Hellinger Familienstellen Antichristlich

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Gast

Beitrag von Gast »

Petrus hat geschrieben:
zam1505 hat geschrieben:Gleichzeitig könnte dann auch kein Familienstellen Seminar in einer kathol. Familienbildungstätte stattfinden - wie von mir kürzlich gesehen.
Familienstellen ist keinesfalls unchristlich, sondern eine durchaus seriöse und oft auch hilfreiche Therapieform.
Tja, nur dass in katholischen Familienbildungsstätten im allgemeinen keine Therapien stattfinden, sondern sich - leider - immer mal wieder halbgebildete Referentinnen/Referenten einschleichen, die mit allem möglichen esoterischem Kram herumwerfen. Und darauf bezieht sich mein durch entsprechend leidvolle Erfahrungen geprägtes "Misstrauen".

Margarete

Petrus
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Beitrag von Petrus »

Margarete G. hat geschrieben:. Und darauf bezieht sich mein durch entsprechend leidvolle Erfahrungen geprägtes "Misstrauen".

noja ..

auf fränkisch:

"a g'sunds Mißtrauen hot noch niemand g'schadt"

:-)

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Mmh .... Die Familienaufstellung an sich ist keine schlechte Sache - bloß wenn diese Therapie in solche Hände wie Hellingers fällt, dann wirds haarig.Schade, wenn das so verhunzt wird.
Schlimm auch, wenn es noch weltanschaulich verquast daher kommt.

Geronimo

Henry44
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Beitrag von Henry44 »

Wir hatten ein Problem mit unserem heranwachsenden Sohn, der eine durch Jahre steigende zerstörerische Aggressivität gegen Eltern und Geschwister entwickelte. Irgendwie sind wir in unserer Verzweiflung auf Hellinger gestoßen, haben Vorträge von ihm gehört, seine Bücher gelesen und an einer Familienaufstellung mit zwei Hellinger Therapeuten teilgenommen.

Wir waren dann sehr enttäuscht, denn die Therapeutin sagte nach der Familienaufstellung, unsere Ehe sei nicht mehr zu retten. Sollte heißen, dass wir als Ehepaar das Problem wären. Eine kühne Ansage nach einer Momentaufnahme, meine ich. Das ist etwa fünf Jahre her und, so Gott will, werden wir 2005 unseren 30.Hochzeitstag feiern.

Die Familienaufstellung ist vielleicht ein interessanter Ansatz einer Familientherapie, wie es ähnliche Ansätze auch von anderen Therapeuten, zB. von Peseschkian gibt. Es ist längst Stand der Psychologie, dass alle Probleme einzelner Familienmitglieder nur aus der gesamten Familienkonstellation heraus zu verstehen und zu lösen sind.

Aber, Hellinger hat sich den Nimbus eines Gurus gegeben und tatsächlich trägt die ganze Hellinger-Gemeinde sektenhafte Züge.

Dennoch wäre die Kirche gut beraten, sich aus wissenschaftlichen Fragen herauszuhalten und um eine solche geht es hier. Ob Bert Hellinger an eine Erlösung durch das Kreuz glaubt oder nicht, hat wohl mit der Richtigkeit oder Wirksamkeit seiner Methode nichts zu tun. Es stimmt, dass er Ordenspriester war, ausgetreten ist und geheiratet hat. Das mag manches erklären.

Das Problem mit unserem Sohn hat sich dann gelöst, nachdem er einen Arbeitsplatz gefunden hat, an dem er die Anerkennung gefunden hat, die wir ihm offensichtlich nicht geben konnten.

Allen einen gesegneten Sonntag

Henry44
Und wenn ich auch wandere durchs finstere Tal, so fürcht ich kein Unglück, denn du, Herr, bist bei mir.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Danke, Henry, für deinen persönlichen Beitrag.
Es ist immer ein Problem, wenn Therapeuten sich auf eine einzige Methode versteifen (Betriebsblindheit).
Die Familienaufstellung als alleiniges Heilmittel in der Absolutheit, wie Hellinger sie z.B. propagiert, ist fragwürdig, vor allem weil unreflektiert eine Art Absolution ins Spiel gebracht wird, die es so nicht geben kann und die auch gefährlich für die Betroffenen ist. Es gibt auch genügend Material über Fälle, wo die Hellinger-Aufstellung Betroffenen extrem geschadet hat; sogar von Selbstmorden danach wird berichtet. Irgendwo bei Google gibt es wohl auch eine Seite, wo die Kritik aufgelistet ist und man Erfahrungberichte abrufen kann.

Elemente aus der Familienaufstellung können aber von geschulten Therapeuten in jeder anderen Therapieform mitverwendet werden, als Anstoß zum Nachdenken z.B. Da trägt die Idee auch die meisten Früchte. Sie ist auch in Einzeltherapien anwendbar.

Was - wenn man überhaupt meint, die Kirche solle etwas dazu sagen - könnte die Kirche denn tun?
Da fällt mir ehrlich gesagt keine zündende Strategie ein, die Leute vor Hellinger schützt.

Geronimo

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Ich war ja gestern bei einer Familienaufstellung nach Hellinger.

Ich finde es sehr interessant und denke auch dass darin große Chancen stecken. Sektenhaftes konnte ich nicht entdecken (vielleicht unter den Therapeuten - meine war übrigens direkte Hellingerschülerin).

Trotzdem teile ich Eure Bedenken. Es gibt zwei Punkte, die mich auch stören:

Einmal wurde schon angesprochen, die Selbstabsolution, von der ich auch noch nicht weiß, ob das so wirklich geht, oder ob es sich um eine Verdrängung handelt, eine Verlagerung der Ebene.

