absolut nichts gegen Paulus. Ich finde ihn großartig. Ich habe nur versucht, auf die Frage zu antworten, welchen Stellenwert er zur Zeit für mich hat.)
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von ad_hoc »

Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert
Ich habe absolut nichts gegen Paulus
Ich finde ihn großartig
Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert??

"Rosen sind rot, Veilchen sind blau, ich bin schizophren - und das bin ich auch." ?
oder:
Ich bin schizophren und es geht mir allen gut ?

Gruß, ad_hoc :neinfreu: :ja:
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Raphaela »

ad_hoc hat geschrieben:
Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert
Ich habe absolut nichts gegen Paulus
Ich finde ihn großartig
Inzwischen hat Paulus für mich einen recht geringen Stellenwert??

"Rosen sind rot, Veilchen sind blau, ich bin schizophren - und das bin ich auch." ?
oder:
Ich bin schizophren und es geht mir allen gut ?

Gruß, ad_hoc :neinfreu: :ja:
Pinschas Lapid hat mal den Katholiken in einem Vortrag (bei dem ich anwesend war) vorgeworfen, dass sie nur zu 20% jesuanisch seien, dafür aber zu 80% paulinisch. - Vor daher empfinde ich es von Theologen als äußerst positv, wenn diese meinen, Paulus habe für sie einen geringen Stellenwert.
Ich kenne auch Priester, die sehr progressiv sind und meinen, die Kirche müsste mehr paulinisch sein und das NT endlich richtig übersetzt werden, was in deren Augen bedeutet: Frauen als Priester....
Ich bin gerne katholisch, mit Leib und Seele!

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Christiane
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Christiane »

Raphaela hat geschrieben:Priester, die sehr progressiv sind und meinen, die Kirche müsste mehr paulinisch sein und das NT endlich richtig übersetzt werden, was in deren Augen bedeutet: Frauen als Priester....
Hä??? :achselzuck:
"Die Demokratie feiert den Kult der Menschheit auf einer Pyramide von Schädeln." - Nicolás Gómez Dávila

"Gott kann machen, dass eine Communio entsteht zwischen dem Idiot und dem Arschloch." (Ausspruch auf einem NK-Gemeinschaftstag)

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

Christiane hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:Priester, die sehr progressiv sind und meinen, die Kirche müsste mehr paulinisch sein und das NT endlich richtig übersetzt werden, was in deren Augen bedeutet: Frauen als Priester....
Hä??? :achselzuck:
Gemeint ist wohl:

Wenn die Kirche paulinischer wird, wird sie auch evangelisch/protestantischer, was wiederum bedeutet: Priestertum aller Gläubigen, was wiederum bedeutet, dass man irgendwann den Frauen das Priestertum nicht mehr vorenthalten kann....

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Amandus2 hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:Frauen als Priester....
Ich küsse lieber Frauen als Priester. :kuss:
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Amandus2 »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:Frauen als Priester....
Ich küsse lieber Frauen als Priester. :kuss:


Wir wissen es!

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Raphaela »

Amandus2 hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:Priester, die sehr progressiv sind und meinen, die Kirche müsste mehr paulinisch sein und das NT endlich richtig übersetzt werden, was in deren Augen bedeutet: Frauen als Priester....
Hä??? :achselzuck:
Gemeint ist wohl:

Wenn die Kirche paulinischer wird, wird sie auch evangelisch/protestantischer, was wiederum bedeutet: Priestertum aller Gläubigen, was wiederum bedeutet, dass man irgendwann den Frauen das Priestertum nicht mehr vorenthalten kann....
:ja: :ja: :ja:
Ich habe im Freundeskreis Priester, die dies gerne sehen würden.
Ich bin gerne katholisch, mit Leib und Seele!

