Wöchnerinnen segnen?

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Robert Ketelhohn
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Wöchnerinnen segnen?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich bin gestern auf etwas gestoßen, was mir bisher nicht bekannt war, oder besser gesagt: was in meinem Bewußtsein nie eine Relevanz für das konkrete, kirchliche und Familienleben hatte und worüber ich – als „geborener Protestant“ – daher auch nie nachgedacht habe: nämlich über den Brauch einer „Aussegnung“ der Wöchnerin.

Diese Aussegnung ist offenkundig nicht verpflichtend, doch gibt es dafür wohl einen kirchlichen Ritus – auch wenn sich mit der Liturgiereform da einiges geändert haben wird. Es liegt nahe, einen solchen Ritus mit dem Fest Mariä Lichtmeß – und folglich auch mit dem entsprechenden jüdischen Reinigungsritus – in Verbindung zu bringen.

Die jüdischen Reinheitsvorschriften haben ja – vom Alten Testament her – immer wieder einen gewissen Einfluß auf Kirche und Theologie gehabt. Andererseits hat die Kirche diese Gebote von Anfang an als durch den Neuen Bund überholt angesehen und entsprechende Ansichten, wenn sie denn wieder auftraten – etwa bei den Ketzerbewegungen der Katharer oder teils auch der Waldenser – entschieden bekämpft.

Wer weiß Näheres? Wie sieht der Aussegnungsritus heute aus? Was für Änderungen gab es im Ritus? Hat jemand persönliche Erfahrungen damit? Und vor allem: Sollte eine Wöchnerin heute um diese Ausegnung bitten (denn die Priester kommen hierorts nicht von selber drauf)?
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

De Benedictione mulieris post partum

Si qua puerpera post partum, juxta piam ac laudabilem consuetudinem, ad ecclesiam venire voluerit pro incolumitate sua Deo gratias acture, petieritque a Sacerdote benedictionem, ipse superpelliceo et stola alba indutus, cum ministro aspersorium deferente, ad fores ecclesiae accedat, ubi illam foris ad limina genuflectentem et candelam accensam in manu tenentem, aqua benedicta (si plures benedicendae sint, omnes simul) aspergat, deinde dicat:

V. Adjutorium nostrum in nomine Domini (unsere Hilfe ist im Namen des Herrn)
R. Qui fecit caelum et terram (der Himmel und Erde erschaffen hat)

Antiph: Haec accipit benedictionem a Domino, et misericordiam a Deo, salutari suo : quia haec est generatio quaerentium Dominum.

Psalmus 23

Antiph: Haec accipit benedictionem a Domino, et misericordiam a Deo, salutari suo : quia haec est generatio quaerentium Dominum.

Deinde porrigens ad manum primae mulieris extremam partem stolae, ex humero sinistro pendentem, eam (quam sequuntur ceterae) introducit in ecclesiam, dicens (in plurali pro pluribus)

Tritt ein in den Tempel Gottes, bete an den Sohn der allerseligsten Jungfrau Maria welcher dir die Fruchtbarkeit verliehen hat.

Kyrie, eleison
Christe, eleison
Kyrie eleison

Pater noster secreto usque ad
V. Et ne nos inducas in tentationem
R. Sed libera nos a malo
V. Salvam fac ancillam tuam, Domine.
R. Deus meus, sperantem in te
V. Mitte ei, Domine, auxilium de sancto.
R. Et de Sion tuere eam.
V. Nihil proficiat inimicus in ea
R. Et filius iniquitatis non apponat nocere ei.
V. Domine, exaudi orationem meam.
R. Et clamor meus ad te veniat.
V. Dominus vobiscum
R. Et cum spiritu tuo

Oratio
Lasset uns beten
Allmächtiger, ewiger Gott, der du durch die Geburt der allerseligsten Jungfrau Maria die Schmerzen der gläubigen Mütter in Freude verwandelt hast: siehe gnädig auf diese deine Dienerin, die zu deinem heiligen Tempel gekommen ist, um freudigen Herzens dir dank zusagen. Verleihe, daß sie nach diesem LEben durch die Verdienste und Fürbitte derselben heiligen Maria samt ihrem Kinde zu den Freuden der ewigen Seligkeit gelangen möge. Durch Christus unsern Herrn.
Amen.

