Paulus - eschatologisch oder apokalyptisch ?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Godjonga
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Paulus - eschatologisch oder apokalyptisch ?

Beitrag von Godjonga »

Grüß Euch !

Wir bereiten uns gerade auf unsere Prüfung vor (Ein Freund von mir und ich) und fragten uns, nachdem wir gelernt haben eschatologisch und apokalyptisch zu unterscheiden, wie denn Paulus geprägt war: apokalyptisch oder eschatologisch ?

Zum besseren Verständnis:

Eschatologisch: "Lehre der letzten Dinge" - der Akzent liegt hier mehr, auf dem "Weitergehen", auf dem ewigen Leben, dazu muss die weltliche Erde zergehen, das Erdenreich wird dem Himmelreich weichen

apokalyptisch: Das Ende ist nahe - Akzent liegt auf dem Ende, nicht auf dem ewigen Leben danach.

1. Wer mich verbessern kann - nur zu ;)
2. Ich würde sagen, Paulus war apokalyptisch geprägt, ich würde mich auf die frühe Kirche berufen, die alle in der Naherwartung gelebt haben ...

3. Erst das Johannesevangelium bringt den eschatologischen Aspekt mit ein, da hier vom präexistenten Logos aus geschrieben wird; hier ist das Bewusstsein Jesu auch ganz anders, als in den Synoptikern.

Wer weiß es "genau" ? ;)

Herzliche Grüße

Mathias
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Samuel
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Beitrag von Samuel »

Ich würde sagen, Apokalyptik ist eine Richtung, in der die gegenwärtige Verfolgungssituation als kosmischer Kampf zwischen den guten und den bösen Mächten interpretiert wird (es ist ganz schlimm, weil alle bösen Mächte gegen uns kämpfen; aber letztlich werden wir siegen, weil Gott auf unserer Seite kämpft). Apokalyptische Vorstellungen gibt es vor allem in Dan, Mk 13 parr und natürlich Offb. Bei Paulus sind mir die bisher nicht aufgefallen (aber ich bin kein profunder Paulus-Kenner.)

Unter eschatologisch verstehe ich "schon und noch nicht", wie es im Gleichnis vom Senfkorn (Mt 13,31) geschildert wird: Das Reich Gottes ist schon da, aber noch nicht voll entfaltet.
Bei Johannes spricht man von einer präsentischen Eschatologie, d.h. der Fokus wird auf das "schon da" gelegt: Jetzt ist Endgericht; wie ich mich jetzt zur Botschaft Jesu verhalte, entscheidet über mein endgültiges Heil oder Unheil (Joh 3,18).

Samuel

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Samuel !

Danke für Deine Antwort !

Unter "schon, aber noch nicht ..." - verstehe ich die Botschaft Jesu, das Himmelreich ... - ist das gleichzusetzen mit den "letzten Dingen" ... ?

So wie Du Apokalyptik beschreibst, klingt mir das nach Dualismus ... ???

Im Gesamten scheint mir aber doch die Apokalyptik "früher" entstanden zu sein, als die Eschatologie, oder ?
Also von der Dialektik her ... (gr. Metaphysik ...) und später dann die Eschatologie, ich würde sagen erst "nach" den Konzilien Nicäa und Chalcedon ... - als das mit "eines Wesens ... wahrer Mensch und wahrer Gott ... etc. geklärt war - oder ?

Deswegen dachte ich ja auch Paulus war apokalyptisch geprägt und nicht eschatolisch ... wegen der Zeit ...

Tja ... schwierig, weiß jemand, wann die Begriffe entstanden sind ???

Herzliche Grüße

Mathias
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Amigo
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Beitrag von Amigo »

Godjonga hat geschrieben:Deswegen dachte ich ja auch Paulus war apokalyptisch geprägt und nicht eschatolisch ... wegen der Zeit ...
Das Argument hört man öfters von Kirchengegnern: "Paulus dachte doch, Jesus komme schon in wenigen Jahren wieder." Und tatsächlich lassen sich gewisse Stellen bei Paulus durchaus so lesen. Dann hätte Paulus "rein apokalyptisch" gedacht (obwohl das Wort ja von "enthüllen" kommt und daher eigentlich von sich aus nicht "urgent" ist, sollten wir es in der von Samuel genannten Bedeutung verwenden).

Aber hat nicht Paulus mitgeholfen, die Hierarchie der Kirche aufzubauen, das sichtbare Gebilde, in dem die Kirche Christi jetzt schon zweitausend Jahre lang realisiert ist? Wenn er das tat und bewusst tat, dann war er sicherlich nicht der Ansicht, demnächst ist alles aus und vorbei; dann hatte er die Absicht, die "eschatologische Entwicklung" der Nachfolge Jesu zu betreiben und zu unterstützen.

Ich bin zwar auch kein profunder Pauluskenner, aber allein daraus, wie er sich in den Gemeinden engagiert hat und zur Stärkung und Anerkennung der "Amtshierarchie" beigetragen hat, scheint mir ein "rein apokalyptischer Paulus" ein weiterer Fall von "selektivem sola scriptura" zu sein.

Grüße,
Georg

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Godjonga
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Beitrag von Godjonga »

Grüß Dich Georg !

Gerade habe ich auch nochmal mit meinem Freund geredet, wir sind zu dem Schluss gekommen, es sit wohl eine "wenig" beides (Er hat den Korintherbrief schriftlich; ich "nur" mündlich ;))
Für die, die nicht glauben, die Apokalypse, für die die glauben, die Eschatologie ... macht "so" Sinn, meine ich, ist wohl aber sehr "vereinfacht darfgestellt ;)
Aber hat nicht Paulus mitgeholfen, die Hierarchie der Kirche aufzubauen, das sichtbare Gebilde, in dem die Kirche Christi jetzt schon zweitausend Jahre lang realisiert ist? Wenn er das tat und bewusst tat, dann war er sicherlich nicht der Ansicht, demnächst ist alles aus und vorbei; dann hatte er die Absicht, die "eschatologische Entwicklung" der Nachfolge Jesu zu betreiben und zu unterstützen.
Das stimmt schon, sehe ich auch so; ABER: ich glaube nicht, dasser es BEWUSST tat, er war durch das "Damaskusereignis" so "durchdrungen", dass er das Wort erfüllt: "Die Liebe Christi drängt uns" 2. Kor 5,14 und deswegen macht er seine Reisen und erfüllt seine Berufung ...
wie gesagt ich glaube nicht, dass er bewusst die Hierarchie der Kirche aufbaut.
Wie ist es denn mit dem Apostelkonvent ... da legt sich doch Paulus auch mit den "Säulen" an ... oder spricht das nicht gegen die These ?

Also "rein" ist immer schwierig ... ;) aber ein Gemisch ... naja, dann stimmt meine These mit der "Zeit" wohl nicht ;)

Herzliche Grüße

Mathias
MPHCEV: Mater perfectam habebit curam et victoriam

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