Das andere ist, dass gelehrt wird, dass man nicht das Leid anderer übernhemen kann (aber die Stellvertreter, die sich aufstellen, leiden kurzzeitig doch stellvertretend und lösen das Leiden stellvertretend auf - da ist für mich schon ein Widerspruch). Es gilt als Selbstüberhöhung, so etwas anzunehmen. Da erscheint mir doch was verdreht. Und es ist eine leichte Christentum-Kritik hier zu spüren, so dass es mich gar nicht wundert, dass Hellinger einmal Priester war und nicht mehr sein darf.

Was ich positiv finde, dass man einmal ernsthaft und vor anderen über Dinge wie Tod, Schuldgefühle gegenüber anderen Familienmitgliedern usw. offen und auch emotional reden darf und Emotionen auch zeigen darf. Wo gibt es da sonst noch die Möglichkeit? Und das tut wirklich gut.

Was ich mir eigentlich wünsche würde: nicht dass die christliche Kirche dieses Familienaufstellen grundsätzlich kritisiert, sondern dass gefragt wird, wie könnte man den christlichen Aspekt damit hinein bringen (für Menschen, die das möchten), z.B. Gebet, Beichtmöglichkeit, Messe-lesen-lassen für Verstorbene, Gott anheimstellen, usw.

Ich fände es eigentlich schade, wenn ein so interessanter und durchaus wirksamer Ansatz nur abgelehnt wird. Besser fände ich kritisch zu schauen: was ist gut, was ist fragwürdig.

Herzliche Grüße
Julia
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T. Boesche-Zacharow

Henry44
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Beitrag von Henry44 »

Sektenhaft fand ich das Anhimmeln des Bert Hellinger durch die beiden Therapeuten, den Absolutheitsanspruch, den sie in seinem Namen stellten, als wäre er unfehlbar. Immer wieder hörte ich Sätze wie: "Der Bert würde das und das dazu sagen..."

Massive Probleme habe ich auch mit der absoluten Sicherheit, mit der da Aussagen getroffen werden, die schwerwiegende Folgen auslösen könnten. So einfach scheinen mir vielfach verwobene familiäre Strukturen und gegenseitige Abhängigkeiten nicht auflösbar zu sein.

Gefährlich scheint es mir auch zu sein, dass da enorme Emotionen geweckt werden, mit denen die Betroffenen dann alleine gelassen werden und die durch suggestive Befehle noch weiter geschürt werden. Ich habe erlebt, dass Erwachsene hemmungslos zu schluchzen begannen, was auch bei mir trotz meiner Zuschauerrolle Emotionen auslöste.

Hellinger hat eine Therapieform entwickelt, die einen neuen Ansatz darstellt, der den üblichen wissenschaftlichen Kriterien zu unterwerfen ist, aber keine neue Heilslehre sein kann.

Ich bin skeptisch gegen apodiktische Aussagen, wie sie Hellinger einmal in einem Vortrag zB. wie folgt getroffen hat: "Wenn eine Frau berufstätig ist und den noch studierenden Mann erhält, bis er den Abschluss hat, dann wird er sie nach Abschluss des Studiums verlassen, da er das Gleichgewicht von Geben und Nehmen nicht mehr herstellen kann."

Tatsächlich kenne ich einen solchen Fall, aber Hellinger stellt das als eine Art von Naturgesetz der Partnerschaft dar und das ist für mich unhaltbar.

Allen einen schönen Sonntag.

Henry44
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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Es mag eine Art Ersatzreligion sein, mit vielen Gefahren.
Aber warum braucht es diese Ersatzreligion, das Bedürfnis scheint sehr groß zu sein?

Bei mir z.B. sind mütterlicherseits die drei Brüder meiner Mutter im Krieg verschollen, einer davon ist ihr Zwillingsbruder (es gibt kein Grab, keinen Ort, keinen Zeitpunkt, keine Todesart, die man mit ihnen verbinden kann), daraufhin starb am Ende des Krieges die Mutter meiner Mutter. Ein paar Jahre später hatte meine Mutter zwei Abgänge, das erste ausgetragene Kind starb nach drei Tagen.

Das hat mein Leben auch stark mit beeinflußt. Mit wem kann ich darüber wirklich aus der Tiefe darüber reden (außer mit Gott - aber man braucht auch manmchmal das Gespräch mit Menschen)? Mit meiner Mutter schaff ich das nicht (oder noch nicht).

Ich fand das sehr erleichternd, mit einer Therapeutin offen darüber reden zu können, und Szenen dazu nachgespielt zu sehen, und das Gefühl zu haben, verstanden zu werden. Ich muss allerdings auch sagen, dass diese Therapeutin vieles offen lassen kann und nicht ganz so sehr ihre eigene Meinung einbringt (ein oder zweimal war es mir schon ein bißchen zu viel). Da gibt es sicher große Unterschiede.

Mir wäre es aber lieber, dies im christlichen Rahmen zu tun - aber wo?
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Julia Wolf hat geschrieben:Mir wäre es aber lieber, dies im christlichen Rahmen zu tun - aber wo?
Möglicherweise wirst Du auf den Webseiten von IGNIS (Deutsche Gesellschaft für christliche Psychologie) fündig (Menüeintrag "Therapie- und Beratungsangebote").
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Ich rate dringend (!!) jedem, der gedenkt, eine solche Familienaufstellung mitzumachen, sich das gut vorher zu [Punkt]

Schäden, die dadurch eventuell entstehen, werden durch diese Methode nicht mehr aufgefangen. Es gibt Menschen, die sich nach einer solchen Aufstellung in professionelle Behandlung begeben mussten. Auch wird von Suiziden berichtet, unter anderem von einer Ärztin, die sich im Anschluss an eine Hellinger-Veranstaltung umbrachte.

