Wie ist das zu verstehen? Jesaja 53,12

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Carolus
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Wie ist das zu verstehen? Jesaja 53,12

Beitrag von Carolus »

Entnommen aus der "Guten Nachricht"

12. Deshalb will ich ihn zu den Großen rechnen, und mit den Mächtigen soll er sich die Beute teilen. Er ging in den Tod und ließ sich unter die Verbrecher zählen. Aber er trug die Strafe für viele und trat für die Schuldigen ein.

Meine Frage: Wie kann man Ihn zu der Gruppe der Großen dazuzählen und mit denen soll er sich noch etwas teilen (die Beute). Für einen Propheten kann ich die Aussage akzeptieren, die gehören zu den Großen. Aber Gott in der Person Jesus steht über jeder Gruppierung.

Kann mir jemand die Aussage erklären?

Lieben Gruß
Carolus

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Einheizübersetzung :/

"...Darum will ich ihm große Menge zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, darum daß er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleich gerechnet ist und er vieler Sünde getragen hat und für die Übeltäter gebeten...." (Luther)

"...Drum mache ich ihn auch zum Herren über Große und gebe ihm zur Beute Mächtige, weil er dem Tod sich stellen, sich unter Missetäter zählen läßt. Er, der die Sünde vieler trägt, tritt noch für Übeltäter ein..."

"...Darum will ich die Vielen als Anteil ihm geben, Zahlreiche ihm dafür zu eigen, weil er in den Tod sein Leben dahingab, unter die Frevler gerechnet ward - obwohl er die Sünden der Vielen trug, für die Frevler fürbittend eintrat...."

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Mir hat vor vielen Jahren mal jemand aus Israel die Heilige Schrift (Nur AT, da Heilige Schrift der Juden) mitgebracht. Da steht der Text auf hebräisch und deutsch.
Die wörtliche Übersetzung lautet:
"Fürwahr, ich will ihm zu Teil geben die Vielen, und Mächtige soll er als Beute teilen dafür, dass er dem Tode bloßgestellt sein Leben zu den Missetätern gezählt wurde, da er doch die Sünden der Vielen trug und es für die Missetäter (ihn) getroffen

Christen beziehen diese Stelle auf Jesus, der für unsere Sünden gestorben ist.

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Esperanto
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Re: Wie ist das zu verstehen? Jesaja 53,12

Beitrag von Esperanto »

Carolus hat geschrieben:Entnommen aus der "Guten Nachricht"

12. Deshalb will ich ihn zu den Großen rechnen, und mit den Mächtigen soll er sich die Beute teilen. Er ging in den Tod und ließ sich unter die Verbrecher zählen. Aber er trug die Strafe für viele und trat für die Schuldigen ein.

Meine Frage: Wie kann man Ihn zu der Gruppe der Großen dazuzählen und mit denen soll er sich noch etwas teilen (die Beute). Für einen Propheten kann ich die Aussage akzeptieren, die gehören zu den Großen. Aber Gott in der Person Jesus steht über jeder Gruppierung.

Kann mir jemand die Aussage erklären?

Lieben Gruß
Carolus

Das bedeutet meiner Ansicht nach ganz klar, dass der Messias die Macht mit anderen teilen wird.
Die Prophezeiungen müssen nicht genau eintreten. Sonst ist eigentlich alles, was in 53 prohezeit wurde, eingetreten.

EinChrist
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Re: Wie ist das zu verstehen? Jesaja 53,12

Beitrag von EinChrist »

Carolus hat geschrieben:Entnommen aus der "Guten Nachricht"

12. Deshalb will ich ihn zu den Großen rechnen, und mit den Mächtigen soll er sich die Beute teilen. Er ging in den Tod und ließ sich unter die Verbrecher zählen. Aber er trug die Strafe für viele und trat für die Schuldigen ein.

Meine Frage: Wie kann man Ihn zu der Gruppe der Großen dazuzählen und mit denen soll er sich noch etwas teilen (die Beute). Für einen Propheten kann ich die Aussage akzeptieren, die gehören zu den Großen. Aber Gott in der Person Jesus steht über jeder Gruppierung.

Kann mir jemand die Aussage erklären?