Deinde illam (si plures, omnes simul) aspergit iterum aqua benedicta in modum crucis, dicens (in plurali pro pluribus)

Der Friede und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes + und des Heiligen Geistes, steige herab auf dich und bleibe bei dir immerdar.
Amen.

Additur Oratio sequens in ligua vernacula
Si infans adhuc vivit.

Lasset uns beten.
Allmächtiger Gott, gütigster Vater, sieh gnädig herab auf diese deine Dienerin, welche vor deinem Angesicht erscheint, um für die glücklich durch deine Hilfe überstandene Gefahr ihren Dank darzubringen und das ihr geschenkte Kind dir aufzuopfern. Sie gelobt dir feierlich, dasselbe durch gute Lehren und Beispiele zur Tugend und Frömmigkeit zu erziehen. Stärke sie in dieser frommen Gesinnung, erleuchte ihren Verstand, daß sie ihre mütterlichen Pflichten stets recht erkennt, und entzünde ihr Herz, daß sie dieselben mit Eifer erfüllt in der lautersten Absicht, dir zu gefallen. Laß ihr Kind mit dem Alter auch an christlicher Weisheit und Tugend zunehmen. Bewahre es vor aller Verführung, schirme es durch deinen Beistand gegen die Reize des Lasters, damit es nie von dem Wege deiner heiligen Gebote abweiche, vielmehr seine Taufgnade unversehrt bewahre. Segne die Mühen und Sorgfalt dieser christlichen Mutter, die sie für ihr liebes Kind anwendet damit sie an ihm schon auf Erden Freude und Glück erlebe, dort aber in dem anderen Leben mit ihm die ewige Glückseligkeit erlange. Darum bitten wir durch Jesus Christus deinen Sohn, unsern Herrn.
Amen.

Si infans in brevi jam consummatus est
Allmächtiger ewiger Gott, nach dem Beispiele der seligsten Jungfrau Maria kommt diese deine Dienerein in deinen heiligen Tempel, um die nach glücklicher Hilfe überstandenen Gefahren den schuldigen Dank darzubringen. Zwar kann sie nicht mit dem Kinde auf ihren mütterlichen Armen erscheinen; es ist bereits bei dir, dem Vater der ewigen Liebe; - doch das ist gerade der größte Trost, den sie bei ihrem herben Verlust empfindet. Sie weiß, es ist nun frei von aller Gefahr der Sünde und allem Schmerze dieses gebrechlichen Erdenlagens; es ist gewiß seiner ewigen Freude. Sie weiß es glücklich, und in der Hoffnung des einstigen Wiedersehens in ewiger Glückseligkeit beruht ihr süßester Trost. Darum laß sie, o Gott, fromm und tugendhaft leben, damit sie einst wie ihr Kind selig sterben und sich der ewigen Seligkeit mit ihm erfreuen möge. Durch Christus, unsern Herrrn.
Amen.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Petrus
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Beitrag von Petrus »

Hallo Robert,

sehr müde, mitten im Umzug, trotzdem noch ein bißchen gesurft, Deinen Beitrag entdeckt.

tja, die Aussegnung der Wöchnerinnen, ich kenne das gut.

Das ist halt, weil die Frau kultisch unrein wird, wenn sie die Tage hat, oder besonders, wenn sie geboren hat.

ich war selbst dabei, als meine Mutter nach lutherischem Ritus ausgesegnet wurde, als sie ihren jüngsten Sohn, meinen Bruder, geboren hatte.

Inzwischen, einige viele Jahre später, sage ich:


ich bin froh, daß das Vergangenheit ist.

hoffentlich.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Muttersegen nach der Geburt (heutige Form)

Der Taufritus schließt mit einem Segen über die Mutter, den Vater und die Anwesenden. Der Segen über die Mutter löst den früheren Muttersegen ab. Kann die Mutter nicht an der Taufe ihres Kindes teilnehmen, ist es sinnvoll, wenn sie später mit ihrem neugetauften Kind zur Kirche kommt, um Gott für die Geburt zu danken und seinen Segen zu empfangen.