Die Methode
- verblüfft zunächst. Der "Meister" scheint aus den Aufstellungen Fakten herauszulesen, die er eigentlich nicht wissen kann. Wie es genau funktioniert, konnte ich leider bisher nicht in Erfahrung bringen. Ein großer Teil ist Suggestion. Hellinger beherrscht sie meisterhaft und vieles, was scheinbar neu "aus dem Hut gezaubert wird", wird vorher den Kandidaten durch Mimik, Gesten, Verhalten und vor allem durch geschickte Fragen entlockt. Da ich grundsätzlich davon ausgehe, dass es keine Hellseherei gibt, bin ich mir sicher, dass Hellinger auch noch mit anderen Tricks arbeitet.
- ist einfach. Sie bietet, oft in wenigen Worten, die Lösung für komplexe Lebenszusammenhänge an. Z.B. wird einer Anorexie-Kranken auf den Kopf zugesagt, dass sie sich bei ihren Eltern entschuldigen müsse, das sei die Lösung ihres Problems.
- duldet keinen Widerspruch, keine andere Interpretation und keinen anderen Lösungsansatz. Hellinger beansprucht absolute Autorität.

Warum die Kirche nichts sagt? Weil deutsche Bildungshäuser traditionell kritiklos gegenüber allen möglichen Strömungen sind und alles meist kritiklos aufgesaugt und auf die Leute losgelassen wird.
Von harmloseren Modeerscheinungen wie das Eneagramm vor schon längerer Zeit über buddhistische Methoden bis hin zu Hellingers Familienaufstellungen. Ich weiß nicht, was heute gerade geboten wird, es ist schon längere Zeit her, dass ich mich mit dem Hellinger-Thema mehr oder weniger unfreiwillig auseinandersetzen musste, da eine Bekannte davon schwärmte. Die Methode fand jedenfalls eine Heerschar von Nachahmern, die sicher nicht an den Meister an Perfektion heranreichen, was es aber auch nicht besser macht.
Es fragt sich auch, ob Kritik von offizieller kirchlicher Seite viel nützen und nicht einfach als natürliche Aversion abgetan würde. Schließlich ist Hellinger tatsächlich ein Ex-Priester.
Sogenannte "Sektenbeauftragte" befassen sich auch viel lieber mit Allerweltsthemen wie die Zeugen Jehowas oder Scientology, Themen, über die heute auch nur jeder halbwegs Informierte etwas weiß.
Auch gibt es inzwischen ein paar Bücher von Ex-Sektenmitgliedern, die sich jeder in der Buchhandlung zulegen kann.
Kritik an der Hellinger-Methode fand sich, jedenfalls zum Zeitpunkt meiner damaligen Recherchen, nur sehr dünn gestreut, so weit ich mich erinnere auch keine einzige innerhalb des kirchlichen Raumes.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Jojo
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Beitrag von Jojo »

Das hätte ich mir ja denken können! Tja, irgendwann wachen sie ja auf, nur leider ist das Kind dann oft schon in den Brunnen gefallen. :/

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Ich danke Euch für die vielen links. Ob IGNIS besser ist kann ich nicht beurteilen, leider gibt es das nicht in München. Ein bißchen bleibt die Befürchtung, dass auch das "Event-Charakter" hat. Ich könnte mir eher vorstellen, eine Psychologie, die Psychologie bleibt, aber auf Kirche verweist. Aber ganz genau weiß ich das auch nicht, und vielleicht ist IGNIS ja so. Interessant ist es allemal. Wir sind wahrscheinlich alle noch nicht weise auf diesem Gebiet. Alte Traditionen der Trauerarbeit sind ausgestorben, neue zu schaffen ist schwer.

Überigens war ich vor ein paar Monaten auf einer Beerdigung einer Frau, bei der ich ein halbes Jahr einmal in der Woche geputzt hatte, ich kannte sie also nicht so gut. Aber ich war die einzige, die geweint hat (was mir selten passiert). Ich hörte dann, dass es heute nicht mehr üblich sei, auf Beerdigungen zu weinen. Was soll denn das? Findet Ihr das auch unangebracht?

Die Kritik an Hellinger und seinen Methoden erscheint mir schon wichtig, abschaffen würde ich sie deswegen noch nicht - aber Vorsicht ist auf jeden Fall geboten. Man sollte sich vielleicht nur in einer stabilen Situation auf so etwas einlassen.

Herzliche Grüße und danke
Julia
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T. Boesche-Zacharow

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Julia Wolf hat geschrieben:.... Man sollte sich vielleicht nur in einer stabilen Situation auf so etwas einlassen. ...
Braucht wer, der sich in einer "stabilen Situation" befindet das Familienstellen? :roll: Wohl eher nicht.
Und wer sich nicht stabilen Situation befindet, der sollte sich nicht auf so etwas einlassen? :roll:

Ja wer bleibt denn ja übrig? :kratz:
Gruß Jürgen

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Antwort auf Jürgen:

Das stimmt so nicht ganz (dass der stabile so etwas nicht brauchen könnte). Will ich aber jetzt nicht erörtern, weiß ich aber aus der Homöopathie.

Sagen wollte ich noch, dass mir auch bevor ich schon die Kritiken las, ich mir überlegt habe, dass seriöse Schamanen (nicht die vielen westlichen Modeschamanen, sondern die im Ursprungsland mit wirklicher Ausbildung und ehrlichen Heilabsichten) wahrscheinlich auch staunen würden und Zweifel anmelden würden und das vielleicht nicht für ungefährlich halten würden oder für oberflächlich.

Trotzdem glaube ich, dass ein großer Teil des Effekts einfach darauf beruht (und auch bei mir so war), dass man heute bei uns Trauer einfach nicht mehr expressiv durch Weinen oder Worte oder sich gegenseitig in den Arm nehmen ausdrücken darf und da viel einfach darauf wartet, sich einfach mal artikulieren zu dürfen. Da ist dann gar nicht mehr so viel Interpretation oder Hintergrund nötig, nur ein Rahmen, in dem das endlich mal erlaubt ist. Und der ist bei diesen Aufstellungen gegeben. Vielleicht ist es gar nicht mal immer so wichtig, dass die dazu gefundene Geschichte wahr ist, nur dass sie halt die tief verborgene Trauer anspricht und derjenige sich öffnet, um diese Trauer einmal nach außen zu bringen und zu erleben, dass sie von anderen mitgetragen und aufgefangen wird. Das habe ich dort schon so erlebt.

