Gesucht: der wahre Jesus.

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben:Dann gibt es historische Quellen, auch zu der Auferstehung, sowohl schriftlich wie gegenständlich (das Grabtuch Christi).
Moment mal, Du meinst doch nicht etwa das Turiner?
Das ist doch äußerst unwahrscheinlich, oder?

Ragnar
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Entschuldigt, wenn ich mich einmische (obwohl hier)

Beitrag von Ragnar »

Edi hat geschrieben:Außerbiblische Quellen
1.2.2. Babylonischer Talmud, Baraita Sanhedrin 43a:
"Am Vorabend des Passafestes hängte man Jeschu. Vierzig Tage vorher hatte der Herold ausgerufen: 'Er wird zur Steinigung hinausgeführt, weil er Zauberei getrieben und Israel verführt und abtrünnig gemacht hat; wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, der komme und sage es.' Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, so hängte man ihn am Vorabend des Passafestes!"

Diese Stelle wird so als Text des Talmud wiedergegeben.

Richtig steht dort:
1.2.2. Babylonischer Talmud, Baraita Sanhedrin 43a:
Vorher ruft ein Herold aus. Also nur [unmittelbar] vorher, früher aber nicht, und [dem widersprechend] wird gelehrt: "Am Vorabend des Pasahfestes henkte man Jesu. Vierzig Tage vorher hatte der Herold ausgerufen: Er wird zur Steinigung hinausgeführt, weil er Zauberei getrieben und Jisrael verführt und abtrünnig gemacht hat; wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, der komme und bringe es vor. Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, so henkte man ihn am Vorabend des Pesahfestes!?" Ula erwiderte: Glaubst du denn, dass für ihn überhaupt eine Verteidigung anzustreben war, er war ja ein Verführer und der Allbarmherzige sagt: du sollst seiner nicht schonen, und seine Schuld nicht verheimlichen, vielmehr war es bei Jesu anders, da er der Regierung nahe stand.

Wenn Jesus nun am Vorabend gehenkt wurde
(im Talmud steht eindeutig Gesteinigt,
!nicht Kreuzigung),
so war damit der Schabbat entheiligt...
Ich kann mir wirklich nicht vorstellen,
dass das jüdisches Denken und Handeln ist.
Vielmehr soll hier ausgedrückt werden,
dass dies keine Hinrichtung im jüdischen Sinne war.


(liebe Moderatoren, entschuldigt meinen Fehltritt,
aber ich möchte hier einfach mal darauf hinweisen,
dass nicht alles, was man im Netz findet, zur Klärung beiträgt.
Der Text ist aus dem Zusammenhang gerissen.
MfG Ragnar)
Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist...

!Nichts

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben:Dann gibt es historische Quellen, auch zu der Auferstehung, sowohl schriftlich wie gegenständlich (das Grabtuch Christi).
Moment mal, Du meinst doch nicht etwa das Turiner?
Das ist doch äußerst unwahrscheinlich, oder?
Eher vollkommen sicher.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:Dabei wird wohl Punkt 3 (leibliche Auferstehung Jesu von den Toten) die meisten Bauchschmerzen bereiten.
Nö. Das ist nun wirklich gut bezeugt.
Hm, das sag mal dem Drewermann! :D

Tacitus
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Re: Entschuldigt, wenn ich mich einmische (obwohl hier)

Beitrag von Tacitus »

Ragnar hat geschrieben:Wenn Jesus nun am Vorabend gehenkt wurde
(im Talmud steht eindeutig Gesteinigt,
!nicht Kreuzigung),
so war damit der Schabbat entheiligt...
Er wurde von den Römern gekreuzigt!

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Alexander hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben:Dann gibt es historische Quellen, auch zu der Auferstehung, sowohl schriftlich wie gegenständlich (das Grabtuch Christi).
Moment mal, Du meinst doch nicht etwa das Turiner?
Das ist doch äußerst unwahrscheinlich, oder?
Eher vollkommen sicher.
Ähem!