Lesung:
Lk 2,22b-28.39.40 (Darstellung im Tempel)
alternativ
1 Sam 1,21-28 oder/und 2,1-10 (Samuel wird dem Herrn geweiht)
Ps 127 (Kinder sind eine Gabe des Herrn)
Lk 1,67-79 (Lobgesang des Zacharias)

Lobpreis: Magnificat

Segensgebet
Z. Lasset uns beten.
Gott, Schöpfer des Lebens, du hast dieser Mutter die Freude der Mutterschaft geschenkt und sie und ihr Kind vor Schaden bewahrt. Sie kommt zu dir, um dir zu danken.
Erhöre unsere Bitten: Segne + dieses Kind und seine Mutter und gib, daß beide vor allem Bösen bewahrt bleiben. Laß dieses Kind unter dem Schutz der Eltern zunehmen an Alter und Gnade, damit es am Ende seines Lebens glücklich in dein Reich gelange.
Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.
A. Amen.

Oder:
Z.
Lasset uns beten.
Gott, du Urheber des Lebens und der Liebe, du hast den Müttern ein Herz gegeben für ihre Kinder.
Blicke auf die Mutter dieses neugetauften Kindes und segne + sie. Sie dankt für die glückliche Geburt; möge ihre Kind ihr Freude machen und zu einem guten Christen heranwachsen.
Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.
A. Amen
Z. Wir wollen Mutter und Kind und die ganze Familie dem Schutz der Gottesmutter empfehlen:
A. Unter deinen Schutz und Schirm...

Entlassung
Z. Gott, der Quell und Ursprung allen Lebens, bewahre Sie in seiner Güte
(A. Amen)
Z. Er stärke Ihren Glauben, erhalte Sie in der Hoffnung und geben ihnen die Kraft der Liebe.
(A. Amen)
Z. Er schütze Ihr Kind und schenke ihm Gesundheit und Gnade.
(A. Amen)
Z. Das gewähre Ihnen der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn + und der Heilige Geist
A. Amen.
Z. Gehet hin in Frieden
A. Dank sei Gott, dem Herrn.
Gruß Jürgen

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Petrus hat geschrieben:...Das ist halt, weil die Frau kultisch unrein wird, wenn sie die Tage hat, oder besonders, wenn sie geboren hat.

ich war selbst dabei, als meine Mutter nach lutherischem Ritus ausgesegnet wurde, als sie ihren jüngsten Sohn, meinen Bruder, geboren hatte.
...
Seit dem Rituale Romanum vom 1614 steht nicht mehr irgendeine Vorstellung von "kultischer Unreinheit" sondern der Dank an Gott für die Geburt des Kindes im Vordergruns.