Wichtig erscheint mir wirklich, dass der Therapeut nicht zu viel an Ansichten und Verhalten aufzwingt, sondern einfach die Trauer ihren Lauf nehmen läßt. Es ist übrigens schon verblüffend, wie sich da die Menschen, die man gar nicht kennt, auf einmal fallen lassen können und wollen. Da spürt man wirklich diese große Sehnsucht, einmal in Gemeinschaft trauern zu dürfen.
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T. Boesche-Zacharow

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Petrus hat geschrieben:
zam1505 hat geschrieben:Gleichzeitig könnte dann auch kein Familienstellen Seminar in einer kathol. Familienbildungstätte stattfinden - wie von mir kürzlich gesehen.
Moooment ...

also. Familienstellen ist keinesfalls unchristlich, sondern eine durchaus seriöse und oft auch hilfreiche Therapieform.
Familienstellen ist keine Therapieform, sondern allenfalls eine Methode. Allerdings bei Hellinger -vom Grundschemata- eine abgekupferte. Erste Anfänge bei Moreno (Entwickelte das Psychodrama) im Rahmen soziometrischer Untersuchungen. Diese Mehode der szenischen Darstellung/Berarbeitung/Therapie von Familien/Gruppen/Organisationen wurde in einige seriöse Therapie-/Beratungsformen (z.B. Familientherapie, Gestalttherapie, Integrative Therapie) als Interventionstechnik aufgenommen. Hellinger gibt der Technik (allgemein bekannt unter dem Namen "Skulptur" eine neue Bezeichnung und nutzt nun diese Methode um m.E. fragwürdige Inhalte zu transportieren.
Seine Haltung gegenüber "Patienten/Klienten" erscheint mir äußerts fragwürdig, aggressiv und z.T. verachtend.

Das die Kirche sich dazu äußern sollte (klang mal z.T. so an), halte ich für fragwürdig. Wenn sie sich zu jedem medienwirksamen Psychoguru äußern wollte, hätte sie nichts anderes mehr zu tun. Fraglich ist auch, über wieviel therapeutische Fachkompetenz die Kirche verfügt, um überhaupt einschätzen zu können, ob etwas gefährdend/schädlich ist.

Heinrich

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Heinrich hat geschrieben:
Petrus hat geschrieben:
zam1505 hat geschrieben:Gleichzeitig könnte dann auch kein Familienstellen Seminar in einer kathol. Familienbildungstätte stattfinden - wie von mir kürzlich gesehen.
Moooment ...

also. Familienstellen ist keinesfalls unchristlich, sondern eine durchaus seriöse und oft auch hilfreiche Therapieform.
Familienstellen ist keine Therapieform, sondern allenfalls eine Methode. Allerdings bei Hellinger -vom Grundschemata- eine abgekupferte. Erste Anfänge bei Moreno (Entwickelte das Psychodrama) im Rahmen soziometrischer Untersuchungen. Diese Mehode der szenischen Darstellung/Berarbeitung/Therapie von Familien/Gruppen/Organisationen wurde in einige seriöse Therapie-/Beratungsformen (z.B. Familientherapie, Gestalttherapie, Integrative Therapie) als Interventionstechnik aufgenommen. Hellinger gibt der Technik (allgemein bekannt unter dem Namen "Skulptur" eine neue Bezeichnung und nutzt nun diese Methode um m.E. fragwürdige Inhalte zu transportieren.
Seine Haltung gegenüber "Patienten/Klienten" erscheint mir äußerts fragwürdig, aggressiv und z.T. verachtend.

Das die Kirche sich dazu äußern sollte (klang mal z.T. so an), halte ich für fragwürdig. Wenn sie sich zu jedem medienwirksamen Psychoguru äußern wollte, hätte sie nichts anderes mehr zu tun. Fraglich ist auch, über wieviel therapeutische Fachkompetenz die Kirche verfügt, um überhaupt einschätzen zu können, ob etwas gefährdend/schädlich ist.

Heinrich
Aber vielleicht sollte doch ein wenig mehr darauf geachtet werden, was in den eigenen Hallen so alles stattfindet?!? :kratz:

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Dieses Argument finde ich berechtigt, denn ich habe schon auch u.a. mich dort angemeldet, weil es eben in der psychologischen Beratungsstelle von St. Bonifaz stattfand. Wobei es für mich eine positive Erfahrung war.

Aber das Argument finde ich trotzdem berechtigt.

Wobei man es meiner Ansicht nach auf die ganze Psychotherapie ausdehnen kann (die ja oft in Pfarreien angeboten wird). Ich erlebe zur Zeit so häufig Menschen, die meinen sich mehr abgrenzen zu müssen, sich selbst verwirklichen zu müssen, ihre eigenen Bedürfnisse entdecken zu müssen, ihr Helfersyndrom bekämpfen zu müssen, dass es mich erschreckt.
Sicher sind diese Dinge teilweise berechtigt (z.B. bei einem Menschen, der immer wieder erfährt, dass er Opfer sexuellen Mißbrauchs wird, denn die Opfer haben oft als Kind gelernt, dass sie nicht aufbegeheren dürfen). Aber das Ausmaß erscheint mir heute übertrieben.

