Kurt hat geschrieben:Auch wenn es in dem Film um ein Mädchen ging, so habe ich das Thema Rolle der Frau in der Gesellschaft darin kaum wiedererkannt. Zum einen sollte Hildegard ja eben nicht Ehefrau und Mutter werden, sondern "op et Büro jonn". Die Berufstätigkeit an sich schien ja eher weniger fraglich zu sein.
Das habe ich anders wahrgenommen. Es war quasi selbstverständlich, dass Hildegard die Volksschule besucht. Mit viel Mühe konnten Lehrer und Pfarrer die Eltern (den Vater) dazu bringen, sie überhaupt zur Mittelschule gehen zu lassen. Erst ab da war vom Büro die Rede. Das Gymnasium war undenkbar.
Kurt hat geschrieben:Zum anderen war ja die Omma die dominierende, vor allem autoritäre Person in dem Film, während Opa eher fürsorglich war (also dem klassischen Frauenbild der 50er Jahre entsprach.
Ausnahmen bestätigen wohl auch hier die Regel
Kurt hat geschrieben:Zuletzt glaube ich, dass auch Jungs aus diesem Milieu zu den "Bildungsverlierern" gehörten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hildegard, wäre sie ein Junge gewesen, sich anders entwickelt hätte.
Versuchte die Mutter nicht immer wieder Hildegard klarzumachen, sie würde doch sowieso heiraten, und dass es daher unsinnig sei, eine weiterführende Schule besuchen zu wollen.
Bei ihrem jüngeren Bruder sah das schon anders aus. Er durfte zum Gymnasium. Dass er nicht gerade glücklich darüber war deswegen ins Internat zu gehen und die vertraute Umgebung zu verlassen, ist verständlich. Möglich, dass - nachdem Hildegard auf die Mittelschule ging - eine gewisse Öffnung in der Familie im Gange war, die es für den Bruder leichter machte die höhere Schule zu besuchen. Außerdem wurde/wird Jungen (nach wie vor) die Ernährerrolle zugeschrieben, was eine gute Ausbildung rechtfertigt. Bei Mädchen wurde dies als verlorene Investition gesehen.
Dramatisch wurde es aber dann als Hildegard zum Gymnasium wechseln wollte. Gezwungen in eine Bürolehre, nahm das Unglück seinen Lauf, bis dank der nochmaligen Interventionen von Lehrer und Pfarrer endlich auch für Hildegard Gymnasium und Hochschule erreichbar wurden.
Kurt hat geschrieben:Besonders interessant fand ich aber die Darstellung der religiösen Praxis in der Familie - bis hin zur Auflösung: Es war der Klerus, der Hildegard aus den beengten Verhältnissen herauslöste; ein Widerspruch?
Zur damaligen Zeit hatten Lehrer und Pfarrer (ich glaub auch noch Arzt und Apotheker, was aber hier nichts zur Sache tut) im Ländlichen einen ganz besonderen Status und Einfluss. Es lag wohl an der außergewöhnlichen Begabung Hildegards, dass der Pfarrer sich für sie einsetzte. Sollen doch die von Gott gegebenen Talente und Fähigkeiten entfaltet und nicht erstickt werden.
Die Priesterrolle fand ich erstaunlich positiv. Anrührend waren Hildegard Bemühungen, ihr schwarzes Püppchen weiß zu beten oder auch die Szene an der Weihnachtskrippe.