Naja 1614 war ja nach dem Tridentinum.
Verwenden die Lutheraner vielleicht noch immer Riten von vor dem Tridentinum :roll:
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Petrus, wenn ich den Ritus lese, den Jürgen oben wiedergegeben hat, dann verstehe ich dein Frohsein absolut nicht. Eher schon, wenn ich mich umschaue und nach den mit solcher Aussegnung verbundenen volkstümlichen Vorstellungen suche. Da finde ich allerhand Aberglauben, zum Beispiel dies:
Rainer Busch hat geschrieben:»Die werdende Mutter ging normalerweise bis zu den ersten Wehen ganz normal ihrer Arbeit nach. Wesentlich genauer achtete man auf die Einhaltung der Sitten und Gebräuche nach der Niederkunft. Nach der Geburt mußte die Wöchnerin neun Tage im Bett und sechs Wochen zu Hause bleiben. Natürlich war es nicht immer einfach, diese Regeln genau einzuhalten. Dennoch war es üblich, daß die Frau, wenn sie auch schon früher das Bett verlassen hatte, sich am neunten Tag noch einmal hinlegte […]
Vor manchen Dingen mußte die Wöchnerin sich hüten. Sie durfte sich an den ersten neun Tagen nicht das Haar kämmen, wenn es ihr nicht ausgehen sollte. Sie durfte auch niemals die Wäsche wechseln, denn das bedeutete ihren Tod. Das Wichtigste aber war, daß sie vor der Aussegnung nicht das Haus verließ. Es war ihr streng verboten, fremdes Eigentum zu betreten, über die Straße oder den Weg, über den "Dörpel" (Vortreppe des Hauses), über die Rinne, die "Gotte" (Gasse) oder den "Drüppel" zu gehen. Drüppel nannte man jene Vertiefungen, die sich durch herabfließendes Wasser vom Dach bildeten, als es noch keine Dachrinnen gab. Übrigens hielten sich evangelische Frauen genauso streng an diese Bräuche wie katholische.
Von dem bösen Zauber, der auf ihr lastete, und der damit in Zusammenhang stehenden Unreinheit mußte die Wöchnerin durch feierlichen Kirchgang und die priesterliche Aussegnung befreit werden. Zu diesem Gang, der stets an einem Werktag stattfand, trugen die Frauen dasselbe Gewand wie bei Beerdigungen, die sogenannte Falge (franz. Faille), ein schwarzes Kopftuch, das kapuzenartig auch noch Rücken und Leib bedeckte und kaum das Gesicht frei ließ. Es begleiteten sie eine oder zwei Nachbarinnen und die Hebamme, die nachher ein "Köppken Koffi" bei ihr tranken. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts galt dieser Tag als ein regelrechter Feiertag, zu dem man auch Gäste einlud. ("Wanner die Frauwe des Kindes to Kerken geit")
In einzelnen katholischen Gemeinden mußte die Frau sogar auf einer Bank vor der Kirche warten, bis der Priester sie dort abholte. Später wartete sie dann auf einer Bank im Turm, bis es ihr endlich gestattet war, in einer der hintersten Kirchenbänke Platz zu nehmen, von wo sie der Priester, der ihr eine brennende Kerze in die Hand gab, zum Altar führte und aussegnete.
Bei den Evangelischen wurde der Mutter nicht nur im Schlußgebet gedacht, sondern der Pfarrer segnete sie schon vorher in der Sakristei. Da aber die Taufe gewöhnlich im Hause stattfand, nahm man oft auch die Aussegnung dort vor. In jedem Fall war ein besonderes Geldopfer damit verbunden, was auch als Zeichen für die Bedeutung dieses Brauches gilt.«
Es scheint, das solche Bräuche um die Wende zum 12. Jahrhundert aufkamen – nicht zuletzt im Zusammenhang mit katharischen Vorstellungen –, aber zugleich auch auf entschiedenen Widerspruch stießen. Dazu die folgenden Ausführungen:
Alexander Patschovsky hat geschrieben:»Der Passauer Anonymus beklagt, daß verlobten Jungfrauen, Schwangeren und Menstruierenden das Betreten der Kirche verwehrt würde - Verlobten und Schwangeren während einer 40-Tage-Frist - und sie dann die Eucharistie bisweilen auch nicht als Viatikum erhielten, ja, es würde gepredigt, eine im Kindbett sterbende Frau falle der Verdammnis anheim. Diese die Würde der Frau (zumal der verheirateten Frau) herabsetzenden Usancen sieht der Passauer Anonymus als verantwortlich für die Ablehnung des sakramentalen Charakters der Ehe seitens der Waldenser an, ja z. T. der Ehe überhaupt, weil die Ketzer in der Ehe nur so etwas wie legalisierte Unzucht zu erblicken vermöchten.
Der hinter den vom Passauer Anonymus gebrandmarkten Praktiken stehende Vorstellungskreis ist unschwer zu erkennen: Es geht um Unreinheit der Frau bei Geschlechtsverkehr, Kindbett und Geburt. Die Äußerungen darüber im Alten Testament sind bekannt (Lev 12,1 - 8), entsprechende Äußerungen der christlichen Theologie Legion, auch in Ritualien finden sich Reflexe darauf: Die Aussegnung der Wöchnerin mit Einhaltung der 40-Tage-Frist (vom Passauer Anonymus beklagt) ist ein seit dem 11./12. Jahrhundert namentlich in Bayern und Österreich gut bezeugter Brauch. Auch an magischen Vorstellungen fehlt es nicht, die darauf schließen lassen, daß die Aussegnung als heilswichtig angesehen wurde, denn es gibt sogar Zeugnisse für die Aussegnung toter Wöchnerinnen«
Wie gesagt, Petrus, diese und weitere Hinweise auf allerhand abergläubische Vorstellungen (und nicht zuletzt auf den Zusammenhang mit katharisch-dualistischen Denken) machen mir deine obige Aussage verständlicher. Allerdings sollte man, bevor man allzuviel auf einen Streich als abergläubisch verdammt, auch die jüdisch-alttestamentliche Wurzel gewisser Reinheitsvorschriften im Blick behalten und vielleicht am Fest Mariä Lichtmeß einmal meditieren (vgl. dazu eine Predigt von Pfr. Robert Krieger, Karlsfeld).