Ich frage mich, ob Psychotherapie nicht bis zu einem gewissen Maß heute Religion und Wertebildung ersetzt. Da sie bei der Entstehung teilweise gegen die überstrengen Vorstellungen der christlichen Religion arbeitete (damals wohl des öfteren berechtigt), hat sie diese Richtung beibehalten und nun übertrieben. So kommt es mir jedenfalls vor.
So ist unsere neue Religion, die des Grenzen-setzen, die des bekämpfen des Helfersyndroms usw.
Es wäre vielleicht wirklich wichtig, dass in der Kirche da einmal genauer hingeschaut wird, was in der Psychotherapie geschieht.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
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T. Boesche-Zacharow

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Jojo hat geschrieben:
Heinrich hat geschrieben:
Petrus hat geschrieben:
zam1505 hat geschrieben:Gleichzeitig könnte dann auch kein Familienstellen Seminar in einer kathol. Familienbildungstätte stattfinden - wie von mir kürzlich gesehen.
Moooment ...

also. Familienstellen ist keinesfalls unchristlich, sondern eine durchaus seriöse und oft auch hilfreiche Therapieform.
Familienstellen ist keine Therapieform, sondern allenfalls eine Methode. Allerdings bei Hellinger -vom Grundschemata- eine abgekupferte. Erste Anfänge bei Moreno (Entwickelte das Psychodrama) im Rahmen soziometrischer Untersuchungen. Diese Mehode der szenischen Darstellung/Berarbeitung/Therapie von Familien/Gruppen/Organisationen wurde in einige seriöse Therapie-/Beratungsformen (z.B. Familientherapie, Gestalttherapie, Integrative Therapie) als Interventionstechnik aufgenommen. Hellinger gibt der Technik (allgemein bekannt unter dem Namen "Skulptur" eine neue Bezeichnung und nutzt nun diese Methode um m.E. fragwürdige Inhalte zu transportieren.
Seine Haltung gegenüber "Patienten/Klienten" erscheint mir äußerts fragwürdig, aggressiv und z.T. verachtend.

Das die Kirche sich dazu äußern sollte (klang mal z.T. so an), halte ich für fragwürdig. Wenn sie sich zu jedem medienwirksamen Psychoguru äußern wollte, hätte sie nichts anderes mehr zu tun. Fraglich ist auch, über wieviel therapeutische Fachkompetenz die Kirche verfügt, um überhaupt einschätzen zu können, ob etwas gefährdend/schädlich ist.

Heinrich
Aber vielleicht sollte doch ein wenig mehr darauf geachtet werden, was in den eigenen Hallen so alles stattfindet?!? :kratz:
Ja natürlich sollte die Kirche und auch jede andere Organisation darauf achten, was in ihren Einrichtungen passiert und angeboten wird. Das Problem sehe ich, nach wie vor, in der Fachkompetenz und in den Beurteilungsparametern.
Beisp.:
Ich habe etwa 7 Jahre lang als Therapeut in einer Suchtberatungsstelle eines Diakonischen Werkes gearbeitet. Nachdem die Tatsache "an die Öffentlichkeit" drang, dass in den Therapien auch das Thema Sexualität bearbeitet wurde, mehrte sich Kritik an der Methode (Psychodrama, Integrative Gestalttherapie; meine Ausbildung absolvierte ich am Fritz Perls Institut in Hückeswagen (http://www.integrative-therapie.de/)). Vor dem Beratungsraum einer Einrichtung, in der ich eine wöchentliche Sprechstunde abhielt, tauchten Handzettel des Gemeindepfarrers auf, in denen auf das "unchristliche" von Gruppentherapien auftauchten. In Gesprächen wurde mir deutlich gemacht, dass man sich in den Therapiesitzungen Verkündigung wünsche, da man die Sucht als Strafe für Sünde auffasste.

Wenn Kirche sich um die Beurteilung von Methoden aus dem Bereich der Psychotherapie -und wichtiger noch, um die Beurteilug der jeweiligen Vermittler- kümmern will, sollte sie dafür sorgen, fachkompetente Personen vorzuhalten. Ansonsten würde das Stückwerk.

Heinrich

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Und wenn man gleichzeitig bedenkt, wie viel Blödsinn und z.T.antichristliches in Bildungshäusern, Pfarreien etc. angeboten wird ...

Geronimo

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Ja, das kann gefährlich werden, wenn man das alles vereinfacht.
Ich weiß von einer Frau, die wegen traumatischer ritueller Mißbrauchs-Erfahrungen in der Kindheit multipel ist (also mehrere Persönlichkeiten hat, aber nicht schizophren - ist eine Art der Psyche mit unerträglichen Traumatas umzugehen) und zu Depressionen neigt.

Zu ihr sagte eine ihr bekannte Nonne, sie solle die Medikamente absetzen, ihr Glaube werde ihr helfen.

Ein sehr gefährlicher Rat, meiner Ansicht nach.
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T. Boesche-Zacharow

Laura

Beitrag von Laura »

Ich glaube, hier wird gerade ein wesentliches Problem angesprochen: die Unfähigkeit einiger christlicher Kreise, psychische Krankheiten als solche anzuerkennen und zuzugeben, dass sie nicht die einzigen sind, die in Sachen "Seele" etwas zu sagen haben.
Keiner hat Probleme damit, wenn ich mit starken Bauchschmerzen zum Arzt gehe, jeder weiß, dass Beten allein hier lebensgefährlich sein kann. Aber manche - und leider zuviele - Christen empfehlen eben bei seelischen Problemen das Beten anstatt des Arztbesuches. Leider ist Therapie immer noch in einigen Kreisen umstritten. Dann fallen so blöde Sätze wie "anstatt zur Beichte gehen die Leute heute zum Psychiater" ... Unfung erster Güte. Sinnvoll wäre hier vielleicht eine vernünftige Kooperation, wie es wohl auch vielerorts schon geschieht.
Und in einer solchen Kooperation kann dann auch der Glaube das tun, was ihm vorbehalten ist - Hoffnung wieder aller Hoffnung vermitteln, ein Fundament des Lebens, auf dem Heilung möglich sein kann.