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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von ad_hoc »

Raphaela hat geschrieben:
Pinschas Lapid hat mal den Katholiken in einem Vortrag (bei dem ich anwesend war) vorgeworfen, dass sie nur zu 20% jesuanisch seien, dafür aber zu 80% paulinisch. - Vor daher empfinde ich es von Theologen als äußerst positv, wenn diese meinen, Paulus habe für sie einen geringen Stellenwert.
Ich kenne auch Priester, die sehr progressiv sind und meinen, die Kirche müsste mehr paulinisch sein und das NT endlich richtig übersetzt werden, was in deren Augen bedeutet: Frauen als Priester....
Den Mann mag ich, vor allem weil er als einer der wenigen prominenten Juden Papst Pius XII. nach den hochhuthschen Schauer- und Lügengeschichten öffentlich in Schutz genommen hatte, wobei er bestätigte, dass durch die Unterstützung Papst Pius XII. tausende von Juden gerettet werden konnten.

Ansonsten darf man nicht vergessen, dass Pinchas Lapide, ein jüdischer Religionswissenschaftler, die Katholiken und deren Glaubensauffassung- und -lehre eben aus jüdischer Sicht beurteilt.
Was Martin Luther und die Protestanten in Paulus hineininterpretieren, muss wirklich nicht interessieren. Mit Paulus hätte sich Luther gerne verglichen und die Protestanten können beim besten Willen nicht annehmen, sie wären in irgendeiner Art und Weise paulinisch, außer sie hätten ihn falsch verstanden und/odr interpretiert.
Die Ehre, paulinisch zu sein, gehört weder Luther noch seinen Nachfolgern.

Man darf durchaus die Frage stellen, was wohl aus dem Glauben der ersten Juden- und Heidenchristen geworden wäre, hätte Paulus von Jesus Christus nicht den bekannten Ruf erhalten.
Die Judenchristen sind innerhalb weniger Jahrhunderte verschwunden, entweder zurückgegangen in die jüdischen Synagogen, oder sie haben sich vermischt mit Anhängern gnostischer Irrlehren und sind dann untergegangen. Aus den Heidenchristen, die vor allem durch das Wirken des Paulus (und vor allem dessen Einfluss auf die Apostel) gewachsen sind, hat sich der christliche Glauben schließlich immer weiter ausgebreitet.

Wer das Wirken des Paulus unterschätzt, hat das Christentum nicht verstanden.

Gruß, ad_hoc
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Samuel
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Samuel »

ad_hoc hat geschrieben:Ich bin schizophren...
Nochmals ein Versuch einer Klarstellung (was momentan nicht gerade meine Stärke zu sein scheint):
Ich hatte die Frage "Welchen Stellenwert hat Paulus für mich" in dem Sinne verstanden "Inwiefern beschäftige ich mich mit Paulus, lese seine Briefe, greife seine Anliegen in der Predigt auf..." - und in diesem Sinne die negative Antwort gegeben.
Freilich kann man die Frage auch in dem Sinn verstehen "Inwiefern halte ich Paulus für einen wichtigen Christen..." - und in diesem Sinne kann ich uneingeschränkt sagen, dass ich ihn für sehr wichtig für die Kirche halte. Aber da gibt es natürlich einen ganzen Haufen Heilige, die ich für sehr wichtig halte, ohne dass ich mich momentan besonders mit ihnen beschäftigen würde.
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Galilei
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Re: Die Katholiken und Paulus

Beitrag von Galilei »

ad_hoc hat geschrieben:Die Judenchristen sind innerhalb weniger Jahrhunderte verschwunden, entweder zurückgegangen in die jüdischen Synagogen, oder sie haben sich vermischt mit Anhängern gnostischer Irrlehren und sind dann untergegangen. Aus den Heidenchristen, die vor allem durch das Wirken des Paulus (und vor allem dessen Einfluss auf die Apostel) gewachsen sind, hat sich der christliche Glauben schließlich immer weiter ausgebreitet.
Entspricht diese Aussage über die Judenchristen wirklich den historischen Tatsachen?
Ich kenne mich da nicht so genau aus, würde aber eher annehmen, dass die Judenchristen die Befolgung des jüdischen Gesetzes aufgegeben haben (ihre Kinder nicht mehr beschnitten haben usw.), sodass die Unterscheidung zwischen Juden- und Heidenchristen in der zweiten, dritten Generation gegenstandslos war.

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