Wie auch immer, den kirchlichen Ritus, den ich nun erstmals gelesen habe, finde ich auf Anhieb einfach schön (wobei ich vor allem den alten meine, zumal der neue wohl auch kaum in Gebrauch ist und mir der Zusammenhang mit der Taufe nicht sehr sinnig erscheint).

Oder übersehe ich da was?
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Bei der Tauffeier gibt es am Ende nun eine Segensformel für die Eltern und Paten
Erste Segensformel:
Z. Allmächtiger Gott und Herr, segne die Mutter dieses neugetauften Kindes durch deinen Sohn, den die Jungfrau Maria geboren hat. Sie dankt dir für die glückliche Geburt. Durch Christus hast du ihr die Gewissheit gegeben, daß ihr Kind ein unvergängliches Leben empfangen hat. Laß sie zusammen mit ihrem Kind allezeit bleiben in Christus Jesus, unserm Herrn.
Alle: Amen
Z. Allmächtiger Gott und Herr, Schöpfer des Lebens, segne den Vater dieses neugetauften Kindes. Laß ihn zusammen mit der Mutter Zeuge des Glaubens für sein Kind sein in Christus Jesus, unsem Herrn.
Alle: Amen
Z. Allmächtiger Gott und Herr, segne die Pater (Geschwister, Verwandte) dieses Kindes und alle hier anwesenden Gläubigen. Du hast uns in der Taufe ewiges Leben geschenkt. Laß uns immer und überall lebendige Glieder deines heiligen Volkes sein. Allen aber, die hier versammelt sind, gib deinen Frieden in Christus Jesus, unserm Herrn.
Alle: Amen


Die zweite und dritte Sengensformel sind im Prinzip ähnlich. Ich spare mir, sie hier wiederzugeben.
Gruß Jürgen

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Gast

Aussegnung

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Freitag 4. Februar 2005, 16:23, insgesamt 5-mal geändert.

Gast

Müttersegnung

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Freitag 4. Februar 2005, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Re: Aussegnung

Beitrag von Juergen »

Margarete G. hat geschrieben:...Ich bin einmal, in einem katholischen Krankenhaus, Zeugin eines Vorfalls geworden, der mich heute noch in Harnisch bringt. Der Priester, der von Zimmer zu Zimmer ging, um die Wöchnerinnen zu segnen, verweigerte diesen Segen explizit einer Frau, die wenige Tage vorher ihr siebtes Kind geboren hatte (und zusätzlich noch für zwei Kinder sorgte, die nicht ihre eigenen waren). Der Grund: sie war geschieden und wiederverheiratet. Tiefer und schmerzvoller hätte er die Frau nicht treffen können, und zwar eben NICHT, weil sie nicht von irgendeiner Unreinheit befreit worden wäre, sondern weil ihr der Segen, der ihr als Mutter zustand, vorenthalten wurde. ...
Die Sache ist wegen zweier Punkte interessant:
- weil der Pfarrer sich durch die Spendung im Krankenhaus nicht an den Ritus gehalten hat
- weil der Pfarrer durch das Verweigern (nach altem Recht) möglicherweise wohl richtig gehandelt hat