Laura

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Heinrich hat geschrieben:Das Problem sehe ich, nach wie vor, in der Fachkompetenz und in den Beurteilungsparametern.
Beisp.:
Ich habe etwa 7 Jahre lang als Therapeut in einer Suchtberatungsstelle eines Diakonischen Werkes gearbeitet. Nachdem die Tatsache "an die Öffentlichkeit" drang, dass in den Therapien auch das Thema Sexualität bearbeitet wurde, mehrte sich Kritik an der Methode (Psychodrama, Integrative Gestalttherapie; meine Ausbildung absolvierte ich am Fritz Perls Institut in Hückeswagen (http://www.integrative-therapie.de/)). Vor dem Beratungsraum einer Einrichtung, in der ich eine wöchentliche Sprechstunde abhielt, tauchten Handzettel des Gemeindepfarrers auf, in denen auf das "unchristliche" von Gruppentherapien auftauchten. In Gesprächen wurde mir deutlich gemacht, dass man sich in den Therapiesitzungen Verkündigung wünsche, da man die Sucht als Strafe für Sünde auffasste.

Wenn Kirche sich um die Beurteilung von Methoden aus dem Bereich der Psychotherapie -und wichtiger noch, um die Beurteilug der jeweiligen Vermittler- kümmern will, sollte sie dafür sorgen, fachkompetente Personen vorzuhalten. Ansonsten würde das Stückwerk.

Heinrich
Deinen Einwand kann ich sehr gut nachvollziehen. Das Beispiel, das du schilderst zeugt natürlich von allem anderen als von Fachkompetenz. In diesem Fall zusätzlich auch noch von theologischer Beschränktheit (Sucht als Strafe für Sünde).
Nur denke ich, kirchliche Einrichtungen wie z.B. Bildungshäuser sollten doch durchaus in der Lage sein, sich fachlichen Rat einzuholen, wenn schon in den eigenen Reihen nicht vorhanden. Es geht nicht um inadäquate Reaktionen wie Stimmungsmache mit Handzetteln oder Verboten von etwas, was gut ist und wovon man nur nichts versteht, sondern um einen etwas sorgfältigeren Umgang mit dem, was man in seinen eigenen Häusern auf die Leute loslässt. Wie gesagt, nicht mit dem Holzhammer, sondern mit (notfalls von anderswo geholter) wirklicher Fachkompetenz. Bezogen auf den Hellinger-Fall: der tragische Selbstmord von Leipzig ereignete sich bereits 1997. Als ich ca. drei, vier Jahre später versuchte, mich über diesen mysteriösen Hellinger zu informieren, war er bereits längst in der psychologisch/psychiatrischen Fachwelt eine bekannte und mit großer Skepsis gesehene umstrittene Figur. Man mag einwenden, dass das kein Argument sei, seine Methode könnte ja deshalb trotzdem taugen. Nur frage ich mich, ob dann nicht das Eis doch ziemlich dünn wird, wenn man alles zusammen nimmt: der Universitätsprofessor, der mich darüber informiert, dass die Fachwelt (und ich muss als Laie zunächst mal darauf vertrauen, dass die Fachwelt ihren Namen verdient, ich gehe ja auch nicht zum Arzt und unterstelle diesem kein medizinisches Fachwissen), dass also diese Fachwelt äußerst skeptisch ist und bereits etliche Hellinger-Konsumenten ernsthaft Schaden genommen haben und sich in professionelle Therapie begeben mussten, die zur Kenntnisnahme, dass es offensichtlich im Extremfall sogar einen Suizid gegeben hat und schließlich die Bildung eines eigenen Eindrucks. Ich muss ergänzen: die Videos über die Hellinger-Veranstaltungen habe ich zu Anfang, noch vor jeder weiteren Information, gesehen, und ich kann nur sagen, dass eigentlich sofort auffallen müsste, dass da irgendetwas nicht stimmt. Es fällt sofort auf, wie absolut hier Interpretationen und Lösungen vorgetragen werden, dass hier kein Widerwort und nichts anderes geduldet wird als die Autorität einer Person. (Da diese Person nicht der Papst ist, müsste eigentlich sogar ein Theologe skeptisch werden ;-) ) Aber mal im ernst: eine Methode, die einen universalen Absolutheitsanspruch für sich hat, ist nirgendwo, in keinem Fachgebiet sauber, erst recht nicht auf solchen Gebieten wie Psychologie und Psychiatrie, wo es um so etwas Komplexes wie den Menschen und seine Gefühle geht.
Das alles hätte doch zumindest auch vor ein paar Jahren nachdenklich stimmen müssen. Es war bekannt, dass es bereits viele Hellinger-Schüler gab, dass deren Kurse auch in kirchlichen Einrichtungen angeboten wurden, die Bücher wurden in christlichen Buchhandlungen verkauft usw.
Ich weiß wie gesagt nicht, wie es heute aussieht, vielleicht hat man ja inzwischen reagiert.
Ich denke nicht zuletzt auch daran, was wir für ein Bild nach außen an die Menschen abgeben und ich denke, die Menschen (egal ob nun kirchenfern oder -nah) haben auch ein Recht sich darauf verlassen zu können, dass dort, wo katholisch drauf steht zumindest nicht etwas drin ist, was ihnen erheblich schaden kann. Ich gehe auch zum Arzt und verlasse mich darauf, dass diese Arzt und kein Kurpfuscher ist. Vielleicht habe ich Pech und gerate an einen schlechten Arzt. Ausschließen kann ich das nicht, genauso wenig, wie ich ausschließen kann, an einen schlechten Meditationskurs oder an einen schlechten geistlichen Berater zu geraten.
Aber man sollte es doch zumindest so weit fertigbringen, das, was mit einiger Wahrscheinlichkeit schädliche Scharlatanerie ist, zumindest etwas in kritischerer Distanz zu halten.

