Gott als Allerbarmer und sein Gericht

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overkott
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Gott als Allerbarmer und sein Gericht

Beitrag von overkott »

Gottes Gesetz, der Sündenfall und Auferstehung zum Gericht sind ein Thema des interreligiösen Dialogs von dem nicht nur die Bibel, sondern auch der Koran zeugt. Im Keim enthält schon die Paradiesgeschichte der Bibel in Figuren dargestellt die thematische Verbindung in ihrer ganzen Bandbreite: Adam, Eva und die Schlange übertreten das Gesetz, müssen sich vor Gott verantworten und für ihr nicht gerechtfertigtes Handeln den Garten des Lüste verlassen. Hat Gott denn wirklich kein Erbarmen?

Prophetisch kommt Jesus schnell zur Sache und fragt mahnend: Haben wir denn Erbarmen?

Vielleicht nur mit uns selbst Mitleid?

Sind wir bereit, Gottes Gebote vom Prinzip her zu korrumpieren und der Hartherzigkeit nachzugeben?

Ist Erbarmen mit dem Ehebrecher gegen das Opfer von Ehebruch nicht genau die Perversion, die Micha schon in 3,1-2a anprangert hat?

Steht der Herr nicht in dieser prophetischen Tradition?

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overkott
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Re: Gott als Allerbarmer und sein Gericht

Beitrag von overkott »

Ist Erbarmen mit dem Kinderschänder gut? Hat Jesus Erbarmen mit Kinderschändern? Haben Kinderschänder eine Chance, sich zu besinnen, sich wieder sozial adäquat zu verhalten und ins Leben zurückzukehren?

Bibelleser
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Re: Gott als Allerbarmer und sein Gericht

Beitrag von Bibelleser »

Es läuft alles auf Markion heraus. Dann ist alles sehr einfach und diese Fragenn müssten nicht gestellt werden. Der Schöpfergott hätte dann eine Menschheit geschaffen, die sich der Kinderschändung und dem Ehebruch aufgrund ihre schlechten Schöpfungsbedingungen hingibt. Das Gesetz des Schöpfergottes zeigt dem Kinderschänder nur, dass es verboten ist.
Das Gesetz zeigt dem Ehebrecher nur, dass es verboten ist. Doch er bricht die Ehe lieber mit der jungen Kollegin, als an seine ältlich Dame zu Hause zu denken, die für ihn keinerlei sexuelle Anziehungskraft mehr besitzt.

Erbarmen kommt dann nur vom unbekannten, fremden Gott, der aus diesem unverschuldetem Drama befreien kann.

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overkott
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Re: Gott als Allerbarmer und sein Gericht

Beitrag von overkott »

Christus hat Markion in nichts verurteilt, wo er die Wahrheit gesagt hat. Denn der Herr schaut nicht auf die Person, sondern urteilt gerecht. Dort, wo Markion, Gott als Liebe allein genügte und Nächstenliebe lebte, folgte er dem für die Schriftunkundigen neuen Gebot. Jesus als Schriftgelehrter hatte das Alte Testament im Gegensatz zu Markion in principio verstanden.
Jesus stellt mit dem Gebot der Nächstenliebe die Ehebrecherin vor die Frage: Möchtest du selbst verlassen werden? Am Ende deiner Tage? Wenn du alt und krank bist?

Natürlich ist die Versuchung da, die Sakramente einmal am Tag auf nüchternen Magen zu empfehlen, ohne Vorleistung, ohne Reue, ohne Umkehr, ohne Bemühen. Der heilige Paulus warnt jedoch vor Placebos.

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Reinhard
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Re: Gott als Allerbarmer und sein Gericht

Beitrag von Reinhard »

'

Hier hat Johannes Roger Hanses gerade erst einen schönen Kommentar zum Thema gegeben: über die Barmherzigkeit.

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overkott
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Re: Gott als Allerbarmer und sein Gericht

Beitrag von overkott »

Die Barmherzigkeitsdebatte ist sicher so alt wie das neue Testament, wenn nicht wie das alte. Der kalte Synodenkaffee der Siebziger gab ihr aber einen anderen Dreh, einen gesetzlichen Drall, den Jesus kritisiert hat als formalistische Veräußerung. Bei diesem Drall wurde die Situation des einzelnen Sünders, der schmerzlich empfundene, persönliche Schuld wieder gut machen will und vom Priester im Beichtspiegel auf den Empfang des Bußsakraments vorbereitet wird, um wieder mit der Kommunion in die volle sakramentale Gemeinschaft der Kirche einzutreten, verkehrt in eine Legitimierung einer Pauschalsituation ohne Beichte, in der der Pönitent selbst zur Barmherzigkeit angeleitet und darin bestärkt wird, alles in seinen Möglichkeiten Liegende zu tun, persönliche Schuld wieder gut zu machen und seinen Schuldigern selbst zu vergeben. Die verlogen wirkende Barmherzigkeitsdebatte würde zu ihrem zentralen Anliegen zurückfinden, wenn Menschen in sündhaften Strukturen ihren persönlichen Möglichkeiten entsprechend sakramental wirksam beichten könnten, um so Christus erlösten Herzens kommunizieren zu können.

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