Lieben Gruß
Carolus
Stellvertretend für viele Schuldig gewordene da zu sein mit seinem von den Folgen der Sünden anderer gezeichneten Leben und seinem Hingegeben werden in den Tod ist auch die Aufgabe des Gottesknechts von Jes 52,13-53,12.

Die Deutung des Knechts in der Auslegungsgeschichte lassen im wesentlichen vier Deutungen des Knechts von 52,13 – 53,12 unterscheiden.

1. die autobiographische Deutung
2. die Deutung auf eine andere Person
3. die messianisch-eschatologische Deutung
4. die kollektive Deutung.

Bei einer Deutung der Gottesknechtlieder – hier meine ich, es ist das vierte – kann daher nicht primär um eine Identifikation des Knechtes geben. Vielmehr sprechen die Gottesknechtlieder zunächst davon, welche Aufgaben des eschatologischen Israel sich aus den zentralen atl. Traditionen ergeben.

Interessant wäre, was der Hl. Bonaventura hierzu meint.

Es grüßt
EinChrist
Ave Maria
Totus tuus

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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Ich habe eine Idee gehabt: Jesus teilt die Macht/Beute (die die Weltherrschaft ist) mit dem hl. Geist und Gottvater.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

LXX hat geschrieben: ΗΣ 53,12 διὰ τοῦτο αὐτὸς κληρονομήσει πολλοὺς καὶ τῶν ἰσχυρῶν μεριεῖ σκῦλα, ἀνϑ᾽ ὧν παρεδόϑη εἰς ϑάνατον ἡ ψυχὴ αὐτοῦ, καὶ ἐν τοῖς ἀνόμοις ἐλογίσϑη· καὶ αὐτὸς ἁμαρτίας πολλῶν ἀνήνεγκεν καὶ διὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν παρεδόϑη – Darum wird er viele zum Erbteil erhalten, und er wird die Beute der Starken teilen, wofür er seine Seele hingab in den Tod und gerechnet wurde unter die Gesetzlosen; und er trug die Sünden vieler, und durch ihre Sünden ward er hingegeben.
Vulgata hat geschrieben:Is 53,12 ideo dispertiam ei plurimos, et fortium dividet spolia, pro eo quod tradidit in morte animam suam, et cum sceleratis reputatus est; et ipse peccatum multorum tulit et pro transgressoribus rogavit – Darum werde ich ihm sehr viele zuteilen, und er wird die Beute der Starken teilen, darum daß er im Tode hingegeben hat seine Seele und mit den Verbrechern zusammengerechnet wurde; und er trug die Sünde vieler und betete für die Übertreter.
Die Abweichungen der Vulgata von Text der LXX dürften daran liegen, daß Hieronymus nach dem ihm vorliegenden hebräischen Text übersetzt oder die ältere lateinische Fassung nach diesem korrigiert hat. Dieser hebräische Text dürfte hinsichtlich jener Abweichungen bereits dem entsprechen, der uns heute als die Biblia Hebraica der Masoreten aus dem zehnten bis elften Jahrhundert vorliegt. Den LXX Übersetzern dürfte ein an den fraglichen Stellen differierender hebräischer Text vorgelegen haben.

Die Unterschiede begründen aber keine verschiedenen Interpretationen. Es handelt sich, wie oben bereits gesagt, um eines der sogenannten „Gottesknechtlieder“ des Isaias. Der Gottesknecht wird viele (aber nicht „alle“ oder „die vielen“, „die große Menge“) als Los oder Erbteil erhalten, welche also ihm zugehören werden. Er wird „die Beute der Starken teilen“: also nicht „sie sich mit ihnen teilen“ oder „die Starken als Beute (Raub) gewinnen (oder teilen)“.

„Die Starken“, das sind der Fürst dieser Welt mit der Legion seiner Geister und ihre irdischen Gehilfen und Genossen. Deren Beute, also die Welt und die Seelen der todverfallenen Menschen, wird der Gottesknecht teilen. Er wird der Richter sein, welcher deren Beute teilt. Der zweite Teil des Verses ist ohne weiteres klar: Er drückt das stellvertretende Leiden und Sterben des Gottesknechts aus.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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