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Jenseits von jedem pro und contra (das ich nicht so wirklich beurteilen kann), muss ich zugeben, dass mir das Familienaufstellen vor zwei Tagen sehr gut tut, das spüre ich jetzt langsam.

Wieso, warum, weshalb? Schwer zu sagen, fühl mich einfach wohl.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
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T. Boesche-Zacharow

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Beitrag von Jojo »

Julia Wolf hat geschrieben:Jenseits von jedem pro und contra (das ich nicht so wirklich beurteilen kann), muss ich zugeben, dass mir das Familienaufstellen vor zwei Tagen sehr gut tut, das spüre ich jetzt langsam.

Wieso, warum, weshalb? Schwer zu sagen, fühl mich einfach wohl.
Julia, das ist natürlich absolut in Ordnung! Wenn dir das gut tut und es dir weiter hilft, so gehörst du zu den Menschen, die von dieser Sache profitieren und das sind ja mit Sicherheit nicht wenige, sonst wäre das Familienaufstellen nicht so populär.
Das wieso, weshalb, warum ist dann auch zweitrangig.
Wer durch ein Medikament Besserung erfährt, den braucht persönlich auch nicht zu interessieren, wie nun genau das Medikament funktioniert.
Nur, was bei Medikamenten oder Operationen unter Risiken und Nebenwirkungen läuft, worüber aufzuklären hier eine selbstverständliche moralische und gesetzliche Pflicht ist (jetzt mal außen vor gelassen, dass die auch seltsame Blüten treiben kann), das darf auch im Bereich des Psychobetriebes nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden.

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Jojo hat geschrieben:Es wäre vielleicht wirklich wichtig, dass in der Kirche da einmal genauer hingeschaut wird, was in der Psychotherapie geschieht.
Julia Wolf hat geschrieben:Dieses Argument finde ich berechtigt, denn ich habe schon auch u.a. mich dort angemeldet, weil es eben in der psychologischen Beratungsstelle von St. Bonifaz stattfand. Wobei es für mich eine positive Erfahrung war.

Aber das Argument finde ich trotzdem berechtigt.

Wobei man es meiner Ansicht nach auf die ganze Psychotherapie ausdehnen kann (die ja oft in Pfarreien angeboten wird).
????? Ich würde es als sehr kritisch ansehen, wenn in Pfarreien Psychotherapien angeboten würden. Oder meinst Du Beratungsstellen? Auch in Weiterbildungseinrichtungen und Familienbildungsstätten gehören keine [Punkt]
Ich erlebe zur Zeit so häufig Menschen, die meinen [........] ihr Helfersyndrom bekämpfen zu müssen, dass es mich erschreckt.
Ein Helfersyndrom hat, wie die Bezeichnung schon sagt, Krankheitscharakter im Sinne einer neurotischen Entwicklung. Eine Person, die daran "leidet", wird (zumindest unbewust) dafür sorgen, dass der "Betreute" nicht zu einer ausgewogenen "Selbsthilfe" gelangt, weil dann die Hilfeleistung nicht mehr gegeben werden kann.
Ich frage mich, ob Psychotherapie nicht bis zu einem gewissen Maß heute Religion und Wertebildung ersetzt.
Das kann und will seriöse Psychotherapie nicht. Ein gut und sorgfältig ausgebildeter Therapeut (d.h. z.B. ausreichend lange Einzelanalyse) wird keine pseudoreligiösen Guruatmosphären aufbauen.
Da sie bei der Entstehung teilweise gegen die überstrengen Vorstellungen der christlichen Religion arbeitete (damals wohl des öfteren berechtigt), hat sie diese Richtung beibehalten und nun übertrieben. So kommt es mir jedenfalls vor.
Ich glaube, da unterleigst Du einem Irrtum. Im übrigen entstammen die überstrengen Verhaltensregeln nicht der (katholischen) Religion als solches, sondern in diese vom Bürgertum eingebrachten Regeln.

In der Integrativen Therapie gibt es zum Beispiel ein m.E. sehr hilfreiches Identitätsmodell. Nach diesem Theorieansatz ruht die menschliche Identität auf 5 Säulen:
-Leiblichkeit (nicht zu verwechseln mit Körperlichkeit o.ä.)
-soziale Netzwerke
-Arbeit und Leistung (bitte den Begriff Leistung nicht falsch interpretieren)
-Materielle Sicherheit
-Werte und Sinn

Insbesondere die letzte Säule hat auch im Sinne des Glaubens einen einen ernormen Stellenwert. In der Regel wirkt sich die "Brüchigkeit" einer der anderen 4 Säulen nicht so gravierend aus, wie eine zu geringe Ausprägung oder gar anhaltende Schädigung der Säule "Werte und Sinn".
Ein gesunder (nicht neurotischer, den gibt es auch) Glauben bildet eine sehr stabile Säule, die vieles auffangen kann.

Heinrich

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

Jojo hat geschrieben:
Julia Wolf hat geschrieben:Jenseits von jedem pro und contra (das ich nicht so wirklich beurteilen kann), muss ich zugeben, dass mir das Familienaufstellen vor zwei Tagen sehr gut tut, das spüre ich jetzt langsam.