Wohlgemerkt: nach altem Ritus/Recht

Hier ein Zitat aus Hartmann: Repertorium Rituum (von 1904)
1. Die Aussegnung einer Wöchnerin (selbst wenn das Kind gestorben ist) seitens des Pfarrers oder dessen Stellvertreters beruht zwar auf keiner kirchlichen Vorschrift, wohl aber auf einem frommen Gebrauche. Es sind dieses Segens wert, alle katholischen Mütter; dagegen wird er entzogen jenen welche
a) unehelich geboren, oder
b) ihre (ehelichen) Kinder aus gemischter Ehe nicht nach katholischem Ritus haben taufen lassen;
Liegt die Schuld hiervon nicht an der Mutter, oder zeigt sie vielmehr Reue und verspricht sie, alles anzuwenden, damit ihre Kinder katholisch erzogen werden, so soll sie dieses Segens nicht verlustig gehen.
c) in bloßér Zivilehe oder ungültiger Ehe leben und keine christliche Ehe eingehen resp. Dispenz nachsuchen wollen.
d) nichtkahtolisch sind, selbst wenn die Kinder katholisch getauft sind.

2. Die Aussegnung geschieht nur in der Kirche (nicht in der Sakristei). Eine Aussegnung im Hause (ohne Erlaubnis des Bischofs) ist von vielen Konzilien verboten. Weil dieser Segen aufschiebbar und nicht so notwendig ist, s0 können Kränklichkeit und Todesgefahr der Mutter oder des Kindes keine Ausnahme machen.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hey, schaut mal! Ich wußte doch, daß wir das irgendwann schon mal hatten,
als neulich wieder die Rede davon war.

Juergen hat geschrieben:De Benedictione mulieris post partum

Si qua puerpera post partum, juxta piam ac laudabilem consuetudinem, ad ecclesiam venire voluerit pro incolumitate sua Deo gratias acture, petieritque a Sacerdote benedictionem, ipse superpelliceo et stola alba indutus, cum ministro aspersorium deferente, ad fores ecclesiae accedat, ubi illam foris ad limina genuflectentem et candelam accensam in manu tenentem, aqua benedicta (si plures benedicendae sint, omnes simul) aspergat, deinde dicat:

V. Adjutorium nostrum in nomine Domini (unsere Hilfe ist im Namen des Herrn)
R. Qui fecit caelum et terram (der Himmel und Erde erschaffen hat)

Antiph: Haec accipit benedictionem a Domino, et misericordiam a Deo, salutari suo : quia haec est generatio quaerentium Dominum.

Psalmus 23

Antiph: Haec accipit benedictionem a Domino, et misericordiam a Deo, salutari suo : quia haec est generatio quaerentium Dominum.

Deinde porrigens ad manum primae mulieris extremam partem stolae, ex humero sinistro pendentem, eam (quam sequuntur ceterae) introducit in ecclesiam, dicens (in plurali pro pluribus)

Tritt ein in den Tempel Gottes, bete an den Sohn der allerseligsten Jungfrau Maria welcher dir die Fruchtbarkeit verliehen hat.

Kyrie, eleison
Christe, eleison
Kyrie eleison

Pater noster secreto usque ad
V. Et ne nos inducas in tentationem
R. Sed libera nos a malo
V. Salvam fac ancillam tuam, Domine.
R. Deus meus, sperantem in te
V. Mitte ei, Domine, auxilium de sancto.
R. Et de Sion tuere eam.
V. Nihil proficiat inimicus in ea
R. Et filius iniquitatis non apponat nocere ei.
V. Domine, exaudi orationem meam.
R. Et clamor meus ad te veniat.
V. Dominus vobiscum
R. Et cum spiritu tuo

Oratio
Lasset uns beten
Allmächtiger, ewiger Gott, der du durch die Geburt der allerseligsten Jungfrau Maria die Schmerzen der gläubigen Mütter in Freude verwandelt hast: siehe gnädig auf diese deine Dienerin, die zu deinem heiligen Tempel gekommen ist, um freudigen Herzens dir dank zusagen. Verleihe, daß sie nach diesem LEben durch die Verdienste und Fürbitte derselben heiligen Maria samt ihrem Kinde zu den Freuden der ewigen Seligkeit gelangen möge. Durch Christus unsern Herrn.
Amen.