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Tacitus hat geschrieben:Ähem!
Wie gesagt, wenn ich Muße habe, dann erzähle ich von Beweisen. Bin jetzt zu beschäftigt, müßte ja sehr viel übersetzen.
Herr Gott,
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Außerbiblische Quellen, die auf Jesus verweisen …
Vermutlich meinst du sogar außerchristliche Zeugnisse, denn außerbiblische gibt es natürlich zuhauf. Tacitus hat Jesus in der Tat erwähnt, wie du richtig anführst, und berichtet sogar die Kreuzigung durch Pontius Pilatus (allerdings im Gegensatz zu deiner Angabe ann. XV,44; die Übersetzung müßte besser lauten: »… Christus, der …durch den Procurator Pontius mit dem Tode bestraft worden war« [oder: »den der Procurator … hatte hinrichten lassen«]).

Weitere heidnische Zeugnisse finden sich bei Plinius (ep. X,96 an Trajan mit dessen Reskript) und Sueton (Claud. XXV,4 [von dir schon erwähnt]; Nero XVI,2), weitere mittelbar bei Minucius Felix und Euseb. Ferner sind indirekte Zeugnisse zu nennen, nämlich Anspielungen bei einigen Stoikern des ersten Jahrhunderts und insbesondere die parodierenden Passagen bei Petron. Jüdische Zeugen sind der von dir bereits genannte Flavius Josephus (ant. XX,9,1; XVIII,3,3 mit dem arabischen Exzerpt in der Weltgeschichte [Kitab el-’Unwan] des Agapius [Mahbub] von Hierapolis [el-Menbidsch im heutigen Irak]) und der Talmud.

Das Zeugnis des Flavius Josephus (das sogenannte testimonium Flavianum) ist eines eigenen Exkurses wert. Dein Argument, ein christlicher Bearbeiter hätte die Auferstehung erwähnt, gilt nicht, denn tatsächlich ist die Auferstehung erwähnt; nur bricht dein Zitat zu früh ab. Hier die ganze Passage:
Flavius Josephus (ant. XVIII,3,3 [überlieferte Fassung]) hat geschrieben:Um diese Zeit lebte Jesus, ein weiser Mensch, wenn man ihn überhaupt einen Menschen nennen darf. Er war nämlich der Vollbringer ganz unglaublicher Taten und der Lehrer aller Menschen, die mit Freuden die Wahrheit aufnahmen. So zog er viele Juden und auch viele Heiden an sich. Er war der Christus. Und obgleich ihn Pilatus auf Betreiben der Vornehmsten unseres Volkes zum Kreuzestod verurteilte, wurden doch seine früheren Anhänger ihm nicht untreu. Denn er erschien ihnen am dritten Tage wieder lebend, wie gottgesandte Propheten dies und tausend andere wunderbare Dinge von ihm vorher verkündigt hatten. Und noch bis auf den heutigen Tag besteht das Volk der Christen, die sich nach ihm nennen, fort.
Ich möchte ich nahezu ausschließen, daß die oben kursiv gesetzten Formulierungen von einem Juden stammen können, der nicht Judenchrist war – und das war Josephus definitiv nicht. Darüber besteht heute in der Forschung auch breiter Konsens – was nichts heißen muß, hier aber jedenfalls berechtigt ist. Darum hat die Annahme, diese Sätze seien nachträgliche Einschübe eines christlichen Bearbeiters oder Kopisten, alle Wahrscheinlichkeit für sich.

Von einer „Fälschung“ sollte man – nebenbei bemerkt – dennoch nicht sprechen, das wäre anachronistisch. Der Urheber der Einschübe dürfte dieselben als korrigierende Ergänzungen empfunden haben.