Wieso, warum, weshalb? Schwer zu sagen, fühl mich einfach wohl.
Julia, das ist natürlich absolut in Ordnung! Wenn dir das gut tut und es dir weiter hilft, so gehörst du zu den Menschen, die von dieser Sache profitieren und das sind ja mit Sicherheit nicht wenige, sonst wäre das Familienaufstellen nicht so populär.
Das wieso, weshalb, warum ist dann auch zweitrangig.
Du wirst verstehen (hoffe ich), dass ich dazu etwas sage?
Es ist aus therapeutischer Sicht absolut nicht zweitrangig, warum oder weshalb man von einer therapeutischen Intervention profitiert. Auch im Therapiebereich gibt es (zumindest teilweise) so etwas wie "Qualitätskontrolle". Die Beispiel Henningers sind in meinen Augen beängstigend. Jede Erklärung von außen (zu Ursachen) sind m. E. schonmal zumindest kritisch zu sehen. Erst Recht "Schuldzuschreibungen" in Form der Feststellungen, die in den Hellingerischen Äußerungen gemacht werden. Wie könnte sich nun die Vorgehensweise Hellingers "positiv" auswirken? Allenfalls in Form eines kurzfristig wirksamen Erklärungsmodelles für den "Klienten/Patienten" (ich scheue mich, diese (Fach-)begriffe in Zusammenhang mit den Beisp. Hellingers überhaupt zu gebrauchen. Kurzfristige "Linderung" durch introjezierte Erklärungsmuster führen nicht selten zu einer subjektiv erlebten Erkleichterung - und in nicht wenigen Fällen zu einer Symptomverschiebung (notfalls in den körperlichen Bereich). Hierzu kann das Studium des Modelles der zweiphasigen Verdrängung nach A. Mitscherlich aufschlussreich sein.

Ich schreibe aus dem Grunde so umfangreich, weil in einer Gesellschaft in der echtes Miteinander und Solidarität (Nächstenliebe) immer seltener wird, die Verführbarkeit durch eventartige Gruppenerlebnisse gefährlich ist. Pschokurse werden zum Teil als Ersatz für Begegnung und Nähe genommen. Eine trügerische Nähe, die einem "normalen Alltag" nicht standzuhalten vermag, sondern immer nur in einem geschützten und daher künstlichen Rahmen funktioniert.
Pschotherapie ist ein wichtiges und mächtiges Instrument. Es gehört in geschulte Hände. Es ist für den Freizeitbereich ähnlich geeignet, wie Morphium als Partycocktail.

Heinrich

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Hallo Heinrich, das Zitat oben ist glaube ich nicht von mir :-)
Heinrich hat geschrieben: ????? Ich würde es als sehr kritisch ansehen, wenn in Pfarreien Psychotherapien angeboten würden. Oder meinst Du Beratungsstellen? Auch in Weiterbildungseinrichtungen und Familienbildungsstätten gehören keine [Punkt]

??? Ist mir eigentlich auch nicht bekannt. Eher das übliche Gemischtwarenangebot, meist die klassischen Kombination fernöstliche Meditation/Kreativität (mehrere Varianten)/Selbsterfahrung (fast alleVarianten) :mrgreen:

Und dann wundert man sich irgendwann, wenn man plötzlich selbst bloß noch eine Variante unter vielen ist. 8)

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Also in St. Bonifaz gibt es die PIB, die Psychologische Jungend Beratungsstelle, dort sind seit Jahrzehnten Psychotherapeuten angestellt, eine davon macht eben u.a. die Familien-Aufstellungen für Erwachsene, aber ich glaube, sie macht das gar nicht so sehr im Rahmen der PIB, da es ja für Erwachsene ist, kenn mich da nicht so genau aus.

Ich dachte in der PIB gibt es auch Therapien, aber kann sein, dass es nur Beratung gibt, so genau hab ich mich damit noch nie beschäftigt.

In der KHG für Studenten gab es auch eine Psychologin, die man aufsuchen konnte, Therapien hat sie vermutlich nicht gemacht.
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
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T. Boesche-Zacharow

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Dass es nicht gleichgültig ist, warum etwas gut tut, da gebe ich Heinrich 100 % recht. Das kenne ich so gut aus der Homöopathie, das Verdrängen und Verlagern der Probleme, das nach außen positiv wirkt, aber im Innern schadet. Das macht die allopathische Medizin heute in großem Maßstab (die Leute wundern sich dann, warum sie eigentlich insgesamt immer kränker werden), aber die Homöopathie selbst kann auch so wirken, wenn sie nicht gut angewandt wird.

Es ist SEHR wichtig, warum etwas gut tut.



Meine Kritik der Psychologie als Religions-Ersatz habe ich vielleicht falsch formuliert. Ich kann und will nicht ernsthafte, gute Therapieen kritisieren. Dazu habe ich auch überhaupt keine Kompetenz.

Was ich kritisiere, ist, dass ganz viel des psychologischen Wissens nun zum Allgemeinwissen geworden ist, aber wahrscheinlich durchaus verfälscht. Sehr viele psychologisch ungebildete oder halb gebildete Meschen werfen inzwischen mit psychologischen Theorien um sich und mißbrauchen sie für ihre Interessen (will gar nicht sagen, dass mir das nicht auch unbewußt passiert).

So ist mir aufgefallen, dass das Helfersyndrom-Argument sehr gut bei Eifersucht einzusetzen ist. Jemand ist eifersüchtig, dass man jemand anderen hilft und wirft einem ein Helfersyndrom vor und fordert, sich erst einmal mit den eigenen Problemen zu beschäftigen.

Pseudo-Psychologie wird heute vielfach dazu benutzt, das egoistische Verfolgen eigener Interessen zu rechtfertigen.

Kannst Du mir da zustimmen Heinrich?
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T. Boesche-Zacharow

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Um zu entscheiden, ob etwas wirklich gut tut, oder nur verdrängt und verlagert, muss ich aber nicht unbedingt intelektuell den Vorgang genau verstehen.

Wenn ich achtsam bin, kann ich auch aus der Art des guten Gefühls erfahren, ob es ein gutes Gefühl ist, das wahrhaft gut ist, oder ob es eine oberflächliche Täuschung ist.

Bezüglich meiner Familien-Aufstellungs-Erfahrung bin ich noch am rätseln. Zu fremd und neu waren die Eindrücke, um das gleich beurteilen zu können.
Ich denke eher, es hat mir wirklich gut getan - aber ob es jetzt mehr an meinem persönlichen Umgang mit dem Erfahrenen liegt, oder an der Methode selbst, darüber bin ich mir noch nicht klar.
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T. Boesche-Zacharow

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