Deinde illam (si plures, omnes simul) aspergit iterum aqua benedicta in modum crucis, dicens (in plurali pro pluribus)

Der Friede und der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters und des Sohnes + und des Heiligen Geistes, steige herab auf dich und bleibe bei dir immerdar.
Amen.

Additur Oratio sequens in ligua vernacula
Si infans adhuc vivit.

Lasset uns beten.
Allmächtiger Gott, gütigster Vater, sieh gnädig herab auf diese deine Dienerin, welche vor deinem Angesicht erscheint, um für die glücklich durch deine Hilfe überstandene Gefahr ihren Dank darzubringen und das ihr geschenkte Kind dir aufzuopfern. Sie gelobt dir feierlich, dasselbe durch gute Lehren und Beispiele zur Tugend und Frömmigkeit zu erziehen. Stärke sie in dieser frommen Gesinnung, erleuchte ihren Verstand, daß sie ihre mütterlichen Pflichten stets recht erkennt, und entzünde ihr Herz, daß sie dieselben mit Eifer erfüllt in der lautersten Absicht, dir zu gefallen. Laß ihr Kind mit dem Alter auch an christlicher Weisheit und Tugend zunehmen. Bewahre es vor aller Verführung, schirme es durch deinen Beistand gegen die Reize des Lasters, damit es nie von dem Wege deiner heiligen Gebote abweiche, vielmehr seine Taufgnade unversehrt bewahre. Segne die Mühen und Sorgfalt dieser christlichen Mutter, die sie für ihr liebes Kind anwendet damit sie an ihm schon auf Erden Freude und Glück erlebe, dort aber in dem anderen Leben mit ihm die ewige Glückseligkeit erlange. Darum bitten wir durch Jesus Christus deinen Sohn, unsern Herrn.
Amen.

Si infans in brevi jam consummatus est
Allmächtiger ewiger Gott, nach dem Beispiele der seligsten Jungfrau Maria kommt diese deine Dienerein in deinen heiligen Tempel, um die nach glücklicher Hilfe überstandenen Gefahren den schuldigen Dank darzubringen. Zwar kann sie nicht mit dem Kinde auf ihren mütterlichen Armen erscheinen; es ist bereits bei dir, dem Vater der ewigen Liebe; - doch das ist gerade der größte Trost, den sie bei ihrem herben Verlust empfindet. Sie weiß, es ist nun frei von aller Gefahr der Sünde und allem Schmerze dieses gebrechlichen Erdenlagens; es ist gewiß seiner ewigen Freude. Sie weiß es glücklich, und in der Hoffnung des einstigen Wiedersehens in ewiger Glückseligkeit beruht ihr süßester Trost. Darum laß sie, o Gott, fromm und tugendhaft leben, damit sie einst wie ihr Kind selig sterben und sich der ewigen Seligkeit mit ihm erfreuen möge. Durch Christus, unsern Herrrn.
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Eldar
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Beitrag von Eldar »

Wer weiß Näheres? Wie sieht der Aussegnungsritus heute aus?
Ich kannte die Aussegnung bisweilen nur für Verstorbene. Der Aufbau sah dann meist in etwa so aus. Friedensgruß, Votum, Gebet, Valetsegen, Lesung, Vaterunser, und zum Schluss der Segen. Oft werden auch Kerzen angezündet.
Was für Änderungen gab es im Ritus? Hat jemand persönliche Erfahrungen damit?
leider nein :nein: .
Und vor allem: Sollte eine Wöchnerin heute um diese Ausegnung bitten (denn die Priester kommen hierorts nicht von selber drauf)?
Denke, ja. Die Initiative sollte aber dann doch schon von der bedürftigten Person ausgehen.