Interessant ist nun aber, daß eine zweite Fassung des Textes existiert, in der diese christlichen Einschübe fehlen, die wesentlichen Fakten des Wirkens und des Todes Jesu aber gleichwohl geboten werden: nämlich das oben bereits erwähnte Exzerpt in der arabischen Weltgeschichte des Agapius Hierapolitanus. Hier liegt offensichtlich die ursprüngliche Fassung des Josephus zugrunde. Der Text lautet übersetzt wie folgt:
Mahbub (im Kitab el-’Unwan) hat geschrieben:Zu dieser Zeit gab es einen weisen Menschen namens Jesus. Und sein Wandel war gut, und er war als tugendhaft bekannt. Und viele Leute aus den Juden und den anderen Völkern wurden seine Jünger. Pilatus verurteilte ihn zur Kreuzigung und zum Tode. Und alle, die seine Jünger geworden waren, blieben in seiner Jüngerschaft. Sie berichteten, daß er ihnen drei Tage nach der Kreuzigung erschienen sei und daß er lebendig sei; demnach war er vielleicht der Christus, über den die Propheten Wunder erzählt haben.
Der Vergleich zeigt deutlich die Bearbeitungen in der zuerst zitierten Fassung; lediglich hinsichtlich der beiden Christus-Stellen könnte man streiten, doch das führte jetzt zu weit.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Moment mal, Du meinst doch nicht etwa das Turiner?
Das ist doch äußerst unwahrscheinlich, oder?
Wie kommst du darauf? – Das dürfte im Gegenteil fast gewiß sein.
Auch für die Echtheit des titulus von Sante Croce spricht übrigens
sehr viel.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ragnar, danke für den Kontext des Talmud-Zitats. Das bringt
ja den Geist sehr gut zum Ausdruck, in welchem man Jesu
Kreuzigung betrieb. Das lebt durch den Talmud über die Zeiten
hin fort.

Was die Details betrifft, so erklären sich die Abweichungen
leicht. Der Vorabend kann nur den Vortag meinen, denn am
Abend beginnt ja bereits der Sabbat. Dein Hinweis auf die
Römer, Tacitus, – die sich um jüdische Gesetze nicht geschert
hätten, meinst du wohl – geht fehl, denn erstens war Pilatus in
dieser Hinsicht ein gebranntes Kind, und zweitens belegen die
Evangelien das Gegenteil, nämlich die peinliche Rücksicht auf
das Gesetz der Juden.

Weshalb der Talmud von Steinigung statt Kreuzigung spricht,
ist auch leicht zu ersehen. Man hatte ja Jesu Kreuzigung um
der besonders schmählichen Todesart willen betrieben. Nun
war aber gerade dieser schmachvolle Tod den Christen zum
Symbol des Heils geworden. Die Rabbiner, deren mündliche
Lehre ja der Talmud widerspiegelt, wollten dies Symbol des
Heils hinwegreden. Aus ihrer Sicht ohne weiteres nachvoll-
ziehbar.
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Matthias Casper
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aw

Beitrag von Matthias Casper »

Die Leben Jesu Forschung ist gescheitert :
Die Frage nach dem Ziel solch einer Forschung möchte ich gerne wissen und da lieg das Problem. Die Schrift gibt uns keine Biographie von Jesus. Das Problem an der Jesu Lebensforschung ist, dass auch immer eine weltbildliche Fragestellung damit wird verbunden wird. So gab es in der Befreiungstheologie die Schlusfolgerungen, dass Jesus in "Wirklichkeit" ein Befreiungskämpfer war und es damit legitim ist Waffengewalt anzuwenden. Es gibt zig andere Richtungen der Jesu Leben Forschung und man hatte nun zig Jesusbilder.
Fakt ist, dass es außerbiblische kurze Berichte von Jesus gibt, welche aber kein vollständiges Bild ergeben. Was unter solchen "Lebensbildern" untergeht sind seine Selbstaussagen : "Der Menschensohn ... "
"Ich bin ...". Letzlich der Glaube als solches. Wir können letzlich nur der Schrift vertrauen, ansonsten wird sich jeder das Bild nehmen was ihm passt und es entsteht eine riesige Beliebigkeit, aber das passt ja auch zu einer individualisierten Gesellschaft. Das was Gott uns da mitteilt muss reichen.

Pace et bene,

Matthias

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