mfg Eldar

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Elisabethgzb
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Beitrag von Elisabethgzb »

Hab in der jüngeren Vergangenheit mehrfach davon gehört von sehr alten Katholischen Frauen, denen das sehr unangenehm war, und diese Aussegnung als etwas sehr entehrendes und entwürdigendes empfunden haben, zumal sie erst dann wieder zur Kommunion gehen konnten. Und darum sehr froh sind, das es das nicht mehr gibt, die Segnung nach einer überstandenen Geburt.
Das ganze fand dann im Sonntagsgottesdienst statt vor versammelter Gemeinde, die Betreffende musste vor den Altar treten, als wären diese Frauen schlimme Sünderinnen.

Gruss,
Elisabeth

Eldar
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Beitrag von Eldar »

Hab in der jüngeren Vergangenheit mehrfach davon gehört von sehr alten Katholischen Frauen, denen das sehr unangenehm war, und diese Aussegnung als etwas sehr entehrendes und entwürdigendes empfunden haben, zumal sie erst dann wieder zur Kommunion gehen konnten.
Macht nichts, so führt man Christen in die Tugend der Demut ein. Schade nur das diese es nicht zu schätzen wissen. Der Wolf im Schafspelz flüstert uns seine Intrigen zu und dabei geht das wahrhaft Gute den Bach runter. Nicht alles was in unseren Augen schlecht ist, ist es automatisch auch für unsere Seele.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Zuletzt geändert von Juergen am Dienstag 14. März 2006, 13:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Es kann aber schon vorkommen das diese Fromme brauch zur Sozialkontrolle - zumal in kleinen Dörfern (so wie bei uns 800 Leute) wo jeder jeden kennt, missbraucht wird.

Linus, der Gemeindeflüchtling, der die Sonntägliche Sozialkontrolle namens Messe in seiner Territorialpfarre nicht aushält (neben dem Ffurchtbaren Pfarrer) und sich deswegen dem zur gänze entzieht (durch Flucht)
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Angelo
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Beitrag von Angelo »

Linus hat geschrieben:Linus, der Gemeindeflüchtling, der die Sonntägliche Sozialkontrolle namens Messe in seiner Territorialpfarre nicht aushält (neben dem furchtbaren Pfarrer) und sich deswegen dem zur gänze entzieht (durch Flucht)
Schön, dass wir etwas gemeinsam haben - ich dachte schon, ich wäre in dieser Hinsicht ein Einzelfall...

"Heimatpfarre": 600 EW; jeder gegen jeden; tagsüber versperrte Kirche (angeblich aus Angst, jemand könnte etwas stehlen); Pfarrer steht seinen Schäfchen als Seelsorger nicht zur Verfügung; erlaubt keine Gebetsgruppen oder sonstige Aktionen; lässt seine Mitarbeiter nicht an Schulungen oder Fortbildungen teilnehmen; ein Mensch ist in seinen Augen nur "wichtig", wenn er eine Machtposition im Ort hat; etc. :/ :( :sauer:

"Wahlpfarre": 330 EW; tolle Gemeinschaft; immer offene Kirche; Pfarrer integriert auch "Zuagraste" (in German: neu zugezogene Familien); freut sich über engagierte Mitarbeiter und legt diesen nahe an Fortbildungen teilzunehmen; steht als Seelsorger und Beichtvater jederzeit zur Verfügung; nimmt auch kleine Kinder, Hausfrauen, Pensionisten und Arbeitslose "ernst"; etc. :) :ja: :freude:

Sorry, ist jetzt ein bisschen off-topic geworden, aber ich musste es einfach mal "loswerden" :roll:

Angelo

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Re: Wöchnerinnen segnen?

Beitrag von Fragesteller »

http://www.eskimo.com/~lhowell/bcp1662/ ... women.html Churching of Women bei den Anglikanern (keine Ahnung, wie oft das noch praktiziert wird)

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